Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 14. Die Liebe, die sich verpfändet.
„Und Jonathan und David machten einen Bund miteinander; denn er hatte ihn lieb, wie sein eigenes Herz.“
1 Sam. 18,3.
„Und Jonathan fuhr weiter und schwur David, so lieb hatte er ihn; denn er hatte ihn so lieb als seine Seele.“
1 Sam. 20,17.
Warum so viele Predigten über Jona und so wenige über Jonathan? Sind die Störrigen würdiger, studiert zu werden, als die Edlen? Dieser edle Prinz achtete es als seine Freude, die Interessen des Mannes zu fördern, welcher ihm vorgezogen werden sollte. Es war in Jonathan etwas sehr Schönes, und das zeigte sich in seiner selbstlosen, hochherzigen Liebe zu David. Wieviel mehr Schönheit ist in der unvergleichlichen Liebe Jesu zu uns armen Sündern zu finden!
I. Große Liebe wünscht sich selbst an den Geliebten zu binden.
„Jonathan machte einen Bund mit David, denn er hatte ihn lieb.“
Der Bund wurde nicht so sehr wegen ihrer gegenseitigen Liebe, sondern wegen Jonathans Liebe zu David geschlossen. „Deine Liebe ist mir sonderlicher“ rc. 2 Sam. 1,26.
- Jesus band sich selbst durch Bundesbande an uns. Er übernahm im Gnadenbunde die Bürgschaft: Er nahm unsere Natur an sich, uns repräsentieren zu können, und wurde so der zweite Adam (1 Kor. 15, 47); Er verpflichtete sich, uns durch sein eigenes Opfer zu erlösen. „Der mich geliebt und sich selbst“ rc. (Gal. 2,20); Er brachte uns in die Verbindung mit sich. „Denn wir sind Glieder seines“ rc. (Eph. 5, 30); Er hat unser zukünftiges Leben mit dem seinen verknüpft. „Euer Leben ist verborgen“ rc. Kol. 3, 3. „Ich lebe und ihr sollt“ rc. Joh. 14, 19. „Vater, ich will, dass, wo ich bin“ rc. Joh. 17, 24. „Ihr in mir, und ich“ rc. Goldene Worte. Er teilt mit uns alles, was Er hat, wie hier in der Geschichte (1 Sam. 18, 4); Er konnte uns nicht näher kommen, sonst würde Er es tun. In allen diesen Bundesverträgen beweist Er seine vollkommene Liebe.
- Jesus wollte, dass wir unsrerseits auch an Ihn gebunden seien; darum erwartet Er von uns: dass wir uns der seligmachenden Kraft seiner Liebe unterwerfen; dass wir Ihn für seine große Liebe wieder lieben, wie David Jonathan liebte; dass wir bekennen, dass wir durch Wahl, Kauf und Kraft Sein sind, und dies überlegt und feierlich tun, wie Menschen, die ein Bündnis schließen; dass wir uns mit seinem Volk verbinden, denn Er zählt dasselbe zu sich selbst; dass wir den Seinen um seinetwillen Freundlichkeit erweisen, wie David gütig war gegen Mephiboseth (2 Sam. 9); dass wir uns mehr in seine Interessen versenken und unseren Gewinn in der Förderung seiner Ehre sehen. 2 Kor. 5, 14. 15. „Eingebunden sein im Bündlein der Lebendigen bei dem Herrn, deinem Gott.“ 1 Sam. 25, 29. Welch ein Ausdruck! Doch wie wahr!
- Wenn dies des Herrn Wunsch ist, werden wir ihn nicht erfüllen? Lasst die Bande gegenseitig und unauflöslich sein. Hohel. 2, 16. Lasst uns die unschätzbaren Gaben des Prinzen annehmen und uns Ihm dann selbst ohne Rückhalt übergeben. Lasst uns Ihn lieben, wie wir uns lieben, denn Er liebte uns mehr als sich selbst. Mt. 27, 42. Lasst dies eine Zeit der Liebe, der Erneuerung unserer Gelübde, der völligeren Versenkung in Jesum sein. Gal. 2, 20.
II. Große Liebe sehnt sich nach erneuten Pfändern von ihrem Gegenstande.
„Jonathan ließ David ihm wieder schwören.“ (Engl. Übers.)
Nicht aus Selbstsucht, sondern aus heiliger Eifersucht. „Der Herr dein Gott ist ein eifriger Gott.“ Siehe auch Hohel. 8, 6. Dies ist die einzige Vergeltung, die der Liebe werden kann. Wir können Jesum lieben und nichts weiter tun. „Liebet den Herrn“ rc. Ps. 31, 24.
Darin liegt unsere höchste Wohlfahrt. Gebunden an die Hörner des Altars, sind wir frei.
Wir sind schon so kalt, dass es nötig ist, die Flamme der Liebe mit glühenden Kohlen der liebevollen Gemeinschaft anzuschüren.
Wir sind so versucht und angegriffen, dass, je öfter und ernster wir unser Gelübde erneuern, es desto besser für uns ist.
Wir sind höchst unglücklich, wenn wir uns zurückhalten. Jedes Abweichen bringt Elend. Darum wollen wir uns fest an unseren Herrn binden.
Deshalb fordert Er uns zu neuen Pfändern auf. Hohel. 4, 8. Unsere erste Unterwerfung war von einer feierlichen Hingebung begleitet. Unsere Taufe war das von Ihm bestimmte Zeichen, dass wir mit Ihm eins seien in seinem Tod, in seinem Begräbnis, in seiner Auferstehung. Röm. 6, 4. Unsere Abendmahlsfeier sollte eine heilige Bundeserneuerung sein. Unserer Genesung von einer Krankheit sollten wir mit besonderer Dankbarkeit gedenken, und wir sollten unser Gelübde bezahlen vor allem seinem Volk. Ps. 116, 8. 14. Unsere neuen Lebensstellungen sollten wir mit besonderer Hingabe beginnen. Versehungen, Beförderungen, Eheschließungen, Geburten von Kindern, Todesfälle bei Angehörigen rc. sind beachtenswerte Zeiten zu erneuerter Hingabe.
Kommt und lasst uns in dieser Stunde unsere Liebe erneuern.
Lasst uns ins Kämmerlein gehen und unsere reinen Wünsche vor dem Vielgeliebten, wenn Er allein sie hören kann, zum Ausdruck bringen.
Lasst uns über eine besondere Tat der Hingabe nachdenken, durch welche wir unsere Liebe ausdrücken können, und lasst sie uns sogleich aus. führen. Haben wir keine Nardenflasche? Können wir nicht des Geliebten Füße waschen und sie mit ehrerbietiger Liebe küssen?
Fenster von Achat.
Ein kleines Mädchen spielte mit ihrer Puppe in einem Zimmer, wo die Mutter emsig bei einer schriftlichen Arbeit beschäftigt war. Als sie damit fertig war, sagte sie: „Nun kannst du kommen, Alice, ich bin mit meiner Arbeit fertig.“ Die Kleine eilte zu ihrer Mutter und rief aus: „O wie freue ich mich; ich sehnte mich so, dich so recht lieb haben zu können.“ „Aber ich dachte, du wärest ganz vergnügt mit deiner Puppe!“ „Ja, Mutter, ich war es, aber ich wurde bald müde, sie zu lieben, denn sie kann mich nicht wieder lieben.“ „Und ist das der Grund, aus welchem du mich liebst, weil ich dich wieder lieben kann?“ „Das ist ein Grund, aber nicht der erste und beste.“ Welches ist denn dein erster und bester Grund?“ Weil du mich lieb hattest, als ich noch zu klein war, dich wieder lieben zu können.“ Der Mutter Augen füllten sich mit Tränen, während sie vor sich hin sagte: „Wir lieben Ihn, weil Er uns zuerst geliebt hat.“
Lord Brooke war so entzückt von der Freundschaft Philipp Sydneys, dass er anordnete, dass auf seinen Leichenstein nichts anderes geschrieben werde, als: „Hier ruht der Freund von Sir Philipp Sydney.“
„Hast du mich lieb?“ „Weide meine Schafe.“ Es war große Zärtlichkeit auf Seiten des Herrn, dass Er Petro gestattete, dreimal seine Liebe auszusprechen und dann während seines übrigen Lebens die Liebe beweisen zu lassen, indem Er ihm Aufträge gab. Jesus, der Freund, fragt dreimal, und dann bestimmt Er ein Zeichen; Petrus antwortet aus aufrichtiger Liebe dreimal, und dann gibt er den lebenslangen Beweis. Die Liebe ist überall sichtbar.
Die Heiligen müssen sich im Gegensatz zu allen Nebenbuhlern betrachten als ganz dem Herrn angehörig. Der Herr will mit Rivalen nicht teilen; wenn ihr Ihn nehmt, müssen diese weg. Bis die Seele in das Bündnis mit Ihm eintritt, befindet sie sich in ruheloser Lage, gleich einer Biene, die von einer Blume zur anderen fliegt; aber wenn sie mit Christo eins geworden ist, kommt sie zur Ruhe und löst ihre Verbindung mit allen anderen auf.
Beachte, dass der Bund, in welchen du eingegangen bist, ein Schutz- und Trutz-Bündnis ist. Du und dein Herr habt fortan gemeinsame Freunde und gemeinsame Feinde. Sein Volk wird dein Volk und seine Feinde deine Feinde.
Bedenke, dass deine Ohren an des Herrn Türpfosten genagelt sind; du hast deinen Mund vor dem Herrn aufgetan und kannst es nicht widerrufen. Du musst ohne Ende und ohne Unterbrechung Sein sein. Es ist eine lobenswerte Praxis für Heilige, das Bündnis oft zu überblicken, daran fest zu halten, es aufs neue zu besiegeln und sich immer mehr als das Eigentum des Herrn zu betrachten. Auch in dem Besten ist die Neigung vorhanden, sich zurückzuziehen, aber die Bundeserneuerung ist ein Antidot gegen dieses Gift. Ferner, wer wirklich solch einen Bund gemacht hat, der hat sich Christo rückhaltlos übergeben und sich in die Hand des Herrn gelegt und mit Paulo gesagt: „Herr, was willst Du, das ich tun soll?“ Dies ist unserem Gott wohlgefällig. Thomas Boston.