Rieger, Carl Heinrich - Micha - Das siebente Kapitel

Rieger, Carl Heinrich - Micha - Das siebente Kapitel

Nach vielen unterschiedlichen Reden mit seinem Volk, schließt der Prophet seine Weissagung in einer Rede mit sich selbst, und mit seinem GOtt; da er dem jämmerlichen Zustand nachdenkt, wie er durch seine Predigten gar nicht verbessert worden ist, den Feinden zum Spott und Schadenfreude Gelegenheit macht, der Prophet aber die Hoffnung übrig behält, dass er durch die Macht der Gnade noch überwunden, und Alles zum Guten herumgelenkt werden könne.

I. Des Propheten Bekümmernis über seines Amtes Unfruchtbarkeit, samt dem ihm noch einzig übrigen Trost.

1. Ach, es geht mir wie einem, der im Weinberge nachliest, da man keine Trauben findet zu essen, und wollte doch gerne der besten Früchte haben. 2. Die frommen Leute sind weg in diesem Lande; und die Gerechten sind nicht mehr unter den Leuten. Sie lauern alle aufs Blut; ein Jeglicher jagt den andern, dass er ihn verderbe. 3. Und meinen, sie tun wohl daran, wenn sie Böses tun. Was der Fürst will, das spricht der Richter, dass er ihm wieder einen Dienst tun soll. Die Gewaltigen raten nach ihrem Mutwillen, Schaden zu tun, und drehen es, wie sie wollen. 4. Der Beste unter ihnen ist wie ein Dorn, und der Redlichste wie eine Hecke. Aber wenn der Tag deiner Prediger kommen wird, wenn du heimgesucht sollst werden, da werden sie dann nicht wissen, wo aus. 5. Niemand glaube seinem Nächsten, Niemand verlasse sich auf Fürsten: bewahre die Tür deines Mundes vor der, die in deinen Armen schläft. 6. Denn der Sohn verachtet den Vater, die Tochter setzt sich wider die Mutter, die Schnur ist wider die Schwieger; und des Menschen Feinde sind sein eigenes Hausgesinde. 7. Ich aber will auf den HErrn schauen, und des GOttes, meines Heils, erwarten; mein GOtt wird mich hören.

Bei Reden und Vorstellungen an Menschen, muss man es nie bewenden lassen, noch damit sein Amt getan zu haben glauben; sondern den öffentlichen Vortrag mit manchen Reden vor und mit dem Vater im Verborgenen unterbauen: und wenn einen die Unfruchtbarkeit der öffentlichen Arbeit mit Ermüden decken will, so muss man sich unter diesem Umgang mit GOtt wieder erholen. Man könnte meinen, der Prophet hätte es in seiner Empfindung übertrieben, und das Verderben so beschrieben, als ob gar kein ehrlicher Mensch mehr übrig wäre. Allein für die gleichwohl noch übrigen Gerechten war das ein heilsamer Stachel, dass sie sich nicht so verbergen sollen, Sprichw. 28, 28., sondern sich in ihrem bessern Sinn auch regen. Beim Abnehmen aller öffentlichen Treu und Glauben, bei Missverständnissen in Ehen und Familien bricht endlich Sünden - Schuld und Strafe zusammen.

II. In seinem und anderer Gläubigen Namen behauptet der Prophet doch einen demütigen Ruhm, dass es nicht auf der Feindin ihrer bösen Schadenfreude hinauslaufen werde.

8. Freue dich nicht, meine Feindin, dass ich darnieder liege; ich werde wieder aufkommen. Und so ich im Finstern sitze, so ist doch der HErr mein Licht. 9. Ich will des HErrn Zorn tragen, denn ich habe wider ihn gesündigt; bis er meine Sache ausführe, und mir Recht schaffe: er wird mich an das Licht bringen, dass ich meine Lust an seiner Gnade sehe. 10. Meine Feindin wird es sehen müssen, und mit aller Schande bestehen, die jetzt zu mir sagt: Wo ist der HErr, dein GOtt? Meine Augen werden es sehen, dass sie dann wie ein Kot auf der Gasse zertreten wird. 11. Zu der Zeit werden deine Mauern gebaut werden, und GOttes Wort weit auskommen. 12. Und zu derselbigen Zeit werden sie von Assur, und von festen Städten zu dir kommen; von den festen Städten bis an das Wasser, von einem Meer zum andern, von einem Gebirge zum andern. 13. Denn das Land wird wüste sein seiner Einwohner halben, um der Frucht willen ihrer Werke.

Es gibt immer Leute, die es gern sehen, wenn die Wahrheit so herunter und die Bekenner und Zeugen derselben ins Gedränge kommen, wenn es mit der Religion scheint aus zu sein, wenn Ordnung, Zucht und Ehrbarkeit zu Boden getreten wird. Die machen zusammen die Feindin aus, die Zion gram ist. Aber so klein sich der Glaube vor GOtt macht, so macht er sich gegen den Teufel und seinen Anhang groß. Dazu gehört der rechte Verstand von den Gerichten GOttes, wie sich nämlich dabei die eifrige Liebe GOttes um das, was ihr ist, wehrt, und also zwar das Gericht am Hause GOttes anfängt, aber ein schreckliches Ende über die Ungläubigen bringt. Das macht einen freilich unter aller auf der Kirche und dem Dienst an der Kirche liegenden Schmach geschmeidig, dass man merkt, es ist ein Zorn darunter, dass GOtt sich so zurück zieht, die Gnade so verborgen wirkt, und wir nimmer an den Segen der vorigen Zeugen hinreichen. Aber Hoffnung erquickt doch das Herz.

III. Mit einem Schlussgebet gibt der Prophet seinem GOtt die Ehre, tröstet die Gläubigen, fasst seine Seele in Geduld, und zieht noch jeden Leser und Zuhörer seiner Weissagung in gleiche Anbetung GOttes hin.

14. Du aber weide dein Volk mit deinem Stabe, die Herde deines Erbteils, die da wohnen beides im Walde allein, und auf dem Felde; lass sie zu Basan und Gilead weiden, wie vor Alters. 15. Ich will sie Wunder sehen lassen, gleichwie zu der Zeit, da sie aus Ägyptenland zogen; 16. Dass die Heiden sehen, und alle ihre Gewaltigen sich schämen sollen, und die Hand auf ihren Mund legen, und ihre Ohren zuhalten. 17. Sie sollen Staub lecken, wie die Schlangen, und wie das Gewürm auf Erden erzittern in ihren Löchern; sie werden sich fürchten vor dem HErrn, unserm GOtt, und vor dir sich entsetzen. 18. Wo ist ein solcher GOtt, wie du bist? der die Sünde vergibt, und erlässt die Missetat den Übrigen seines Erbteils; der seinen Zorn nicht ewig behält? denn er ist barmherzig; 19. Er wird sich unserer wieder erbarmen, unsere Missetat dampfen, und alle unsere Sünden in die Tiefe des Meers werfen. 20. Du wirst dem Jakob die Treue, und Abraham die Gnade halten, wie du unseren Vätern vorlängst geschworen hast.

O wie wird GOtt noch die ganze Erde, die so lange ein Streite Platz der Sünde und der Gnade gewesen ist, und darauf der Menschen Bosheit so oft GOttes Güte, und des Teufels Lügen so oft GOttes Wahrheit zu verdrängen schien, endlich noch zum herrlichen Schauplatz vom Reich unsers HErrn JEsu Christi machen, darin man das Recht lieb hat. Ach, stärkt einander die Herzen und Hände, und bittet, dass Er Zion bald Hilfe sende.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/r/rieger_k/12_kleine_propheten/micha/rieger_-_micha_7.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain