Spitta, Carl Johann Philipp - Seid nüchtern und wachet.
Der Apostel Petrus spricht 1 Petr. 5, 8. 9: „Seid nüchtern und wachet; denn euer Widersacher, der Teufel, gehet umher wie ein brüllender Löwe, und suchet, welchen er verschlinge; dem widerstehet fest im Glauben, und wisset, daß eben dieselbigen Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.“ Diese Worte sind an Christen gerichtet, die durch Gottes Gnade aus dem Schlaf der Sünde und Sicherheit erwacht, aus dem Taumel der Sinnenlust und Weltliebe nüchtern geworden und von der Obrigkeit der Finsterniß errettet, in das Reich des Sohnes Gottes versetzt waren. Während man den Andern zurufen muß: „Werdet doch einmal nüchtern und wachet auf, kommt doch einmal zur Besinnung und zum Nachdenken über euch, daß ihr nicht dahinfahret, und in euren Sünden sterbet!“ - so werden dagegen die wahren Christen ermahnt: „Seid nüchtern und wachet.“ Erhaltet euch in christlicher Besonnenheit und Wachsamkeit, lasset euch nicht wieder einschläfern und sicher machen; denn der, dessen Diener ihr zuvor waret, der, welcher euch in eurem unbekehrten Zustande ungescholten und unangefochten ließ, der Fürst dieser Welt, der sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens, - der ist nun euer Widersacher geworden, gehet umher wie ein brüllender Löwe, und suchet, welchen er verschlinge. Ihn zum Widersacher zu haben, seiner Werkzeuge Haß, Widerspruch und Anfeindung zu erdulden, also dem Herrn nicht ungestört dienen und nicht unangefochten ein geruhiges und stilles Leben führen zu können in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit - das ist freilich ein Leiden, und zwar ein empfindliches Leiden. Aber eins gegen das andere gehalten - welcher Christ möchte nicht lieber den Teufel zum Widersacher haben als seines Theils sein; nicht lieber in der Welt Angst haben, als mit ihr verdammet werden; nicht tiefer auf dem schmalen Wege sich leiden, als auf dem breiten Wege der Verdammniß fahren? Dazu ermuntert der Apostel, daß wir in unserm Muth nicht matt werden und ablassen, sondern den guten Kampf des Glaubens wider den Widersacher kämpfen, und ruft uns zu: „Dem widerstehet fest im Glauben. Ihr habt den Stärkeren auf eurer Seite; der in euch ist, ist größer, denn der in der Welt ist; die Rechte des Herrn ist erhöhet und behält den Sieg; das Feld muß uns doch bleiben, wenn wir nur Stand halten und herzhaft Widerstand leisten, nicht mit fleischlichen Waffen, sondern mit dem Helm des Heils, dem Harnisch der Gerechtigkeit, dem Gurt der Wahrheit, dem Schild des Glaubens und dem Schwerte des Geistes, welches ist das Wort Gottes.“ Dabei tröstet der Apostel: „Wisset, daß eben dieselbigen Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. Denket nicht, daß euch allein, an eurem Orte und in euren Verhältnissen solches begegnet. Nein, euren Brüdern, wo und wie sie immer in der Welt sind, geht es eben so. Können sie es aushalten, können sie halten, was sie haben, aushalten bis ans Ende; so könnet ihr's auch.“