Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 19. Die Herrschaft der Begnadigten.
Röm. 5,17.
So um des Einigen Sünde willen der Tod geherrscht hat durch den Einen; vielmehr werden die, so da empfangen die Fülle der Gnade und der Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen im Leben, durch den Einen, Jesum Christ.
Wie herrlich war doch das gestrige Wort über die Herrschaft der Gnade! Unser heutiger Text aber enthält ein Wort, welches womöglich noch herrlicher ist. Gestern hieß es, dass gleichwie die Sünde geherrscht hat, also auch, nur viel gewaltiger, die Gnade über den Menschen herrschen solle, der von der Herrschaft der Sünde befreit ist. Heute erhebt sich die Verheißung noch höher. Nicht allein soll die Gnade über den Menschen herrschen, sondern durch die Gnade soll auch der Mensch selbst herrschen. So um des Einen Sünde willen der Tod geherrscht hat, werden vielmehr die, welche die Fülle der Gnade empfangen haben, im Leben herrschen.
Mit Recht sagt der Apostel: „Diejenigen werden herrschen, welche die Fülle der Gnade empfangen haben;“ denn wahrlich, ohne den Empfang der wunderbaren und überreichlichen Gnade wäre dies nicht möglich. Aber es ist nicht nur möglich, es geschieht wirklich: Viel gewisser als dies, dass der Tod geherrscht hat, ist die Tatsache, dass diejenigen, welche die Fülle der Gnade empfangen haben, durch Jesum Christum in dem Leben herrschen.
Dieser Segen ist nicht etwa bloß für die zukünftige Welt da, nach dem Tod. Nein! Die Fülle der Gnade wird hienieden bereits empfangen. Hier auf Erden bereits ist der an Jesum Christum Gläubige mit ihm erweckt und in das himmlische Wesen versetzt. Hier auf Erden bereits besitzt er das ewige Leben. Auch für dieses Erdenleben gilt die Verheißung, dass in weit höherem Grade, als der Tod geherrscht hat, diejenigen durch Jesum Christum in diesem Leben bereits herrschen sollen, welche die Fülle der Gnade empfangen. Das aber ist es, was die Gnade für einen Sünder tut. Sie findet ihn unter der furchtbaren Herrschaft der Sünde und des Lodes. Und sie befreit ihn nicht nur, sondern lässt ihn tatsächlich über seine Feinde herrschen. Er wird der Zahl der Sänger hinzugefügt, welche fröhlich singen: Gott sei Dank, der uns stets Sieg gibt Ja, Gott sei Dank, der uns durch Jesum Christum den Sieg gibt! Sind wir doch mehr noch als Sieger durch den, der uns geliebt hat.
Von dieser Tatsache redet auch Johannes, da er sagt: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Jesus hat die Welt überwunden. Er herrscht inmitten Seiner Feinde in der Kraft des ewigen Lebens. Wer an Ihn glaubt, empfängt diese Fülle der Gnade, dass er an dem ewigen Leben und an dem errungenen Sieg Anteil erhält. Er herrscht jetzt schon mit Jesus.
Der Gläubige braucht nicht zu streiten, um erst am Ende des Streites zu siegen, nein, der Glaube, mit dem er den Streit anfängt, ist bereits der Sieg. Dieser Glaube stärkt sich an Jesu, der bereits gesiegt hat, er zieht den beiden Feinden, der Welt und der Sünde, als bereits überwundenen Gegnern entgegen, und schreitet so von Sieg zu Sieg.
Und wenn ein Christ fragt, wie er die Herrschaft über die Sünde und den Tod im Leben verwirklichen soll, so gibt unser Text die Antwort: diejenigen, welche die Fülle der Gnade empfangen, werden durch Jesum Christum im Leben herrschen. O lieber Christ, denke nur in deinem Herzen größer von dem, was Gottes Gnade will und was sie vermag! Lerne nur durch den Heiligen Geist verstehen, was für eine Macht die Gnade besitzt, welche für dich da ist! Erhebe dich nur im Glauben zu der Gnadenfülle, welche in Jesus liegt! Hege nicht länger menschliche, sondern göttliche Gedanken von der Gotteskraft des ewigen Lebens, welches du in Jesu Christo führst! Dann wirst du mehr und mehr lernen, in das Wort einzustimmen: Vielmehr werden die, welche die Fülle der Gnade empfangen, in dem Leben herrschen.
Beachte auch hier das Wort: die die Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, werden herrschen. Wir werden in diesem Leben bereits herrschen, wenn die vollkommene Gerechtigkeit des Herrn Jesus, welche uns von Gott zugerechnet und zum Eigentum geschenkt wird, tatsächlich das Leben unserer Seele ist. Gerechtigkeit und Gericht sind die Grundlagen Seines Thrones. Gottes Herrschaft ruht auf Seiner Gerechtigkeit. Und je mehr der Gläubige sich anbetend in die wunderbare Gabe der Gerechtigkeit Gottes, welche ihm geschenkt worden, vertieft und an dieselbe verliert, desto mehr wird er auch herrschen.
Doch hier ist noch etwas zu bedenken: Er wird herrschen im Leben. Die Gerechtigkeit Gottes und das Leben Gottes sind unzertrennlich nicht nur in Gott selbst, sondern auch in Seinem Kind. Darum sagt auch die Schrift: Der Gerechte wird aus seinem Glauben (seines Glaubens) leben. Weißt du nun, dass er gerecht ist, so weißt du auch, dass ein jeder, der in Gerechtigkeit wandelt, aus ihm geboren ist. Auf diese Weise muss der Gläubige, welcher diese Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen hat, erkennen, dass der Glaube nicht bloß ein Denken ist, welches seine Rechtfertigung feststellt, sondern auch der Zugang zu der von dem Heiligen Geist gewirkten göttlichen Offenbarung, der alles Denken übersteigenden Herrlichkeit, der in Christo liegenden Gerechtigkeit Gottes, welche er wirklich besitzt. 1. Kor. 2,9 u. 12; 6,11. Er lernt, in dieser Gerechtigkeit vor Gott zu leben. Er bringt sein Leben in derselben hin. Sie wird sein Leben. Sie ist das ewige Leben in ihm. Und dieses Leben ist dann Herrschaft, ein Leben in Kraft und Ruhm. Röm. 8,33. Und er erlebt es in persönlicher Erfahrung: Die die Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, herrschen im Leben durch Jesum Christum.
Durch Jesum Christum: Das ist der Anfang und das Ende in jedem Unterricht der Gnade. Die Gnade in Christo, das Leben in Christo, die Herrschaft in Christo Christus ist alles - und die verschiedenen Gaben der Gnade fallen uns zu, je inniger wir mit Jesus leben. Nur der, welcher sich durch den Unterricht über die Gnade dazu bewegen lässt, mehr mit dem Herrn Jesus in der Einsamkeit zu verkehren, sich mit Bewunderung und Hingabe immer inniger an ihn zu klammern, sich ganz in Ihn und Seinen Willen zu verlieren, nur der wird wirklich in der Gnade erstarken. Aber der wird es auch ganz gewiss. Durch Jesum Christum werden die, welche die Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, in dem Leben herrschen.
Welch herrliches Gnadenleben! Es ist nicht das armselige Leben eines Wurmes, wie manche meinen, sondern das Leben eines Königs, welches einem armen Wurm geschenkt wird. Denn so wunderbar und mächtig und herrlich die Herrschaft der Gnade ist, ebenso wunderbar ist auch durch Jesum Christum die Gnadenherrschaft in dem Leben derjenigen, welche die Fülle der Gnade empfangen haben.
„Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“