Scriver, Christian - Goldpredigten - Vorbereitungs-Predigt.
Im Namen JEsu! Amen.
Das walte die allerheiligste und hochgelobte Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn und heil. Geist, welchem sei Lob, Preis, Ehr und Dank in Ewigkeit! Amen.
Es spricht der wohlgeplagte Hiob mitten in seinen traurigen Nöthen: Ach, daß meine Reden geschrieben würden! Ach, daß sie in ein Buch gestellet würden! Mit einem eisernen Griffel auf Blei, und zum ewigen Gedächtniß in einen Fels gehauen würden! (19, 23. 24); und hat damit sein Absehen auf den uralten Gebrauch, da die klugen Leute das, was Denkwürdiges an Worten und Werken zu ihrer Zeit vorgefallen, nicht sofort haben vergessen lassen seyn, sondern es der Nachwelt zum Besten in Büchern, Tafeln, Säulen und Felsen eingehauen, eingeschrieben und verzeichnet.
Da es sich denn nun also zuträgt und füget, daß ich die bevorstehende Erklärung des heil. Katechismus habe über mich nehmen müssen, da weiß ich auch beim Anfang solcher Arbeit nichts Besseres zu wünschen, als daß meine Rede nicht zwar in ein Buch, oder Blei oder Felsen, sondern in die Tafeln des Herzens (Sprüchw. 3, 3.) aller meiner Zuhörer mögen geschrieben werden, daß sie alle mögen ein Brief Christi seyn, nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht in steinerne, sondern in fleischerne Tafeln des Herzens geschrieben (2 Kor. 3, 3.)-und daß also die theure Beilage der seligmachenden Katechismus-Lehre möge bei uns bis ans Ende der Welt mit großem Nutzen vieler Seelen erhalten werden. Daß nun nicht allein dieser unser Wunsch bei Gott erhöret, sondern auch die ganze bevorstehende Arbeit durch Seine Gnade gerathen möge, so wolle E. L. zuvor singen:
Es danke, Gott, und lobe Dich
Das Volk in guten Thaten!
Das Land bring' Frucht und bessre sich;
Dein Wort laß wohl gerathen!
Uns segne Vater und der Sohn,
Uns segne Gott, der heilige Geist,
Dem alle Welt die Ehre thut.
Vor ihm sich fürchtet allermeist!
Nun sprecht von Herzen: Amen!
und darauf ein andächtiges Vater Unser beten.
Text: Psalm 119, 72
Das Gesetz Deines Mundes ist mir lieber, denn viel tausend Stück Gold und Silber.
Eingang.
Es sagt der Apostel 1 Korinth. 3, 11-15: Einen andern Grund kann zwar Niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist JEsus Christus. So aber Jemand auf diesen Grund bauet Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stoppeln: so wird eines Jeglichen Werk offenbar werden; der Tag wird es klar machen, denn es wird durchs Feuer offenbar werden, und welcherlei eines Jeglichen Werk sei, wird das Feuer bewähren. Wird Jemandes Werk bleiben, das er darauf gebauet hat, so wird er Lohn empfahen. Wird aber Jemandes Werk verbrennen, so wird er deß Schaden leiden; er selbst aber wird selig werden, so doch, als durchs Feuer. Es scheinet dieser Spruch etwas dunkel zu seyn und ist auch darum von Etlichen unter die schweren Dinge, welche der Apostel Petrus (2 Petr. 3, 16) in den Sendschreiben des h. Paulus bemerket hat, gesetzet, von Päpstlern aber, ihr Fegfeuer zu bestätigen, angezogen worden.
Ich aber will Eins und Anderes, zu meinem Vorhaben dienlich, daraus hervorsuchen und haben wir darin anzusehen:
1) Den Grund. Was in Gebäuden am Grund und Fundament gelegen sei, ist Niemanden unbewußt, welches, wenn es nicht gut ist, den Fall und das Verderben des ganzen Oberhauses verursachen kann. Es hat aber die christliche Kirche, das Haus Gottes (1 Tim. 3, 15.) hierinnen keine Gefahr zu befürchten, weil ihr Grund, darauf sie bestehet, Niemand ist, als Christus JEsus: der ist der Fels, darauf die Gemeinde Gottes so fest gegründet ist, daß sie der Hölle Pforten nicht überwältigen können (Matth. 16, 18.), daß sie kein Platzregen, kein Gewässer, keine Winde umstoßen können (7, 25.). Er ist's, von dem Sein himmlischer Vater spricht: Siehe ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Eckstein, einen köstlichen Stein, der wohl gegründet ist (Jesaj. 28, 16.) wie es auch Petrus und Paulus von ihm auslegen (vergl. 1 Petr. 2, 6. Eph. 2, 20.) Und Alles, was in Sachen der Seligkeit außer diesem Grund gered't, gethan und gedacht wird, wie ansehnlich es auch ist, das fällt ein und hat keinen Bestand und singet die christliche Kirche recht und wohl:
Der Mensch ist gottlos und verflucht.
Sein Heil ist ihm noch ferne.
Der Trost bei einem Menschen sucht.
Und nicht bei Gott, dem Herren,
Denn wer ihm will
Ein ander Ziel
Ohn' diesen Tröster stecken.
Den mag gar bald
Satans Gewalt
Mit seiner List erschrecken.
Wie nun die Zuhörer sich aufs Fleißigste haben vorzusehen, daß sie außer diesem Grund keinen Grund ihrer Gerechtigkeit und Seligkeit suchen: also haben vornemlich getreue Prediger, als Baumeister und Gehilfen Gottes, das zu beachten, daß der Herr JEsus in den Herzen ihrer Zuhörer gebildet werde (Gal. 4,19.), daß seine seligmachende Erkenntniß und wie er uns von Gott gemacht sei zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung (1 Kor. 1,30.), der Grund alles ihres Lehrens und Bauens sei und sie mit Luthero sagen mögen (Vorr. z. Erkl. des Gal. Br.): „ In meinem Herzen herrschet allein und soll auch herrschen dieser einige Artikel, nemlich der Glaube an meinen lieben HErrn Christum, welcher aller meiner geistlichen und göttlichen Gedanken, so ich immerdar Tag und Nacht haben mag, der einige Anfang, Mittel und Ende ist.“ Außerdem wird alles ihr Lehren und Lernen ganz umsonst und vergebens seyn.
2) Das Gebäude. Paulus sagt, daß Etliche Gold, Silber und Edelstein, Etliche aber Holz, Heu, Stoppeln auf den vorgedachten Grund bauen.
Die ziemlich führen auf ein Gebäude von Gold, Silber und Edelstein, welche nicht allein ihre Schäflein in der seligen Erkenntniß des Herrn JEsu wohl und beständig unterrichten, sondern auch im Uebrigen über die heilsame Lehre und das Wort Gottes halten, alles ihr Lehren, Ermahnen, Warnen, Trösten aufs Genaueste darnach richten, von der Buße und seligen Reu über die Sünden, von den Werken christlicher Liebe, von Geduld in Kreuz und Trübsal und von der Hoffnung des ewigen Lebens nach dem Vorbild, das sie in der Schrift haben, richtig lehren, für ihre Gemeine aufs Fleißigste beten, und Alles mit ihrem gottseligen und unsträflichen Wandel bestätigen.
Die aber bauen mit Holz, Heu, Stoppeln, welche zwar den edlen Grund behalten, aber denselben entweder nicht fleißig genug beobachten, oder wollen ihm eigene Andacht, selbstgewachsenen Gottesdienst und eingebildete Heiligkeit als zum Beigrunde anflicken, bleiben nicht schlechterdings bei der Schrift, sondern horchen nach Menschentand oder beten, studiren und lehren nicht fleißig, bringen die Zeit mit mehr Worten, als Nutzen zu, erzählen ihre eigenen Träume und Einfälle und lassen bei der reinen Lehre und Vortragung derselben fleischliche Affekte mit unterlaufen: dieß Alles ist lauter Heu und Stoppeln, das nicht taugt und die Probe nicht halten will.
Und von solcher Probe, welche das Dritte ist, sagt der Apostel: Der Tag und das Feuer werden es bewähren und klar machen: das legen Etliche aus von dem Feuer des heil. Geistes, der in den Aposteln war, als hat Paulus sagen wollen: Es wird endlich dahin kommen, daß wir Apostel mit Fleiß eure Lehre und Gebäude werden untersuchen, und wird alsdann durch Beistand des heil. Geistes genugsam erkläret werden, was tauglich oder untauglich ist. Andere legen es aus von dem Prüfe-Feuer des lieben Gottes, das Er durch Kreuz und äußerliche Trübsal oder durch die innerliche Gewissensunruhe beim Menschen anzündet; und dasselbe entweder bei gesunden Tagen oder in Krankheiten und der Todesnoth und wird also ein solcher Mensch selig als durchs Feuer, d. i. er wird kaum und mit genauer Noth selig und durch sonderliche Gnade Gottes als ein Brand aus dem Feuer gerissen; sein Werk aber ist verloren und hat er umsonst gebauet, danket dennoch Gott, daß er ohne Strafe davonkommt. Dieß erkläret Mathesius mit dem Exempel des heil. Hieronymus, des frommen Bernhard, welche, obwohl allerlei Holz und Heu von Menschenlehre und selbsterdachtem und gemachtem Gottesdienst mituntergelaufen, dennoch endlich auf diesen einigen Grund bestanden und selig worden sind; und ist vornemlich denkwürdig, was er von einem vornehmen Doktor zu Wien erzählt, der nicht allein Andere zu guten Werken fleißig vermahnet, sondern auch selber ein frommer Mann gewesen, der alle Tage Messe gelesen, viel Almosen gegeben, die Woche dreimal gefastet, und daneben ein eigen Haus gestiftet habe für arme gemeine Weiber, welche von ihrem bösen Leben ablassen wollten. Dieser, als er sterben sollte und in der Todesanfechtung in seinem Herzen suchte, was er dem göttlichen Zorn und Gericht entgegensetzen wollte, geräth darüber in große Angst, daß ihm der Angstschweiß mildiglich ausdringet; er suchet hervor seine Messen, Almosen, Kasteiung, Stifte und sämmtliche gute Werke und sagt zu verschiedenen Malen: „Will denn das auch nicht helfen?“ Endlich wie Nichts wider das verzehrende Feuer des göttlichen Zornes bestehen kann, holet er einen tiefen, sehnlichen Seufzer aus dem Grund seines geängsteten Herzens, daß ihm auch die Thränen mildiglich über die Wangen fließen, und spricht: „Miserere mei Deus propter Jesum Christum!“ Erbarme Dich mein, mein Gott, um JEsu Christi willen! Da fühlet er Trost und schläft sanft und selig ein. Dieß war der rechte güldene Grund; das Andre war Holz, Heu und Stoppeln und konnte in Gottes Prüfe-Feuer nicht bestehen.
Weil denn nun der Allerhöchste auch mich, Seinen unwürdigen Knecht, zum geistlichen Baumeister verordnet hat, und ich durch Seine Gnade von keinem andern Grund unserer Seligkeit weiß, als von Christo JEsu, so will mir in alle Wege obliegen, mit Fleiß daran zu seyn, daß ich nicht Holz, Heu, Stoppeln, sondern lauter Gold, Silber und Edelgestein in eure Herzen zum himmlischen seligen Bau zusammentrage; und das soll vermittelst göttlicher Hilf' und Gnade mein beständiges Vorhaben in bevorstehender Katechismus-Arbeit seyn. Jetzo wollen wir im Namen des Herrn JEsu mit Betrachtung eines theuren Goldspruches, den wir aus Königs David Schatzkammer entlehnet und E. L. vorgelesen, den glücklichen Anfang machen. Der Herr JEsus gebe Gnade, daß es wohl und zu Seinen Ehren und vieler Seelen Erbauung gerathen möge! Amen.
Abhandlung.
Bekannt ist, was die klugen Heiden von den vier Zeiten der Welt, deren die erste gülden, die andere silbern, die dritte ehern, die vierte eisern sei, gedichtet haben, wiewohl selbiges im Traumbild des Königes Nebukadnezar ziemlichen Grund hat (Dan. 2, 32.). Nun gibts zwar wohl die tägliche und klägliche Erfahrung, daß uns die schwerste, letzte und eiserne Zeit betroffen habe; aber ich dürfte dennoch für diesesmal bejahen, daß wir in einer recht güldenen Zeit leben, nicht zwar in der, wiewohl nicht unbequemen Meinung, weil allenthalben Gold und Geld am meisten gilt, Jedermann nach Geld stehet, Gold suchet und begehret; sondern weil das edle Wort Gottes, welches mit allem Gold der Welt nicht zu vergleichen ist, so reichlich unter uns wohnet und man, Gottlob! Niemand so arm findet unter den armen Christen, der nicht etliche theure Gold- und Machtsprüche, aus dem reichen Schatz des göttlichen Worts genommen, sollte besitzen und im Kästlein seines Herzens und Gedächtnisses beigeleget haben.
Ich habe mit Bestürzung ehemals gelesen, daß der berühmte konstantinopolitanische Patriarch und Kirchenlehrer Chrysostomus sich über seine Zuhörer beschweret, daß nicht ein Einiger darunter sei, der einen einzigen Psalm oder ein andres Stück der heil. Schrift auswendig hersagen konnte, da er doch anderswo (welches eben wohl nicht ohne Bewunderung kann gelesen werden) gedenket, daß seinem Dünken nach täglich bei Hunderttausend in der Kirche, wo er geprediget, zusammenkommen sind. Ich will nicht hoffen, daß in unserer Stadt ein Kind von sieben, geschweige mehr Jahren, sollte gefunden werden, das nicht zum Wenigsten etliche Gebetlein und Sprüche der Schrift sollte gefasset haben, und will nicht zweifeln, daß die Meisten unserer Zuhörer verschiedene Psalmen und Gesänge, wie auch allerlei schöne Gebetlein und Kernsprüche der Schrift und zuvoraus die fünf Hauptstücke christlicher Lehre, in unsrem Katechismus-Büchlein enthalten, auswendig wissen, und sich solcher Wissenschaft im Leben und im Sterben bedienen können.
Und solches unser Katechismus-Büchlein ist fürwahr ein recht güldenes Büchlein und ein güldener kurzer Auszug der ganzen Bibel, und da denn dasselbe in allen unsern Kirchen, auf allen Kanzeln, und in allen Schulen, ja in allen Häusern von Alt und Jung fleißig getrieben, gelehret und gelernet wird, so sage ich billig, daß von Lutheri seligen Zeiten die güldenen seligen Jahre wieder angefangen und durch Gottes Gnade, wie arm und elend wir auch sonst durch das langwierige Kriegsbeschwer und noch anhaltendes großes Bedrängniß geworden sind, bis auf uns gedauert haben. Gebe der Allerhöchste, daß wir solche güldene, gnadenreiche Zeit auch auf unsere Nachkommen vererben und diese Zeit, wie sie werth ist, erkennen und das theure Wort Gottes so lieb als David haben mögen, welcher spricht: Das Gesetz Deines Mundes ist mir lieber, denn viel tausend Stücke Gold und Silber.
Daß wir nun solche Worte etwas weiter bedenken mögen, haben wir anzusehen: Erstens das, davon David redet, nemlich das Gesetz des Mundes Gottes. Das hebräische Wort Thorah heißet insgemein eine Lehre, Unterricht und Erinnerung, und wenn es mit „Gesetz“ verdeutschet wird, so bedeutet es nicht allemal das mosaische Gesetz allein, sondern zuweilen die ganze heil. Schrift, welche uns von Gott, Seinem Wesen und Willen und von unserer Gebühr gegen denselben lehret und unterrichtet. So ist anzunehmen, wenn David spricht: Wohl dem, der Lust hat zum Gesetz des Herrn und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht (Ps. 1, 2.)und Jesaias: Von Zion wird das Gesetz ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem (2, 3.) So wird mich in unsrem Sprüchlein das Wort Gesetz billig verstanden, daß der gottselige König sagen will: Alles, was Du, mein Gott, von Deinem ewigen göttlichen Wesen und gnädigen Willen gegen das menschliche Geschlecht durch Deinen Mund gered't und geoffenbaret hast, das ist mir lieber und besser, als viel tausend Stück Gold und Silber, weil ich dadurch in Deiner Erkenntniß zu meiner Seligkeit vollkommentlich unterrichtet werde.
Es wird aber durch diese Art zu reden nicht ausgeschlossen das Herz Gottes, als wenn auch David in den Gedanken gestanden, daß der Allerhöchste zuweilen ein Andres durch Seinen Mund reden, ein Andres im Herzen beschlossen haben sollte. Denn David weiß wohl, daß der Held in Israel nicht leuget und daß Er Gott ist und Seine Worte werden Wahrheit seyn (1 Sam. 15, 29. 2 Sam. 7, 28. Tit. 1, 2.) und ist also wohl versichert, daß, was im Herzen Gottes von Ewigkeit heraus brünstiger Liebe und unbegreiflicher Barmherzigkeit beschlossen, dasselbe durch Seinen Mund geredet und geoffenbaret ist.
Ebenso wenig wird auch das geschriebene Wort dadurch ausgeschlossen. Denn ob zwar zu des Königes David Zeiten nicht alle Bücher der Schrift, die wir jetzo haben, vorhanden waren, so waren doch schon etliche, als die 5 Bücher Mosis, das Buch Josua, der Richter und vielleicht Ruth schriftlich abgefasset und zwar auf Gottes Befehl (2 Mos. 34, 27. 5 Mos. 3, 19.); diese Bücher nennet nun der König das Gesetz des Mundes Gottes und hat er zweifelsfrei in der Betrachtung der herrlichen Sprüche, der lieblichen und hellen Vorbilder, die auf den Messias zielen, sich so sehr vertiefet und so viel süßen Trostes gefunden, daß er darum sagt, es sei ihm das Gesetz des Mundes Gottes lieber, denn viel tausend Stück Gold und Silber. So dürfen wir viel weniger jetzo eines andern mündlichen Worts warten und sonderlichen Ein- und Zuspruch von Gott begehren, außer dem, da er in Seinem geschriebenen und aus Seinem Mund verfaßten Wort mit uns redet; denn dahin verweiset uns der Herr JEsus allein, wenn Er spricht: Suchet in der Schrift! (Joh. 5, 39.) und wenn Er selbst Seine Jünger in die Schrift führet und sie ihnen ausleget (Luk. 24, 45.).
Es werden aber dadurch ausgeschlossen alle Menschensatzungen und was Menschenmund aus menschlichem Rath in Sachen der Seligkeit ordnen und reden will. Was Menschen erdenken und vorbringen, will König David sagen, das ist und bleibt menschlich, das ist unbeständig, ungewiß, zweifelhaft und vergänglich; aber das Gesetz Deines Mundes und was Du mein Gott redest, das ist beständig, gewiß und unvergänglich; darauf kann man es sicherlich wagen. Und dieses Alles kann nun mit gutem Fug auf unser güldenes Katechismus-Büchlein bezogen werden, darin Nichts enthalten ist, ohne was aus Gottes geschriebenem Wort genommen und in demselben klarlich gegründet ist, darum es dann billig für ein Gesetz und Unterricht des Mundes Gottes zu achten und zu halten ist.
Wir haben aber nun weiter anzusehen: Zweitens das, was David von dem Gesetz des göttlichen Mundes sagt und ausspricht, nemlich es sei ihm lieber, oder besser, denn viel tausend Stück Gold und Silber. Es weiß der gottselige König wohl, wie hoch von den Menschen Gold und Silber gehalten wird, und wie sie es allen Dingen vorzuziehen pflegen. Darum, als er seine große Liebe zu dem Wort Gottes will andeuten, nimmt er das, was sonsten dem Menschen am lieblichsten ist und spricht: Gottes Wort sei ihm noch lieber; es sei ihm lieber als das so hoch beliebte Gold und Silber, und wenn auch viel tausend Stück auf einem Haufen lägen. Es ist sonst der König David gewesen ein Gold- und Silber-reicher Herr; aber, will er sagen: all mein Gold und Silber ist mir nicht so lieb, als Dein Wort, mein Gott; das Gesetz Deines Mundes ist mir lieber und besser, als mein Gold und Silber.
Und dieses sagt er nicht ohne sattsamen Grund; denn das Gesetz des Mundes Gottes, Sein geoffenbartes, liebes Wort ist besser als das vergängliche Gold,
1) was den Ursprung betrifft. Gold und Silber werden in der tiefen Erde erzeuget und von dannen mit überaus großer Arbeit, vielen Kosten und Gefahr hervor und ans Tageslicht gebracht; aber das Wort Gottes hat seinen Ursprung vom Himmel her, aus der Tiefe des göttlichen Herzens; denn was Gott der himmlische Vater sammt Seinem lieben Sohne und dem werthen heiligen Geist nach Seiner unendlichen Weisheit und Barmherzigkeit von unsrer Seligkeit in Seinem Herzen gedacht und in Seinem göttlichen Rath gut befunden und beschlossen hat, das Alles ist in Seinem göttlichen Wort, aus Seinem Mund durch Seine dazu befehligte Diener abgefasset. Ja es hat der Sohn Gottes selbst in die Welt kommen wollen, daß Er uns den gnädigen Willen Seines himmlischen Vaters kund thun und uns die güldene Lehre von der Gnade Gottes, der Gerechtigkeit des Glaubens und dem Weg zur Seligkeit überantworten möchte, wie Er denn selbst spricht: Himmlischer Vater, ich habe Deinen Namen, geoffenbaret den Menschen; denn die Worte, die Du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben und sie haben's angenommen (Joh. 17,6. 6.). Und dieses nun was der Sohn Gottes vorgebracht, haben aus Seinem Munde die Apostel und Evangelisten verzeichnet und vermittelst des kräftigen Antriebes des heil. Geistes ihren Schriften einverleibet. Und was ist nun alles Silber und Gold, das aus Felsen und Steinen gehauen wird gegen das selige liebe Wort, welches besagtermaßen vom Himmel herkömmt und im Herzen und Munde der hochheiligen Dreieinigkeit gewachsen ist? Nichts überall; darum sagt David billig: Das Gesetz Deines Mundes ist mir lieber, denn viel tausend Stück Gold und Silber.
Es ist das göttliche Wort besser und demnach lieber zu haben, als Gold und Silber, was
2) den Gebrauch angeht. Das Gold wird auf mancherlei Art zum menschlichen Nutzen angewandt. Es hat seinen Nutzen in der Arznei und ist nach einhelligem Zeugniß aller gelehrten Aerzte ein bewährtes Kordial, welches durch eine verborgene sonderliche Kraft das Herz stärket und erquicket; wie denn Mathesius erzählet, daß ein Alchymist, der bei seinem Geschäft viel Quecksilber in sich gezogen, darüber gar gefährlich krank worden sei, daß aber ein güldenes Blech, das er sich auf Anrathen schlagen lassen und auf das Herzgrüblein gelegt, alles Gift vom Herzen ausgezogen. Aber weit nützlicher und kräftiger ist Gottes Wort, das alleredelste und bewährteste Kordial, das in der Welt zu finden ist. Wenn Einer von der höllischen Schlange einen giftigen Stich ins Herz und Gelpissen bekommen hat oder hat sonst viel sündliches Seelengift in sich gezogen, da ist nichts Besseres, als ein güldenes Blech, ein und andrer theurer Machtspruch aus Gottes Wort; dadurch werden die Herzen gelabet, gestärket, getröstet, geheiliget und zum ewigen Leben erhalten.
Es hat weiter das Gold seinen Nutzen in der Münze und Kaufmannschaft. Wer wüßte es nicht, daß die Goldmünze im höchsten Preis und für die edelste gehalten wird und kann Einer mit goldener und silberner Münze allenthalben durchkommen, handeln und wandeln. Aber weit edler und besser ist das liebe Wort Gottes; das ist eine geistliche Münze, darauf das Herz Gottes gebildet und gepräget ist; die Ueberschrift sind die Titel, welche Gott dem HErrn in Seinem Wort gegeben werden, daß Er heißet ein allmächtiger, ewiger, barmherziger, geduldiger, langmüthiger, gnädiger Gott, ein Schöpfer, Erhalter und Beherrscher Himmels und der Erde. Mit dieser geistlichen und himmlischen Münze können wir allenthalben durchkommen; wir können uns damit alles Mangels und aller Noth erwehren, und wer dieser edlen Münze viel hat eingesammelt in sein Herzenstäschlein, der kann fröhlich fortwandern durchs Jammerthal ins ewige Vaterland.
Große Herren pflegen zuweilen ansehnliche Schau- und Gnaden-Pfennige von dem feinsten Golde schlagen zu lassen und dieselben unter die getreuen Diener ihres Hofes auszutheilen, von denen sie auch als ein sonderbares Merkzeichen hoher Gunst auf der Brust pflegen getragen zu werden. Nun ist ein jedweder Machtspruch in Gottes Wort nichts Andres, als ein großer, güldener Schaupfennig, darinnen Gott der HErr ein Gedächtniß Seiner wunderbaren Güte hat verfassen lassen; darum wir denn dieselben stets im Mund und Herzen tragen sollen. Wenn Einer eine weite und gefährliche Reise zu thun hat, so pflegt er wohl etliche Goldstücke, als die am bequemsten fortzubringen, in die Kleider zu vernähen: wir Christen sind alle auf einer gefährlichen Reise, die wir durch die Welt, die Mordgrube, das Thränen- und Jammerthal, verrichten und wenn wir schon eine Weile uns mit einer ziemlichen Bürde der zeitlichen Güter schleppen, so ist doch endlich der Tod, der allgemeine Räuber und Freibeuter da, der uns Alles abnimmt und auch nicht einen Faden aus der Welt mitnehmen lässet. Wohl dem, der alsdann die theuren Goldstücke der Sprüche göttlichen Worts hat in seinem Herzen verstecket; die wird ihm kein Räuber nehmen können, sondern er wird sich ihrer bis ins ewige Leben zu getrösten haben.
Es wird drittens das Gold zum Schmuck und Zierrath angewandt; da denn Gott der HErr vornemlich Fürsten und Herren und der lieben Obrigkeit das Gold und andere köstliche Sachen verliehen hat, damit er dem gemeinen Mann die Augen füllen und Seinen Statthaltern ein majestätisches Ansehen machen möchte: wiewohl Er es auch wohl leiden kann, wenn auch andere Personen mit Maßen und Ehren sich schmücken und das Gold und andere kostbare Sachen zur Hoffahrt und Ueppigkeit nicht mißbrauchen. Aber auch in diesem Fall ist das liebe Wort Gottes besser als das vergängliche Gold und würde es wohl umsonst seyn, wenn die Obrigkeit sich noch so prächtig anthäte, und allenthalben von Gold und Edelsteinen glimmerte, wo nicht Gott, der Allerhöchste mit Seinem Worte sie gezieret und ihnen ein Kleinod an den Hals gehänget hätte, darauf geschrieben stehet: Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat (Röm. 13, 1.) Zudem ist Nichts, das einen Fürsten so ansehnlich machet und herrlicher zieret, als die Liebe göttlichen Worts, wenn er das als ein theures Gold im Herzen, Mund und Händen trägt.
Als auf dem ersten großen von Kaiser Carl V. gehaltenen Reichstag zu Worms auch Landgraf Philipp von Hessen zu Rath ritt, fragte eine Krämerin ihren Mann, was er meine, daß diesen Herrn am meisten ziere? Der antwortet: „daß er jung, wacker, reich und mächtig ist.“ „Nein!“ sagt die Frau, „sondern daß er so viele graue Häupter um sich hat.“ Das war Etwas gesagt, aber gewiß ist, daß eines Herrn, wie reich, mächtig und prächtig er auch sonst ist, edelster Schmuck sei, wenn er das göttliche Wort hoch hält und läßt das Buch des Gesetzes Gottes nicht von seinem Munde kommen, sondern betrachtet es Tag und Nacht (Josua 1, 8.) wie Gott der HErr auch geboten hat. Denn allen andern Schmuck und Pracht müssen sie der Welt lassen und wie viel man ihrem verblichenen Körper von Gold und andern Köstlichkeiten anlegt, so ist ihm doch damit Nichts gedienet. Aber den geistlichen Goldschmuck, den sie aus Gottes Wort ihren Seelen angelegt haben, der folgt ihnen nach in das ewige Leben.
Eben also haben auch andre, geringere Personen keinen schöneren Zierrath, als den sie aus der Schatzkammer des göttlichen Worts entlehnen. Alles andre Gepränge ist nur Phantasie und Thorheit, wie der heil. Geist der Königin Bernice Aufzug nennet (Apostelgesch. 25, 23 im Grundtext) und kann auch ein leblos Bild mit solchem eitlen Schmuck behängt werden. Aber der Goldschmuck, welchen Gottes Wort gibt, ist der rechte, beständige und beste. Und, Lieber, was nützet das vergängliche Gold, wenn du dessen noch so viel am Leibe trägst, so deine Seele nicht mit der Erkenntniß Gottes, die aus Seinem Worte kommt, gezieret ist? Sollte man nicht von dir mit Billigkeit gebrauchen des weisen Königes Ausspruch: Ein schön (und prächtig geziertes) Weib ohne Zucht (ohne Erkenntniß Gottes und Liebe Seines Worts) ist wie eine Sau mit einem güldenen Haarband? (Sprüchw. 11, 22.)
Darum, ihr meine Liebsten, erwählet ja den rechten Goldschmuck und zieret eure Seelen mit dem göttlichen Wort und haltet dafür, daß ein Herz, das in Gottes Wort eingefasset ist, so schön und prächtig sei, daß Gott selbst und all Seine Engel ein herzliches Gefallen daran haben.
Bisher nun haben wir angesehen solche Dinge, worinnen das vergängliche Gold seinen Nutzen noch hat, und haben bewiesen, daß dennoch das geistliche Gold weit nutzbarer sei. Es finden sich aber auch solche Fälle, da das zeitliche Gold Nichts schaffen oder helfen kann, sondern allein Gottes Wort; daher dann überall folget, dieses sei weit besser als jenes.
Ein venetianischer Kaufmann reiste einmal durch die afrikanische Sandwüste, da auf viel Meilen Weges kein Wasser, ja kein Baum, Kraut oder grüne Pflanze zu finden, sondern Alles von der Sonnenhitze ausgebrannt ist. Dieser hatte sich nicht mit genügsamem Wasser versehen, und wie ihn der Durst anwandelte, bot er zuerst tausend, hernach zehntausend Dukaten, und endlich all sein Gut, das sich auf dreißigtausend Dukaten erstreckte, für einen Trunk Wassers; und ob er wohl denselben einmal erlangte, so vermocht' er doch nicht in solcher Hitze und noch weiten Reise seinen Durst damit zu stillen, sondern mußte, wie viel Goldes er auch hatte, elendiglich verschmachten und umkommen. - Jener Domherr hat ihm zwar gegen das Podagra viel Goldstücke lassen ausschütten und die Hände darin als wie gewaschen und die Füße damit bestrichen, aber zweifelsfrei mit schlechter Wirkung, wo nicht seine Einbildung Etwas bei der Sache gethan hat.
So hilft das Gold nicht in leiblichen Nöthen, viel weniger in geistlichen, Gewissens- und Herzens-Nöthen, welches an Juda, dem Verräther, und vielen Andern zu ersehen; am allerwenigsten hilft es in Todesnöthen, und wenn Einer schon sein ganzes Siechbett mit Goldgulden würde belegen und füllen lassen, so würde es doch wider den Tod Nichts helfen, wie an jener vornehmen Edelfrau zu ersehen (deren Namen ich Ehren halber billig verschweige), welche zwar bei gesunden Tagen einen Schein gehabt und geführt eines gottseligen Lebens, maßen sie die erste in die Kirche und die letzte draus gepfleget zu seyn, auch bei Verrichtung des Gottesdienstes sich sehr andächtig, auch mit vielen Thränen, erwiesen, aber ihr Ende verursachte viel andre Gedanken. Denn als sie in eine tödtliche Krankheit gefallen und von ihren Freunden und Anverwandten besuchet worden, hat sie stets gesagt, es würde zum Tod keine Noth haben; endlich aber, als sie gemerket, daß dieser falbe Postreiter vorhanden wäre und mit ihr davon eilte, da läßt sie ihr ein Kästlein bringen, darinnen all ihre Kleine dien und Geschmeide verwahret, schüttet solches vor sich aus, kehret es mit den Händen herum und saget mit Seufzen: „So soll ich dich denn nun verlassen! So soll ich dich denn nun verlassen!“ Aber es half Nichts. Mammon vermochte wider den Tod Nichts; der wollte sich mit keinem Gold abkaufen lassen, welches diese Frau sonst wohl ausgezahlet hätte, ihr Leben damit zu retten; sie mußte fort und Alles verlassen.
Auch hilft endlich das vergängliche Gold nicht am jüngsten Gericht, weil der allgemeine Richter der Lebendigen und der Todten sich nicht bestechen lässet. Es hilft Nichts in der Qual der Höllen, weil der reiche Mann, wenn er schon all sein Gold dafür geben wollte, das er in der Welt hinterlassen hat, nicht ein einiges Wassertröpflein, seine Zunge damit abzukühlen, erlangen kann. (Luk. 16,24.) Kurz: Es wird Niemand sein Gold oder Silber erretten mögen am Tage des Zorns des HErrn. (Ezech. 7,19. Zephan. 1, 18.)
Weit besser ist demnach Gottes edles Wort, welches in allen Nöthen Hilfe schaffen und leisten kann: in leiblichen Nöthen, in schmerzlichen Krankheiten tröstet es uns und wirket die liebe Geduld; in geistlichen Nöthen beruhiget es das unruhige Gewissen, macht Luft zum Herzen, tröstet wider die Sünde, wider Gottes Zorn und den Fluch des Gesetzes; es hilft in Todesnöthen die Bitterkeit des Todes vertreiben, verwandelt den Tod in einen süßen Schlaf; es redet uns das Wort am jüngsten Gericht und mit Einem Wort: Es kann unsre Seelen selig machen. (Jak. 1,21. , Kor. 15, 2.)
Es finden sich endlich auch solche Fälle, darinnen das vergängliche Gold nicht allein nicht nützlich, sondern auch schädlich ist. Etlichen ist's schädlich in der Erwerbung, welche durch den eitlen Schein dieses Sonnen-Metalls verblendet, dasselbe mit unersättlicher Begierde suchen und darüber ihr Gewissen an den Nagel hängen und Himmel und Hölle aus den Augen setzen. Etlichen ists schädlich in der Besitzung; es will sie nicht schlafen lassen, wie es einmal dem Kaiser Sigismund widerfahren, als ihm 40,000 Dukaten zugekommen; es gibt ihnen Anlaß zu allerlei Sünde, Trotz, Uebermuth, Ueppigkeit, Verachtung der Armen und dergleichen; ja es gibt Andern Anlaß und Gelegenheit, den Besitzern nachzustellen und sie ihres Goldes und Lebens manchmal zu berauben. Ja etliche große Leute, die in Gefahr gewesen und sonst, in einem schlechten angenommenen Habit, wohl durchgekommen wären, hat ein wenig Gold verrathen und sie in äußerste Noth gebracht. So gieng's Richard, dem König in England, welcher, als er vom Heerzug aus dem gelobten Lande wieder gekommen und durch Deutschland im Habit eines Tempelherrn hat reisen wollen, vom Herzog Leopold in Oestreich, mit dessen Leuten er in Asien einen großen Zwiespalt gehabt, unvermuthet gefangen worden, da ihn der Wirth in der Herberge an seinem königlichen Ring erkannte, und sich hernach mit 100,500 Pfund Silber hat loskaufen müssen. - So gieng's dem edlen Blute. Conradin, dem letzten Herzog in Schwaben, welcher, nach einer unglücklichen Schlacht, sich zwar in einen Eseltreiber verstellet, aber durch einen Ring, den er einem Fischer, Brod dafür zu kaufen, gegeben, verrathen, gefänglich eingesetzet und endlich im Jahr nach Christi Geburt 1268 zu Neapel öffentlich enthauptet ward. - Ja etlicher Verstorbenen Ruhe im Grab ist um des schnöden Goldes willen verunruhiget und verstöret worden.
Weit besser ist demnach abermals das edle Wort Gottes, welches niemals schädlich, sondern allemal höchst nützlich ist. Wenn man das mit großer Begierde suchet, das ist ein heiliger und löblicher Geiz. Wenn man das besitzet und im Herzen hat, so gibt's stetig Anlaß nicht zu bösen, sondern zu guten Gedanken, Worten und Werken. Und obwohl der Teufel, der höllische Straßenräuber, sehr bemühet ist, solches geistliche Gold zu stehlen, so kann er's doch den Gläubigen nicht entwenden, so lange sie ihre Seelen behalten, darinnen sie es verwahret haben. Dieses edle Gold verstöret nicht den Schlaf, sondern macht geruhig und ohne Sorgen schlafen, weil es uns der göttlichen, väterlichen Fürsorge und Wachsamkeit versichert; ja, es schaffet endlich eine sanfte Ruhe im Grab, weil es uns der Vergebung aller Sünden, der Auferstehung am lieben, jüngsten Tage und des ewigen seligen Lebens vertröstet.
Es ist das göttliche Wort besser, als das vergängliche Gold
3) was die Dauerhaftigkeit betrifft. Denn gleichwie das Gold in der Erde wächst, also wenn es seine Vollkommenheit erreicht hat, und nicht gehauen wird, so vergehet es wiederum, wie Mathesius redet, und wenn es dann schon ans Tageslicht und in menschliche Hände gekommen ist, so ist's doch eitel und vergänglich, wie es der Apostel Petrus nennet (1 Petr. 1, 18.), und die christliche Kirche singet:
Alles, was ist auf dieser Welt,
Es sei Gold, Silber oder Geld,
Reichthum und zeitlich Gut,
Das währt nur eine kleine Zeit
Und hilft doch Nichts zur Seligkeit.
Aber das Wort des HErrn bleibet ewiglich (Psalm 119, 89.); Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht, wie der Herr JEsus selbst bezeuget (Luk. 21, 33.) So sagt nun König David und ein jedwedes gottseliges Herz mit gutem Fug und Recht: das Gesetz des Mundes Gottes ist mir lieber, (und besser) denn viel tausend Stück Gold und Silber. Und Alles dieß, was wir bisher vom Wort Gottes insgemein geredet haben, muß und kann auch mit allem Recht auf die güldene Katechismus-Lehre bezogen werden, weil sie ja nichts Andres ist, als Gottes Wort und ein kurzer Auszug der ganzen Bibel; darum sich denn auch alle Kraft, aller Nutzen und Gebrauch, welchen wir dem göttlichen Worte zugeeignet, bei ihr reichlich finden wird, wie wir in den folgenden Predigten, mittelst göttlicher Verleihung, mit Mehreren, zeigen wollen, dieweil wir in denselben eine Chrysologia catechetica anstellen, das ist die seligmachende Katechismus-Lehre mit dem Golde vergleichen und aus einem Jedweden Stück etliche recht göttliche und geistliche Goldstücke, die wir zu unsrem zeitlichen und ewigen Nutzen aufheben sollen, vortragen und am Ende, wie wir Alles zum christlichen Leben, geduldigen Leiden und seligen Sterben gebrauchen können, berichten werden. Zum Beschluß will ich euch sämmtlich auf's Fleißigste erinnert haben, daß, da ihr vernommen habet, daß Gottes Wort viel besser sei, als viel tausend Stück Gold und Silber, ihr mit David betet, aus eben diesem Psalm: HErr, laß Deinen Knecht Dein Gebot festiglich für Dein Wort (und also für den höchsten, theuersten Schatz, für den unbeweglichen Grund seiner Seligkeit) halten, daß ich Dich fürchte (V. 38.)
Nehmet das in Acht, ihr Reichen; denn ohne diesen Reichthum seid ihr nicht reich! Was hilft's euch, wenn ihr eure Beutel und Taschen voll habt des vergänglichen Goldes und euer Herz ist leer von dem unvergänglichen Golde? Was hilft's euch, wenn eure Häuser und Kammern voll sind, daß sie einen Vorrath nach dem andern herausgeben können (Ps. 144, 13.), wenn eure Seele keinen Vorrath hat des geistlichen Goldes? Was hülf's euch, wenn ihr die ganze Welt gewännet und nähmet Schaden an eurer Seele? (Matth. 16, 26.) Darum sammelt euch Schätze, die nicht vergehen! (Matth. 6, 19.) Sammelt aus Gottes Wort einen Vorrath für eure Seele, der ihr auch im Tode, wann sie Alles, auch den Leib zurücklassen muß, nicht könne abgenommen und entwendet werden!
Nehmet es in Acht, ihr Armen! Ihr seid nicht arm, wenn ihr Gottes Wort lieb habt und dasselbe in euren Herzen verwahret und beigelegt habt. Darum was euch fehlet an zeitlichen Gütern, dessen erholet euch in den geistlichen Gütern! Wie die Geizhälse täglich einen Pfennig dem andern in ihren Truhen beilegen, also leget ihr täglich einen Spruch aus Gottes Wort in dem Kästlein eures Herzens bei! Könnet ihr euren Kindern nicht Viel hinterlassen am zeitlichen und vergänglichen Golde, so sehet doch dahin, daß sie durch euren Fleiß und Dienst des göttlichen geistlichen Goldes theilhaftig und in Gottes Wort und ihrem Katechismo zur Seligkeit wohl unterrichtet werden mögen! So habt ihr ihnen eine theure Beilage und unvergleichlichen Schatz hinterlassen.
Nehmet es endlich allesammt in Acht, zu eurem Trost, bei diesem großen Beschwer, da fast alles zeitliche Gold und Silber durch die langwierigen Kriegsbedrängnisse verloren und hinweggeführet wird! Gott sei Lob, daß wir nur das geistliche theure Gold des reinen lautern Worts Gottes behalten, und unser güldenes Katechismus-Büchlein ungehindert lehren, lernen, daheim und öffentlich erklären mögen! Gott wolle uns ferner solchen Schatz gönnen und uns an Seinem Worte halten lassen; denn das ist unsres Herzens Freude und Wonne, das ist uns lieber, als viel tausend Stück Gold und Silber!
Ihm sei Lob, Preis und Ehre in Ewigkeit! Amen.