Spurgeon, Charles Haddon - Apostelgeschichte (Andachten)
Apg. 1,8.
„Und ihr werdet meine Zeugen sein.“
Wenn du lernen willst, wie du deiner Pflicht als Zeuge Christi nachkommen kannst, so siehe auf sein Vorbild. Er legt immerfort Zeugnis ab: am Jakobsbrunnen oder im Tempel zu Jerusalem, am See Genezareth oder auf dem Berge. Er gibt Zeugnis Tag und Nacht; seine Gebete in nächtlicher Einsamkeit sind vor Gott gekommen wie seine Werke des Tages. Er bezeugt das Wort der Wahrheit unter allen Umständen. Pharisäer und Schriftgelehrte suchen vergeblich, Ihn zum Schweigen zu bringen; selbst vor Pilatus bezeugt Er ein gutes Bekenntnis. Er redet so deutlich und bestimmt, dass sein Zeugnis nicht kann missverstanden werden. Lieber Christ, mache dein Leben zu einem deutlichen Zeugnis; sei wie ein klares Bächlein, auf dessen Grund man jeden Kiesel deutlich sieht, nicht wie ein trüber Sumpf, von dem man nur die Oberfläche erblickt, sondern klar und durchsichtig, so dass deine herzliche Liebe zu Gott und Menschen allen sichtbar ist. Du brauchst nicht zu sagen: „Ich bin wahrhaftig;“ sondern sei wahrhaftig. Rühme dich nicht deines Wandels halben, sondern sei aufrichtig. Dann wird dein Zeugnis derart sein, dass die Menschen es sehen müssen. Halte nie aus Menschenfurcht mit deinem Zeugnis zurück. Dein Mund ist erwärmt und geheiligt worden mit einer glühenden Kohle vom Altar; so lass ihn reden, wie es geheiligten Lippen geziemt. „Frühe säe deine Samen, und lass deine Hand des Abends nicht ab.“ Schaue nicht auf der Wolken Zug, frage den Wind nicht, zeuge für deinen Heiland, es sei zur Zeit oder zur Unzeit, so wird es geschehen, dass du wirst um Christi und seines Evangeliums willen leiden müssen. Erschrick nicht, sondern erfreue dich der Ehre, die dir hierin widerfährt, dass du wert geachtet wirst, mit deinem Herrn zu leiden; und auch darinnen freue dich, dass deine Leiden, deine Verluste, deine Verfolgungen dir einen erhabenen Ort bereiten, von wo aus du um so kräftiger und gewaltiger für Jesum Christum zeugen kannst. Nimm dein großes Vorbild zu Herzen, und lass dich erfüllen von seinem Geist. Bedenke, dass du viel Erleuchtung, viel Stärkung, viel Gnade und viel Demut bedarfst, wenn dein Zeugnis soll zu deines Meisters Ehre dienen. Der Herr gebe uns zu solchem Zeugnis Kraft, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit!
Apg. 1,11
Dieser Jesus, welcher von euch ist aufgenommen gen Himmel, wird kommen, wie ihr Ihn gesehen habt gen Himmel fahren.
Vor einigen Monaten feierten wir das erste Kommen unseres Herrn: lasst uns unsere Gedanken auf die Verheißung Seines zweiten Kommens richten. Dieses ist so sicher, wie die erste Zukunft, und erhält einen großen Teil seiner Gewissheit durch dieselbe. Er, der in Niedrigkeit als ein Mensch kam, um zu dienen, wird sicherlich kommen, um den Lohn Seines Dienstes zu nehmen. Er, der kam, um zu leiden, wird nicht zaudern, zu kommen, um zu herrschen.
Dies ist unsere glorreiche Hoffnung, denn wir sollen Seine Freude teilen. Heute sind wir in unserer Verborgenheit und Erniedrigung, wie Er es hienieden war; aber wenn Er kommt, so werden wir kund werden, eben wie Er offenbar werden wird. Tote Heilige sollen lebendig werden bei Seinem Erscheinen. Die Verleumdeten und Verachteten sollen leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich. Dann sollen die Heiligen als Könige und Priester erscheinen, und die Tage ihres Trauerns sollen ein Ende haben. Die lange Ruhe und der unbegreifliche Glanz des tausendjährigen Reiches werden ein reichlicher Lohn für die Jahrhunderte des Zeugens und des Kämpfens sein.
O, dass der Herr käme! Er kommt! Er ist auf dem Wege und Er zieht rasch heran. Der Schall Seines Kommens sollte auch unsren Herzen wie Musik sein! Läutet hell, ihr Glocken der Hoffnung!
Apg. 2,4
Und wurden alle voll des Heiligen Geistes.
Wie reich wären doch die Segnungen des heutigen Tages, wenn wir alle erfüllt würden mit dem Heiligen Geist. Es wäre ganz unmöglich, die unendliche Fülle von Früchten solcher Heiligung der Seele zu überschätzen. Leben, Trost, Licht, Reinheit, Kraft, Friede und noch so viele andere teure Gnadenschätze sind ganz unzertrennlich von der seligen Gegenwart des Heiligen Geistes. Gleich dem heiligen Öl salbt Er das Haupt des Gläubigen, sondert ihn aus zum Priestertum der Heiligen und schenkt ihm Gnade, sein Amt recht zu verwalten. Als das einzige wahrhaft reinigende Wasser macht Er uns frei von der Gewalt der Sünde und heiligt uns zu einem göttlichen Leben und wirket in uns das Wollen und das Vollbringen nach des Herrn Wohlgefallen. Als das Licht offenbarte Er uns zuerst unser Verderben, und jetzt offenbart Er an uns und in uns den Herrn Jesum und leitet uns auf den Weg der Gerechtigkeit. Als ein Feuer reinigt Er uns von allen Schlacken und lässt zugleich unser geläutertes Wesen in hellem Glanz strahlen. Er ist die Opferflamme, durch die wir imstande sind, unsere Seelen völlig Gott darzubringen zum lebendigen, wohlgefälligen Opfer. Als Tau vom Himmel steuert Er unserer Dürre und befruchtet unser Leben. O, dass Er doch in dieser Morgenstunde recht reichlich auf uns herabkäme! Solcher Morgentau wäre ein lieblicher Anfang des Tages. Als die Taube schwebt Er mit Fittichen sanfter Liebe über seiner Arche und über den Seelen der Gläubigen, und als der Tröster zerstreut Er die Sorgen und Zweifel, die den Frieden seiner Kinder stören.
Apg. 4,13
„Und kannten sie auch wohl, dass sie mit Jesu gewesen waren.“
Ein jeder Christ sollte ein treffend ähnliches Bild Jesu Christi sein. Ihr habt wohl schon das Leben Christi in vorzüglichen und herrlich geschriebenen Büchern gelesen, aber das beste „Leben Jesu“ ist jene lebendige Lebensbeschreibung Christi, die in den Worten und Werken seiner Kinder niedergelegt ist. Wären wir, was wir nach unserem Bekenntnis sein wollen und sein sollten, so wären wir Ebenbilder unsers Meisters; ja, wir wären Ihm so treffend ähnlich, dass die Welt uns nicht erst stundenlang nebeneinander zu halten und zu vergleichen und dann zu sagen brauchte: „Es ist freilich etwas Ähnliches in beiden,“ sondern sie müssten beim ersten Blick ausrufen: „Er ist mit Jesu gewesen; der hat ihn gelehrt; er ist Ihm gleich; er hat das innere Wesen des heiligen Menschen von Nazareth erfasst und prägt es aus im Lieben und Leben.“ Ein Christ sollte Christo gleich sein an Mut. Schämt euch nie eurer Gottesfurcht; euer Bekenntnis verunehrt euch nicht; sorgt nur, dass ihr Ihm nicht Unehre macht. Streitet wie Jesus tapfer für euren Gott. Werdet Ihm gleich im Geist der Liebe; denkt kindlich; redet kindlich; handelt kindlich, damit die Menschen von euch sagen können: „Er ist auch mit Jesu gewesen.“ Werdet Jesu gleich in der Heiligung. Eiferte Er für seinen Herrn? Tut auch ihr also! Allezeit wirket etwas Gutes. Vergeudet eure Zeit nicht, sie ist zu kostbar. War Er voller Selbstverleugnung und sah nie auf das Seine? So handelt auch ihr! War Er inbrünstig im Flehen? O, so betet auch ihr in allem Anliegen! War Er voller Ergebung in seines Vaters Willen? So unterwerft euch Ihm! War Er geduldig? So lernet ertragen. Und was alles andere übertrifft, der schönste Zug im Bilde Jesu ist das: Vergebet auch ihr euren Feinden, wie Er vergeben hat, und lasst die erhabenen Worte eures Meisters: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun,“ allezeit euch vor Augen sein. Vergebt, wie ihr Vergebung hofft. Sammelt feurige Kohlen auf das Haupt eurer Feinde, durch eure Güte gegen sie. Gutes für Böses, bedenkt das, ist göttlich. So seid denn göttlich, und lebt allezeit und allerorts so, dass jedermann von euch sagen müsse: „Er ist auch mit Jesu gewesen.“ „Jesu, Du allein Sollst mein Führer sein!“
Apg. 5,31
„Den hat Gott erhöht.“
Unser Herr Jesus, gekreuzigt, gestorben und begraben, sitzt erhöht auf dem Thron der Herrlichkeit. Der erhabenste Ort im himmlischen Heiligtum ist durch ein unbestreitbares Recht sein eigen. Es ist eine gar liebliche Vorstellung, dass wir wissen, die Erhöhung Christi im Himmel sei eine stellvertretende Erhöhung um unseretwillen. Er ist erhöht zur Rechten des Vaters, und ob Er gleich als Gott Jehova ein Herr unbeschreiblicher Herrlichkeiten ist, an denen sterbliche Geschöpfe keinen Anteil haben, so sind doch die Ehrenkronen, die der Herr Jesus im Himmel trägt, ein Erbteil aller seiner Heiligen. Der Gedanke an die innige Vereinigung Christi mit seinem Volk ist unaussprechlich köstlich. Wir sind in Wahrheit eins mit Ihm; wir sind Glieder seines Leibes, und seine Erhöhung ist unsere Erhöhung. Er will uns geben, zu sitzen mit Ihm auf seinem Stuhl, gleichwie Er überwunden hat und ist gesessen mit seinem Vater auf seinem Stuhl; Er trägt eine Krone und teilt auch uns Kronen aus; Er hat einen Thron, aber Er begnügt sich nicht, einen Thron für sich zu haben; Er will, dass zu seiner Rechten seine Braut als Königin sitze, gekleidet in „ophirisches Gold.“ Er kann nicht verherrlicht werden ohne seine Brautgemeinde. Schaue jetzt auf zu Jesu, meine gläubige Seele; lass dein Glaubensauge Den betrachten, der viele Kronen auf dem Haupt trägt, und bedenke, dass du einst Ihm gleich sein wirst, wenn du Ihn sehen wirst, wie Er ist; du wirst nicht so groß sein wie Er, du wirst nicht so göttlich sein, und dennoch wirst du in vollem Maße der gleichen Ehre teilhaftig sein und die gleiche Glückseligkeit genießen und der gleichen Würde dich erfreuen, die Er besitzt. Begnüge dich, eine kleine Weile verborgen zu leben, und deinen schweren Gang durch die Täler der Armut oder über die Berge der Trübsal zu wandeln; aber am Ende wirst du herrschen mit Christo, denn Er hat „uns unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht“ und wir „werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ O, wunderherrlicher Gedanke für die Kinder Gottes! Wir haben jetzt schon Christum zu unserem großen Stellvertreter in den himmlischen Vorhöfen, und bald wird Er kommen und uns zu Ihm nehmen, damit wir bei Ihm seien in der Herrlichkeit und schauen seine Herrlichkeit und teilhaben an seiner Freude. Und wir werden sein Volk sein, und Er selbst, Gott mit uns, wird unser Gott sein.
Apg. 8,30.
„Verstehst du auch, was du liest?“
Wir würden besser im Stande sein, Andere zu unterweisen, und würden weniger von jedem Wind der Lehre hin und her getrieben werden, wenn wir trachteten, ein sicheres Verständnis des Wortes Gottes zu erlangen. Da der Heilige Geist, der die heiligen Schrift eingegeben hat, uns auch allein erleuchten kann, dass wir dieselbe richtig verstehen lernen, so sollten wir jederzeit begierig sein nach Seinem Unterricht und nach Seiner Einleitung in alle Wahrheit. Was tat der Prophet Daniel, als er den Traum Nebukadnezars auslegen sollte? Er betete ernstlich, dass Gott ihm das Gesicht zeigen und sein Verständnis öffnen wolle. Als der Apostel Johannes auf der Insel Patmos im Geist war, da sah er im Gesicht ein Buch, versiegelt mit sieben Siegeln, welches Niemand würdig erfunden ward aufzutun, und zu lesen noch darein zu sehen. Danach ward das Buch aufgetan vom Löwen aus dem Stamme Juda, welcher überwunden hat zu brechen seine sieben Siegel; aber zuvor heißt es: „Ich weinte sehr.“ Die Tränen des Johannes, das ist seine flüssigen Gebete, waren in Beziehung auf ihn selber die heiligen Schlüssel, durch welche das zusammengerollte Buch aufgeschlossen ward. Wenn ihr darum wünschet, dass ihr, euch und Anderen zum Nutz und Frommen, „erfüllet werdet mit Erkenntnis des Willens Gottes, in allerlei geistlicher Weisheit und Verstand“, so erinnert euch, dass das Gebet das beste Mittel eurer Belehrung ist. Wie Daniel werdet ihr den Traum und seine Bedeutung verstehen lernen, wenn ihr Gott darum angefleht habt; und wie Johannes seht ihr auch, wie die sieben Siegel der unschätzbaren Wahrheit aufgetan werden, nachdem ihr sehr darum geweint habt. Brauche den Hammer des Fleißes, und beuge das Knie des Gebets, so findest du in der Offenbarung keine spröde Lehre, deren Verständnis dir Segen bringt, die nicht in Splitter zerfahre unter den Meißelschlägen des Gebets und Glaubens. Mit dem Hebel des Gebets wiegst du jedes Hindernis aus deinem Wege. Gedanken und Folgerungen sind gleichsam Stahlseile, welche der Wahrheit festen Halt geben; aber das Gebet ist die Hebestange, welche die eiserne Kiste heiligen Geheimnisses aufsprengt, damit wir den darin verborgenen Schatz in Empfang nehmen können. O Herr, erhöre unser Bitten, und öffne uns das Verständnis! (Goldstrahlen Februar 21)
Apg. 8,37.
„Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein.“
Diese Worte können dir als Antwort auf deine Bedenken dienen, demütig-gläubige Seele, in Beziehung auf die Heilsmittel. Vielleicht sprichst du: „Ich habe keine Freudigkeit, zu des Herrn Gnadentisch zu treten und das heilige Abendmahl Seiner Gemeinschaft mit Ihm zu genießen; ich müsste fürchten, unwürdig zu essen und zu trinken, und würde mir vielleicht selbst das Gericht zuziehen, damit dass ich nicht unterscheiden könnte den Leib des Herrn.“ O arme, zitternde Seele, der Herr Jesus hat dir Freiheit geschenkt, fürchte dich nicht. Ein Fremder darf sich nicht überall herzudrängen, wo dein Kind freien Zutritt hat; dieses aber geht ganz frei im Hause umher, und so verhält sich's auch mit dem Kind Gottes. Wenn der Heilige Geist dir die Gnade zu schmecken gibt, dass du den Geist der Kindschaft empfangen hast, so darfst du an allen Vorrechten des Christen furchtlos Teil nehmen. Dasselbe gilt auch von des Christen inwendigen Gnadenerfahrungen. Armer, heilsbedürftiger Mensch, du denkst, dass du kein Recht habest, dich zu freuen mit einer unaussprechlichen und herrlichen Freude; wenn es dir gestattet wird, durch die Türe einzugehen in die Vorhalle Christi, oder am untersten Ende Seines Tisches zu sitzen, so fühlst du dich ganz zufrieden und selig. Wohl! aber du sollst nicht hinter dem Größten im Reich Gottes zurückstehen. Gott macht in der Liebe zu Seinen Kindern keinerlei Unterschied. Jedes Kind ist Ihm Sein Kind; Er macht es nicht zu einem Mietling und Knecht; sondern es soll essen vom gemästeten Kalbe, und soll sich freuen am Gesange und am Reigen, als ob es nie wäre verloren gewesen. Wenn der Herr Jesus ins Herz einzieht, so gewährt Er volle Freiheit, sich zu freuen im Herrn. Am Hofe des Königs Jesus trägt Niemand Sklavenketten. Unsere Teilnahme am Vollgenuss der himmlischen Güter findet wohl nur allmählig statt, aber sie ist uns nichts desto minder ganz gewiss zugedacht. Vielleicht sprichst du, liebe gläubige Seele: „Ich wollte, ich könnte mich der Verheißungen ungeschmälert freuen und frei in den Geboten meines Herrn wandeln.“ „Glaubst du von ganzem Herzen, so mag's wohl sein.“ Zerreiße die Ketten, die deinen Nacken beugen, o du gefangene Tochter, denn der Herr Jesus macht sich frei. (Goldstrahlen August 25)
Apg. 9,11.
„Siehe, er betet.“
Gebete finden im Himmel die aufmerksamste und ununterbrochenste Beachtung. Sobald Saulus von Tarsus anfing zu beten, erhörte ihn der Herr. Hier ist Trost für die betrübte, aber betende Seele. Oft beugt ein armer Mensch mit gebrochenem Herzen seine Knie, aber er vermag seine Traurigkeit nur in Seufzern und Tränen kund zu geben; dennoch hat dies Seufzen alle himmlischen Harfen mit lautem Jubelgetöne erfüllt; jene Träne ist von Gott aufgehoben worden und wird von Ihm aufbewahrt in dem Tränenbecken des himmlischen Schatzhauses. „Fasse meine Tränen in Deinen Sack“ (Ps. 56), das bezeugt, dass keine Träne verloren geht, sondern dass alle der göttlichen Traurigkeit aufgehoben werden. Der Flehende, dessen Angst seine Worte unterdrückt, wird von dem Höchsten nicht missverstanden. Er darf den trüben Blick nur in die Höhe richten; schon das Fallen einer Träne ist ein Gebet. Die Tränen sind himmlische Diamanten; Seufzer sind Gesänge und Reigen vor Jehovahs Thron und gehören zu den lieblichsten Melodien, die hinaufdringen zum erhabenen Stuhl der Majestät. Du darfst nicht meinen, deine Tränen und Gebete bleiben unbeachtet; ob sie noch so schwach und furchtsam sind, finden sie dennoch ein geneigtes Ohr. Die Leiter des Erzvaters Jakob reicht hoch hinauf; aber dein Gebet wird getragen vom Bundesengel und steigt so die schwindelnden Stufen freudig hinan. Unser Gott hört nicht nur die Gebete, sondern Er hört sie gern. „Er vergisst nicht des Schreiens der Armen.“ Wahrlich, Er achtet nicht auf hoffärtige Augen und glatte Worte; Er kümmert sich nicht um die Pracht und den Pomp der Könige; Er lauscht nicht auf das Getöse der Kriegsmusik; Er sieht nicht auf den Stolz und Triumph der Menschen; wo aber irgendein Herz vom Kummer gedrückt ist, oder ein Mund vor Angst und Schmerz bebt, wo ein tiefer Seufzer aufsteigt oder eine Bußträne hervorbricht, da ist das Herz Jehovahs weit offen; Er schreibt alles nieder auf die Pergamentrolle seiner Erinnerungen; Er legt unsere Gebete wie Rosenblätter zwischen die Seiten seines Gedenkbuches, und wenn einst dies Buch eröffnet wird, so wird ein lieblicher Duft daraus hervordringen.
„Lass den Mund alle Stund‘
Vom Gebet und Flehen
Heilig übergehen!“
Apg. 10,38.
„Der umhergezogen ist und hat wohlgetan.“
Wenige Worte, die aber im kleinsten Raum ein unvergleichlich schönes Bild von dem Leben unseres Herrn und Heilandes darstellen. Es sind nur wenige Pinselstriche, aber sie sind das Werk einer Meisterhand. Vom Heiland, und nur von Ihm allein ist das Gesagte wahr im vollsten, weitesten und umfassendsten Sinne. „Er ist umhergezogen und hat wohlgetan.“ Aus dieser Beschreibung geht klar hervor, dass Sein Wohltun sich immer dem Einzelnen zuwandte. Die Evangelisten erzählen uns immer, dass Er den Aussätzigen mit Seinem Finger berührte, dass Er dem Blinden die Augen salbte, und dass er in den meisten Fällen, wo Er gebeten wurde, nur aus der Ferne das Wort der Heilung zu sprechen, sich nicht unmittelbar damit begnügte, sondern selber an's Krankenbett kam, und die Heilung persönlich vollzog. Eine Lehre für uns, dass wenn wir wohl tun wollen, wir es auch persönlich tun sollen. Gebt eure Almosen mit eigener Hand, ein gütiger Blick, ein liebevolles Wort erhöhen den Werth der Gabe. Mit einem Freunde redet über sein Seelenheil; eure liebende Ermahnung hat mehr Einfluss, als eine ganze Bibliothek voll christlicher Schriften. Die Art, wie unser Herr und Heiland wohltat, zeigt seine unausgesetzte Tätigkeit! Er tat nicht nur das Gute, das sich Ihm gelegentlich darbot, sondern „Er zog umher“ bei Seinen gnadespendenden Wanderungen. Durch das ganze Land Judäa gab es wohl kaum ein Dorf oder einen Weiler, das nicht durch Seine Erscheinung beglückt ward. Wie beschämt das die träge, schwerfällige Weise, in welcher manche Bekenner des Christentums dem Herrn dienen. Lasst uns die Lenden unseres Gemüts gürten, und nicht müde werden mit Gutes tun. Es geht aus unserer Schriftstelle eigentlich hervor, dass der Herr Jesus von Seiner Straße abbog, um wohlzutun. „Er ist umher gezogen und hat wohlgetan.“ Ihn schreckten keine Gefahren und Schwierigkeiten zurück. Er suchte nach denen, welchen Er Seine Heilswohltaten wollte zukommen lassen. So müssen auch wir's machen. Wenn das gewohnte Verfahren zu keinem Ziele führt, so müssen wir's auf andere Weise versuchen; denn neue Mittel und Wege bringen oft weit mehr zu Stande, als die gewöhnliche Art und Weise. „Er hat uns ein Vorbild gelassen, dass ihr sollt nachfolgen Seinen Fußstapfen.“ (Goldstrahlen Juli 28)
Apg. 13,34
Ich will euch geben die gewissen Gnaden Davids.
Nichts Menschliches ist gewiss; aber alles Göttliche ist es. Besonders sind die Gnaden des Bundes gewisse Gnaden, wie David auch sagte, „ein ewiger Bund, verordnet in allen Dingen und gewiss.“
Wir sind gewiss, dass der Herr wirklich seine Gnade meinte. Er sprach nicht bloße Worte: es ist Wesen und Wahrheit in jeder seiner Verheißungen. Seine Gnaden sind in der Tat Gnaden. Sogar wenn es scheint, als wenn eine Verheißung durch den Tod hinfällig würde, so soll sie es doch nicht sein, denn der Herr wird sein Wort erfüllen.
Wir sind gewiss, dass der Herr die verheißenen Gnaden allen in seinen Bund Aufgenommenen verleihen wird. Sie sollen zur rechten Zeit allen Erwählten des Herrn zu teil werden. Sie sind allem Samen gewiss, von dem kleinsten bis zum größten.
Wir sind gewiss dass der Herr seine Gnaden seinem Volk fortwährend geben wird. Er gibt nicht und nimmt dann wieder. Was Er uns gewährt hat, ist das Zeichen von viel mehr. Das, was wir noch nicht empfangen haben, ist ebenso gewiss wie das, was schon gekommen ist; deshalb lasst uns des Herrn harren und stille sein. Es ist keine begründete Ursache für den geringsten Zweifel vorhanden. Gottes Liebe und Wort und Treue sind gewiss. Viele Dinge sind fraglich, aber von dem Herrn singen wir:
„Alles währet seine Zeit,
Gottes Lieb' in Ewigkeit.“
Apg. 13,39.
„Wer aber an diesen glaubt, der ist gerecht.“
Wer an Christum glaubt, empfängt eine sofortige Rechtfertigung. Der Glaube wirkt diese Frucht nicht erst später, nicht erst nach und nach, sondern jetzt. Sofern die Rechtfertigung eine Folge des Glaubens ist, wird sie der Seele in eben demselben Augenblick zu teil, wo sie sich mit Christo vereinigt und Ihn aufnimmt als ihr Höchstes und Größtes. Sind die, die jetzt vor Gottes Thron stehen, gerecht gemacht? dann sind auch wir‘s; wir sind so wahrhaftig und unwidersprechlich gerechtfertigt wie jene, die in weißen Kleidern durch die Gassen des himmlischen Jerusalems wallen und ihren melodischen Lobgesang mit goldenen Harfen begleiten. Der Schächer am Kreuz wurde im nämlichen Augenblick gerechtfertigt, wo er seinen Glaubensblick auf den Herrn Jesum richtete; und der alte Paulus war nach jahrelanger Arbeit im Dienste des Herrn nicht gerechter als der Schächer, der gar nichts getan hatte fürs Reich Gottes. Heute sind wir angenehm gemacht in dem Geliebten, heute sind wir losgesprochen von aller Sünde, heute sind wir vor dem Richterstuhl Gottes unschuldig dargestellt. O hochentzückender Gedanke! Es gibt wohl auch etliche Trauben am Weinstock von Eskol, die wir nicht einsammeln können, bis wir eingehen ins himmlische Kanaan; aber hier ist ein Zweig, der über die Mauer schreitet. Es ist damit nicht, wie mit dem Korn des Landes, das wir nicht essen können, bis dass wir über den Jordan kommen, sondern es ist Manna in der Wüste, ein Teil unserer täglichen Nahrung, womit uns Gott erhält auf unseren Irrfahrten. Jetzt, ja, jetzt haben wir Vergebung; jetzt sind unsere Sünden hinweggetan; jetzt stehen wir in Ehren vor Gottes Angesicht, als ob wir nie wären mit Schuld und Sünde beladen gewesen. „So ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind.“ Es steht im Buche Gottes in diesem Augenblick keine einzige Sünde verzeichnet gegen den Geringsten in seinem Volk. Wer darf hier beschuldigen? Es ist weder Flecken noch Runzel, noch des etwas an irgendeinem Gläubigen; sie sind allesamt vollkommen gerecht vor dem Angesicht des Richters aller Welt. O, dass doch dies gegenwärtige herrliche Vorrecht auch uns erweckte zur gegenwärtigen Erfüllung unserer Pflicht, damit wir möchten darlegen und dargelegt werden, so lange uns Leben geschenkt wird, für unseren teuren Herrn Jesum.
Apg. 14,22.
„Er ermahnte die Jünger, dass sie im Glauben blieben.“
Beständigkeit ist das Kennzeichen der wahren Christen. Das Christenleben besteht nicht nur in einem Anlauf auf den Wegen Gottes, sondern im Ausharren, so lange unser Leben währt. Der Christ hat's wie der große Napoleon, welcher sagte: „Siege haben mich zu dem gemacht, was ich bin, und durch Siege muss ich's bleiben.“ So hat dich, lieber Bruder im Herrn, nächst Gott, das Überwinden zu dem gemacht, was du bist, und durch Überwinden allein kannst du's bleiben. Dein Wahlspruch muss heißen: „Immer besser.“ Nur der ist ein rechter Überwinder und wird am Ende. die Krone empfangen, der so lange ausharrt, bis die Kriegsposaune nicht mehr erschallt. Ausdauer ist aber auch der Schild und das Panier aller unserer geistlichen Feinde. Die Welt macht dir keinen Vorwurf deshalb, dass du seit einiger Zeit ein Christ bist, aber sie hört nicht auf, mit allen Mitteln dich von deiner Pilgrimschaft abwendig zu machen, und dich zu verleiten, dich mit ihr in der Stadt Eitelkeit niederzulassen und zu kaufen und zu verkaufen. Das Fleisch sucht dich zu berauschen und dich an deinem Vorwärtsdringen zur Herrlichkeit zu hindern: Das Pilgerleben ist gar mühselig; komm, gib es auf. Soll ich immer ertötet werden? Soll ich nie zur Ruhe kommen? Gib mir wenigstens einen Urlaub von diesem fortwährenden Streit und Kampf. Satan macht manchen wütenden Angriff auf euer Beharren im Glauben; es ist die Zielscheibe aller seiner Pfeile. Er sucht euch in euerm Gottesdienst zu hindern; er gibt euch ein, es könnte euch schaden und ihr bedürftet der Ruhe. Es ist sein Bestreben, euch das Leiden zu verleiden, er flüstert euch ein: „Ja, segne Gott und stirb.“ Oder er stürmt auf euern Eifer ein: „Was nützt es, so geschäftig zu sein? Gönne dir Ruhe, halt ein wenig ein; schlafe ein wenig wie Andere, lass dein Lämpchen verlöschen wie die Jungfrauen.“ Oder er greift eure Überzeugungen und Empfindungen an: „Warum schließest du dich so streng von der Welt ab, vernünftige Menschen sind weitherziger; sie rücken die Grenzen ihres Gesichtskreises weiter hinaus; du musst mit der Zeit voranschreiten.“ Halte deinen Schild fest, lieber Christ, fasse deine Waffen fest in die Hand, und rufe heftig zu Gott, dass du beharren mögest bis an's Ende. (Goldstrahlen Mai 26)
Apg. 14,22.
„Wir müssen durch viele Trübsal in das Reich Gottes gehen.“
Gottes Kinder haben viel Schweres. Als Gott die Seinen auserwählte, war seine Absicht nicht, dass sie nie sollten heimgesucht werden mit allerlei Trübsal. Sie wurden erwählt in dem Ofen des Elends; sie wurden nicht erwählt zu irdischer Freude und zum Frieden, den die Welt gibt. Freiheit vom Siechbette und von den Leiden des sterblichen Leibes war ihnen nie verheißen; als aber der Herr den Gnadenbrief ihrer Vorrechte niederschrieb, verordnete Er, dass unter den Gütern, die sie unfehlbar ererben sollten, auch die Züchtigungen nicht fehlen dürften. Prüfungen sind ein Teil unsers Erbes; sie waren in Gottes heiligem Ratschluss uns zugedacht, und wurden in Christi letztem Willen auf uns bestätigt. So gewiss als die Sterne von seiner Hand gebildet, und ihre Bahnen von Ihm vorgezeichnet sind, so gewiss sind unsere Prüfungen uns zugeteilt; Er hat ihre Zeit und ihren Ort bestimmt, ihre Größe und die Wirkung, die sie auf uns ausüben sollen. Brave Menschen sollen nie erwarten, dass sie der Trübsal werden überhoben sein; täten sie es, so würden sie sich getäuscht finden, denn keiner ihrer Vorläufer ist hierin verschont geblieben. Merket auf die Geduld Hiobs; denket an Abraham, denn er wurde versucht, und ist durch seinen Glauben unter viel Trübsal „ein Vater der Gläubigen“ geworden. Achtet wohl auf das Leben aller Erzväter, Propheten, Apostel und Blutzeugen: so werdet ihr finden, dass keiner von allen, die Gott zu Gefäßen seiner Gnade erwählt hat, verschont blieb von der Läuterung im Ofen des Elends. Es ist von alters her so verordnet, dass das Kreuz der Trübsal muss eingegraben werden auf jedes Gefäß der Gnade, als das königliche Wappen, womit des Königreichs Gefäße der Herrlichkeit geschmückt werden. Aber wenngleich Trübsal der Pfad der Kinder Gottes ist, so bleibt ihnen dennoch der Trost der Erkenntnis, dass ihr Meister ihnen vorangegangen ist auf diesem Pfade; seine Gegenwart und seine Barmherzigkeit erquickt sie, seine Gnade trägt sie, und sein Beispiel lehrt sie dulden und tragen; und wenn sie „das Reich“ ererben, so werden sie mehr als bloß entschädigt werden für so „viele Trübsal“, durch welche sie hindurchgehen mussten, um einzukommen zur Herrlichkeit.
„Zu des Himmels höchsten Freuden
Geh‘n wir ein durch Schmerz und Leiden.“
Apg. 16,14.
„Welcher tat der Herr das Herz auf.“
Bei der Bekehrung der Purpurkrämerin Lydia ist manches Beherzigenswerte zu beachten. Dieselbe wurde durch göttliche Führungen veranlasst. Lydia war eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, aber gerade zur rechten Zeit kam sie nach Philippi, um den Apostel Paulus zu hören; die Vorsehung, die Handlangerin der Gnade, führte sie zur rechten Stätte. Ebenso bereitete die Gnade ihre Seele zu für die Heilsbotschaft; Gnade bahnt der Gnade den Weg. Sie wusste nichts vom Heiland, aber als Jüdin waren ihr manche Wahrheiten bekannt, die als treffliche Vorstufe zur Erkenntnis Jesu dienten. Ihre Bekehrung war eine Folge ihres mit gottesfürchtigem Eifer gepflegten religiösen Sinnes. Sie kam auf den Sabbat in die Schule zur Zeit des Gebets, und dort fand auch ihr Gebet Erhörung. Wenn wir doch nur nie die Gnadenmittel versäumten! Gott kann uns segnen, auch wenn wir nicht in seinem Hause sind; aber wir haben größeren Grund zur Hoffnung, dass Er es tun will, wenn wir in der Gemeinschaft seiner Heiligen stehen. Beachtet die Worte: „Welcher tat der Herr das Herz auf.“ Sie öffnete ihr Herz nicht selber; ihre Gebete taten es nicht; Paulus tat es nicht. Der Herr selbst musste das Herz öffnen, damit es aufnehme, was zu unserem Frieden dient. Er allein ist imstande, den Schlüssel ins Schloss der Tür zu stecken und es zu öffnen und sich Eingang zu verschaffen. Er ist nicht nur des Herzens Schöpfer, sondern auch des Herzens Beherrscher. Das erste sichtbare Zeichen ihres geöffneten Herzen war ihr Gehorsam. Sobald Lydia den Glauben an Jesum empfangen hatte, ließ sie sich taufen. Es ist ein liebliches Zeichen eines demütigen und zerschlagenen Herzens, wenn das Kind Gottes bereit ist, einem Befehl zu gehorchen, der zu seiner Errettung nicht wesentlich ist, welcher ihm nicht von selbstsüchtiger Furcht vor der Verdammnis aufgenötigt wird, sondern eine einfältige Tat des Gehorsams und des Umgangs mit seinem Meister ist. Das nächste Zeichen war Liebe, die sich in dankbarer Gesinnung gegen die Apostel betätigte. Liebe zu den Heiligen war jederzeit ein Beweis einer wahrhaften Bekehrung. Wer für Christum oder seine Gemeinde nichts tut, gibt nur ein zweifelhaftes Zeichen von einem „geöffneten“ Herzen. Herr, tue auch uns das Herz auf!
Apg. 16,31
Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein Haus selig.
Dies Evangelium für einen Mann mit dem Schwert an der Kehle ist das Evangelium für mich. Es würde das rechte für mich sein, wenn ich im Sterben läge, und es ist alles, was ich brauche, so lange ich lebe. Ich sehe hinweg von meinem Ich und von der Sünde und allen Gedanken an persönliches Verdienst, und ich vertraue dem Herrn Jesu als dem Heiland, den Gott gegeben hat. Ich glaube an Ihn, ich verlasse mich auf Ihn, ich nehme Ihn als mein alles in allem an. Herr, ich bin errettet und ich werde in alle Ewigkeit errettet sein, denn ich glaube an Jesum. Gelobt sei Dein Name hierfür. Möge ich täglich durch mein Leben beweisen, dass ich von Selbstsucht und Weltlichkeit und jeder Form des Bösen errettet bin.
Aber diese letzten Worte über mein „Haus“: Herr, ich möchte nicht mit einer halben Verheißung davon laufen, wenn Du eine ganze gibst. Ich bitte dich, errette all die Meinen. Errette die nächsten und liebsten. Bekehre die Kinder und Enkel, wenn ich welche habe. Sei meinen Knechten und Mägden gnädig und allen, die unter meinem Dache wohnen oder für mich arbeiten. Du gibst mir persönlich diese Verheißung, wenn ich an den Herrn Jesum glaube; ich bitte Dich, tue, wie Du gesagt hast.
Ich möchte jeden Tag in meinem Gebet die Namen aller meiner Brüder und Schwestern, Eltern, Kinder, Freunde, Verwandten und Diener nennen und Dir keine Ruhe lassen, bis das Wort erfüllt ist: „und dein Haus“.
Apg. 18,10
Ich bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden.
So lange der Herr in Korinth ein Werk für Paulum zu tun hatte, ward die Wut des Pöbels zurückgehalten. Die Juden widersetzten sich und lästerten; aber sie konnten weder die Predigt des Evangeliums noch die Bekehrung der Hörer hindern. Gott hat Macht über die heftigsten Gemüter. „Wenn Menschen wider Ihn wüten, so leget Er Ehre ein“, aber noch mehr tut Er seine Güte kund, wenn Er ihre Wut zurückhält; und Er vermag sie zurückzuhalten. „Durch Deinen großen Arm sollen sie erstarren wie die Steine; bis Dein Volk, Herr, hindurch komme.“
Fühlt deshalb keine Menschenfurcht, wenn ihr wisst, dass ihr eure Pflicht tut. Geht geradeaus, wie Jesus getan haben würde, und die, welche sich euch widersetzen, sollen wie ein zerstoßenes Rohr und ein glimmender Docht sein. Manches Mal haben Menschen Ursache zur Furcht gehabt, weil sie selbst bange waren; aber ein unerschrockener Glaube schiebt die Furcht beiseite, wie die Spinngewebe auf dem Pfade eines Riesen. Niemand kann uns schaden, wenn der Herr es nicht gestattet. Er, der den Teufel selber vor einem Worte fliehen macht, kann sicherlich des Teufels Agenten im Zaum halten. Mag sein, dass sie euch schon mehr fürchten, als ihr sie. Darum geht vorwärts, und wo ihr Feinde erwartet, werdet ihr Freunde finden.
Apg. 18,10.
„Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“
Das sollte eine große Aufmunterung zur christlichen Tätigkeit sein, dass Gott auch unter dem Abschaum aller Elenden, unter den Ruchlosesten, unter den Verkommensten und Lasterhaftesten ein auserwähltes Volk hat, das gerettet und selig werden muss. Wenn ihr ihnen das Wort bringt, so tut ihr‘s, weil Gott euch verordnet hat zu Verkündigern des ewigen Lebens an ihre Seelen, und sie nehmen es an, wie Gott es in seinem ewigen Ratschluss so vorausgesehen hat. Schon jetzt, vor ihrer wirklichen Bekehrung, ist ihre Versöhnung durch das Blut des ewigen Bundes vollbracht. Sie sind schon jetzt Christi Eigentum, - und sind vielleicht zu dieser Stunde noch Wirtshausläufer und Verächter alles dessen, was heilig heißt; aber wenn der Herr Jesus ihre Bekehrung vorausgesehen und sie darum mit seiner ganzen Liebe umfangen hat, so können sie Ihm nicht verloren gehen. Gott ist nicht untreu, dass Er des Preises vergäße, den sein Sohn dargelegt hat. Er duldet nicht, dass seine Stellvertretung irgend unwirksam und fruchtlos bleibe. Tausendmal tausend Auserwählte sind noch nicht wiedergeboren, aber ihre Wiedergeburt ist gewiss; und dies ist unser Trost, wenn wir zu ihnen hinausgehen, um ihnen das lebendigmachende Wort Gottes zu bringen. Ja, noch mehr, Christus bittet vor dem Thron für diese Gottlosen. „Ich bitte aber nicht allein für sie,“ spricht der große Mittler, „sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden.“ Die armen, unwissenden Seelen! Sie denken nicht daran, für sich zu beten, aber Jesus bittet für sie. Ihre Namen sind eingegraben auf seinem Brustschildlein, und bald werden sie ihre starren Knie beugen und Seufzer der Reue hauchen vor dem Gnadenthrone. „Es ist noch nicht Zeit, dass Feigen sein sollen.“ Die zuvor versehene Stunde hat noch nicht geschlagen; aber wenn sie kommt, dann werden sie gehorsam sein, denn Gott will das Seine besitzen; alsdann müssen sie es sein, denn wenn der Geist in der Fülle seiner Kraft kommt, verschwindet aller Widerstand; sie müssen die willigen Knechte des lebendigen Gottes werden. „Nach Deinem Sieg wird Dir Dein Volk willig opfern in heiligem Schmuck.“ „Er wird viele gerecht machen.“ „Darum dass seine Seele gearbeitet hat, wird Er seine Lust sehen, und die Fülle haben.“ „Darum will ich Ihm eine große Menge zur Beute geben, und Er soll die Starken zum Raube haben.“
Apg. 22,15
Denn du sollst Zeuge zu allen Menschen sein des, das du gesehen und gehört hast.
Paulus war erwählt, den Herrn vom Himmel herab sprechen zu sehen und zu hören. Diese göttliche Erwählung war ein hohes Vorrecht für ihn selber, aber sie war nicht bestimmt, mit ihm zu endigen, sie sollte Einfluss auf andere haben, ja, auf alle Menschen. Paulus ist es, dem zu dieser Stunde Europa das Evangelium verdankt.
Unsere Sache ist´s, jeder nach seinem Maße Zeugen dessen zu sein, was der Herr uns geoffenbart hat, und wir laufen Gefahr, wenn wir die köstliche Offenbarung verbergen. Zuerst müssen wir sehen und hören, sonst werden wir nichts zu erzählen haben; aber wenn wir dies getan, so müssen wir begierig sein, unser Zeugnis abzulegen. Es muss persönlich sein: „Du sollst sein.“ Es muss für Christum sein: „Du sollst Sein Zeuge sein.“ Es muss beständig und alles in sich ziehend sein; wir sollen dies vor allem anderen sein, und so, dass vieles andere dadurch ausgeschlossen wird. Unser Zeugnis darf nicht vor wenigen Auserlesenen sein, die uns freudig aufnehmen, sondern „zu allen Menschen“ - zu allen, die wir erreichen können, jung oder alt, reich oder arm, gut oder schlecht. Wir dürfen niemals schweigen wie die, welche von einem stummen Geist besessen sind; denn der vorliegende Spruch ist ein Gebot und eine Verheißung, und wir dürfen ihrer nicht verlustig gehen. - „Du sollst Sein Zeuge sein.“ „Ihr aber seid meine Zeugen,“ spricht der Herr.
Herr, erfülle dieses Wort auch an mir!
Apg. 23,11
Des anderen Tages aber in der Nacht stand der Herr bei ihm und sprach: Sei getrost, Paulus; denn wie du von mir zu Jerusalem gezeugt hast, also musst du auch zu Rom zeugen.
Bist du ein Zeuge des Herrn, und bist du gerade jetzt in Gefahr? Dann gedenke daran, dass du unsterblich bist, bis dein Werk getan ist. Wenn der Herr noch mehr Zeugnis hat, das du ablegen sollst, so wirst du leben, bis du es abgelegt hast. Wer ist der, der das Rüstzeug zerbrechen kann, das der Herr wiederum zu brauchen beabsichtigt?
Wenn es für dich keine Arbeit mehr für deinen Meister zu tun gibt, so kann es dich nicht traurig machen, dass Er im Begriff ist, dich heimzunehmen und dich dahin zu stellen, wo du außerhalb des Bereiches deiner Gegner bist. Dein Zeugen von Jesu ist deine Hauptarbeit, und darin kannst du nicht gehemmt werden, bis sie beendigt ist: deshalb sei in Frieden. Grausame Verleumdung, boshafte Missdeutung, Verlassen der Freunde, Verrat dessen, dem du am meisten getraut, und was sonst noch kommen mag, kann nicht des Herrn Ratschluss betreffs deiner hindern. Der Herr steht bei dir in der Nacht deines Schmerzes und spricht: „Du musst noch von mir zeugen.“ Sei ruhig, sei voll Freude in dem Herrn.
Wenn du diese Verheißung nicht gerade jetzt nötig hast, so vielleicht sehr bald. Verwahre sie auf. Denke auch daran, für Missionare und alle Verfolgten zu beten, dass der Herr sie behüten wolle bis zur Vollendung ihres Lebenswerkes.
Apg. 27,23.
„Denn diese Nacht ist bei mir gestanden der Engel Gottes.“
Gewittersturm und Finsternis, verbunden mit beständiger Gefahr eines Schiffbruchs, hatten das Schiffsvolk in eine verzweiflungsvolle Unruhe versetzt; Einer allein unter ihnen Allen blieb vollkommen ruhig und beschwichtigte durch sein Wort auch die Übrigen. Paulus war der einzige Mensch, welcher Mut genug hatte zu sagen: „Liebe Männer, ich ermahne euch, dass ihr unverzagt seid.“ Es waren gediente römische Kriegsknechte an Bord und wackere alte Schiffsleute, und doch hatte ihr armer jüdischer Gefangener mehr Geistesgegenwart als sie alle. Er hatte einen unsichtbaren Freund, der seinen Mut aufrecht erhielt. Der Herr Jesus sandte einen himmlischen Boten ab, welcher Seinem treuen Knechte Worte des Trostes ins Ohr flüsterte; darum blieb er heiteren Angesichts und redete wie Einer, der nichts zu fürchten hat.
Wenn wir den Herrn fürchten, so dürfen wir auf rechte zeitige Hilfe hoffen, selbst wenn unsere Gefahr den höchsten Grad erreicht hat. Gottes Engel werden durch keine Stürme gehindert, zu uns zu kommen, noch durch die Finsternis abgeschreckt, uns zu dienen. Die Seraphim halten es für keine Demütigung, die ärmsten Kinder der himmlischen Familie zu besuchen. Wenn in gewöhnlichen Zeiten die Heimsuchungen der Engel selten und wenig sind, so sind sie dafür um so häufiger, wenn wir in die Nacht unserer Leidensstürme und Schicksalsschläge gehüllt sind. Freunde verlassen uns vielleicht, wenn wir unter der Kelter liegen, aber unser Verkehr mit den Bewohnern der Engelwelt wird dann um so lebhafter; und durch die Kraft der stärkenden Trostworte, die uns vom Throne herab über die Himmelsleiter zugesandt werden, sind wir im Stande, Taten zu verrichten. Liebe Seele, hast du vielleicht jetzt eine traurige Stunde? Dann bitte um eine besondere Hilfe. Jesus ist der Engel des Bundes, und wenn du jetzt Seine Gegenwart ernstlich suchst, so wird dir keine abschlägige Antwort beschieden. Was diese Gegenwart für Herzenserquickung bringt, frage die, welchen, wie einst dem Paulus, im nächtlichen Sturm ein Engel Gottes zur Seite stand, während kein Anker mehr halten wollte und die Felsen sich in drohender Nähe zeigten. Herr, sende auch mir in der Nacht der Gefahr Deinen tröstenden Engel zu! (Goldstrahlen April 10)