Scultetus, Abraham - Eine Predigt. Von der Herrligkeit der Kirchen Gottes auf Erden:
Gehalten in der Prager Schloß Kirche / den 24. Octob. alten Calenders.
Eingang.
Das walt unser Herr und Heiland Jesus Christus geliebt und gelobt sambt dem Vatter und Heiligen Geist in ewigkeit / Amen.
Geliebte in dem Herrn: Wann ich dencke / für wem / und an welchem orte / ich heute rede und predige / so muß ich aus den Psalmen dAvids mit verwunderung sagen: Herr / mein Gott / Gros sind deine wunder / und deine gedancken / die du an uns beweisest. Dir ist nichts gleich. Ich wil sie verkündigen / und davon sagen / wiewol sie nicht zu zehlen sind. Der Herr bawet Jerusalem / und bringt zusammen die verjagten in Israel. Er heilet die zerbrochens hertzens sind / und verbindet ihre schmertzen. Er zeiget dem Königreich Böhem sein wort / und den einverleibten Ländern seine sitten und rechte. Alle menschen / die es sehen / müssen sagen: Das hat Gott gethan / und mercken / daß es sein werck sey.
Haben sich nu die fromme glaubigen in der ersten Kirchen gefrewet / daß sie nach der langwierigen verfolgung / endlich unter der regierung Kaysers Constantini / auch zu Constantinopel zusammen kommen / und allda den waren Gottesdienst haben verrichten können: Wie solten wir uns nicht frewen / daß wir bey angehender regierung unsers gnädigsten new erwehlten Königs FRIDERICHS / nach so langwieriger schwerer verfolgung der glaubigen in diesen Landen / auch zu Prag / und zwar in den Schloßkirchen / das heilige Wort Gottes offentlich erklären und anhören mögen?
Haben die fromme Juden gefrolocket / als der Tempel zu Jerusalem / welchen Antiochus entheiliget hatte / durch Judam Maccabaeum widerumb geheiliget ist worden: Wie sollen wir nicht frolocken / daß diese Schloßkirchen / in welchen man so lange zeit dem Gott Maozim gedienet / durch die klare / helle predigt des Evangelions geheiliget / und zu wohnungen des lebendigen Gottes / zu betthäusern und danckhäusern gemacht werden?
Herr / Ewiger Gott / dir dancken wirs / dirch rühmen / dich loben wir / für diese grosse wolthat: und bitten dich / wenn unser König hinfüro in diesen Schloßkirchen wird sein gebett thun / du wollest es vom hohen himmel herab erhören: wenn dein und des Königs Volck dich in diesen orten / entweder umb vergebung der Sünden / oder umb trost / hülff und errettung / wird anschreyen / so wollestu hören vom himmel / und der sünde deines Volcks gnädig seyn. Insonderheit wollestu nicht allein diesen irrdischen Tempel heiligen: sondern mache dich mit deinem Geist an die Tempel unserer hertzen: säubere und reinige sie von aller sünde und ungerechtigkeit / auf daß sie seyn und bleiben betthäuser / zubereitet zum lob deines herrlichen Namens: in welchen du dich so lange offenbarest in gnade und barmhertzigkeit / biß du dich in ihnen wirst offenbaren in klarheit und herrligkeit / an dem lieben tage / da wir unter dem Könige aller Könige / JESU CHRISTO deinem Sohn / unserm Herrn und Heilande / nicht auf dem Königlichen Schloß zu Prag / sondern auf dem hohen Himmelberge zusammen kommen / und dich in vollem liecht und glantz deiner herrligkeit mit frewdigen augen anblicken werden.
Diesem nach / und dieweil ich die Erste Evangelische Predigt in dieser Kirchen thun soll / hab ich mir fürgenommen / von der Herrligkeit der Kirchen Gottes auf erden etwas zu reden. Welches / damit es fruchtbarlich geschehen möge / wollen wir zuvorderst Gott den Herrn umb die gnade und beystand seines Heiligen Geistes anruffen / mit dem Gebett / welches uns unser Herr und Heiland Christus selbsten hat gelehret: Unser Vatter / etc.
Textus.
Psalmus XLV. Vers. 14.
Des Königs Tochter ist gantz herrlich inwendig.
Auslegung.
Ich glaube wol / viel werden sich verwundern / daß ich mich understehe / von der Herrligkeit der Kirchen gottes auf erden zu reden. Dann die ware Kirche Gottes weis mehr zu sagen von der schmach / die ihr auf erden wird angethan / als von der Herrligkeit / damit sie verehret werde. Und ob wol Gott der Herr etwa einen frommen Josuam / oder David / oder Josaphat / oder Hiskiam erweckt / unter welcher regierung die frommen grünen und blühen: jedoch wehret es nicht lange. Sie müssen bald wider under das Creutzfahn Jesu Christi tretten / und wider den Fürsten der Welt kämpffen und streitten / biß sie die Cron der Ehren an jenem tag erlangen.
Wolan / eben darumb wil ich anzeigen / worinnen die herrligkeit der Kirche Gottes auf erden bestehe.
Viel menschen vergaffen sich an dem eusserlichen gepränge / und meinen / wo alles von silber und gold schimmere und gläntze / und mann in stätem frieden das seinige ruhig besitzen und geniessen kan / Da wohne Gott: Und das sey der wahren Kirchen Privilegium / daß sie immer auf einem hohen berge sitze / und von nichts / als von wonne und frewde / zu sagen wisse. Wann wir aber hierüber den Heiligen Geist hören wollen / so werden wir gar ein anders vernehmen: nemblich / daß man nit auf den eusserlichen / sondern auf den innerlichen schmuck der Kirche sehen / und wo man diesen findet / schliessen müsse / Da sey Gottes Volck. Denn also redt der Heilige Geist von der rechten Herrligkeit der Kirche Gottes.
Des Königs Tochter ist gantz herrlich inwendig.
Was das für eine innerliche Herrligkeit sey / das muß notwendig angezeigt werden.
Die innerliche Herrligkeit der Kirchen Gottes stehet darinn:
- Daß mann in derselbigen das klare Wort Gottes hat:
- Daß mann in derselbigen alleine weis / wie man recht bette / und erhöret werde:
- Daß in derselben die glaubige auf wunderbarliche weise errettet werden:
- Daß in derselben leute leben / in welchen der Heilige Geist kräftiglich den glauben und ware gottseligkeit wircket:
- Daß in derselben allein gewisse weissagunge / und unverdächtige wunderwerck / gefunden werden:
- Daß derselben gliedmassen allein ein verborgenes leben in sich haben / wann sie gleich von der Welt für todt geachtet werden.
Die Erste innerliche Herrligkeit der Kirchen / ist Gottes Wort.
So ist nun dis die Erste innerliche Herrligkeit der Kirchen Gottes / daß sie die Schriften Altes und Newes Testaments unverfälscht behelt / und dieselbige wider allen Menschentand verthedigt.
Welch ein Herrligkeit ist das?
Vatter / sagt Christus Joh.17. Das ist das ewige leben / daß man dich / und den du in diese Welt gesandt hast / Jesum Christum / recht erkenne. Diese erkandtnuß kombt nirgends anders her / als aus dem Worte Gottes. Aus diesem Wort lernen wir den Sohn kennen: Aus diesem Worte erkennen wir den Heiligen Geist: Aus diesem Wort fleust her aller trost / mit welchem wir unsere lechzende Seelen erquicken / vermöge der runden bekändnuß Davids: Herr / wenn dein wort nit weer mein trost gewesen / were ich verschmachtet in meinem elende. Aus diesem Wort nehmen wir die Regul unsers lebens / wie geschrieben stehet: Dein Wort ist meiner füsse leuchte.
Diese Herrligkeit hielt der Prophet Moses so hoch / daß er im 4. Capit. des fünften Buchs sagen dorfte: Das wird ewer weisheit und verstand seyn / bey allen Völckern / wenn sie hören werden alle diese gebott / daß sie müssen sagen: Ey welch weise und verständige leute sind das / und ein herrlich Volck!
Diese Herrligkeit hielt König David so hoch / daß er derentwegen die Juden allen andern Völckern vorzog / und sprach: Gott zeiget Jacob sein Wort / Israel seine sitten und rechte. So thut er keinen Heiden / noch läßt sie wissen seine rechte! Psal. 147.
Und das nicht ohn ursach.
Dann wo man das Wort Gottes auf eine seite setzt / und der leute ohren und hertzen mit menschentand erfüllet / da wird die wahre erkandnuß Gottes vertunckelt und verfinstert / da weis man vom rechten Seelentrost so viel als nichts / da gehen die leute in der irre herumb / und wissen nicht / wornach sie ihr leben regulieren sollen.
Die Ander innerliche Herrligkeit der Kirchen ist / Gebett / und Gebetts Erhörung.
Vors ander ist das auch ein herrliche zierde der Kirchen Gottes / daß in derselben allein / der schöne Gottesdienst des Gebetts / nach ausweisung Göttliches Worts / geübet und getrieben wird.
In der waren Kirchen allein kann man recht beten. Dann da weß man / wen man solle anruffen: nemblich / den Vatter unsers Herrn Jesu Christi / wie geschrieben stehet: Wann ihr betet / so sprecht: Unser Vatter. Luc. II. Da weiß man / in wes namen man den Vatter solle anruffen: nemlich / allein allein im namen seines lieben Sohns / unsers Bruders und Immanuels / wie geschrieben stehet: Was ihr den Vatter bitten werdet in meinem namen / etc.
In der waren Kirchen Gottes werden die seuffzen der betenden erhöret. Do erhöret Gott gebett: drumb kompt alles fleisch zu ihm. Psal. 65. Do stehet die Sonne des himmels stille / auf das gebett des thewren Heldens Josuae / Jos. 10. Do stehet die Sonne der Gerechtigkeit (Christus) stille / auf das gebett des blinden bettlers Bartimai / Luc. 18. Do wird täglich erfüllet / was der Herr Christus Johan. am 1. zuvor gesagt / daß es in der Kirchen des Newen Testaments geschehen würde: Von nun an werdet ihr den himmel offen sehen / und die Engel Gottes hinauf und herab fahren auf des Menschen Sohn. Diese Engel sind alle glaubige / die fahren auf der Himmelsleiter Christo / auf und ab / durch das inbrünstige gebett. Hinauf fahren sie betrübt mit ihrer sündenlast: herab fahren sie frölich mit der last lebendiges trostes wider die sünde. Und das kann ihnen nicht fehlen. Dannd ie verheissungen stehen da: Wer den namen des Herrn anruffet / wird selig werden. Joel 2. Item: Der Herr ist reich uber alle die ihn anruffen. Rom.10.
Welch eine Herrligkeit aber ist das? Moses schreibt im 4. Cap. des fünften Buchs: Wo ist so ein herrlich Volck / zu dem Götter also nach sich thun / als der Herr unser Gott / so oft wir ihn anruffen? Eben das können wir von unserm häuflin noch heutiges tags rühmen und sagen: Wo ist ein Volck / dessen gebete und seufzen Gott der Herr so gnädig erhöre / als unser Volck und gemeine ist? Dann / was den Götzen dienet / und in der noth den Creaturen zuläuft / das kan sich solcher erhörung nimmer rühmen: Sondern in der warheit kan man noch heut zu tag von ihnen sagen / was König David zu seiner zeit von den Götzendienern ausgesprochen im 18. Psalm: Sie ruffen / Aber da ist kein helffer: Zum Herrn / Aber er antwortet ihnen nicht.
Die Dritte Herrligkeit der Kirchen Gottes ist / wunderbarliche Errettung der Gläubigen.
Auf die erhörung des gebetts folgen die wunderbarliche errettungen der glaubigen aus den höchsten nöthen / welcher gleichen man bey andern Völckern nicht findet. Noah wird erhalten in der Sündflut / Moses im Schilfmeer / Daniel in der Löwengrube / Jonas im bauch des Walfisches / Paulus im Schiffbruche / die drey Jünger im fewrigen ofen. Das macht / weil sie den zur rechten haben / der ein rechter helffer ist in aller noth. Wie dann die alten feine gedancken gehabt uber dem vierdten Jüngling / der bey den dreyen im fewrigen ofen gesehen worden: und habens dafür gehalten / es sey Christus selbst gewesen / welcher noch heut zu tag / im fewrigen ofen unsers elends / uns kühlen und erquicken muß.
Welch eine Herrligkeit ist aber das / daß die glieder der waren Kirchen dessen vergewissert seynd? wann sie gleich durchs fewer gehen / so sol die flamme nicht berühren / und wann sie gleich durchs wasser gehen / so sollen sie die ströme nicht ersäuffen.
Ein jeder uberschlage sein leben / und bedencke / wie wunderbarlich ihn Gott / von jugend auf / regieret und geführet habe. Gewißlich er wird bekennen / daß nicht allein andere / sondern er selbsten / ein exempel der wunderbaren errettung Gottes worden sey.
Die Vierdte Herrligkeit ist / lichter Glaube und helle Tugend der waren Kirchen.
Neben diesem allen findet sich bey der waren Kirchen etwas / das nirgend anders zu finden ist: nemblich / lichter glaube und helle tugend.
Dann der Heilige Geist pflanzt in den auserwehlten ein kindliches vertrawen / daß sie im Namen Jesu Christo dem himlischen Vatter zulauffen: fallen ihm gleichsam umb den hals / hertzen und küssen ihn / und sagen: ABBA / LIEBER VATTER: Du bist unser Gott / dir vertrauen wir / dich lieben wir / dich ehren wir.
Der Heilige Geist zündet auch in den auserwehlten an / allerhand schöne tugenden / durch welche sie / als liechter in der welt / für vielen andern herleuchten. David schonet dessen leben / der ihm selbst nach dem leben stunde / nemblich des Sauls.
Jonathan nimbt die Cron des Königreichs Juda und Israel von seinem haupt / und setzt sie seinem feinde David auf. Stephanus / als er mitten under den steinen lige / bittet er / Gott wolle denen das leben geben / die ihm das leben namen. Die Thessalonicher kommen in der brüderlichen liebe so weit / daß Paulus schreibt / Er dörffe sie nicht mehr dazu vermahnen. Welch ein exempel der gedult haben wir am frommen Job? Der da / als eine böse zeitung nach der andern kam / daß itz: die Camel / itzt die rinder / itzt die Kinder erschlagen weren / nichts anders sagte / als Deo Gratias: Gott hats gegeben / Gott hats genommen: Der Name des Herrn sey einen weg gelobt wie den andern!
Ich wil geschweigen der beständigkeit des glaubens / und der hoffnung in den höchsten ängsten / welche sich an vielen thewren Märtyrern erzeiget und eräuget hat. Welch ein mutiges hertz hat gehabt der Achtzigjährige Bischoff zu Antiochia / Babylas? Der da / wie er mit seinem auch betagten Weibe solte hingerichtet werden / sich mit diesen schönen worten aus dem 116. Psalm getröstet / und gesprochen: Sey nun wider zu frieden / meine Seele: Denn der Herr thut dir guts. Denn du hast meine Seele aus dem todt gerissen / mein auge von den threnen / meinen fuß vom gleitten. Ich wil wandeln für den Herren im lande der lebendigen.. Welch ein heiligen muth hat gehabt Thomas Cranmer / Ertzbischoff in Engelland / welcher seine rechte hand / mit deren er der Messe underschrieben / im fewer so lang gerade gehalten / biß sie gar verschwartzt? Laß die Heyden rühmen ihren Socratem / Laß sie rühmen ihren Aristidem. Weder im Socrate / noch im Aristide / wird man diese fewrige flammen des H. Geists finden. Feigenbletter aber wird man wol bey ihnen finden / mit welchen sie die innerliche untugend des hertzens etlicher massen haben wollen bedecken.
Die Fünfte Herrligkeit der Kirchen Gottes / bestehet in Propheceyungen und Wunderwercken.
Zum fünften ist das auch nicht aus der acht zu lassen / daß keine andere Kirche so gewisse weissagungen / und so unverdächtige wunderwercke habe / als die ware Kirche Gottes. Daher beruft sich der allmächtige Gott bey dem Propheten Esaia auf seine weissagungen / und fodert der Heyden Götter gleichsamb aus: Sie sollen kommen / und (wie Er) zukünftige dinge offenbaren. Gibt aber damit zu verstehen / das sey ihnen zu thun unmöglich. Und derhalben verfehlen alle die der rechten Kirchen Gottes / welche den götzen anhangen.
So ist auch bekandt / daß in der waren Kirchen allein unverdächtige wunderwercke zu finden seyn. Do werden die todten warhaftig auferweckt: Do werden die unfruchtbaren Weiber furchtbar gemacht: Do wird eine Jungfraw / ohne zuthun eines mannes / schwanger: Do wird der Sonnen lauff im himmel gehemmet: Do wird das wasser in wein verwandelt: Ja / das alle wunderwerck ubertrifft / ob gleich Satan wider etliche glieder der waren Kirche wüttet und tobet / so kann er doch die Kirche selbst nicht dempffen noch fällen: welches eine aus den grösten herrligkeiten der gemeine Gottes ist. Alle andere Reiche dieser welt werden zerstöret: Christi Reich alleine bleibt unzerstöret. Es hat wol gewaltige anstösse gelitten: als das Volck Gottes in der wüsten herumb gezogen: als es in Babel gefänglich aufgehalten: als es in der zehenjährigen verfolgung hart gedruckt: als es im Bapstthumb mit menschensatzungen uberhäufft worden. Aber es ist gegangen nach der rede des Herren / Matth. 16. Die Pforten der Hellen werden sie nicht überwaltigen. Und singt noch heutiges tages das kleine häuflin aus dem hundert und neun und zwanzigsten Psalm: Sie haben mich oft zudrenget von meiner jugend auf: aber sie haben mich nicht ubermocht. Sie werden sie auch nit ubermögen. Dann sie sprüche stehen noch feste: Matth. 28. Ich bin bey euch biß an der welt ende. Psal. 110. Du bist ein Priester in ewigkeit. Esa. 59: Mein Geist / der bey dir ist / und meine wort / die ich in deinen mund gelegt habe / sollen von deinem munde nicht weichen / noch von dem munde deines samens und kindskind / von nun an biß in ewigkeit.
Tröstlich und abertröstlich ist dis allen denen / welche in die trawrige gedancken gerathen / es werde vielleicht bald aus seyn mit der Kirche des Herren.
Dann das wunderwerck der erhaltung der Kirche / wird von jahr zu jahr ernewert werden. Und wird allezeit ein häuflin seyn / welches den tod des Herrn verkündige / biß daß er komme.
Und wird hiemit zugleich auch denjenigen das maul gestopfft / welche noch immerdar / von den Evangelischen / wunderthaten begehren.
Dann zu geschweigen / daß alle der Propheten / Christi / und der Apostel wunderwercke / der Evangelischen Kirchen eigene wunderthaten seind: Ist das nicht ein wunder / daß in Deutschland / unangesehen der mächtige Potentat und Kayser / Carl der Fünfte / im Schmalkaldischen kriege / die Evangelischen Fürsten gefangen / das Evangelium doch ungefangen blieben ist? Ist das nicht ein wunder / daß in Engelland / do man zur zeit der Königin Mariae alles gesengt und gebrennet hat / was sich zu dem Evangelio bekennet / dennoch gleichsam aus der aschen newe bekennet des Evangelions vorlängst herfür gewachsen? Ist das nit ein wunder / daß do man in Franckreich vermeinet / man hette dem Evangelio das garaus gemacht vor 47. jaren / alsobald sich eine grosse menge deren funden / welche der reinen lehr zugethan / und dieselbige auf ihre nachkommen fortgepflantzt haben? Ist das nicht ein wunder / daß da man in diesem Königreich / und in den benachbarten Landen / vor Fünfzehen jahren sich unterstund / alles das zu dempffen / was nur nach dem Evangelio schmeckte / daß uber und vieler menschen gedancken / der freye lauf dem Evangelio bald darnach wider gegeben worden? Und was sol ich mehr sagen? Eben das ist ein wunder uber alle wunder / daß wir einen EVANGELISCHEN KONIG in Böhem haben? Eben das ist ein wunder / daß ich heute auf dieser Cantzel stehe / und von der innerlichen Herrligkeit der Kirche Gottes predige. Darumb sag ich noch einmal: GROS ist unser Gott / und es ist unbegreiflich / wie Er regieret.
Die Sechste Herrligkeit der Kirchen / ist die Erbschaft des Ewigen lebens.
Letztlich hat die wahre Kirche noch etwas herrlichs in sich / da sie wol fühlet / andere aber nicht sehen. Was mag das seyn? Es ist das verborgene leben / das sie bey sich hat: davon der Apostel schreibt im 3. an die Colosser: Ewer leben ist verborgen mit Christo in Gott. Davon weis kein Jude / kein Türcke / kein Götzendiener / etwas zu sagen. Drumb seynd sie so furchtsam im tode. Dann es mangelt ihnen am verborgenen leben / das ist / an der gewissen hoffnung der auferstehung ihres fleisches / und der zukünftigen herrligkeit. Hingegen ist das der gläubigen höchste frewde / wann sie kranck seynd / wann sie verfolgt seynd / wann sie sterbe sollen / daß sie einen verborgenen schatz im hertzen haben / nemlich die schöne Hofnung / Sie werden nicht sterben / sondern leben / und die grosse thaten Gottes verkündigen: Sie seyen schon versetzt ins himlische wesen: es könne ihnen nicht fehlen. Der Sohn Gottes habe es verheissen: Wer an den Sohn glaubt / der hat das ewige leben. Joh. 3. Der Vatter wolle es also haben: Das ist der wille des / der mich gesandt hat / daß ich nichts verliere von allem / das er mir gegeben hat. Joh.6. Der Heilige Geist habe es versiegelt und bekräftiget.
Drumb geht’s ihnen / wie dem frommen Ignatio: welcher als er sterben solt / sprach Er: Ich fühle eine lebendige quelle in mir / die schreyet: Ignati / Ignati / zum Vatter / zum Vatter. Diese quelle ist der Heilige Geist / welcher mitten im tode zeugnus gibt unserm Geist / daß wir Gottes Kinder seynd: Und derhalben / wann Christus / unser leben / sich offenbaren wird / wir auch mit ihm werden offenbaret werden in der Herrligkeit.
So mögen sich nun andere rühmen / daß sie dieser welt güter besitzen: Wir rühmen uns / daß wir die himmlische güter besitzen werden. So mögen sich nun andere rühmen / daß sie von den Menschen geehret werden auf erden: Wir rühmen uns / daß wir für Gott im himmel geehret werden. So mögen sich nun andere rühmen / daß sie in der welt frewde leben: Wir rühmen uns / daß wir in der welt angst / im himmel aber ewige frewde zu gewarten haben.
Beschluß
Und das ist also die kurtze erklärung des Sprüchlins: Des Königs Tochter ist herrlich inwendig.
Ihr habt gehört: Worinnen der innerliche schmuck und zierde der Gemeine Gottes bestehe: nemblich / nicht in gold oder silber / nicht in guten tagen: sondern darinn / daß sie das reine Wort Gottes erhelt: Gott nach seinem willen anruffet und von ihm erhöret wird: daß sie weiß zu sagen von wunderbarlichen erlösungen / und zu rühmen die vom Heiligen Geist in den hertzen der glaubigen gepflantzte tugenden: daß sie mit gewissen weissagungen / und unverdächtigen wunderwercken umbgehet: und endlich mitten im tode ein verborgenes leben bey sich hat.
So besiehe nu nicht die wände in den steinern Tempeln / ob sie schimmern und glänzen / sondern besiehe die hertzen der zuhörer / ob sie sich an Gottes Wort / ans Gebett / zum Chor der erlöseten kinder Gottes / zur heiligkeit der Propheten und Apostel / zu den gewissen weissagungen und wunderthaten Gottes / und endlich zu dem verborgenen leben in Christo / halten / wiltu anders die wahre Kirche auf erden finden.
Und wann du sie findest / so geselle dich zu ihr / bette mit ihr / bekenne mit ihr / leide mit ihr: Und sey dessen nur gewis / ob gleich dis häuflin itzt nicht helle scheinet für den augen der Menschen / so leuchte es doch licht / für den augen Gottes / und werde auch dermal eins für der Menschen augen schimmern und gläntzen / an dem seligen tage / wann der Himmlische Bräutigam / Christus / seine liebe Braut / das ist / seine auserwehlte und glaubige / dem Vatter zuführen / und sagen wird: Vatter / Das seind die / die du mir gegeben hast / die an mich geglaubt / die mich lieb gehabt / die mich bekennet / und bey mir in den anfechtungen verharret sind: Heiliger Vatter / Ich wil / daß wo ich bin / auch sie seyen / auf daß sie meine / deine / und des Heiligen Geists herrligkeit sehen. Dann werden die gerechten leuchten wie die Sonn. Dann wird die Tochter des Königs auswendig und inwendig herrlich seyn / welcher weder Sonn noch Mond wird schaden können / weil Christus / ihr Bräutigam / ihr Sonn / Mond / und alles in allem seyn wird. Ihm sey Lob in ewigkeit / Amen.
Gebett.
Allmächtiger / Barmhertziger / Getrewer Gott und Vatter / Wir sagen dir lob und danck für die grosse gnade / daß wir auch in diesem ort zusammen kommen / dein wort erklären / und daraus eine lehr nach der andern / einen trost nach dem andern / eine vermahnung nach der andern / zur ehre deines Namens / und unser auferbawung / nemen können. Insonderheit dancken wir dir / daß du uns unterweisest in deinem wort / wo die ware Kirche zu finden sey: nemblich / allein an dem orte / da man dir nach deinem worte / willen und wolgefallen / dienet. Thue auf / o HERRE Gott / die augen aller deren / welche sich biß anhero den eusserlichen schein haben blenden lassen: auf daß sie ins künftig auf die inwendige herrligkeit deiner Tochter achtung geben / dein wort lieb gewinnen / dich in warem glauben anruffen / und in hofnung der zukünftigen herrligkeit alles menschliche elende mit frölicher gedult ertragen. Laß dir in gnaden befohlen seyn die Königliche Mayestät in Gros Britannien / und dann die Königliche Mayestät in Böheim: Erfülle sie beyde mit dem Geist der weisheit und verstands / beständiger gesundheit und langem leben. Insonderheit wollestu / o Herre Gott / selbst der regierung unsers Königs glücklicher anfang / heiliges mittel / und seliges ende seyn / auf daß unter derselbigen / was biß anhero betrübt gewesen / sich widerumb erfrewe / und was gleichsam halb todt gewesen / widerumb lebendig werde. Dergleichen befehlen wir dir Ihrer Königlichen Mayestät Königliche Gemahlin / Fraw Mutter / Herrn Bruder / Junge Herrschaft und Fräwlin / sambt allen an und zuverwandten / wie auch beyde Fürstliche Herren Stadthalter in der Undern und Obern Churfürstlichen Pfaltz / sambt allen Räthen und Amptleuten. Segne die Löbliche Stände der Cron Böhemb / und deroselben inverleibten Länder / Mährern / Schlesien / und Laußnitz. Wapne die Kriegshaupter mit einem Heldenmut / daß sie für das Vatterland ritterlich kämpffen. Tröste alle die / so drangsal in diesen beschwerlichen läuften leiden. Stercke / was schwach ist: Heile / was kranck ist: Erquicke / was angefochten ist. Letztlich / wann wir aus diesem leben scheiden sollen / so erfrewe uns zuvor mit den schönen gedancken des in uns verborgenen lebens / welches bald darauf mit Christo wird offenbar werden: auf daß wir mitten in dem tode wissen / tod sey doch leben / finsternuß sey doch licht / trawrigkeit sey doch frewde / und die verlassene erde sey warhaftig der eingenommene himmel.
Unser Vatter / etc.
Aus dem Original abgeschrieben.