Rochat, Auguste - Mat. 28, 20
Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
(Matth. 28, 201))
Der Herr steht uns also immer zur Seite, in unsern Häusern wie in unserm Kämmerlein, seien wir auf dem Felde, oder auf der Reise, wenn wir in unserm Geschäft arbeiten, oder unsere Kinder unterweisen.
Würden wir es wohl wagen, in der Gegenwart des Herrn Jesus hochfahrend zu sein und der Sanftmuth zu ermangeln? in der Gegenwart dieses Jesus, der unser Herr und Meister, unser großer Gott und Heiland ist und der uns überall mit Seinem heiligen und durchdringenden Blicke folgt? Wenn die plötzliche Erscheinung irgend eines Bruders, der uns in einem aufgeregten Zustande traf, uns zur Sanftmuth zurückzuführen vermag, muß es uns dann nicht zur größten Beschämung gereichen, daß die beständige Gegenwart des Herrn es nicht bewirkt, uns bleibend in solchem Stande zu erhalten? Dürfte uns wohl die Sanftmuth mangeln, wo der Jesus bei uns ist, „welcher für uns gelitten hat, indem Er uns ein Vorbild gelassen hat, daß wir nachfolgen sollen Seinen Fußstapfen, welcher nicht wieder schalt, da Er gescholten ward, nicht däuete, da Er litt, stellete es aber Dem heim, der da recht richtet“ (1 Petri 2, 22. 23.)? Sollte uns nicht die Gegenwart des Jesus, dessen Wunden uns daran erinnern, daß wir Elende sind, welche wie ein Brand aus dem Feuer gerissen wurden, Denkmäler der unendlichen Sanftmuth und Barmherzigkeit unsers Gottes und Heilandes, sollte sie uns nicht auch die wahre Sanftmuth und Milde einflößen? Wie sollten wir endlich der Geduld ermangeln vor Dem, der uns jeden Tag mit so viel Güte behandelt und immerdar unser Vertreter ist bei den vielen Sünden, die wir noch täglich, trotz Seiner ernsten und liebreichen Ermahnungen, begehen? Wie könnten wir noch empfindlich, ungeduldig, hochmüthig sein in Seiner Gegenwart, und es vergessen, daß, weil unser himmlischer Vater nur um der Liebe Christi willen uns alle unsere Sünden vergeben hat, auch wir Mitleiden haben sollen mit unsern Brüdern und es von Ihm lernen, sanftmüthig und von Herzen demüthig zu sein? „Herr mehre uns den Glauben!“
Quelle: Rochat, Auguste - Kurze Betrachtungen für alle Tage des Jahres