Spurgeon, Charles Haddon - Nach der Verheißung - Zweierlei Leben.

Spurgeon, Charles Haddon - Nach der Verheißung - Zweierlei Leben.

Auch nicht alle, die Abrahams Same sind, sind darum auch Kinder, sondern in Isaak soll dir der Same genannt sein. Das ist: nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Gottes Kinder sind, sondern die Kinder der Verheißung werden für Samen gerechnet. Denn dies ist das Wort der Verheißung, da Er spricht: Um diese Zeit will ich kommen, und Sara soll einen Sohn haben.“ Röm. 9, 7. 8. 9.

Ismael und Isaak waren ihrem Ursprung nach verschieden, und deshalb war in ihrer Natur eine Verschiedenheit, die sich in ihrem Leben zeigte, und hauptsächlich in ihrem Verhältnis zu der Verheißung sich kundgab.

Je nach der Geburt gestaltet sich das Leben, das daraus entsteht. Wenn ein Mensch nur das ist, wozu er sich selbst gemacht hat, so wird er nur das haben, was die Natur gibt; aber dem Menschen, der von dem Geiste Gottes umgeschaffen ist, werden Zeichen folgen. Von welchem auch ihr herkommt in Christo Jesu, welcher uns gemacht ist von Gott zur Weisheit, und zur Gerechtigkeit, und zur Heiligung, und zur Erlösung, auf dass, wie geschrieben steht, wer sich rühmet, der rühme sich des Herrn.“ In dem von neuem geborenen Menschen wird sich das finden, was das neue Leben mit sich bringt: in dem natürlichen Menschen wird nichts derartiges zu finden sein.

In Ismael zeigten sich einige der Charakterzüge, die dem Abraham von Natur eigen waren, verbunden mit andren seiner Mutter, der Sklavin. Er war ein fürstlicher Mann wie sein Vater, und erbte des Patriarchen edlen Anstand; aber Isaak hatte den Glauben seines Vaters und war sein Nachfolger in dem heiligen, inneren, geistlichen Leben. Als Erbe der Verheißung bleibt Isaak beim Vater, während Ismael sich in der Wüste sein eigenes Lager aufschlägt. Isaak sucht eine Verbindung mit dem alten Geschlecht in Mesopotamien; aber Ismaels Mutter nimmt ihm ein Weib aus Ägypten, was sehr natürlich war, da sie selber aus Ägypten stammte. Gleich und gleich gesellt sich gern. Isaak dachte nach auf dem Felde um den Abend, denn er beschäftigte sich mit heiligen Dingen; aber Ismael stritt sich mit allen, die ihm in den Weg kamen, denn er hing an den irdischen Dingen. Nachdenken ist nichts für den wilden Menschen, dessen Hand Hand wider jedermann, und jedermanns Hand wider ihn ist. Isaak gab sich Gott zum Opfer dahin; aber ihr seht nichts dergleichen in Ismael. Selbstaufopferung existiert für Ismael nicht; er ist eher ein Totschläger als ein Lamm, das sich Gott darbietet. So wirst du finden, dass du, wenn du auch religiös erzogen und unterrichtet bist und „fromm“ wirst, wie man es nennt, aber weder im Herzen erneuert, noch von dem Heiligen Geist heimgesucht bist, nicht das verborgene Leben des Kindes Gottes führst. Du magst viele der äußeren Merkmale eines Christen aufweisen; du magst imstande sein, zu singen und zu beten und Schriftstellen anzuführen, und vielleicht kleine Stücke eingebildeter Erfahrung zu erzählen; aber du musst wiedergeboren sein, um in der Tat und Wahrheit die Gemeinschaft der Heiligen, den verborgenen Umgang mit dem lebendigen Gott und das Aufgeben deiner selbst „zu einem vernünftigen Gottesdienste“ zu kennen. Das Kind der Verheißung bleibt bei dem Volke Gottes und hält es für sein Vorrecht, unter dasselbe gezählt zu werden. Das Kind der Verheißung fühlt, dass es in der besten Gesellschaft ist, wenn auch kein Mensch sehen oder gesehen werden kann, wenn aber der große Unsichtbare sich ihm naht und ein Zwiegespräch mit ihm hält. Das Kind der Verheißung, und dieses allein, ist fähig, auf den Gipfel des Morija zu steigen, sich dort auf den Altar binden zu lassen und sich Gott hinzugeben. Ich meine mit diesem letzten, dass nur derjenige, der vom Geist geboren ist, sich ganz Gott hingeben und den Herrn mehr als sein eigenes Leben lieben wird. Deine Natur und dein Verhalten wird deinem Ursprung gemäß sein; und deshalb bete ich, dass du richtig beginnen mögest, auf dass du, wenn du dich ein Kind des Reiches Gottes nennst, dich als einen echten und wahren Erben erweisen mögest.

Ismael, der nach dem Fleisch geboren, das Kind der Magd, muss immer den Makel der Knechtschaft tragen. Das Kind einer Sklavin ist nicht frei geboren. Ismael ist nicht und kann nicht sein, was Isaak ist das Kind der Freien. Nun merkt euch: ich sage nicht, dass Ismael je danach verlangte, wie Isaak zu sein; ich sage nicht, dass er das Gefühl hatte, als ob er durch seine Verschiedenheit von Isaak etwas verlöre; aber in Wahrheit verhielt es sich so. Der, welcher sich durch sein eigenes Tun, seine Gefühle und seine Selbstverleugnung zu erretten strebt, mag sich in stolzer Unwissenheit über seinen Zustand der Knechtschaft befinden; er mag selbst damit prahlen, dass er frei geboren und nie jemandes Knecht gewesen sei; und dennoch bringt er sein ganzes Leben in der Knechtschaft zu. Er weiß nie, was Freiheit, was Zufriedenheit, was Freude in Gott bedeutet.

Er wundert sich, wenn Menschen von „voller Glaubenszuversicht“ sprechen. Er meint, sie müssten vermessen sein. Er hat kaum Zeit, zwischen den Peitschenhieben zu atmen. Er hat so viel getan, aber er muss noch so viel mehr tun; er hat so viel gelitten, aber er muss noch so viel mehr leiden. Er ist nie in die Ruhe eingegangen, die für das Volk Gottes vorhanden ist; denn er ist von der Magd geboren, und sein Geist befindet sich stets in Knechtschaft. Auf der andern Seite steht derjenige, der von der Freien geboren ist, und der es versteht, dass die Errettung von Anfang bis zu Ende der Gnade Gottes zuzuschreiben ist, und dass Gott, wo Er seine Gnade gegeben hat, sie nicht zurücknimmt, denn Gottes Gaben und Berufung mögen Ihn nicht gereuen.“ Ein solcher Mensch, der das vollbrachte Werk Christi annimmt und weiß, dass er in Ihm vor Gott angenommen ist, ruht in dem Herrn und freut sich mit überaus großer Freude. Sein Leben und sein Geist sind voller Freude und Frieden, denn er wurde frei geboren und er ist frei, ja, „recht frei.“

Versteht mein Leser die Freiheit des Kindes Gottes? oder ist er noch in der Knechtschaft unter dem Gesetz, bange vor der Strafe, bange, hinaus in die Wüste gesandt zu werden? Wenn du dich in diesem letzten Falle befindest, so hast du nicht die Verheißung empfangen, sonst würdest du wissen, dass deine Furcht unbegründet wäre. Dem Isaak, dem Kinde der Verheißung, gehört dies Erbteil, und er bleibt ewig darin, ohne Furcht hinausgestoßen zu werden.

Diejenigen, die wie Ismael nach dem Fleisch geboren sind, und deren Religion Sache ihrer eignen Kraft und Stärke ist, bekümmern sich um irdische Dinge wie Ismael es tat. Nur die, welche von oben durch die Verheißung nach dem Glauben geboren sind, bekümmern sich wie Isaak um himmlische Dinge. Seht, wie der, dessen Religion einen bloß natürlichen Ursprung hat, sich um irdische Dinge bekümmert. Er ist sehr regelmäßig im Gotteshaus; aber während er da ist, denkt er an sein Geschäft, sein Haus oder seinen Acker. Hat er Freude an der Anbetung Gottes? Weit davon entfernt! Hier ist die Predigt. Nimmt er das Wort, das in ihn gepflanzt ist, welches seine Seele selig machen kann, mit Sanftmut an? Weit davon entfernt! Er kritisiert es, als wäre es eine politische Rede. Er gibt sein Geld für Gottes Sache, wie andre es tun. Natürlich tut er das; denn er fühlt, dass er sein Gewissen beruhigen und seinen guten Ruf aufrecht halten muss - aber liegt ihm die Ehre Gottes am Herzen? Keineswegs. Wenn das der Fall wäre, so würde er mehr als Geld geben. Seine Herzens Gebete würden für den Fortschritt des Reiches Gottes aufsteigen. Seufzt und weint er über die Sünden der Zeit? Findet ihr ihn, dass er in der Einsamkeit vor Gott sein Herz voll Schmerz darüber ausschüttet, dass selbst in seiner eignen Familie noch Unbekehrte sind? Seht ihr je eine hohe und heilige Freude bei ihm, wenn Sünder bekehrt werden, ein Frohlocken, weil das Reich Christi kommt? O nein, so hoch erhebt er sich nie. Aller Gottesdienst ist ihm etwas Äußerliches: in den Kern und das Wesen geistlicher Dinge ist er niemals eingedrungen und kann es niemals. Der fleischliche Sinn, selbst wenn er religiös ist, ist immer noch Feindschaft wider Gott, und ist nicht mit Gott versöhnt, kann es auch nicht sein. Es muss ein geistlicher Sinn in dem Menschen erschaffen werden, er muss eine neue Kreatur in Christo Jesu werden, ehe er geistliche Dinge würdigen, verstehen und genießen kann.

Um auf unsern Ausgangspunkt zurück zu kommen: „Ihr müsst von neuem geboren werden.“ Wir müssen aus dem Geist geboren werden: wir müssen ein übernatürliches Leben empfangen dadurch, dass wir aus unserm Tode in der Sünde auferweckt werden. Wir können nicht die Früchte des Geistes tragen, ehe wir das innere Leben des Geistes haben. Ismael wird Ismael sein, und Isaak wird Isaak sein. Wie der Mann ist, so wird sein Verhalten sein. Der Mann des Schauens, der Vernunft und der menschlichen Kraft mag sein Bestes tun, wie Ismael es tat; aber nur das Kind der Verheißung wird sich zum Leben und Wandel des Glaubens erheben, wie Isaak es tat.

„Scharfe Linien,“ sagt einer. Zuweilen ist es ein großer Segen, wenn uns diese scharfen Linien gezogen werden, und recht gerade gezogen werden dazu. Dadurch mögen wir für die Ewigkeit auf die rechte Spur geleitet werden. Jemand sagte neulich zu einem Freunde von mir: „Ich ging einmal hin, um Spurgeon zu hören, und wenn du mich, ehe ich ins Tabernakel kam, über meinen Zustand befragt hättest, so würde ich der Meinung gewesen sein, dass ich ein so religiöser Mann sei, wie nur je einer hier im Kirchspiel, und sicherlich ein so guter Mann, wie nur je einer zu einer Gemeinde gehörte; aber das wurde alles über den Haufen gestoßen, als ich an diesem Tage das Evangelium hörte. Mir war jede Feder ausgerupft, als ich aus dem Tabernakel heraus kam. Ich fühlte, dass ich der elendeste Sünder sei, den es auf der Erde geben könne, und sagte, ich will nie wieder hingehen und diesen Mann hören, denn er hat mich ganz und gar zuschanden gemacht. Ja,“ fügte er hinzu, „aber das war das beste, was mir geschehen konnte. Es bewirkte, dass ich von mir selbst und allem, was ich tun konnte, ganz und gar hinweg sah und nur auf Gott und seine allmächtige Gnade, und dass ich verstand, ich müsse wiederum unter die Hand meines Schöpfers kommen, sonst könnte ich nie sein Angesicht mit Freuden sehen.“ Ich hoffe, mein Leser hat diese Wahrheit an sich selber erfahren: eine ernste Wahrheit ist es. Eben wie Gott zuerst Adam machte, so muss er uns wiederum machen, sonst können wir nie sein Bild tragen, noch seine Herrlichkeit schauen. Wir müssen unter den Einfluss der Verheißung kommen und von der Verheißung leben, sonst wird unser Leben nie von richtigen Grundsätzen geleitet, noch auf richtige Zwecke hingelenkt werden.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/spurgeon/n/nach_der_verheissung/spurgeon-ndv-03.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain