Savonarola, Girolamo - Aus seiner letzten Predigt
Manchmal, wenn ich von der Kanzel herabstieg, dachte ich bei mir: Ich will lieber nicht mehr von diesen Dingen reden und predigen, sondern mich ruhig verhalten und Gott machen lassen. Dann aber, wenn ich wieder hier oben stand, konnte ich mich nicht bezwingen und nicht anders handeln. Das Wort des Herrn wurde mir an diesem Platze zu einem Feuer, das in meinen Gliedern und in meinem Herzen wütete und mich verzehrte. Ich vermag es nicht zurückzuhalten und kann mich nicht zwingen, nicht zu sprechen. Ich fühle meinen ganzen Körper brennen und meine ganze Seele von dem Geiste des Herrn entflammt. Nachher freilich, wenn ich wieder hinuntergestiegen bin, dann sage ich zu mir: ich will nicht mehr von diesen Dingen sprechen. Und doch, sobald ich wieder hier oben stehe, kann ich meine Zunge nicht zügeln und diese Worte nicht zurückhalten. O mein Gott, du Heiliger Geist, du fürchtest dich vor keinem Menschen auf der Welt, du scheust dich vor niemand, wer es auch sei, Du sagst die Wahrheit jedermann. O Heiliger Geist, du rufst die Leiden und Verfolgungen gegen mich hervor, du bewegst die Wogen des Meeres gleich dem Wind, du erregst die Stürme. Ich sage: o ruhe doch. Aber er antwortet, daß es nicht anders gehe. Lassen wir also den Herrn machen. Er ist der Meister, der das Werkzeug zu seinen Zwecken verwendet und es fortwirft, wenn er seiner nicht mehr bedarf, wie er mit Jeremias tat, der gesteinigt wurde. So wird es auch mit uns geschehen, wenn wir unsern Zweck erfüllt haben. Wohlan, wir sind es zufrieden: des Herrn Wille geschehe. Je schlimmer das Leiden hier unten, um so größer wird die Krone im Himmel sein.