Melanchthon, Philipp - Ain klaine Außlegung uber das .xx. Capitel des Andern buchs Mosy

Melanchthon, Philipp - Ain klaine Außlegung uber das .xx. Capitel des Andern buchs Mosy

Das Erst gebott.

Du solt kain ander Götter neben mir haben.

DAs erst gebot erfordert von uns das vertrawen in got und die forcht gottes. Deßhalben ee got anhebt zuo gebieten, beschreybet er vorhin ain weyß oder manyer, wie man jn erkennen soll, Dann wie kanst du dem etwas vertrawen, den du nit kennest, oder umb wölchen du nichts waist, oder wie kanstu disen fürchten, umb wölchen dir nichts wissen ist. Dergeleychen auch glaubt noch trawt man disem nichts. Es wirdt auch der nit gefürcht, wölchen wir maynen, er hab nichts mit uns zuo schaffen, oder jm lig nichts an uns, Darumb muoß man got wider erst erkennen. Derhalben facht er an, Ich bin der herr dein got, Als wolt er sprechen, Sich und erkenne mich, das ich der sey, wölcher dein lebenlang umb dich und mit dir wandlen und wonung haben wirdt. Der ich auch von deinen wegen sorg trag, und der ich auch dich mag und will glückseligklich regiern rc. Herwiderumb soltu auch wissen, so du mich wirst verachten und verschmehen, das ich grewlich und dich hart straffen wirdt. Er setzt auch hinzuo das werck, durch wölches zuogleych die guotthat und grewligkait gottes mag erkandt werden, da er spricht, Dann ich hab dich auß Egyptenland, auß dem diensthawß gefürt, du solt kain bildtnuß noch yrgent ain geleychnus, dz unser hertz grebt, macht und jm fürbildt, nit anbetten, noch jm dienen. Das wort anbetten gehört zuo dem glauben, und das wort dienen tryfft die forcht an.

Der da haimsucht der vetter myssethat an den Kindern.

Das ist ain erschreckenlich wort, damit angezaygt wirdt, wie sich unser sünd für und für außbrayt und erbt auf unsere nachkommen. Her entgegen sagt er auch, und thuo barmhertzigkait in vil tausent, die mich lieb haben rc. Mit disem wort werden die betrübten gewissen getröst, dann es beweyst und gibt dem menschen götliche guotthat, wölche guothat dann alweg grösser ist, dann der zorn gottes. Got hat ain solchen grossen grawen ab der sünde gehebt, das er seynen aingebornen sun Christum für unser sünd hat zuor sünd gemacht, Er hat sein leben von jm gelegt, spricht der Prophet.

Das erst gebot redt allain von der begirdt oder dem Anmuot.

Das ander gebott.

Du solt den namen des herren deines Gottes nit vergebenlich füren.

Das gebot gebewt nit allain, das man den namen gottes nit zuo fluochen noch zum falsch schwören soll brauchen, sonder auch, das alle die, so da geferligkait leyden, zuo demselben namen des herrn ain zuoflucht vnd den als ain proten des hails sollen haben, wie dann Salomon sagt, Der namen des herrn ist ain fast starcker thurn. Wölcher got nit fürcht, vnd wölcher got nit glaubt noch traut, derselb gebraucht sich des namen gottes zuo kainer zeyt rechtgeschaffen, vnd diser ist ain heuchler vnd gleychßner, der den namen Gottes vilmals anzeücht vnd vertrawt doch selbs dieweyl gott nit. Derhalben sichstu, das diss ander gebott herfleüst auß dem Ersten gebott.

Das ander gebot redt von eusserlichen worten.

Das dritt gebott.

Gedenck des Sabbats tags, das du jn hailigest.

Der Sabath der muoß nit verstanden werden von der eusserlichen vnd leiblichen auffhörung von der arbayt, sonder von der ruow des Gaysts, das ist von langkmütigkait vnd gedult aller widerwertigkait. Also damit das flaysch durchauß müssig sey vnd nichts arbayt, dann der herr muoß allain arbayten vnd würcken in vns, vnd gleych das ists, das er sagt, du solt hailigen den Sabatstag, das ist so vil, schaff, das des flaysch müssiggang hailig vnd got dem herrn außgesündert sey. Das Christlich leben wirt allenthalben in der geschrifft der sabbath genannt, wölche da stätigs flaysch ertödtung leyden, dieselben halten die fewr oder den Sabbath recht und in denselben ist der gayst gottes krefftig vnd wirckt in jnen, vnd denselben ist auch das ertödtet wort, das ist das Euangelium groß von nöten, wölches dann in dem bedewt ist worden vnd gefiguriert, das den Juden im gesetz war verbotten, das sy am Sabbath nichts anders solten thuon, dann nur den gantzen tag leesen.

Der todt Christi ist vnser Sabbath vnd vnsers flaysch ertödtung.

Das drit gebot handelt von den wercken.

Und das seynd die gebot der Ersten Tafel.

Diss ist der gantz verstand vnd inhalt des Ersten gebots, Glaub vnd traw mir allain. Wie kan oder mag man aber ainem trawen vnd glauben, den man nit kendt? Dergeleychen wie kanstu dem vertrawen, wölchen du maynst, er hab nichts mit dir zu thuon oder zu schaffen, vnd wenn du jn schon gleychwol kenst? Alßdann setz er zum gesetz ain vrsach vnd erklärts, warumb man jm auch glauben vnd trawen soll. Als nemlich got soll gefürcht werden, dieweyl er sagt, Ich bin dein got bin ain starcker eyferer. ITem so soll man jm trawen vnd glauben, nach dem er sagt, Ich thuo barmhertzigkait an vil tausent. Zum letsten thuot er auch ain zaichen hinzuo, durch wölches er will, das man zum tayl sein grewligkait vnd auch sein barmhertzigkait soll erkennen, nemlich die erlößung des volcks von der Egyptischen dienstbarkait. Vns ist kain herrlicher vnd mechtiger exempel gegeben dann Christus ist.

Gelaub vnd fürcht Gott allain.

Die Inhaltung vnd Summa des andern gebots ist das, Ruffe an den namen des herren, und das ander gebot fleust auß dem ersten, dann es ist vnmüglich, aber der war glaub vnd die warhafft forcht pringen mit sich die anruffung des götlichen namens. Es helt auch gentzlich diss gebot nichts anders innen, dann solchs, als die nachfolgenden sprüch. Item, ain yegklicher, der da an wirdt ruffen den namen des herren, der wirdt selig werden, vnd, der namen des herren ist ain allersterchister Thurn, der Herr ist nahendt allen den, die jn anruffen, verstee, die jn anruffen in der warhait. Man muoß die hailigen nit anbetten oder anruffen vmb zeytliche gütter, wie dann das gemayn bösel zu thuon gewont ist,, dann sy können dir nit helffen, Sy seind allain zaichen, in wölchen vns got seyn barmhertzigkait zaygt. Aber got ist allain das zaychen, das da gewiß macht. Auß der vrsach soll man solche gebet zuo den hailiigen, fouil es müglich ist, vnd aufs höchst meyden, dann es ist allain ain ainigs gebet, das solche gebet weyt vbertryfft vnd weyl besser ist, Nemlich der vatter vnser, in wölchem Christus alle notdurfft des menschlichen lebens anzaygt vnd begryffen hat.

Die Summa vnd inhaltung des Dritten Gebots.

Erstlich, der Sabbath bedeüt nit die Religion oder fewer des sibenden tags, dann es seyen alle tag, nach dem Abgethonen gesetz, zuogleych ainerlay hailigkait vnd inhalt. Darnach wirdt nichts anders in disem gebot gebotten, dann das wir nit sollen arbayten noch würcken, sonder wir sollen dulden vnd leyden in vns den würckenden gayst. Der Sabbath bedeüt die aufhörung vnserer werck oder der werck des freyen willens, wenn in vns würckt nit die vernunfft, sonder der gayst gotes. Aber der gayst würckt vnd zwayerlay weyß, Nemlich durch die ertödtung des flaysch vnd durch die lebendigmachung des gaysts. In disem gebot wirdt gentzlich das von vns erfordert, das wir da im vatter vnser betten, Zuokomm dein reych, das ist souil, du regier vns, du hersch vber vns, vnd du versych vns, was vns not ist. So dich etwa ainer ser belaydigt also, das es dir hertzlich wee thuot, so dann hör auf und fewer, und laß gott in dir würcken und dir dein flaysch tödten, auf das dir der herr weyter seinen gayst mittayl, vnd alßdann würdestu diss gebott recht erfüllen, das da sagt von des Sabbats hailigung. In der gantzen hailigen geschrifft ist kain ort, das die gewissen dermassen tröst, als da diser spruch thuot, mit wölchem erfordert wirdt, das wir sollen leyden den Sabbath oder feyer, vnd das wirr sollen gedulden vnser selbs ertödtung, wölches wir dann mögen leyden vnd ertragen durch des gaysts regierung, hilff vnd handtraychung.

Die maynung helt das gebott innen, das man soll leyden die ertödtung des flaysch vnd vom gayst gottes gefürt vnd geregiert werden. Hat jn gesegent, das ist, er hat den Sabbathtag vber andere tag erhöcht vnd vbertreflich gemacht, hat jn gehailiget, das ist, er hat jn allain got außerwölt vnd außgesündert. Ain yegklichs werck vnd das gantz vnser leben ist verfluocht vnd vnhailig, on allain der Sabbath nit, dann der Sabbath ist gesegent vnd got dem herrn außgesündert, nemlich nach dem wir nit wircken, sonder got in vns.

Ein begriff vnd anzaygung der dreyer vorbestymbten gebott.

j. Vertraw, Gelaub vnd fürcht gott.
ij. Rüff den namen des herren an, vnd verlaß dich darauf.
iij. Leyd vnd geduld, das dein flaisch getödt werd, vnd Regiere dich nit selbs.

Hab deinen nechsten lieb als dich selbs.

Wenn das hertz oder gemüt geraynigt ist, so verlast es sich gantz vnd gar auf got vnd hangt allain an got vnd leydt alle widerwertigkait gedultig, bald volgt dann auch darauf ain diemütigkeit oder ain zunichtigkait seyn selbs, durch wölche sich das gemüt allen creaturen vnderwirft vnd vnderthenig macht. Es wayst vnd erkendt auch, das es allen zuo ainem knecht gegeben vnd verlihen ist.

Das vierdt Gebott.

Du solt dein vater vnd muoter Eeren.

Das ist der begryff vnd inhalt diss gebots, Ere, diene, fürcht von gantzem hertzen vnd sey deiner Obrigkait gehorsam. So sy aber etwas wyder got würdt gebieten, so soll man den nit willfarn vnd gehorsam laysten, dann man muoß gott mer gehorsam sein, wenn den menschen, Actorum v. Das wörtlin Ere begreyfft vnd hellt in sich die forcht vnd die dienstbarkait. Darumb so sooll der discipel oder Junger seinem lerer oder maister, der Burger seinem Radt, der sun seinem vatter, vnd ain yegklicher seinem obern dienen vnd von gantzem gemüt gehorchen.

Das Funft gebott.

Du solt nit Tödten.

Du solt nit tödten, das ist, du solt von gantzem hertzen vnd gemüt guots günnen, vnd nit belaydigen mit der zungen, vnd was sunst dergeleychen ist. Allhie werden darnidergelegt vnd verbotten aller neyd, rach, schand vnd lasterwort, nachredung, krieg, hader, zorn, hass vnd anders.

Das Sechst gebott.

Du solt nit Eebrechen.

Die unkeüsch mag geschehen mit den augen, mit dem angesicht, mit worten, mit geberden vnd mit allen gedancken, Kürtzlich alle krefft vnd vermügen vnsers leybs ist verunraynigt vnd befleckt. Du solt nit Eebrechen. Da wirdt verbotten alle huorerey, Eebruch vnd vnkeuschait. Die sünd on die andern macht in vns die verachtung, verschmehung vnd vnwissenhait gottes, Auch die vnfürsichtigkait. Es ist auch kain andere sünd so grawsamlich gestrafft worden, als eben die vnkeusch, wie man dann klar in der geschrifft findt, wölches dann genuog bezeügen vnd beweysen der Syndtfluß vnd die fünf stett Sodome vnd Gomorre, die durchs fewer, schwefel, vnd bech seind verzört worden. Dartzuo möcht man das genuog ab dem Dauid abnemen, wie Gott dise sünd so grewlich strafft.

Ye mer man ain sünd entpfindt vnd fült, ye mer treybt vnd zwingt sy zur verzweyflung. Got der wölle vns verleyhen den gayst der keuschait, damit wir alle vrsachen mögen fliehen vnd meyden, die da raytzen vnd anfall geben zuo diser sünd, als nemlich der müssigang vnd alle wollustbarkait, die da gleych als ain gruob vnd pfützen zuo des leibs vnkeuschait zuosamenflyessen vnd rynnen. Das flaysch mag allain durch den glauben vberwunden werden, vnd sunst mit kainem ding.

Das sybendt Gebott.

Du solt nit Steelen.

Gib allen denen, die dich bitten, kumm den armen zuo hilff, leych ainem yegklichen, vnd also, das du auch des hauptguots nit widerumb einzuonemen verhoffest, dann so das vnder wenigen freünden solte gelten, das man sagt, Ta ton philon cöna, das ist souil, das vndter den freünden alle gütter sollen gemain sein, warumb soll nit das auch gelten vnder allen Christenmenschen?

Das Achtet Gebott.

Du solt kain falsch gezeügknus geben.

Du solt nit liegen, und biß gerecht vnd schlecht in allen dingen, solich gerecht vnd vnpartheysch wesen ist vnder allen tugenten die höchst vnd best.

Die letsten zway gebott vorderen vil mer vnd grössere ding von vns, dann wir thuon vnd halten mügen, nemlich die höchst vnd mayst lautterkait vnd raynigkait des hertzen, zuo wölcher wir in disem kempfischen vnd streytbarn leben sollen tringen vnd arbayten.

Das newndt vnd x. Gebott.

Du solt dich nit lassen gelusten das Hawß deines nechsten.
Du solt auch deines nechsten weybs nicht begern.

Das ist souil, nit sei genaygt zuo bösem, sonder tracht also nach götlichen dingen vnd zuo Gott, damit dich die jrdischen ding nichts bekümmern vnd du nichts an jnen hangest.

Von der Kraft des Gsetz.

Die erkantnuß des gesetz ist so groß von nöten, das wir das Euangelium nit erfaren noch entpfinden in vnsern hertzen, nur allain wir wissen vnd erkennen dann zuouor die krafft vnd das vermügen des gesetz, vnd das ist das werck des gesetz, das es die gewissen entsetzt vnd erschreckt.

Red du mit uns.

Der Donner ist die stymm des gesetz, wann vnser gewissen dieselb stymm hört, somag es die gentzlich nit erleyden, dulden noch tragen. Das ist gentzlich das werck des gesetz, das es die conscientz und gewissen entsetzt vnd erschreckt vnd zaygt jm an sein gebrechligkait vnd schwachait. Der todt ist gleych ain ding wie der schlaff vnd ain Ertzney der höchsten vnd hitzigisten begirden vnd anmuottungen. Die gantz Euangelisch leer ist berayt in dem todt vnd in den widerwertigkaiten diser welt.

Furcht euch nicht: dann got ist kummen, das er euch versuoch rc.

Das ist souil, Got ist kummen, damit er vns anzayget vnser schwachait vnd blödigkait, vnd damit er vns zuouersteen geb, dz kayner andern sach vor got von nöten sey, dann allain des glaubens. Ye hefftiger wir die schwachait vnd vnser blödigkait sehen, vmb suoil mer erkennen wir die grösse vnd barmhertzigkait Gottes.

Ain Altar von Erden mach mir.

Aufs ainfeltigklichist von der sach zuo reden, so ligt da alle krafft vnd inhaltung in dem wörtlin, Mir, also das mans dermassen muoß versteen, als het got gesagt, Opffer allain mir vnd sunst nyemandt, dann mir, vnd setzt auch schon die vrsach hinzuo vnd spricht, Dann ich will zuo dir kummen vnd dich segen.

Du solt mir kain altar von gehawten Staynen machen.

Das ist, du solt mir nit dienen durch dein aygene werck, durch guotte maynung vnd guott geduncken der natur, vnd durch gleyschßnerischen vnd heuchlerischen fürsatz, sonder rechter glawb vnd forcht mus quellen vom heyligen geyst..

Dann wa du mit deinem Messer darauf ferest.

Das Messer bedeüt gedencken, fürsatz, fleyß vnd guot beduncken der vernunfft.

Du solt nit auf Stapfeln zuo meinem Altar steygen.

Das ist, du solt nit trawen oder glauben, das du durch deine werck wöllest gerechtfertigt werden, dann in den wercken will ich dir dein scham vnd schnödigkait zaygen, alle deine werck seind vnrayn vnd allain der glaub macht rechtfertig.

Der begryff vnd Inhalt des Capitels.

Zum ersten meld vnd erzelt er die gesetz. Zum andern offenbart er die krafft vnd das vermügen des gesetz. Zum letsten vnderweyst vnd lernet er, wie das gesetz solt gehalten vnd erfült werden, Nit von gehawten staynen, das ist, nit von vnserm fleyß, müe, arbayt oder gedancken, vnd das wir nit osllen vertrawen in vnsere werck, sonder warhafftiger glawb, forcht, demut, lieb des nehsten wirckt Gott yn den hertzen. Dis ist denn der recht dienst, daran Gott wolgefallen geschicht, vnd damit das gesetz erfüllet. Was aber menschliche vernunfft aus eygner krafft wirckt, das ist blindtheyt, lügen vnd heucheley.

Gott sey allain Eere.

Die Evangelischen Katechismusversuche vor Luthers
Enchiridion
Ferdinand Cohrs.
Erster Band.
Die evangelischen Katechismusversuche aus den
Jahre 1522 - 1526
Berlin
A. Hofman & Comp.
1900

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