Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 14. Genug Gnade.

Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 14. Genug Gnade.

2. Kor. 12,9-10.
Er hat zu mir gesagt: Lass dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Muts in Schwachheiten, in Schmach, in Nöten, in Verfolgungen, in Ängsten, um Christi willen. Denn, wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

Wenn von ununterbrochener Gemeinschaft mit dem Herrn und davon, dass uns Gnade. zu jeder Zeit reichlich zuteil werden solle, die Rede ist, wie es in dem vorigen Abschnitt der Fall gewesen, dann hört man wohl bisweilen die Frage: Aber tauchen denn niemals Wolken auf? Die Antwort auf diese Frage hängt von dem ab, was wir unter Wolken verstehen. Verstehen wir unter ihnen Sünden und Abweichungen, Wolken des Zornes und der Unzufriedenheit des Herrn? Die Verheißung: „Ich tilge deine Übertretungen, wie eine Wolke“, macht dieser Sorge ein Ende. Das Blut Jesu Christi reinigt uns von aller Sünde, und jeder Christ kann in demselben Augenblick, in welchem er seine Sünde bemerkt, durch eine Tat seines Glaubens einen unbewölkten Himmel bekommen, und in dem Lichte des Angesichts seines Vaters wandeln.

Versteht man aber unter Wolken Schwierigkeiten, welche von außen an uns herantreten und in unserer Seele neben der Freudigkeit das Gefühl der Schwachheit und Furcht hervorrufen, so ist die Antwort: Ganz gewiss, es können, es werden und es müssen Wolken aufsteigen.

Wolken sind für die Erde in vielerlei Weise ein Segen. Sie geben dem Auge vor dem vollen, grellen Licht Ruhe, welches bisweilen zu scharf ist. Sie bringen Der Erde den Segen des Regens und der Kühle. In der Kühle entwickelt sich ein Baum zwar langsamer, aber sein Holz wird besser, als es in heißen Gegenden wird. Selbst die Völker, welche sich immer in dem vollen Licht der Sonne baden, sind nicht mit denen zu vergleichen, welche mit einem kalten Klima zu kämpfen haben. Die Wolken nehmen das Licht der Sonne nicht weg, wie es die Nacht tut, sondern mildern es und behüten uns das vor, dass es schädlich wirkt. Darum können auch im geistlichen Leben Wolken ein Segen sein. Das können wir an dem Beispiel des Paulus sehen. Er durchlebte eine Zeit, in welcher eine Wolke über seiner Seele hing. Diese Wolke war nicht eine Sünde, auch nicht eine Strafe von Gottes Zorn. Nein, sie war nur eine Prüfung, ein Leiden, dessen sich der Satan bediente, um ihm durch das niederdrückende Gefühl der Schwachheit das Leben zu verbittern. Er betete ernstlich, dass doch diese Wolke von ihm hinweggenommen werden möchte. Die Antwort, welche er erhielt, lautete: Nein. Aber ihr war das Wort hinzugefügt: „Lass dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Bei der Gelegenheit lernte Paulus, was er niemals vergessen hat, dass die Wolken das Licht der Sonne nicht wegnehmen, sondern vielmehr gerade durch die Sonne aus der Erde gelockt werden, um der Erde zum Segen.

Er lernte, dass ihm in der Zeit seiner Schwachheit die Gnade tatsächlich näher war und in ihm mehr erreichen konnte als in Zeiten völligen Wohlergehens. Aus dem Grunde kam er zu dem Entschluss: „Ich will mich am liebsten meiner Schwachheit rühmen, ich will dem Herrn dafür danken, dass es Wolken gibt, denn gerade durch diese segnet die Sonne die Erde. Ja, sagt er, ich bin guten Mutes in Schwachheiten, in Nöten und in Verfolgungen; denn, wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“

Liebe Christen! Das Leben des Paulus war oftmals bewölkt. Monate und Jahre lang im Gefängnis zu sitzen, von allen Freunden verlassen zu werden, bei Gemeinden, die er gegründet hatte und wie ein Vater liebte, auf Misstrauen und Beschuldigungen zu stoßen, - dies und noch mehr hatte manchen Tag für ihn in Nebel gehüllt. Aber er hatte gelernt, für Wolken zu danken, sich seiner Schwachheit zu rühmen und in Nöten guten Mutes zu sein. Wodurch aber hatte er dies gelernt? Dadurch, dass der Herr zu ihm gesagt hatte: „Lass dir an Meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in dem Schwachen mächtig.“ So waren gerade die bewölkten Tage für ihn Tage der Nähe des Herrn, Tage ununterbrochener Gemeinschaft mit demselben und Tage besonderer Erfahrung Seiner Gnade. Die Wolken nahmen nur das Grelle des Lichtes hinweg, aber nicht das Licht selbst. Es waren Tage, in denen er sich getrieben fühlte, zu rühmen, in denen er guten Mutes sein konnte, in denen ihm ganz besonders Kraft zuströmte. Ja, Kraft strömte ihm mitten in seiner Schwachheit zu, aber gerade darum war es auch wahre Kraft, Gnadenkraft, welche in dem Schwachen mächtig werden will. Darum hat Paulus auch bisweilen dieses Lied gesungen: „Singt unserem Gott Psalmen, weil er den Himmel mit Wolken bedeckt.“

Nun weißt du, lieber Christ, wie es in dem Leben überschwänglicher Gnade, die dir in allen Dingen und zu jeder Zeit zuströmen soll, mit den Wolken gehen wird und wie der treue Herr im Hinblick auf sie so herrlich gesorgt. Es liegt alles in dem einen Wort: „Lass dir an Meiner Gnade genügen!“ Es kann kein Zustand, keine Not, keine Angst geben so tief, so schwer, so groß, Meine Gnade hat es alles vorausgesehen und vorgesehen. Erkenne dies doch, und wenn du es nicht zu verstehen vermagst, so glaube es doch und überlass das Übrige mir: Lass dir an Meiner Gnade genügen! Vergiss nur dies Eine nicht: Je schwächer du in dir selbst wirst, desto getroster kannst du dich an das Wort halten: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

O lieber Christ! Bekommst du nicht unter solchen Umständen beinahe Lust, mit Paulus zu sagen: „Wenn dem so ist, will ich, anstatt zu klagen und mich zu ängstigen, mich viel lieber meiner Schwachheiten rühmen, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne? Darum bin ich guten Mutes in Schwachheiten. Denn, wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ O tue es nur, und wie Paulus beinahe zwanzig Jahre nach Empfang dieser Verheißung das Zeugnis ablegen konnte: „Der Herr hat mir nicht nur stets genug gegeben, sondern auch Seine Gnade an mir überschwänglich geoffenbart,“ so wirst auch du es erfahren, dass Er deinen Glauben nicht zu Schanden werden lässt. Er gibt über Bitten und über Verstehen allerlei Gnade zu jeder Zeit. Das ist es, was er sagt und was er wirklich meint.

Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“

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