Spurgeon, Charles Haddon - Für die Kranken und Betrübten.

Spurgeon, Charles Haddon - Für die Kranken und Betrübten.

„Ich muss für Gott reden und kanns nicht lassen. Habe ichs nicht getroffen, so lehre du michs besser; habe ich unrecht gehandelt, ich wills nicht mehr tun“.
Hiob 34,31.32

„Es gebührt sich aber vor Gott zu sprechen: ich habe Züchtigung getragen, ich will nicht mehr sündigen; was ich nicht sehe, lehre du mich; habe ich unrecht gehandelt, ich wills nicht mehr tun“. ( Engl. Übersetzung)

Selbst, wenn wir zu unseren Mitmenschen sprechen, sollte unsre Rede eine angemessene sein; deshalb sagt Salomo von dem Prediger, er suchte, das er fände angenehme Wort oder Worte, die für die Gelegenheit passten. Wenn wir uns denen nahen, die uns vorgesetzt sind, so tritt diese Notwendigkeit sehr hervor und deshalb tragen Leute, die am Hofe des Fürsten eine Bitte vorbringen wollen, große Sorge, ihre Worte recht zu ordnen. Wie viel mehr sollten wir denn, wenn wir vor dem Herrn sprechen, die Angemessenheit unserer Wörter in Betracht ziehen, wie der Text es tut. Es gibt eine Sprache, die niemals in der göttlichen Gegenwart geführt werden darf, und selbst die, welche gestattet ist, muss wohl gewogen und mit demütigem Ernste vorgebracht werden. Daher tut Elihus wohl, in dem Text Worte zu nennen, die „es sich gebührt vor Gott zu sprechen“. Mögen unsere Lippen stets gehütet werden wie von einer aufmerksamen Schildwache, das nichts über sie gehe, was den Höchsten verunehrt. In der göttlichen Gegenwart - und wir sind immer in derselben - liegt es uns ob, eine doppelte Wache vor jedes Wort zu setzen, das aus unserem Munde kommt.

Bedenkt, das Gedanken vor Gott Reden sind. Der Gedanke ist vor Menschen nicht Rede, denn Menschen können nicht Einer des Anderen Gedanken lesen, bis sie durch Worte oder andre Zeichen dargestellt werden, aber Gott, der das Herz liest, betrachtet das als Sprache, was niemals gesprochen ward, und er hört uns in unserem Innern mehr Dinge sagen, die unsere Zunge niemals geredet hat. Geliebte, es gibt Gedanken, die es sich nicht gebührt vor dem Herrn zu denken, und es ist gut für uns, besonders für die unter uns, welche in Trübsal sind, sehr über diese Gedanken zu wachen, damit der Herr uns nicht in unserem Herzen Dinge sagen höre, die seinen Heiligen Geist betrüben und ihn zum Zorn reizen. O, Heilige Gottes, ihr denkt niemals, außer in der unmittelbaren Gegenwart eures himmlischen Vaters, darum nehmet es gewissenhaft mit jedem eurer Gedanken, damit ihr nicht in den geheimem Kammern eures Wesens sündigt und Gott törichte Weise aufsagt. Elihus sagt uns, was sich für uns ziemen würde zu denken und zu sagen: „Es gebührt sich aber vor Gott zu sprechen: Ich habe Züchtigung getragen, ich will nicht mehr sündigen; was ich nicht sehe, lehre du mich; habe ich unrecht gehandelt, ich wills nicht mehr tun“. Wir wollen den Text diesmal hauptsächlich brauchen mit Beziehung auf die, welche gezüchtigt werden; und danach wollen wir sehen, ob nicht Lehre darin ist, selbst für die, welche jetzt nicht unter der Rute leiden. Drittens werden wir in unserem Texte ein Wort finden für die, welche nicht Gottes Kinder sind und deshalb nichts von der Leidensrute väterlicher Züchtigung wissen. Vielleicht möchte Gott auch in ihnen durch diesen Text sprechen. O, das es seinem Heiligen Geist gefiele, dies zu tun.

I.

Aber zuerst, liebe Freunde, lasst uns miteinander über den Text reden in seiner mehr natürlichen Anwendung auf die Betrübten. Die Belehrung des weisen Mannes ist für sie besonders, und es sind ihnen hier drei Pflichten vorgeschrieben, oder vielmehr drei Vorrechte genannt, in Betreff welcher sie den Heiligen Geist bitten sollten, sie fähig zu machen, dieselben zu genießen.

Die erste Lehre ist, es gebührt sich für sie, die Trübsal anzunehmen, welche der Herr sendet, und zu Gott zu sprechen: „Ich habe Züchtigung getragen“. Wir bemerken, dass das Wort „Züchtigung“ nicht wirklich im Hebräischen steht, obgleich dieses nicht gut übersetzt werden könnte, ohne das Wort hinzuzufügen. Es könnte genau und wörtlich übersetzt werden: „Ich trage“, oder „Ich habe getragen“. Es ist das weichgemachte Herz das zu Gott spricht: „Ich trage, was immer du auf mich legen willst; ich habe es getragen, ich trage es noch, und will es tragen, was du mir auch zu tragen bestimmst. Ich unterwerfe mich dir gänzlich und nehme die Last an, die es dir gefällt, mir zuzuwägen“. Nun, wir wollen dies tun, liebe Freunde, und wir werde es tun, wenn unser Herz in der rechten Verfassung ist. Wir sollten uns freudig unterwerfen, weil keine Trübsal, unter der wir leiden, durch Zufall uns trifft. Wir sind nicht dem Elend überlassen, zu glauben, dass die Dinge von selber geschehen und unabhängig sind von einer göttlich leitenden Macht. Wir wissen, dass kein bitterer Tropfen je in unseren Kelch fällt, den nicht die Weisheit unseres himmlischen Vaters dahinein tut. Wir sind nicht in einer Welt gelassen, die von Engeln regiert oder von Cherubim beherrscht wird; wir wohnen, wo jedes Ding von Gott selber angeordnet wird. Sollen wir uns gegen den Höchsten empören? Sollen wir ihn nicht tun und lassen, was vor ihm wohlgefällig ist? Sollen wir nicht unsere Lippen mit Schweigen bedecken, wenn wir wissen, dass das Übel vom Herrn kommt? Schande über uns, falls wir seine Kinder sind, wenn die nicht die vorherrschende Stimmung unseres Gemütes ist: „Es ist der Herr, er tue, was ihm wohlgefällt“. Überdies sollten wir Alles nicht nur tragen, weil der Herr es verordnet, sondern weil er Alles zu einem weisen, freundlichen, wohltätigen Zwecke ordnet. Er betrübt nicht von Herzen. Er hat keine Lust an den Leiden seiner Kinder. Wenn eine Not kommen muss, so ist es stets um eines Zwecke willen; und wenn durch mein Leben ein Zweck Gottes gefördert werden kann, wollte ich wünschen, demselben zu entgehen? Wenn es zu seiner Verherrlichung dient, sollte ich nicht sogar die Ehre ersehenen , das Mittel seiner Verherrlichung zu sein, selbst wenn es durch Stillschweigen und Erdulden von Schmerzen wäre. Ja, Geliebte, da wir wissen, dass Gott seinem wiedergeborenen Geschöpfen nur in irgend einer Liebesabsicht weh tun kann, sollten wir jeden Schmerz willig annehmen, den es ihm gefällt, auf uns zu legen. Und wir haben außerdem seiner Versicherung, dass alle Dinge zu unserem Besten dienen. Unsere Leiden sind nicht nur zu einem guten Zwecke gesandt, sondern mit einem Zweck, der für uns selber gut ist, einer Absicht, welcher jeder Zweig der Rute unsers himmlischen Vaters entspricht. „Wollen wir den Kelch nicht trinken, den unser himmlischer Vater uns gegeben hat“? Es ist heilende Arznei, und nicht tödliches Gift, darum lasst ihn an unsere Lippen setzten ohne Murren, ja, ihn bis auf Hefen austrinken und sprechen: „Nicht, wie ich will sondern wie du willst“.

Eine beständige Unterwerfung unter den göttlichen Willen sollte die Atmosphäre sein, in der ein Christ lebt. Er sollte seinen Eigenwillen strenge verleugnen, mit dem Rufe: „Nicht mein Wille“, und dann sollte er mit heiliger Wärme den Herrn anflehen, seinen Zweck auszuführen, indem er spricht: „Des Herrn Wille geschehe“. Er sollte die ganze Kraft seiner Seele in des Herrn Willen hineinlegen und mehr als Unterwerfung zeigen, nämlich eine fromme Ergebung in Alles, was der Herr verhängt.

Geliebte Freunde, wir müssen nicht damit zufrieden sein, das, was der Herr sendet, mit jener Kühle zu tragen, die spricht: „Es muss sein, und deshalb muss ich es mir gefallen lassen“. Solche gezwungene Unterwerfung ist tief unter einer Christengnade, denn mancher Heide hat sie erreicht. Der stumpfe Stoiker nahm an, was die Vorherbestimmung ihm aufteilte, und der Mohammedaner tut noch immer das gleiche. Wir müssen über fühllose Unterwerfung hinausgehen. Wir müssen unsre Herzen nicht so gegen das Leiden verhärten, dass wir es nicht empfinden. Die Züchtigung, welche uns nicht schmerzt, hat ihr Ziel verfehlt. Die ernstlichen Schläge, die man fühlet, sagt Salomon, machen das Herz besser; und wenn man sie nicht wirklich fühlet - wenn es nur eine Quetschung der haut ist - so wird wenig Gutes danach kommen. „Die ihr jetzt eine kleine Zeit“, sagt der Apostel; „traurig seid in mancherlei Anfechtungen“, und nicht nur die Anfechtung, sondern die Traurigkeit, die daraus entsteht, ist uns nötig. Gott will nicht, dass seine Kinder gleich dem Ochsen und Esel werden, die eine harte Haut den harten Schlägen darbieten, sondern er will uns zart und fühlend haben. Es gibt eine Verachtung der Züchtigung des Herrn durch eine trotzige Stellung, die den Herrn herauszufordern scheint, ob er eine Träne oder einen Seufzer aus uns heraus pressen könne. Davor lasst uns auf der Hut sein. Ebenso wenig sollen wir anderseits die Trübsale mit einem Geist der Empörung aufnehmen. Es ist schwer für uns, wider den Stachel zu löcken, wie der Ochse, der, wenn man ihn anspornt, gereizt wird, ausschlägt, und das Eisen sich dadurch noch tiefer eintreibt als es vorher war. Wir können dies leicht tun, indem wir darüber klagen, dass Gott zu Strenge gegen uns gewesen sei. In tiefem Geiste können wir „uns waffnen gegen ein Meer von Leiden“, aber durch Widerstand werden wir sie nicht enden, nur ihre Not vermehren. Durch einen stolzen, murrenden Geist bringen wir nur Trübsal auf Trübsal über uns; „der Herr widerstehet den Hoffärtigen“, und ein stolzer Geist fordert ihn heraus.

Wir sollen aber auch nicht, liebe Freunde, als Gläubige in der Not verzweifeln, denn das heißt nicht, das Kreuz tragen, sondern demselben zu unterliegen. Wir sollen die uns zugemessene Last auf uns nehmen und sie tragen und nicht in gottloser Betroffenheit niedersitzen und murren, das wir nicht mehr tun können. Einige sind in einer sehr üblen Gemütsstimmung, ihr finsterer Geist murmelt, wenn Gott so strenge verfahren wollte, so müssten sie sich unterwerfen, aber sie haben allen Mut und allen Glauben verloren, und alles, warum sie bitten, ist das sie sterben möchten. Ein Kind Gottes darf nicht murren. „Es hat noch nicht bis aufs Blut widerstanden über dem Kämpfen wider die Sünde“; und wenn es das hätte, sollte es doch sagen: „Ob er mich auch tötete, will ich ihm doch trauen“. Da Jesus, der Mann der Schmerzen, niemals murrte, steht es seinen Nachfolgern schlecht an, dies zu tun. Wir müssen unsere Seelen in Geduld fassen. Vielleicht denkt ihr, es sei leichter für mich, dies zu sagen, als es zu tun; und doch, durch die allmächtige Gnade kann ein Heiliger das Äußerste, was tragbar ist, tragen, was erlitten werden kann, erleiden, das Äußerste, was verloren werden kann, verlieren und selbst bis zum äußersten Sterben kann er täglich sterben und doch triumphieren durch das göttliche Leben, denn Gott, der in uns wirket des Wollen und Vollbringen, ist allmächtig und macht unsere Schwachheit stark.

Der Christ soll also das Kreuz, was Gott ihm auflegt, nicht in der beschriebenen Weise behandeln, sondern soll es demütig annehmen, zu Gott aufblicken und spreche: „Viel Schlimmeres als dieses hätte ich selbst als dein Kind erwarten können; denn die Zucht deines Hauses erfordert die Rute und wohl hätte ich darauf rechnen können, jeden Morgen gezüchtigt zu werden“. Das Kind Gottes sollte fühlen, dass es gerade die Treue des Herrn ist, die ihm Leiden sendet, und dass in jedem Streiche Liebe ist. Alles außer und über dem untersten Abgrund der Hölle ist eine große Gnade für uns. Wenn wir fünfzig Jahre lang krank zu liegen hätten und kaum eine Minute frei von Schmerz wären, doch, da der Herr unsere Sünden vergeben, uns in Christo Jesus angenommen und uns zu seinen Kindern gemacht hat, sollten wir dankbar für jede Pein sein und stets fortfahren, den Herrn auf unserem Lager zu preisen und sein Lob inmitten des Feuers singen. Demütig daher, wie Sünder, die den göttlichen Zorn verdienen, sind wir verpflichtet, die Züchtigungen des Herrn anzunehmen.

Wir sollte die Zucht mit sanfter Unterwerfung annehmen und uns Gott darbringen, das er mit uns ferner handeln möge, wie er es getan hat - nicht wünschen, zur Rechten auszuweichen oder zur Linken; ihn bitten, wenn es sein Wille wäre, die Last anzunehmen, den Schmerz zu heilen, den Verlust uns zu ersparen, und dergleichen, aber immer weiten Raum lassen für die völlige Ergebung unserer Seele. Das Gold soll sich nicht wider den Goldschmied empören, sondern sollte sogleich einwilligen, in den Tiegel getan und ins Feuer gebracht zu werden. Der Weizen, wenn er auf der Tenne liegt, soll seinen keinen Willen haben, sondern willig sein, die Schläge des Drechslers zu erdulden, damit die Spreu von dem köstlichen Weizen gesondert würde. Wir sind nicht weit davon, von den Schlacken gereinigt und von der Spreu befreit zu werden, wenn wir vollkommen willig sind, alles mit uns vornehmen zu lassen, was die göttliche Weisheit uns bestimmen mag. Das Selbst und die Sünde sind vermählt, und werden nie geschieden werden, und bis unsere Selbsttest zermalmt ist, wird der Same der Sünde stets reichliche Lebenskraft in uns haben; aber wenn es „nicht ich“ ist, sondern „Christus, der in mir lebet“, dann sind wir dem Ziele nahe gekommen, zu dem Gott uns berufen hat, und zu welchem er durch seinen Geist uns führt. Aber wir wollen weitergehen, denn dies. Wir sollten die Züchtigung freudig annehmen. Es ist eine harte Lektion, aber eine Lektion, die der Tröster fähig ist, uns zu lehren, froh zu sein, dass Gottes Wille geschieht. Wisst ihr, was es ist, zuweilen sehr froh zu sein , zu tun, was man nicht gern tut? Ich meine, ihr hättet es nicht gerne getan, aber ihr findet, das es Jemanden gefällt, den ihr liebt und sogleich wird die lästige Aufgabe ein Vergnügen. Habt ihr nicht zuweilen gefühlt, wenn Jemand, den ihr sehr hoch schätz, krank und elend ist, dass ihr froh sein würdet, den Schmerz zu tragen, wenigstens für ein oder zwei tage, um den Leidenden ein wenig Ruhe zu geben? Würdet ihr ein Vergnügen darin finden, eine Zeitlang siech zu sein, um einen eurer Lieben eine Weile Gesundheit genießen zu lassen? Lasst denselben Trieb in noch höherem Grade eure Seele beherrschen! Versucht zu fühlen: „Wenn es Gott gefällt, so gefällt es mir. Wenn, Herr, es dein Wille ist, so soll es mein Wille sein. Lass die Geißelhiebe vermehrt werden, wenn du dadurch mehr geehrt wirst und mir erlaubt wird, zu deiner Verherrlichung beizutragen“. Das Kreuz wird sanft, wenn unser Herz durch den Geist so sanft gemacht ist, dass unser Wille mit dem Willen Gottes parallel läuft. Wir sollten lernen, in der Sprache des Elihu zu sagen: „Ich habe getragen, ich trage, ich nehme es alles an“. Wie der bildsame Ton auf des Töpfers Rade zu sein oder wie das Wachs in der Hand des Bildners, das sollte unser großer Wunsch sein. Dies ist die erste Aufgabe des Leidenden.

Die nächste Pflicht ist, die Sünde aufzugeben, welche die Züchtigung veranlasst haben mag.

„Es gebühret sich vor Gott zu sprechen: Ich habe Züchtigung getragen, ich will nicht mehr sündigen“. Es ist ein Zusammenhang zwischen Sünde und Leiden in einem jeden Falle. Es würde sehr Unrecht von uns sein, vorauszusetzen, dass jeder, der leidet, darum schuldiger ist als Andre: Das war der Irrtum der Freunde Hiobs - ein Irrtum, der alle Tage zu häufig sich findet; aber es ist für den Leidenden richtig, seinen eigenen Fall zu beurteilen nach einem Maßstab, den wir nicht bei ihm anlegen dürfen. Er sollte sagen: „Ist nicht ein Zusammenhang zwischen dieser Züchtigung und der Sünde, die in mir wohnt“? Und hier muss er sich nicht ungerecht beurteilen, nicht einmal um Gottes willen, damit er sich nicht in unnötige Sorge hineinstürze. Es gibt Leiden, die von Gott kommen, nicht wegen vergangener Sünde, sondern um Sünde in der Zukunft zu verhüten. Es gibt auch scharfe Reinigungen, die bezwecken, das wir mehr Frucht bringen; sie werden nicht gesandt, weil wir keine Frucht gebracht haben, sondern weil wir fruchttragende Reben sind und der Reinigung wert. „Einen jeglichen Reben an mir, de da Frucht bringt, wird er reinigen, das er mehr Frucht bringe“. Es gibt auch Leiden, die zur Prüfung und Versuchung und Bewährung gesandt werden, sowohl für Gottes Ehre und die Offenbarung seiner Macht, als auch zum Troste für Andre, dass zitternde Heilige sehen mögen, wie arme schwache Menschen das schwerste Kreuz um Christi willen tragen und unter demselben triumphieren könne. Wir sollen nicht gewiss sein, das jeder Schmerz uns zugesandt wird wegen einer wirklich begangenen Sünde; doch wird es am besten sein, mit uns selber strenger zu verfahren, als wir es mit anderen könnten, und immer zu fragen: „Ist irgend eine Ursache da für diese Züchtigung? Sollte da nicht etwas sein, wovon Gott mich frei machen will, oder etwas, was ihn betrübt und ihn veranlasst hat, mich zu trüben“? Brüder und Schwestern, ich bitte euch, seid nie nachsichtig gegen euch selbst. Die Besten von uns sind im besten Falle nur Menschen, und wenn wir am besten sind, so haben wir Vieles, über das wir in der Gegenwart des Höchsten trauern müssen. Es ist gut, immer unzufrieden mit uns selber zu sein, und uns nach einem höheren Ziel zu strecken; immer zu beten, das Christi Bild vollständig in uns ausgeprägt werde. Dornen werden oft in unser Rest gelegt, damit wir nach dem verborgenen Bösem forschen. „Sollten Gottes Tröstungen so gering vor dir gelten? Aber du hast irgend noch ein heimliches Stück bei dir“. Ist zu Ai eine Niederlage gewesen? Kann nicht ein Achan im Lager sein? Hat nicht ein Verräter an einem verborgenen Ort einen tödlichen babylonischen Mantel und eine goldene Zunge verscharrt? Gibt nicht die Trübsal einen Wink, dass irgend etwas verkehrt ist? Geliebte, ich fordere mich selbst und ich fordere euch auf, nun nicht allein euren äußerlichen Charakter anzusehen, sondern euer Privatleben und euren Wandel vor Gott, und zu forschen, ob da nicht ein Gebrechen ist. Ist Not vorhanden in der Familie? Hast du immer gegen Kinder und Dienstboden gehandelt, wie du als Herr und als Vater es solltest? Frage dich selbst. Das Kind macht dir Kummer. Hast du, gute Mutter, stets so viel für das Kind gebetet, wie du es hättest tun sollten? Könnte nicht deines Kindes Betragen gegen dich eine treue Abspiegelung deines Betragens gegen deinen himmlischen Vater sein? Ich erwähne keins dieser Dinge, um deinen Kummer zu vergrößern, sondern damit du deinen Finger auf das Böse legst, das den Herrn deinen Gott erzürnt, und es hinweg tut. Ist Verlust im Geschäft da gewesen? Bist du gewiss, Bruder, dass du, wenn du Geld machst, es immer für Gott gebrauchst, wie du es solltest? Bist du ein gute Haushalter gewesen? Gabst du dem Herrn sein volles Teil - den geheiligten Zehnten von Allem, was du hast? Oder bist du nicht vielleicht zu selbstsüchtig gewesen - und kann das nicht eine Ursache sein, warum du vom Reichtum zu vergleichsweiser Armut herabgesunken bist? Ist es so? Geißelt die Trübsal deinen Körper? Ist denn irgend etwas Unrechtes in deinen Gewohnheiten gewesen? Hat das Fleisch die Oberhand gehabt über den Geist? Hat es gänzlicher Weihung des Gefäßes des Herrn gefehlt? Hat das Leiden einen deiner Lieben getroffen? Du magst dir da keines Unrechtes bewusst sein, aber doch, siehe zu, lieber Freund. Suche dein ganzes Leben durch, wie die Kundschafter einst Kanaan durchforschten. Wenn deine Sünde schreiend ist, so bedarf es kaum einer Züchtigung, um dich darauf hinzuweisen, denn du solltest sie ohne das sehen; aber es mag eine geheime Sünde zwischen dir und deinem Herrn sein, deretwegen er dich züchtigt, und diese musst du verfolgen und erhaschen. Du weißt, ich meine nicht, das der Herr dich für deine Sünde straft, wie ein Richter einen Verbrecher straft, denn das wird er nicht tun, da er die Strafe der Sünde auf Christum gelegt hat und Christus sie als eine Rache der strafenden Gerechtigkeit getragen hat. Er züchtigt sein Kind als Vater, aber niemals ohne eine Ursache; ich bringe in euch, zuzusehen, ob nicht eine Ursache für die gegenwärtige schmerzliche Zucht da ist. Fallt niemals in den Irrtum derer, die meinen, Sünde in Gottes Kindern sei ein Geringes. Wie? Wenn irgend wo die Sünde schrecklich ist, so ist es in einem Kinde Gottes. Darum Spricht der Text: „ich will nicht mehr sündigen“. Sünde beleidigt Gott, er kann sie nicht tragen. Ich möchte nicht gern einen Pestflecken in irgend Jemandens Gesicht sehen, aber ich würde am meisten zittern, ihn auf dem Gesicht meines eigenen Kindes zu erblicken. Die Sünde ist sichtbarer in einem guten Menschen, als in einem andern. Ich kann einen Tintenflecken auf einem schwarzen Tuche machen, ohne ihn gewahr zu werden, aber auf einem weißen wird man ihn sogleich sehen, und desto mehr um der Weiße des Leinen willen, das beschmutzt ist. Du, Kind Gottes, wisse, das gerade in dem Verhältnis, wie du geheiligt bist - in dem Verhältnis , wie du in Gottes Nähe lebst - die Sünde den Höchsten betrüben wird. Es ist herrlich und furchtbar, in Gottes Nähe zu leben. Ich möchte wissen, ob ihr mich versteht, ihr Alle. Als ein begünstigter Hofmann mit einem Monarchen zu verkehren, ist eine sehr zarte Sache und Günstlinge müssen ihre Schritte sorgfältig beachten, denn obgleich sie einem König nahe stehen, wissen sie wohl, wie schnell sie aus ihrer hohen Stellung herab fallen können. Wir dienen einem eifersüchtigem Gott. Es ist eine wunderbare Frage: „Wer ist unter uns, der bei einem verzehrenden Feuer wohnen möge? Wer ist unter uns, der bei der ewigen Glut wohne“? Gott ist das verzehrende Feuer, Gott ist die ewige Glut. Wer ist unter uns, der bei ihm wohnen möge? Die Antwort ist: „Wer unschuldige Hände hat und reinen Herzens ist, der wird in der Höhe wohnen und Felsen werden seine Beste und Schutz sein“; aber nur der, welcher sehr eifersüchtig sich bewacht, wird fähig sein, jenes feurige Licht zu tragen, das um den Thron Gottes wallt, –jene verzehrende Flamme, welche Gott selber ist, wie der Apostel spricht:–„ Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“. Cäsars Weib musste nicht nur ohne Fehler sein, sondern auch über jeden Verdacht erhaben, und ebenso muss der Charakter eines Kindes Gottes sein. Das wie Moses in dem inneren Kreise lebt - das auf der Bergeshöhe steht - und weiß, was die Spitzen des Sinai bedeuten, und was es heißt, vierzig Tage mit dem Allerhöchsten Gemeinschaft zu haben.

Geliebte Freunde, ich bringe in euch, das ihr sehr genau nachforscht, welches die Übertretung sei, die eine Züchtigung veranlasst hat, denn es kann etwas bei euch ein Unrecht sein, was bei Andern kaum eine Sünde wäre. Ein Anderer kann in eure Sünde fallen aus Unwissenheit, aber da ihr bessere Erkenntnis habt, so ist die Sünde umso schwärzer in euch. Der Herr will geheiligt werden in denen, die ihm nahen und Wehe ihnen, wenn sie sich beflecken.

Die dritte Lektion in dem Texte lehrt die Leidenden klar, dass es ihre Pflicht und ihr Vorrecht ist, um mehr Licht zu bitten. Der Text sagt: „Was ich nicht sehe, lehre du mich, habe ich unrecht getan, ich wills nicht mehr tun“. Seht ihr, wohin dies führt? Es ist das Kind Gottes, das erweckt ist, nach der Sünde zu forschen, auf welche die Züchtigung hinweist; und da es ist nicht alles Böse sehen kann, das ihm ist, so wendet es sich an Gott mit diesem Gebet: „Was ich nicht sehe, lehre du mich“.

Geliebte Freunde, es mag sein, dass ihr, indem ihr eure Vergangenheit überblickte und eurer Herz durchforscht, eure Sünde nicht sehet, denn vielleicht ist sie nicht da, wo ihr es vermutet. Ihr habt an einem anderen Ort gesucht. Eure eigene Meinung ist, dass ihr schwach in dem einen Punkt seid, aber möglicherweise seid ihr viel schwächer in der entgegengesetzten Richtung. In Nichts irren sich die Menschen mehr als in Betreff ihres eigenen Charakters. Ich habe einen Bruder bekennen hören, dass es ihn an Festigkeit mangele, wenn er, meiner Meinung nach, so hartnäckig war wie irgend einer, den ich kannte. Ein anderer sagte, dass es ihm immer an Kühle fehle und doch meinte ich, wenn ich einen Eisbrunnen zu füllen hätte, so brauchte ich ihn nur hinein zu tun. Die Menschen beurteilen sich selber falsch. Fühllose Leute sagen, sie seien zu empfindsam und selbstsüchtige bilden sich ein, dass sie sich für anderer Wohl aufopfern. So mag es sein, dass ihr in der einen Richtung nach der Sünde gesucht habt, während euer Fehler am entgegengesetzten Punkte des Kompasses liegt. Betet denn: „Herr, prüfe mich und erforsche mich, und was ich nicht sehe, lehre du mich“. Bedenkt, Brüder, unsere schlimmsten Sünden mögen unter heiligen Dingen versteckt liegen. O, wie tiefe Übel sich verbergen - nicht unter den Kletten oder Nesseln des Düngehaufens,–da nicht, sondern unter den Rosen und Lilien des Gartens. In dem Kelche der Blumen lauern sie. Sie schießen nicht durch unsere Seele wie Teufel mit Drachenflügeln; sie fliegen wie Engel des Lichts, mit Flügeln, glänzend wie der Regenbogen. Sie kommen wie Schafe, und eine sehr nette Sorte scheinen sie zu sein, aber sie sind Wölfe in Schafskleidern. Seid aber sehr sorgfältig auf der Hut gegen die Sünden euer Heiligtümer. In unsren heiligen Dingen sind wir Gott näher als zu andren Zeiten und deshalb bringt deren Befleckung am ehesten uns die Streich der Rute unsres höchsten Vaters. Vielleicht liegt eure Sünde versteckt unter etwas, das euch sehr teuer ist. Jakob suchte sehr nach den Götzen - den Teraphim - die Laban verehrte. Er konnte sie nicht finden. Nein; er mochte Rahel nicht stören und Laban wollte sie auch nicht gern stören, –eine Lieblingsfrau und Tochter durfte nicht belästigt werden. Sie konnte ruhig auf der Streu ihrer Kamele sitzen bleiben, aber sie verbarg die Götzen dort. Eben so liebt ihr es nicht, in einem gewissen Winkel eures Herzens nachzusuchen; es ist ein sehr zarter Gegenstand, –etwas, das euch schmerzt, wenn jemand nur darauf anspielt: es ist da, wo die Sünde gehegt wird. Meine Brüdern und Schwestern, lasst uns ehrlich vor dem Herrn sein. Lasst uns wirklich wünschen, zu wissen, wenn wir unrecht tun und herzlich verlangen, richtig zu wandeln. Meint ihr, dass wir alle ehrlich wünschen, unsre Irrtümer zu kennen? Gibt es nicht Kapitel der Bibel, die wir nicht gerne lesen mögen? Wenn es solche gibt, –wenn irgend ein Spruch dir widerstehet, so widerstehe dir selbst; aber unterwirf dich ganz dem Worte Gottes. Ist irgend eine Lehre da, welche du beinahe für Wahrheit hältst, aber deine Freunde glauben sie nicht und sie könnten dich vielleicht als ketzerisch ansehen, wenn du sie annehmest und darum wagst du nicht, weiter zu forschen? O liebe Freunde, lasst uns frei von all solcher Unehrlichkeit werden. So viel davon ist in die Kirche hineingekommen, das viele Leute Dinge nicht sehen wollen, die so deutlich sind wie der Schaft einer Pike. Sie wollen nicht sehen, denn die Wahrheit möchte ihnen zu viel kosten. Sie decken einige Teile der Schrift zu und verbergen sie, deren Verständnis ihnen unbequem sein möchte, wegen ihrer Verbindung mit einer Kirche oder ihrer Stellung in einem gewissen Kreise. Dies ist hassenswert und wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn Gott den schlägt, der sich dieses erlaubt. Sei wahr, Bruder! Du kannst Gott nicht betrügen. Versuche es nicht. Bitte ihn, dich durch und durch zu erforschen. Lass deinen Wunsch sein: „Läuterungsfeuer, gehe durch mein Herz mit einer mächtigen Flamme, die Alles verzehrt, was einer Lüge gleicht, alles, was unheilig, selbstsüchtig, irdisch ist, dass ich völlig dem Herrn, meinem Gott geweiht sein möge“. Dies ist die rechte Art, unsre Züchtigungen anzunehmen. „Habe ich unrecht gehandelt, ich wills nicht mehr tun; was ich nicht sehe, lehre du mich“.

„Ach,“ sagt jemand, „wir können nicht sagen, das wir nicht mehr unrecht handeln wollen“. Ja, wir können es viel leichter sagen, als tun, und deshalb ist es schade, es zu sagen, ausgenommen im evangelischem Geiste, ganz auf die göttliche Kraft uns stützend. Wer da spricht: „ich will nicht mehr Unrecht tun“, hat eben damit Unrecht begangen, denn er hat sich durch Selbstvertrauen an die Stelle Gottes gesetzt. Doch, wir müssen in unsrem innersten Herzen fühle, dass wir wünschen, von allem Unrechten abzulassen. Es muss eine ernste und aufrichtige Absicht da sein, dass wie Paulus die Otter abstreifte, ins Feuer hinein, so wir mit Gottes Hilfe die Sünde abstreifen wollen, welche es auch sei, die uns die Trübsal verursacht oder den Herrn veranlasst, uns das Licht seines Angesichts zu entziehen. O, wie ernst möchte ich meine lieben leidenden Brüder und Schwestern bringen, diese treffliche Frucht der Trübsal zu suchen. Möge sie Jedem von uns zu Teil werden, wie die Trübsal kommt, das es uns nie an der süßen Frucht dieses bitteren Baumes fehlet. Gott segne euch, die ihr Anfechtungen leidet, und stehe euch bei in eurem Kummer; aber vor Allem möge er euch durch die Trübsal heiligen, denn das ist der Hauptpunkt, und es kommt wenig darauf an, wie heiß die Flamme, wenn ihr durch das Feuer gereinigt werdet.

II.

Und nun in der Kürze will ich diesen Text anwende auf Diejenigen unter uns, die nicht gelitten haben. Was sagt der Text zu uns, wenn wir nicht leiden? Sagt er nicht dies: Wenn der Leidende sagen soll „ich trage“, und sein Joch freudig auf sich nehmen soll, wie freudig sollte wir, ihr und ich, dann das tägliche Joch unsere christlichen Arbeit auf uns nehmen? Bruder, Schwester, werdet ihr je müde? Greift euch die Sonntagsschule zu sehr an? Wird euch jene Bibelklasse bisweilen eine Bürde? Diese Hausbesuche, –werden sie eine Plackerei? Dieses Verteilen von Traktaten - ist viel Einförmigkeit und Langeweile dabei? Nun sieh, ein Bruder, sieh auf jenen teuren heiligen Gottes, der Monate lang auf seinem Lager gelegen, bis die Federn unter ihm hart geworden. Er kehrt sich von einer Seite auf die andere, aber findet keine Erleichterung, –keinen Schlaf bei Nacht, keine Ruhe bei Tage. Möchtest du an seinem Platze sein? Doch höre, wie er Gott preiset in seinen vielen Schmerzen und in großer Schwachheit und Armut. Zeihst du sein Los dem deinen vor? Wohl denn, in Namen von Allem, was gut ist, nimm dein teil mit Freuden an und lege deine ganze Seele in den Dienst des Herrn hinein. Der große Feldherr könnte zu dir sprechen: „Was! Müde des Marschierens! Ich will dich zurück zu den Laufgräben senden und dich da liegen lassen, bis dir über zu Mute wird bei deiner Untätigkeit. Was! Müde des Kämpfens! Du sollst ins Hospital gebracht werden mit zerbrochenen Knochen und dort liegen und schmachten und sehen, was du von erzwungener Untätigkeit denkst“. Wenn ich irgend eine Botschaft von meinem eignen Krankenbette zu bringen habe, so ist es diese - wenn ihr nicht wünscht, voller Reue zu sein, wenn ihr gezwungen seid, still zu liegen, so wirkt, so lange ihrs könnt. Wenn ihr ein Krankenbett so weich machen wollt, als es nur sein kann, stopft es nicht mit der traurigen Erinnerung, das ihr die zeit vergeudet habt, als ihr in Kraft und Gesundheit wart. Die Leute sagten mir vor Jahren: „Sie werden ihre Gesundheit ruinieren mit Ihrem Predigen zehnmal die Woche“, und dergleichen mehr. Wohl, wenn ich es getan habe, freue ich mich des. Ich würde dasselbe wieder tun. Wenn ich fünfzig Gesundheiten hätte, würde ich mich freuen, sie alle im Dienste des Herrn Jesu Christi zu ruinieren. Ihr jungen Männer, die ihr stark seid, überwindet den Bösen und kämpft für den Herrn, so lange ihr es könnt. Ihr werdet nie bereuen, alles, wozu ihr im Stande seid, für unseren Herrn und Meister getan zu haben. Drängt, so viel ihr könnt, in jeden Tag hinein und verschiebt kein Werk auf morgen. „Alles, was dir vorhanden kommt zu tun, das tue frisch“.

Wir haben noch eine andere Bemerkung für die, welche stark sind. Sollten nicht die Gnadenbezeugungen uns dahin leiten, nach unseren Sünden zu forschen? Die Züchtigung ist wie ein schwarzer Finger, der auf unsere Fehler hinweist: Sollte Gottes Liebe nicht das gleich tun mit ihrer Hand, die von Juwelen funkelt? Herr, gibst du mir gute Gesundheit? Herr, hast du mir mein Weib und meine Kinder erhalten? Gibst du mir irdisches Gut genug und die Fülle? Dann, Herr, ist irgend etwas in mir, das dich betrübt? Beherberge ich irgend etwas in meiner Seele, das deinen Geist erzürnen könnte? Lass deine Liebe mich leiten, dass ich von diesen Übel frei werde. Es ist ein liebliches Wort: „Ich will dich mit meinen Augen leiten. Seid nicht wie Rosse und Maultiere, die nicht verständig sind, welchen man Zaum und Gebiss muss ins Maul legen, wenn sie nicht zu dir wollen“. Dein Kind bedarf nur eines Blickes von deinem Auge, so läuft es zu dir; aber dein Pferd und Maultier würde das nicht tun, du musst ein Gebiss in ihr Maul legen, und einige müssen ein sehr starkes Gebiss haben und ihr Maul muss sehr wund gemacht werden, ehe sie gelenkt werden können. Ihr seid Menschen, seid nicht wie die Tiere. Doch einige von Gottes Kindern gleichen sehr dem Vieh. Sie wollen seinen Worten nicht gehorchen, und deshalb muss Gott ihnen Schläge geben, denn er will, das seine Kinder ihm gehorchen; wenn sie sich mit Seilen der Liebe ziehen lassen, so wird das geschehen, aber wenn sie es nicht wollen, wird dir Rute sie treiben. Wenn ihr euch zu Rossen und Maultieren macht, so wird er euch wie Rosse und Maultiere behandeln, oder ihr werdet doch Ursache haben, dies zu meinen; vielleicht ist der Beste Weg, euch davor zu bewahren, ganz ein Maultier zu werden, der, euch wie ein solches zu behandeln und euch so diese Torheit auszutreiben, indem ihr die Wirkung derselben sehet.

Lasst eure Gnadenweisungen wie eine süße Arznei wirken, dann braucht ihr keinen bitteren Trank.

Noch eins. Meint ihr nicht, dass wir, während wir Gottes Gnade genießen, wünschen sollten, bei dem Lichte der Liebe Gottes erforscht zu werden? Sollten wir nicht begehren, das Licht des göttlichen Angesichtes zu benutzen, um alle unsere Sünden zu entdecken und zu überwinden? Ich kenne einige Christen, die nicht dahin kommen werden. Sie haben ein närrisches Temperament und sagen: „Wohl, ihr wisst, das ist meine Natur“. Hinweg für immer mit solcher gottlosen Selbstentschuldigung. Es ist müßig zu sagen: „Ich kann es nicht ändern, es ist mein Temperament“. Dein Temperament wird dich zu Grunde richten, so gewiss du lebst, wenn die Gnade Gottes dein Temperament nicht zu Grunde richtet. Wenn solche Entschuldigungen erlaubt wären, so gäbe es kein noch so abscheuliches Verbrechen, für welches das Temperament nicht geltend gemacht werden könnte. Diebe, Huren, Trunkenbolde, Mörder könnten alle diese Rechtfertigung anbringen, denn sie alle haben ihr böses Temperament. Findet ihr, dass das Gesetz irgend eine Sünde entschuldigt auf den Grund hin, dass sie in „unserer Natur“ ist. Findet ihr etwas in dem Beispiel Christi oder in den evangelischen Vorschriften, das einen Menschen rechtfertigt, der da sagt: „Ich muss mit Nachsicht behandelt werden, denn meine Natur ist so zu einer gewissen Sünde geneigt, dass ich nicht umhin kann, ihr nachzugeben“? Mein Bruder, du musst nicht solchen Unsinn schwatzen. Deine erste Aufgabe ist, die Sünde zu überwinden, die du am meisten liebst; gegen diese muss alle deine Kraft und alle Gnade, die du erhalten kannst, angespannt werden. Jericho muss zuerst belagert werden, denn es ist die stärkste Feste des Feindes, und bis sie eingenommen ist, kann nichts getan werden. Ich habe gewöhnlich bei Bekehrungen bemerkt, dass die vollständige Veränderung gerade in dem Punkte stattfindet, in dem der Mensch seiner Natur am schwächsten war. Gottes Kraft wird in unserer Schwachheit vollendet. „Wohl“, ruft Einer, „gesetzt, ich habe eine Sünde, die mich stets anfällt, wie kann ich das ändern“? Ich erwidere, wenn ich wüsste, dass vier Kerle mich heute Abend in Clapham Common anfallen würden, so würde ich genug Polizeidiener mitnehmen, um die Kerle einzusperren. Wenn ein Mensch weiß, dass eine Sünde ihn immer anfällt, so darf er nicht sagen: „Es ist eine Sünde, die mich immer anfällt, und ich kann es nicht ändern“; er muss vielmehr um himmlischen Beistand gegen diese Anfälle bitten. Wenn ihr solche Sünden habt und das wisst, so kämpft mit ihnen und überwindet sie durch das Blut des Lammes. Durch den Glauben an Christum werden Sünden, die uns stets anfallen, gefangen genommen, uns sie müssen gefangen genommen werden, denn das Kind Gottes muss den Sieg behalten bis ans Ende. Wir überwinden viel durch den, der uns geliebt hat. Lasst die Liebe Gottes also euch dahin führen, euch zu erforschen und zu sprechen: „Was ich nicht sehe, lehre du mich; habe ich unrecht gehandelt, ich wills nicht mehr tun“.

III.

Die letzte Bemerkung, die ich zu machen habe, ist für die Unbekehrten. Vielleicht sind hier Einige, die nicht zum Volk Gottes gehören und doch sehr glücklich und vergnügt sind. Sie haben alles, was ihr Herz nur wünschen kann, und wenn sie mich davon reden hören, dass Gottes Kinder gezüchtigt werden, so sagen sie: „ich möchte kein solches sein, wenn das ihr teil ist“. Ihr möchtet lieber sein, was ihr seid, nicht wahr? „Ja“, sagt ihr. Hört zu! Wir wollen annehmen, dass wir vor uns einen Prinzen von Geblüt haben, der eines Tages ein König sein wird. Er hat ein Unrecht getan und sein Vater hat ihn mit der Rute gezüchtigt. Da steht der junge Prinz und die Tränen laufen seinen Wangen herab; und da drüber steht ein Betteljunge, der keinen Vater hat, den er kennt - sicherlich keinen, der ihn je zu seinem Besten gezüchtigt hat. Er kann tun, was ihm gefällt - jede Art von Wörtern gebrauchen - stehlen, lügen, fluchen, wenn es ihm gefällt, und Niemand züchtigt ihn. Er steht auf dem Kopfe, schlägt ein Rad in der Straße oder wälzt sich im Schmutz, aber kein Vater hält ihm je die Rute vor. Er sieht diesen kleinen Prinzen weinen und lacht ihn aus. „Du hast nicht die Freiheit, die ich habe. Du darfst nicht auf deinem Kopf stehen, wie ich es tue. Dein Vater würde dich nicht um einen Pfennig an den Omnibussen betteln lassen, wie ich es tue. Du schläfst nicht unter einem Torweg die ganze Nacht, wie ich. Ich möchte nicht an deiner Stelle sein und so geprügelt werden! Ich will lieber ein Straßenjunge sein, als ein Prinz“. Der kleine Prinz wischt sich rasch die Augen und antwortet: „Geh fort. Wie? Ich wollte lieber jeden Tag gezüchtigt werden und ein Prinz sein und Erbe eines Königsreiches, als an deiner Stelle sein mit all deiner schönen Freiheit“. Er blickt auf den zerlumpten Buben mit allem nur erdenklichen Mitleid herab, obwohl er selber unter der Rute leidet. Nun, Sünder, das ist gerade wie wir über euch denken und über euer Freisein von der himmlischen Zucht. Wenn ihr am lustigsten und glücklichsten und am vollsten von eurer Freude seid, so möchte wir um Alles in der Welt nicht en eurer Stelle sein; wenn ihr durch jenes glänzende Schauspiel im Theater elektrisiert seid, oder euch so gut bei einem ausgelassenen Tanz amüsiert habt, oder vielleicht bei etwas Schlimmeren, da möchten wir nicht sein, wie ihr seid. Nehmt uns, wenn wir am schlimmsten daran sind, wenn wir sehr krank, sehr verzagt, sehr geprüft, sehr darniedergebeugt vor Gott sind, wir wollte mit euch nicht tauschen, wenn ihr am besten daran seid. Möchten wir an eurem Platze sein, mit all eurer Fröhlichkeit und sündiger Lust? Nein, das wollen wir nicht! Fragt die alte Frau im Winter, die nur ein paar Reiser hat, um sich Feuer anzumachen, und nichts zu leben, all was die zarte Barmherzigkeit der Kirchspielkasse ihr anweist, fragt sie, ob sie mit dem reichen Mann in Purpur und Köstlicher Leinwand tauschen wolle. Seht sie an. Sie tut einen alten roten Mantel um, ihre armen Glieder schützen, die so voll Rheumatismus sind, wie sie nur sein können; der Brotschrank ist leer, ihr armer Mann liegt auf dem Kirchhof und sie hat kein Kind, das kommen könnte und nach ihr sehen. Ah, da ist sie. Ihr sagt: „Sie ist ein elendes Wesen“. Hier ist der junge Gutsherr in feinen Stulpstiefeln, der von der Jagd heimkehrt. Er steht ihr gegenüber, Er mag zu ihr sagen, mit all seinen großen Besitzungen und vielen Feldern: „ihr möchtet mit mir tauschen, Mutter, nicht wahr“? Sie kennt seinen Charakter, und sie weiß, dass er keine Liebe zu Gott und keine Gemeinschaft mit Christo hat, und deshalb antwortet sie: „Tauschen mit euch? Nein, das wollte ich nicht, für tausend Welten nicht“.

„Die ihr mit eurem Reichtum prahlt,
und rühmet seinen hellen Schein,
ein Haufe Staub, der glänzt, ist euer,
und Jesus, mein Heiland, ist mein“.

Ich habe noch ein anderes Wort für euch, die ihr Gott nicht fürchtet. Ich wünschte, ihr dächtet einen Augenblick darüber nach, was eines Tages aus euch werden wird. Gott liebt seine Kinder sehr; er liebt sie so sehr, dass Jesus starb, um sie zu retten, und doch schont er sie nicht, wenn sie sündigen, sondern züchtigt sie mit der Rute eines Menschen. Nun, wenn er das mit seinen Kindern tut, was wird er dann mit euch tun, die ihr seine Feinde seid? Wenn das Gericht am Hause Gottes beginnt,–wenn sein Zorn, wo er nur sanft raucht, doch so heiß ist; was wird er sein, wenn die Winde der Gerechtigkeit ihn zu einer wütenden Flamme anfachen? Wie wenn das Feuer die Wälder der Berge in Brand setzt oder wie wenn die weite Prärie ein einziges Feuermeer wird, so wird es an dem furchtbaren Tage sein, wo Gott alle seine Rache gegen die Sünden der Gottlosen aussenden wird. Ich bitte euch, denkt daran. Er verschonte nicht seines eignen Sohnes, sondern ließ im am Holze einen grausamen Tod für die Sünde Anderer sterben; meint ihr, dass er seine Feinde verschonen wird, die sich gegen ihn empört haben, und seine Gnade verworfen, wenn er sie um ihrer eignen persönlichen Sünden willen heimsucht? „Merket doch das, die ihr Gott vergesset, dass ich nicht einmal hinreiße und sei kein Retter mehr da“.

Noch ein Gedanke, denn ich darf euch nicht hinwegsenden mit dieser schrecklichen Warnung und ohne evangelische Ermutigung. Lernt eine Lektion von Gottes Kindern. Wenn seine Kinder gezüchtigt werden, unterwerfen sie sich und wenn sie sich unterwerfen, erhalten sie Frieden. Sünder, ich bitte dich, lerne Weisheit; und wenn du kürzlich Leiden gehabt hast, wenn Gott die Trübsale gesandt, ergib dich ihm, ergib dich ihm. Der alte Meister Charles gibt ein originelles Bild von einem Mann, der nach einem Feinde mit dem Dreschflegel schlägt. Der so Bedrohte läuft geradezu in des Schlagenden Arme und entgeht so der Stärke des Schlages, und Charles fügt die Bemerkung hinzu: „Je weiter weg, desto härter der Schlag“. Sünder , laufe, eile an das Herz Gottes heute Abend. Sage: „ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen“. Gott wird dich nicht schlagen, wenn du dahin kommst. Wie kann das sein? Der Herr sagt: „Lass ihn mich halten bei meiner Kraft“. Jes. 22,56 (Engl. Übersetzung). Wenn dieser Arm aufgehoben ist, dich zu geißeln, ergreife ihn. Ergreife den Arm der Kraft, wie er in Jesu Christo geoffenbart ist, denn in ihm hat er seinen heiligen Arm vor den Augen seines ganzen Volkes entblößt. Hänge dich an diesen Arm, der sonst dich schlagen würde. Traue dem Herrn, Sünder, durch Jesum Christum, das Sühneopfer, und du wirst Frieden mit ihm finden. Bitte ihn mit demütiger Unterwerfung, die Sünde hinweg zu tun, die dein Leiden verursacht und dir beinahe deine Seele getötet. Bitt ihn, dich zu erforschen und die Sünde herauszufinden. Tue Buße und glaube an das Evangelium. Verlasse das Böse und halte dich an deinem Heiland, den großen Arzt, der die Krankheit der Sünde heilt, so wirst du leben. Komm nun zu deines Vaters Haus. Diese Lumpen, dieser hungrige Bauch, diese Schweine und schmutzigen Tröge, diese Bürger, die dir nicht helfen wollten, dieser mildeste aller Bürger, dessen einzige Freundlichkeit darin bestand, dich noch tiefer zu erniedrigen, als du vorher warst - alle diese sind gesandt, um dich heim zu holen. Glaube es, Seele, und sprich: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sprechen: Vater, ich habe gesündigt“; und während du es noch sagst, wirst du den Kuss seiner Liebe haben, die Umarmung seiner Zärtlichkeit, das Kleid seiner Gerechtigkeit und das gemästete Kalb der geistlichen Speise, und da wird Freude über dich sein, beides auf Erden und im Himmel. Der Herr segne dich, um Jesu willen. Amen.

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