Luther, Martin - Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi und von den Bruderschaften

Luther, Martin - Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi und von den Bruderschaften

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Zum ersten. Das heilige Sakrament des Altars und des heiligen wahren Leibes Christi hat auch drei Teile, die man wissen muß. Das erste ist das Sakrament oder Zeichen, das zweite die Bedeutung dieses Sakraments, das dritte der Glaube; wie denn in einem jeden Sakrament diese drei Teile sein müssen. Das Sakrament muß äußerlich und sichtbar sein, in einer leiblichen Form oder Gestalt. Die Bedeutung muß innerlich und geistlich sein, in dem Geist des Menschen. Der Glaube muß die beiden zusammen zu Nutzen und Gebrauch bringen.

Zum zweiten. Das Sakrament oder das äußerliche Zeichen besteht in der Form und Gestalt des Brotes und Weines, wie das Zeichen der Taufe im Wasser besteht. Und zwar so, daß man das Brot und den Wein genießt durch Essen und Trinken, wie man das Taufwasser genießt, indem man den Täufling eintaucht oder damit begießt. Denn das Sakrament oder Zeichen muß empfangen oder doch begehrt werden, soll es Nutzen schaffen. Obwohl man jetzt dem Volk nicht täglich beide Gestalten gibt wie vorzeiten - es ist auch nicht nötig -, so genießt doch die Priesterschaft täglich beide Gestalten vor dem Volk. Und es ist auch genug, daß das Volk täglich das Sakrament begehre und zur rechten Zeit eine Gestalt empfange, wie die christliche Kirche sie ordnet und gibt.

Zum dritten. Ich sehe es aber für gut an, daß die Kirche in einem allgemeinen Konzil wiederum anordnet, daß man allen Menschen beide Gestalt gebe, wie den Priestern. Nicht darum, daß eine Gestalt nicht genug ist, wo doch schon allein des Glaubens Begierde genug ist, wie Augustin spricht: Wozu brauchst du den Bauch und die Zähne? Glaub nur, so hast du das Sakrament schon genossen. Sondern darum, daß es angemessen und fein wäre, wenn des Sakraments Gestalt und Form oder das Zeichen nicht stückweise zu einem Teil, sondern ganz gegeben würde. Ebenso habe ich von der Taufe gesagt, daß es angemessener wäre, den Täufling ins Wasser zu tauchen als damit zu begießen, um der Ganzheit und Vollkommenheit des Zeichens willen. Denn dieses Sakrament bedeutet eine gänzliche Vereinigung und unzerteilte Gemeinschaft der Heiligen, wie wir hören werden, die schlecht und unangemessen angezeigt wird durch ein bloßes Stück oder einen Teil des Sakraments. Auch ist es nicht eine so große Gefahr mit dem Kelch, wie man meint, da das Volk selten zu diesem Sakrament geht; besonders aber, weil Christus, der alle zukünftige Gefahr wohl kannte, doch beide Gestalten zum Gebrauch für alle Christen hat einsetzen wollen.

Zum vierten. Die Bedeutung oder das Werk dieses Sakraments ist die Gemeinschaft aller Heiligen. Darum nennt man es auch mit seinem alltäglichen Namen Synaxis oder Communio, das ist Gemeinschaft. Und communicare heißt im Lateinischen »diese Gemeinschaft empfangen«, wofür wir auf deutsch sagen »zum Sakrament gehen«. Und das kommt daher, daß Christus mit allen Heiligen ein geistlicher Körper ist, ebenso wie das Volk einer Stadt eine Gemeinde und ein Körper ist, ein jeglicher Bürger ein Gliedmaß des anderen und der ganzen Stadt. So sind alle Heiligen Glieder Christi und der Kirche, die eine geistliche, ewige Gottesstadt ist. Wer in diese Stadt aufgenommen wird, von dem kann man sagen, daß er in die Gemeinde der Heiligen aufgenommen, in Christi geistlichen Körper einverleibt und zu seinem Glied gemacht worden ist. Umgekehrt, excommunicare heißt »aus der Gemeinde stoßen und ein Glied von diesem Körper absondern«, und das heißt auf deutsch »in den Bann tun«, doch mit Unterschieden, wie ich im folgenden Sermon von dem Bann sagen will. Also: Dieses Sakrament in Brot und Wein empfangen ist nichts anderes, als ein gewisses Zeichen dieser Gemeinschaft und leibliche Verbindung mit Christus und allen Heiligen empfangen, ebenso wie man einem Bürger ein Zeichen, eine Handschrift oder sonst ein Dokument gibt, damit er gewiß sei, daß er Bürger dieser Stadt, ein Glied dieser Gemeinde ist. So sagt St. Paulus 1. Kor. 10,17: »Wir sind alle ein Brot und ein Körper, die wir an einem Brot und einem Kelch Anteil haben.«

Zum fünften. Diese Gemeinschaft besteht darin, daß alle geistlichen Güter Christi und seiner Heiligen dem mitgeteilt und zu Miteigentum gegeben werden, der dieses Sakrament empfängt. Umgekehrt werden auch alle Leiden und Sünden allen gemeinsam, und so wird Liebe gegen Liebe entzündet und vereinigt. Um bei dem groben, sinnenhaften Gleichnis zu bleiben: Wie in einer Stadt allen Bürgern der Name dieser Stadt gemeinsam ist, ihre Ehre, Freiheit, Handel, Gebräuche, Sitten, Hilfe, Beistand, Schutz und dergleichen, so auch umgekehrt alle Gefahr, Feuer, Wasser, Feinde, Sterben, Schäden, Tribute und dergleichen. Denn wer mitgenießen will, der muß auch mitbezahlen und Liebe mit Liebe entgelten. Hier sieht man, daß, wer einem Bürger ein Leid antut, der tut der ganzen Stadt und allen Bürgern Leid an; wer einem wohltut, verdient von allen anderen Freundlichkeit und Dank. So ist es auch im leiblichen Körper, wie St. Paulus sagt 1. Kor. 12,25 f., wo er dieses Sakrament geistlich erklärt: Die Glieder sorgen füreinander, wo eines leidet, da leiden die ändern alle mit, wo es einem wohlgeht, da freuen sich mit ihm die ändern. So sehen wir: Tut jemandem der Fuß weh, ja das kleinste Zehlein, so sieht das Auge danach, greifen die Finger dahin, rümpft sich das Angesicht, und der ganze Körper beugt sich dahin, und alle haben zu tun mit dem kleinen Gliedmaßchen. Und umgekehrt: Sorgt man gut für sich selbst, so tut es allen Gliedmaßen wohl. Dieses Gleichnis muß man sich wohl merken, wenn man dieses Sakrament verstehen will, denn die Schrift gebraucht es um der Einfältigen willen.

Zum sechsten. So wird in diesem Sakrament dem Menschen ein gewisses Zeichen von Gott selbst gegeben durch den Priester, daß er mit Christus und seinen Heiligen so vereinigt sein und mit ihnen alle Dinge gemeinsam haben soll, daß Christi Leiden und Leben sein eigen sein soll, ebenso aller Heiligen Leben und Leiden. So daß, wenn jemand ihm ein Leid antut, er es Christus und allen Heiligen antut, wie Gott durch den Propheten sagt: »Wer euch anrührt, der rührt meinen Augapfel an.« (Sach. 2,12) Wiederum, wer ihm wohltut, der tut es Christus und allen seinen Heiligen, wie Christus Mat. 25,40 sagt: »Was ihr einem von meinen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.« Umgekehrt müssen die Menschen auch alle Beschwernisse, alles Unglück Christi und seiner Heiligen gemeinsam tragen, mit ihnen gleich bezahlen und gleich genießen. Diese beiden Stücke wollen wir näher betrachten.

Zum siebenten. Nun tut uns nicht nur ein Gegner Leid an. Es ist zum ersten die nach der Taufe noch übriggebliebene, wenn auch vergebene, Sünde im Fleisch, die Neigung zu Zorn, Haß, Hoffart, Unkeuschheit usw., die uns anficht, solange wir leben. Da bedürfen wir nicht allein der Hilfe der Gemeinschaft und Christi, daß sie mit uns dagegen fechten. Sondern es ist auch nötig, daß Christus und seine Heiligen für uns vor Gott treten, damit uns die Sünde nicht zugerechnet werde nach dem gestrengen Urteil Gottes. Um uns zu stärken und aufzurichten gegen diese Sünde, gibt uns Gott darum dieses Sakrament, als spräche er: Siehe da, dich ficht mancherlei Sünde an, nimm hin dieses Zeichen, mit dem ich dir zusage, daß die Sünde nicht dich allein, sondern meinen Sohn Christus und alle seine Heiligen im Himmel und auf Erden anficht. Darum sei frisch und getrost, du streitest nicht allein, große Hilfe und Beistand ist um dich. Der König David spricht so von diesem Brot; »Das Brot stärkt des Menschen Herz.« (PS. 104,15) Auch sonst spricht die Schrift an mehreren Stellen diesem Sakrament diese Art Stärkung zu, wie in Apg. 9,19 von St. Paulus berichtet wird: Er ist getauft worden und hat die Speise empfangen, da ist er gestärkt worden. Zum ändern ficht uns der böse Geist an ohne Unterlaß mit vielen Sünden und Widerwärtigkeiten. Zum dritten die Welt, die voller Bosheit ist, die reizt und verfolgt die Menschen und ist in keiner Weise gut. Zuletzt ficht uns unser eigenes böses Gewissen an, der begangenen Sünden wegen, ebenso die Todesfurcht und der Hölle Pein. Diese Anfechtungen alle zusammen machen uns müde und matt, wenn wir nicht Stärke suchen und haben in dieser Gemeinschaft.

Zum achten. Wer nun verzagt ist, wen sein sündiges Gewissen schwächt, wen der Tod erschreckt oder wer sonst eine Beschwerung seines Herzens hat, der gehe, will er dessen ledig sein, nur fröhlich zum Sakrament des Altars. Er lege sein Leid der Gemeinde vor und suche Hilfe bei dem ganzen Haufen des geistlichen Körpers, wie in gleicher Weise ein Bürger, der auf dem Land einen Schaden oder einen Unfall durch seine Feinde erlitten hat, seinen Ratsherren und Mitbürgern dies klagt und sie um Hilfe anruft. Darum ist in diesem Sakrament uns die unermeßliche Gottesgnade und Barmherzigkeit gegeben, daß wir da allen Jammer, alle Anfechtung von uns ablegen und der Gemeinde und besonders Christus auflegen und der Mensch sich fröhlich stärken, trösten und so sagen kann: Bin ich ein Sünder, bin ich gefallen, trifft mich dies oder das Unglück, wohlan, so gehe ich hin zum Sakrament und nehme ein Zeichen von Gott, daß Christi Gerechtigkeit, sein Leben und Leiden für mich steht mit allen heiligen Engeln und Seligen im Himmel und rechtschaffenen Menschen auf Erden. Soll ich sterben, so bin ich nicht allein im Tod, leide ich, so leiden sie mit mir. Es ist all mein Unglück Christus und den Heiligen gemeinsam geworden, weil ich von ihrer Liebe gegen mich ein gewisses Zeichen habe. Siehe, das ist die Frucht dieses Sakraments, und so gebraucht man es; davon muß das Herz fröhlich und stark werden.

Zum neunten. Wenn du also dieses Sakrament genossen hast oder genießen willst, so mußt du auch wiederum der Gemeinde Unglück mittragen, wie ich gesagt habe. Was für Unglück ist das aber? Christus im Himmel und die Engel mit den Heiligen haben kein anderes Unglück als nur dies, wenn Wahrheit und Wort Gottes benachteiligt werden. Doch es trifft sie, wie gesagt, alles Leid und die Liebe aller Heiligen auf der Erde. Da muß nun dein Herz sich in die Liebe ergeben und lernen, wie dieses Sakrament ein Sakrament der Liebe ist und wie dir Liebe und Beistand zuteil werden, wie umgekehrt du Liebe und Beistand erzeigen sollst Christus in seinen notleidenden Gliedern. Denn hier muß dir Leid zufügen alle Unehre Christi in seinem heiligen Wort, alles Elend der Christenheit, alles Unrechtleiden der Unschuldigen. all dies Leid zusammen findest du in überschwenglichem Maß an allen Orten der Welt. Hier mußt du wehren, arbeiten, bitten und, wenn du nicht mehr kannst, herzliches Mitleid haben. Sieh, das heißt dann wiederum tragen Christi und seiner Heiligen Unglück und Widerwärtigkeiten. Da gilt denn der Spruch des Paulus: »Einer trage des ändern Bürden, so erfüllt ihr Christi Gebot.« (Gal. 6,2) Sieh, so trägst du sie alle, so tragen sie alle wiederum dich, und alle Dinge sind gemeinsam, gute und böse. Da werden alle Dinge leicht, da kann der böse Geist gegen die Gemeinschaft nicht bestehen. Als Christus das Sakrament einsetzte, sprach er so: »Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Sooft ihr das tut, so gedenkt meiner dabei.« (Luk. 22,19 f.) Als wollte er sagen: Ich bin das Haupt, ich will der erste sein, der sich für euch hingibt, will euer Leid und Unglück mir zu eigen machen und für euch tragen, damit ihr umgekehrt mir und euch untereinander ebenso tut und euch alles in mir und mit mir gemeinsam sein laßt. Und ich hinterlasse euch dieses Sakrament zu einem gewissen Wahrzeichen für das alles, damit ihr meiner nicht vergeßt, sondern euch täglich darin übt und ermahnt, was ich für euch getan habe und tue, damit ihr euch stärken könnt und einer den ändern ebenso trage.

Zum zehnten. Das ist auch der Grund, ja sogar der erste, warum dieses Sakrament so oft begangen wird, da man doch die Taufe nur einmal begeht. Denn die Taufe ist Anfang und Eingang eines neuen Lebens, in dem über die Maßen viele Widerwärtigkeiten uns zustoßen durch Sünden und Leiden, fremde und eigene. Da ist der Teufel, Welt, das eigne Fleisch und Gewissen, wie gesagt. Sie hören nicht auf, uns ohne Unterlaß zu jagen und zu treiben. Deswegen bedürfen wir der Stärkung, des Beistands und der Hilfe Christi und seiner Heiligen, die uns in diesem Sakrament zugesagt wird; wie in einem gewissen Zeichen, durch das wir mit ihnen vereinigt und zu einem Leib werden. Und all unser Leid wird in ihm der Gemeinschaft auferlegt.

Deshalb ist es so, daß denen, die kein Unglück haben, die ohne Angst sind oder ihr Unglück nicht fühlen, dieses heilige Sakrament nichts oder nur wenig nützt. Denn es ist nur denen gegeben, die des Trosts und der Stärkung bedürfen, die furchtsame Herzen haben, ein erschrockenes Gewissen tragen, die Anfechtung durch Sünde erleiden oder auch in Sünde gefallen sind. Was sollte es bei den freien, sicheren Geistern wirken, die seiner nicht bedürfen und es nicht begehren? Denn es spricht die Mutter Gottes: »Er erfüllet nur die Hungrigen und tröstet, die geängstet sind.« (Luk. 1,53)

Zum elften. Damit die Jünger nur ja würdig und bereit würden zu diesem Sakrament, machte er sie zuvor betrübt, hielt ihnen seinen Abschied und sein Sterben vor, in denen ihnen Leid und Wehe widerfuhr. Dazu erschreckte er sie sehr, als er sagte: »Einer unter euch wird mich verraten.« (Mat. .26,21) Als sie so voller Betrübnis und Angst waren, durch Leid und die Sünde des Verrats bekümmert, waren sie würdig, und er gab ihnen seinen heiligen Leib und stärkte sie wieder. Dadurch lehrt er uns, daß dieses Sakrament eine Stärke und ein Trost derer sei, ' die Sünde und Übel betrüben und ängstigen. Das sagt auch St. Augustin: Diese Speise sucht nur eine hungrige Seele und flieht vor nichts so sehr wie vor einer vollen, satten Seele, die ihrer nicht bedarf. Ebenso mußten die Juden das Osterlamm mit bitteren Kräutern essen, eilend und stehend. Auch damit wird bedeutet, daß dieses Sakrament begierige, bedürftige und betrübte Seelen sucht. Nun, wer sich Christi und aller Christen Unglück will und soll zu eigen machen, wer der Wahrheit beistehn, dem Unrecht wehren, die Not der Unschuldigen und aller Christen Leiden mittragen will, der wird Unglück und Widerwärtigkeit genug finden; abgesehen von dem, was ihm selbst seine böse Natur, die Welt, der Teufel und die Sünde täglich zu schaffen macht. Und es ist auch Gottes Rat und Wille, daß er uns mit so vielen Hunden jagt und treibt und uns überall bittere Kräuter zubereitet, damit wir uns nach dieser Stärkung sehnen und des heiligen Sakraments froh werden sollen, um seiner würdig, das heißt begierig, zu sein.

Zum zwölften. Er will es auch darum oft begangen haben, daß wir seiner gedenken und nach seinem Beispiel uns üben in solcher Gemeinschaft. Denn wenn sein Beispiel uns nicht mehr vorgehalten würde, würde die Gemeinschaft auch bald vergessen, wie wir jetzt leider sehen. Viele Messen werden gehalten, und doch geht die christliche Gemeinschaft, die gepredigt, geübt und an Christi Beispiel veranschaulicht werden sollte, ganz unter, so sehr, daß wir fast nicht mehr wissen, wozu dieses Sakrament dient und wie man es gebrauchen soll, ja durch die Messen sehr oft die Gemeinschaft zerstören und alles auf den Kopf stellen. Das ist die Schuld der Prediger, die weder das Evangelium noch die Sakramente predigen, sondern ihre menschlichen Erfindungen von mancherlei Werken und Weisen, recht zu leben. Doch in früheren Zeiten übte man dieses Sakrament so gut und lehrte das Volk diese Gemeinschaft so gut verstehen, daß sie auch äußerliche Speisen und Güter in der Kirche zusammentrugen und dort denen austeilten, die bedürftig waren, wie Paulus l. Kor. 11,21.3 3 schreibt. Von daher ist das Wörtlein »Kollekte« in der Messe noch übriggeblieben, das heißt eine allgemeine Sammlung, ebenso wie man gemeinsam Geld sammelt, um es den Armen zu geben. Damals wurden auch sehr viele Christen Märtyrer und Heilige. Es gab weniger Messen und mehr Frucht der Messe und Stärkung durch sie. Da nahm sich ein Christ des ändern an, stand einer dem ändern bei, hatte einer mit dem ändern Mitleid, trug einer des ändern Bürde und Unglück. Das ist nun verblichen, geblieben sind nur viele Messen und häufiger Sakramentsempfang ohne jedes Verständnis für seine Bedeutung und rechte Ausübung.

Zum dreizehnten. Man findet viele Leute, die gerne mitgenießen, aber nicht mitentgelten wollen. Das heißt, sie hören gerne, daß in diesem Sakrament ihnen Hilfe, Gemeinschaft und Beistand aller Heiligen zugesagt und gegeben wird. Aber sie wollen nicht wiederum auch Gemeinschaft halten, wollen nicht dem Armen helfen, die Sünder dulden, für die Elenden sorgen, mit den Leidenden mitleiden, für die ändern bitten, wollen auch nicht der Wahrheit beistehen, der Kirche und aller Christen Besserung mit Leib, Gut und Ehre suchen; und zwar aus Weltfurcht, um nicht Ungunst, Schaden, Schmach oder Tod leiden zu müssen, obwohl doch Gott haben will, daß sie um der Wahrheit und des Nächsten willen gedrängt werden, solche große Gnade und Stärkung dieses Sakraments zu begehren. Das sind eigennützige Menschen, denen dieses Sakrament nichts nützt. Ebenso wie der Bürger unerträglich ist, der von der Gemeinde Hilfe, Schutz und Freiheit erwartet und der doch wiederum für die Gemeinde nichts tun und ihr nicht dienen will. Nein, wir müssen der andern Übel wieder unsere Übel sein lassen, wenn wir wollen, daß Christus und seine Heiligen unser Übel ihr Übel sein lassen sollen. Dann wird die Gemeinschaft vollkommen und geschieht dem Sakrament genug. Denn wo die Liebe nicht täglich wächst und den Menschen so verwandelt, daß er mit einem jeden Gemeinschaft hat, da ist dieses Sakraments Frucht und Bedeutung nicht.

Zum vierzehnten. Um solche Gemeinschaft darzustellen, hat Gott auch solche Zeichen dieses Sakraments eingesetzt, die diesem Zweck allenthalben entsprechen und mit ihren Formen uns zu solcher Gemeinschaft reizen und bewegen. Denn ebenso wie aus vielen Körnlein das Brot gemacht wird und vieler Körner Leiber ein Brotlaib werden, in dem ein jedes Kömlein seinen Leib und seine Gestalt verliert und den gemeinsamen Laib des Brotes annimmt; ebenso auch wie die Weinkömlein mit Verlust ihrer Gestalt eines gemeinsamen Weines und Trankes Leib werden, so sollen wir sein und sind wir auch, wenn wir dieses Sakrament recht gebrauchen: Christus mit allen, die durch seine Liebe heilig sind, nimmt unsere Gestalt an, streitet mit uns gegen die Sünde, den Tod und alles Übel. Dadurch zur Liebe entzündet, empfangen wir seine Gestalt, verlassen uns auf seine Gerechtigkeit, sein Leben und seine Seligkeit und sind so durch die Gemeinschaft seiner Güter und unsres Unglücks ein Kuchen, ein Brot, ein Leib, ein Trank, und alles ist gemeinsam. 0 das ist ein großes Sakrament, sagt St. Paulus, daß Christus und die Kirche ein Fleisch und Gebein sind (Eph. 5,32). Wiederum sollen wir durch diese Liebe uns auch wandeln und aller ändern Christen Gebrechen unser sein lassen und ihre Gestalt und Bedürfnisse annehmen. Wir sollen ihrer sein lassen alles, was wir Gutes vermögen, damit sie es genießen können. Das ist die rechte Gemeinschaft und die wahre Bedeutung dieses Sakraments. So werden wir ineinander verwandelt und zur Gemeinschaft gebracht durch die Liebe, ohne die kein Wandel eintreten kann.

Zum fünfzehnten hat er diese zwei Gestalten, Brot und Wein, und keine anderen eingesetzt, um diese Vereinigung und Gemeinschaft noch besser zu verdeutlichen, die in diesem Sakrament ist. Denn keine innigere, tiefere, unteilbarere Vereinigung gibt es über die Vereinigung der Speise mit dem, der gespeist wird, hinaus. Denn die Speise geht ein und wird verwandelt in die Natur und wird ein Wesen mit dem, der gespeist wird. Andere Vereinigungen, etwa durch Nägel, Leim, Bänder und dergleichen, machen nicht ein unteilbares Wesen aus den vereinten Dingen. Auch wir werden mit Christus in dem Sakrament so vereinigt und mit allen Heiligen so ein Leib, daß er sich unser so annimmt und, was er tut und läßt, so sehr für uns tut und läßt, als wäre er, was wir sind, als treffe ihn, und zwar noch mehr als uns, was uns trifft. Umgekehrt können wir uns seiner so annehmen, als wären wir, was er ist, wie es denn am Ende geschehen wird, daß wir ihm gleichförmig werden, wie Johannes sagt: »Wir wissen, wenn er offenbart werden wird, so werden wir ihm gleich sein.« (1.Joh. 3,2) So tief und vollkommen ist die Gemeinschaft Christi und aller Heiligen mit uns. So fechten ihn an unsere Sünden, umgekehrt beschirmt uns seine Gerechtigkeit. Denn die Vereinigung macht alles gemeinsam, so lange, bis er die Sünde in uns ganz vertilgt und sich selbst uns gleich macht am Jüngsten Tag. So auch sollen wir mit unserem Nächsten und sie mit uns durch diese Liebe vereinigt werden.

Zum sechzehnten. Über das alles hinaus hat er diese zwei Gestalten nicht etwa bloß inhaltsleer eingesetzt, sondern sein wahrhaftiges natürliches Fleisch in dem Brot und sein natürliches wahrhaftiges Blut in dem Wein gegeben, damit er nur ja ein vollkommenes Sakrament oder Zeichen gebe. Denn ebenso wie das Brot in seinen wahrhaftigen natürlichen Leib und der Wein in sein natürliches wahrhaftiges Blut verwandelt wird, ebenso wahrhaftig werden auch wir in den geistlichen Leib, das heißt in die Gemeinschaft Christi und aller Heiligen, gezogen und verwandelt, und wir werden durch dieses Sakrament in alle Kraft und Gnade Christi und seiner Heiligen eingesetzt. Ebenso wurde oben von dem Bürger gesprochen, der in den Schutz und die Freiheit der Stadt und ganzen Gemeinschaft einbezogen und verwandelt wird. Darum hat Christus auch nicht allein eine Gestalt eingesetzt, sondern, unterschieden, sein Fleisch unter dem Brot, sein Blut unter dem Wein, um anzuzeigen, daß nicht allein sein Leben und seine guten Werke, die er durch das Fleisch anzeigt und im Fleisch getan hat, sondern auch seine Leiden und Marter, die er durch sein Blut anzeigt und in denen sein Blut vergossen worden ist, alles unser sei und daß wir hineingezogen werden, um es genießen und gebrauchen zu können.

Zum siebzehnten. Aus dem allen ist nun klar, daß dieses heilige Sakrament nichts anderes sei als ein göttliches Zeichen, in dem zugesagt, gegeben und zugeeignet werden Christus, alle Heiligen mit allen ihren Werken, Leiden, Verdiensten, Gnaden und Gütern, zu Trost und Stärke allen, die in Ängsten und Betrübnis sind, verfolgt vom Teufel, den Sünden, der Welt, dem Fleisch und allem Übel. Und das Empfangen dieses Sakraments ist nichts anderes, als dieses alles zu begehren und fest zu glauben, es geschehe so.

Hier kommt nun das dritte Stück des Sakraments, in dem seine Kraft liegt, das ist der Glaube. Denn es ist nicht genug, daß man wisse, was das Sakrament sei und bedeute. Es ist nicht genug, daß du weißt, es sei eine Gemeinschaft und ein gnädiger Wechsel oder eine Vermischung unserer Sünden und Leiden mit der Gerechtigkeit Christi und seiner Heiligen. Sondern du mußt es auch begehren und fest glauben, du habest es erlangt. Hier fechten der Teufel und die Natur am meisten, damit der Glaube nur nicht bestehe. Einige üben ihre Kunst und Subtihtät, denken darüber nach, wo das Brot bleibt, wenn es in Christi Fleisch verwandelt wird, und der Wein in sein Blut, auch, wie unter so einem kleinen Stück Brot und Wein der ganze Christus, sein Fleisch und Blut, beschlossen sein könne. Darin liegt nichts, ob du das nicht erforschst. Es ist genug, daß du weißt, es sei ein göttliches Zeichen, in dem Christi Fleisch und Blut wahrhaftig enthalten ist, wie und wo, das laß ihm befohlen sein.

Zum achtzehnten. Hier siehe zu, daß du den Glauben übst und stärkst, damit du, wenn du betrübt bist oder deine Sünden dich umtreiben, so zum Sakrament gehst oder die Messe hörst, daß du herzlich nach diesem Sakrament und seiner Bedeutung begehrst. Siehe zu, daß du nicht daran zweifelst, was das Sakrament bedeutet, das geschehe dir, das heißt, daß du gewiß bist: Christus und alle Heiligen treten zu dir mit allen ihren Kräften, Leiden und Gnaden, um mit dir zu leben, tun, lassen, leiden und sterben, und wollen ganz dein sein, alle Dinge mit dir gemeinsam haben. Wirst du diesen Glauben gut üben und stärken, so wirst du merken, ein wie fröhliches, reiches, hochzeitliches Mahl und Wohlleben dir dein Gott auf dem Altar bereitet hat. Dann wirst du verstehen, was das große Mahl des Königs Ahasverus bedeutet (Est. 1,5-8), dann wirst du sehen, was die Hochzeit ist, an der Gott seine Ochsen und Mastvieh hergegeben hat, wie im Evangelium steht (Mat. 22,2-14). Da wird dein Herz recht frei und sicher, stark und mutig gegen alle Feinde. Denn wer wollte sich fürchten vor einem Unglück, wenn er gewiß ist, daß Christus mit allen Heiligen bei ihm sei und mit ihm alle Dinge gemeinsam hat, es seien böse oder gute? So lesen wir Apg. 2,46, daß die Jünger Christi dieses Brot brachen und aßen mit großer Herzensfreude. Weil nun die Wirkung des Sakraments so groß ist, daß die Kleinheit unserer Seelen sie nicht hätte begehren, geschweige denn erhoffen oder erwarten können, ist es nötig und gut, daß man oft zum Sakrament gehe oder wenigstens in der Messe täglich solchen Glauben übe und stärke, an dem alles liegt und um dessentwillen das Sakrament auch eingesetzt ist. Denn wenn du daran zweifelst, tust du Gott die größte Unehre und hältst ihn für einen untreuen Lügner. Kannst du nicht glauben, so bitte darum, wie oben in einem anderen Sermon gesagt ist.

Zum neunzehnten. Sodann siehe zu, daß du dich in Gemeinschaft mit jedermann begibst und ja niemanden in Haß oder Zorn von dir absonderst. Denn dieses Sakrament der Gemeinschaft, Liebe und Einigkeit kann nicht Zwietracht und Uneinigkeit dulden. Du mußt die Gebrechen und Bedürfnisse der ändern dir zu Herzen gehen lassen, als wären sie deine eigenen, und dein Vermögen darbieten, als wäre es ihr eigenes, ebenso wie dir Christus im Sakrament tut. Das heißt durch Liebe ineinander verwandelt werden, aus vielen Stücken ein Brot und ein Trank werden, seine Gestalt verlassen und eine gemeinsame annehmen.

Daher kommt es, daß Verleumder, falsche Richter und Verächter anderer Menschen den Tod am Sakrament empfangen müssen, wie St. Paulus l. Kor. 11,29 schreibt. Denn sie tun ihrem Nächsten nicht, was sie bei Christus suchen und wozu das Sakrament anweist, gönnen ihm nichts Gutes, haben nicht Mitleid mit ihm, nehmen sich seiner nicht an, obwohl sie doch selbst von Christus angenommen sein wollen. Danach fallen sie in Blindheit, so daß sie mit diesem Sakrament nicht mehr anzufangen wissen, als wie sie den in der Hostie gegenwärtigen Christus fürchten und ehren mit ihren Gebetlein und ihrer Andacht. Wenn das geschehen ist, so meinen sie, das Sakrament sei gut verrichtet worden. Christus hingegen hat seinen Leib darum hingegeben, daß des Sakramentes Bedeutung, Gemeinschaft und Wandeln in der Liebe, geübt würde. Seinen eigenen natürlichen Körper hat er geringer geachtet als seinen geistlichen Körper, nämlich die Gemeinschaft seiner Heiligen. Ihm ist auch mehr daran gelegen, besonders in diesem Sakrament, daß der Glaube seiner und der Heiligen Gemeinschaft gut geübt und stark in uns werde und wir dieser Gemeinschaft entsprechend auch unsere Gemeinschaft gut üben. Diese Meinung Christi sehen sie nicht und gehen täglich hin, halten und hören Messe in ihrer Andacht, bleiben einen Tag wie den anderen, ja werden täglich ärger und fühlen es nicht.

Drum schau auf, es ist dir nötiger, daß du auf den geistlichen als auf den natürlichen Körper Christi acht hast; nötiger der Glaube an den geistlichen als an den natürlichen Körper. Denn der natürliche Körper ohne den geistlichen hilft nichts in diesem Sakrament. Es muß eine Verwandlung geschehen und geübt werden durch die Liebe.

Zum zwanzigsten. Es gibt viele Leute, die ungeachtet dieser Wechselwirkung von Liebe und Glaube sich darauf verlassen, daß die Messe oder das Sakrament ein, wie sie sagen, opus gratum opere operato sei, das heißt ein solches Werk, das durch sich selbst Gott wohlgefällt, obwohl die Gott nicht gefallen, die es tun. Daraus schließen sie dann, es sei dennoch gut, viele Messen zu halten, wie unwürdig sie auch gehalten werden, denn der Schaden sei derer, die sie unwürdig halten oder brauchen. Ich lasse einem jeden sein Verständnis, aber solche Fabeleien gefallen mir nicht. Denn, um einmal so zu reden, es gibt überhaupt weder eine Kreatur noch ein Werk, das nicht durch sich selbst Gott wohlgefalle, wie 1. Mose 1,31 geschrieben steht: »Gott hat alle seine Werke angesehen, und sie haben ihm Wohlgefallen.« Was kommt dabei heraus, wenn man Brot, Wein, Gold und alles Gut übel gebraucht, wiewohl sie durch sich selbst Gott Wohlgefallen? Ja, Verdammnis folgt daraus. So auch hier: Je edler das Sakrament ist, um so größerer Schaden kommt aus seinem Mißbrauch über die ganze Gemeinde. Denn es ist nicht um seinetwillen eingesetzt, damit es Gott gefalle, sondern um unsertwillen, damit wir es recht gebrauchen, den Glauben daran üben und dadurch Gott wohlgefällig werden. Wenn es bloß opus opcratum ist, so wirkt es überall nur Schaden. Es muß opus operantis werden. Ebenso wie Brot und Wein nichts als Schaden bewirken, wenn man sie nicht gebraucht, mögen sie Gott durch sich selbst gefallen, wie sehr sie können -, ebenso reicht es nicht aus, daß das Sakrament gemacht werde (das ist opus operatum); es muß auch gebraucht werden im Glauben (das ist opus operantis). Und es ist Grund zur Sorge, daß mit solchen gefährlichen Glossen Kraft und Wirkung des Sakraments von uns abgewendet werden und der Glaube ganz untergehe durch eine falsche Sicherheit, die sich auf den bloßen Vollzug des Sakraments stützt.

Das kommt alles von daher, daß sie Christi natürlichen Leib in diesem Sakrament mehr beachten als die Gemeinschaft, den geistlichen Leib. Christus am Kreuz war auch ein getanes Werk, das Gott wohlgefiel. Aber die Juden sind darüber zu Fall gekommen bis auf den heutigen Tag, weil sie nicht ein Gebrauchswerk im Glauben daraus machten. Darum sieh zu, daß das Sakrament dir ein opus operantis sei, das heißt ein Gebrauchswerk, und Gott gefalle, nicht um seines Wesens willen, sondern um deines Glaubens und des guten Gebrauches willen, den dein Glaube von ihm macht. Das Wort Gottes ist ebenfalls Gott wohlgefällig durch sich selbst, es ist mir aber schädlich, wenn es Gott nicht auch in mir gefällt. Und kurzum, solches Geschwätz: opus operatum, opus operantis, sind vergebliche Menschenworte, mehr hinderlich als förderlich. Und wer könnte allen grausamen Mißbrauch und Mißglauben aufzählen, die in diesem hochwürdigen Sakrament sich täglich mehren, die zum Teil so geistlich und heilig sind, daß sie beinahe einen Engel verführen könnten? Kurzum, wer die Mißbräuche erkennen will, der halte sich nur vor Augen den genannten Gebrauch und Glauben dieses Sakraments, nämlich: Eine betrübte, hungrige Seele soll es sein, die Liebe, Hilfe und Beistand der ganzen Gemeinde, Christi und aller Christenheit herzlich begehrt und nicht daran zweifelt, sie im Glauben auch zu erlangen, und hernach in dieser Liebe auch Gemeinschaft hält mit jedermann. Wer nicht von daher das Hören oder Lesen der Messe und den Sakramentsempfang versteht und ordnet, der irrt und gebraucht dieses Sakrament nicht selig. Darum wird auch die Welt mit Pest, Kriegen und anderen greulichen Plagen überfallen, weil wir durch viele Messen nur immer mehr Ungnade erwecken.

Zum einundzwanzigsten. Nun merken wir, wie nötig dieses Sakrament denen ist, die sich in Todesgefahr oder andere Gefahr Leibes und der Seele begeben sollen, damit sie nicht allein und verlassen darin sind, sondern in der Gemeinde Christi und aller Heiligen gestärkt werden. Darum hat es Christus auch in der letzten Not und Gefahr seiner Jünger eingesetzt und gegeben. Weil wir denn allesamt täglich umgehen mit allen Gefahren und zuletzt sterben müssen, sollen wir Gott dem Barmherzigen aus allen Kräften voll Liebe und Demut danken, daß er uns ein solches gnädiges Zeichen gibt, mit dem er uns führt und zieht, wenn wir mit dem Glauben fest daran hangen, durch Tod und alle Gefahren zu sich selbst, zu Christus und allen Heiligen. Deswegen ist es auch nützlich und nötig, daß die Liebe und Gemeinschaft Christi und aller Heiligen verborgen, unsichtbar und geistlich geschehe und uns nur ein leibliches, sichtbares, äußerliches Zeichen derselben gegeben werde. Denn wenn diese Liebe, Gemeinschaft und Beistand öffentlich wäre, wie der Menschen zeitliche Gemeinschaft, so würden wir dadurch weder gestärkt noch geübt, auf die unsichtbaren und ewigen Güter zu vertrauen oder sie zu begehren. Sondern wir würden vielmehr geübt, nur auf zeitliche, sichtbare Güter zu vertrauen und für diese so sehr eingenommen, daß wir sie nicht gern fahren ließen und Gott nicht weiter folgten, als sofern uns sichtbare und handgreifliche Dinge erschienen. Dadurch würden wir daran gehindert, jemals noch zu Gott zu kommen. Denn es müssen alle zeitlichen und bemerkbaren Dinge von uns abfallen, und wir müssen uns ihrer ganz entwöhnen, wenn wir zu Gott kommen sollen.

Darum ist die Messe und dieses Sakrament ein Zeichen, an dem wir uns üben und gewöhnen, alle sichtbare Liebe, Hilfe und Trost zu verlassen und auf Christus und seiner Heiligen unsichtbare Liebe, Hilfe und Beistand zu vertrauen. Denn der Tod nimmt alle sichtbaren Dinge und scheidet uns von den Menschen und den zeitlichen Dingen. Daher müssen wir hiergegen Hilfe aus unsichtbaren und ewigen Dingen haben, und die werden uns im Sakrament und Zeichen gegeben. An ihnen hängen wir mit dem Glauben so lange, bis wir sie merklich und öffentlich erlangen.

So ist uns das Sakrament eine Furt, eine Brücke, eine Tür, ein Schiff und eine Tragbahre, in der und durch die wir von dieser Welt fahren ins ewige Leben. Darum liegt es ganz am Glauben. Denn wer nicht glaubt, der ist dem Menschen gleich, der über das Wasser fahren soll und so verzagt ist, daß er dem Schiff nicht traut, und verzagt bleiben muß und niemals selig werden kann, weil er nicht einsteigt und überfahren will. Das verursacht das Vertrauen auf das Sichtbare und der ungeübte Glaube, dem die Fahrt über den Jordan des Todes sauer wird, wozu der Teufel noch grausame Hilfe leistet.

Zum zweiundzwanzigsten. Das ist angedeutet schon vorzeiten Jos. 3,7 ff., als die Kinder Israel durch das Rote Meer mit trockenen Füßen gegangen waren; darin ist die Taufe angezeigt. Ebenso gingen sie auch durch den Jordan; aber die Priester standen im Jordan mit der Bundeslade, und das Wasser unter ihnen verzog sich, so daß es sich über ihnen erhob wie ein Berg. Darin ist dieses Sakrament angezeigt. Die Priester tragen und halten die Bundeslade im Jordan, wenn sie uns in Sterben oder Gefahr dieses Sakrament, Christus und aller Heiligen Gemeinschaft predigen und mitteilen. Wenn wir daran glauben, so vergehen die Wasser, die unter uns sind, das heißt, die zeitlichen, sichtbaren Dinge setzen uns nicht zu, sondern fliehen von uns. Aber die über uns sind, erheben sich hoch, das sind die greulichen Qualen und Bilder von Gericht und Ewigkeit, die uns in der Sterbestunde erschrecken, als wollten sie uns überfallen. Wenn wir uns aber nicht daran kehren und mit einem festen Glauben vorübergehen, so kommen wir mit trockenen Füßen ohne Schaden ins ewige Leben.

So haben wir vornehmlich zwei Sakramente in der Kirche, die Taufe und das Brot. Die Taufe führt uns in ein neues Leben auf der Erde, das Brot leitet uns durch den Tod ins ewige Leben. Und diese zwei Sakramente sind schon im voraus angedeutet durch das Rote Meer und den Jordan und die zwei Länder jenseits und diesseits des Jordans. Darum sprach der Herr beim Abendessen: »Ich werde diesen Wein nicht mehr trinken, bis ich ihn neu mit euch trinke in meines Vaters Reich.« (Mat. 26,29) So sehr ist dieses Sakrament ausgerichtet und geordnet zur Stärkung gegen den Tod und zum Eingang ins ewige Leben.

Zum Schluß. Die Frucht dieses Sakraments ist Gemeinschaft und Liebe, durch die wir gestärkt werden gegen Tod und alles Übel, so daß die Gemeinschaft doppelt ist: eine, daß wir Christi und aller Heiligen Gemeinschaft und Liebe genießen, die andere, daß wir alle Christenmenschen auch die unsere genießen lassen, wie sie und wir es vermögen. So soll die eigennützige Liebe zu sich selbst ausgerottet werden durch dieses Sakrament, damit die gemeinnützige Liebe aller Menschen eingelassen wird und so durch die Verwandlung aus der Kraft der Liebe ein Brot, ein Trank, ein Leib, eine Gemeinschaft wird, nämlich die rechte christliche brüderliche Einigkeit. Darum wollen wir uns nun ansehen, wie sich die großen Bruderschaften in ihrem Scheinglanz, die jetzt so zahlreich sind, hierzu verhalten und reimen.

Von den Bruderschaften

Zum ersten wollen wir die bösen Übungen der Bruderschaften ansehen. Eine unter ihnen ist die, daß man ein Fressen und Saufen ausrichtet, eine oder mehrere Messen halten läßt, nach denen der ganze Tag und die Nacht und der nächste Tag dazu dem Teufel zu eigen gegeben werden. Da geschieht nichts anderes, als was Gott mißfällt. Solches Wüten hat der böse Geist uns eingetragen, und er läßt es eine Bruderschaft nennen, obwohl es mehr eine Luderei ist und ein ganz heidnisches, ja säuisches Wesen. Es wäre viel besser, wenn keine Bruderschaft in der Welt wäre, als daß solcher Unfug geduldet wird. Es sollten weltliche Herren und die Städte mit der Geistlichkeit zusammenstehen, daß solches abgeschafft wird. Denn es geschieht Gott, den Heiligen und auch allen Christen große Unehre darin, und Gottesdienst und Feiertage werden dem Teufel zu einem Spott. Denn die heiligen Tage soll man mit guten Werken feiern und heiligen, und die Bruderschaft sollte auch eine besondere Versammlung guter Werke sein, nun ist ein Geldsammeln für Bier daraus geworden. Was soll der Name unserer lieben Frau, St. Annas, St. Sebastians oder anderer Heiligen bei deiner Bruderschaft tun, die nicht mehr ist als Fressen, Saufen, unnütz Geld vertun, Plärren, Schreien, Schwätzen, Tanzen und Zeit verlieren? Wenn man eine Sau zur Schirmherrin einer solchen Bruderschaft setzte, sie würde es nicht ertragen. Warum versucht man dann die lieben Heiligen so sehr, daß man ihren Namen zu solchen Schanden und Sünden mißbraucht und ihre Bruderschaft mit solchen bösen Stücken verunehrt und lästert? Weh denen, die das tun und zu tun bewilligen.

Zum zweiten. Wenn man eine Bruderschaft haben will, soll man zusammenlegen und an ein oder zwei Tischen arme Leute speisen und ihnen dienen lassen um Gottes willen. Man soll den Tag zuvor fasten und an dem Feiertag nüchtern bleiben, die Zeit mit Beten und anderen guten Werken zubringen. Dann würden Gott und seine Heiligen recht geehrt, daraus würde auch Besserung folgen und anderen ein gutes Beispiel gegeben. Oder man soll das Geld, das man versaufen will, zusammenlegen und einen Gemeinschaftsschatz sammeln, ein jedes Handwerk für sich, damit man in der Not einem bedürftigen Handwerksgenossen zulegen, helfen und leihen oder einem jungen Paar aus dem Volk dieses Handwerks aus diesem Gemeinschaftsschatz mit Ehren eine Aussteuer aussetzen könnte. Das wären rechte brüderliche Werke, die Gott und seinen Heiligen die Bruderschaft angenehm machten, so daß sie in ihnen gerne Schirmherren wären. Wo man das aber nicht tun und der alten Maskerade folgen will, ermahne ich doch, daß man solches nicht an dem Fest der Heiligen, auch nicht unter ihrem und der Bruderschaft Namen tue. Man nehme einen anderen Werktag und lasse der Heiligen und ihrer Bruderschaft Namen in Frieden, damit sie euch keinen Denkzettel verpassen. Obwohl kein Tag ohne Unehre und ohne solches Unwesen zugebracht wird, soll man doch die heiligen Feste und Namen mehr schonen, denn solche Bruderschaften lassen sich der Heiligen Bruderschaft nennen und treiben des Teufels Werk unter diesem Namen.

Zum dritten. Es herrscht eine andere böse Gewohnheit in den Bruderschaften, und das ist eine geistliche Bosheit, eine falsche Meinung. Sie meinen nämlich, ihre Bruderschaft sollte niemand anders zugute kommen als nur ihnen selbst, die in ihren Registern verzeichnet sind oder ihrer Zahl noch zugefügt werden. Diese verdammte böse Meinung ist noch ärger als die erste Bosheit. Sie ist eine Ursache, warum es Gott so verhängt, daß aus den Bruderschaften ein solcher Gottesspott und solche Lästerung wird mit Fressen und Saufen und dergleichen. Denn dadurch lernen sie, sich selbst zu suchen, sich selbst zu lieben, im Ernst nur sich selbst zu meinen, die anderen nicht zu achten, sich als etwas Besseres zu dünken und mehr Vorteil bei Gott anderen voraus herauszuschlagen. Und so geht die Gemeinschaft der Heiligen unter, die christliche Liebe und fest gegründete Bruderschaft, die in dem heiligen Sakrament eingesetzt ist. So wächst in ihnen die eigennützige Liebe, das heißt nichts anderes, als daß man mit diesen vielen äußerlichen Werkbruderschaften gegen die einzige, innerliche, geistliche, wesentliche, aller Heiligen gemeinsame Bruderschaft wirkt und sie zerstört. Wenn dann Gott das verkehrte Wesen sieht, so kehrt er es auch wieder um, wie Ps. 18,27 steht: »Mit den Verkehrten verkehrst du dich«, und fügt es so, daß sie sich mit ihren Bruderschaften selbst zu Spott und Schanden machen. Aus der gemeinsamen Bruderschaft der Heiligen, der sie entgegen und mit der sie nicht gemeinsam wirken, werden sie verstoßen in ihre verfressene, versoffene, unzüchtige Bruderschaft, damit sie das Ihre finden, die nicht mehr als das Ihre gesucht und gemeint haben. Und dennoch sind sie verblendet, so daß sie solche Unlust und Schande nicht erkennen und mit der Heiligen Namen solchen Unfug schmücken, als sei es wohlgetan. Darüber hinaus läßt Gott einige so tief in den Abgrund fallen, daß sie sich öffentlich rühmen und sagen, wer in ihrer Bruderschaft sei, könne nicht verdammt werden, gerade als wären die Taufe und die Sakramente, die von Gott selbst eingesetzt sind, geringer und Ungewisser als das, was sie mit ihren blinden Köpfen erdacht haben. Ebenso soll Gott die schänden und blenden, die seine Feste, seinen Namen, seine Heiligen zum Nachteil der allgemeinen christlichen Bruderschaft, die aus Christi Wunden geflossen ist, schmähen und lästern mit ihrem tollen Unwesen und den säuischen Gebräuchen ihrer Bruderschaften.

Zum vierten. Um zu lernen, wie man die Bruderschaften recht versteht und gebraucht, muß man den rechten Unterschied der Bruderschaften wissen und erkennen. Die erste ist die göttliche, die himmlische, die alleredelste, die alle anderen übertrifft, wie Gold Kupfer und Blei übertrifft, die Gemeinschaft aller Heiligen, von der oben gesprochen wurde, in der wir allesamt Brüder und Schwestern sind, so eng, daß eine engere nicht erdacht werden kann, denn da ist eine Taufe, ein Christus, ein Sakrament, eine Speise, ein Evangelium, ein Glaube, ein Geist, ein geistlicher Leib, und ein jeder ist des anderen Gliedmaß. Keine andere Bruderschaft ist so tief und nah. Denn natürliche Bruderschaft ist wohl ein Fleisch und Blut, ein Erbe und ein Haus, aber muß sich doch teilen und vermischen in anderes Geblüt und Erbe. Die zweckgebundenen Bruderschaften haben ein Vereinsregister, eine Messe, einen gemeinsamen Zweck, eine Zeit der Versammlung, eine Kasse und, wie es jetzt zugeht, ein Bier, ein Fressen und ein Saufen. Und keine reicht so tief, daß sie einen Geist mache. Denn den macht Christi Bruderschaft allein. Je größer, allgemeiner und weiter sie ist, desto besser ist sie darum auch. Alle anderen Bruderschaften sollen nun so geordnet sein, daß sie die erste und edelste stets vor Augen haben, diese allein groß achten und mit allen ihren Werken nichts Eigenes suchen, sondern alle ihre Werke um Gottes willen tun und Gott bitten, daß er diese christliche Gemeinschaft und Bruderschaft erhalte und bessere von Tag zu Tag. Wo also eine Bruderschaft sich erhebt, soll sie ein solches Bild bieten, daß sie vor anderen Menschen hervorragt, indem sie für die Christenheit mit Beten, Fasten, Almosen, guten Werken etwas Besonderes tut und nicht ihren Nutzen und Lohn sucht, auch niemanden abweist, sondern wie freie Diener der ganzen Gemeinschaft der Christenheit dient.

Wo solche rechte Meinung wäre, da würde Gott auch wiederum rechte Ordnung geben, damit die Bruderschaften nicht durch Schlemmerei zuschanden würden. Da würde Segen folgen, so daß man einen gemeinsamen Schatz sammeln könnte, mit dem anderen Menschen auch äußerlich geholfen würde. Dann gingen geistliche und leibliche Werke der Bruderschaften in ihrer rechten Ordnung. Und wer dieser Ordnung in seiner Bruderschaft nicht folgen will, dem rate ich, er trete aus und überlasse die Bruderschaft sich selbst, sie wird ihm sonst an Leib und Seele schaden.

Wenn du aber sprichst: Bekomme ich nicht etwas Besonderes in der Bruderschaft, was hilft sie mir denn noch?, so ist die Antwort: Ja, wenn du etwas Besonderes suchst, was hilft dir dann überhaupt Bruderschaft oder Schwesterschaft dazu? Diene du der Gemeinschaft und anderen Menschen so, wie es die Art der Liebe ist, so wird sich dein Lohn für diese Liebe wohl finden, ohne dein Suchen und Begehren. Wenn dir aber der Liebe Dienst und Lohn zu gering ist, so ist das ein Zeichen, daß du ein verkehrtes Verständnis von Bruderschaft hast. Die Liebe dient frei und umsonst, darum gibt ihr auch Gott wiederum frei und umsonst alle Güter. Weil denn alle Dinge in der Liebe geschehen müssen, wenn sie anders Gott gefallen sollen, so muß die Bruderschaft auch in der Liebe bestehen. Was aber in der Liebe geschieht, dessen Art ist es, nicht das Seine zu suchen noch seinen Nutzen, sondern den der anderen und vor allem der Gemeinschaft.

Zum fünften. Kommen wir wieder auf das Sakrament. Weil jetzt die christliche Gemeinschaft so übel dasteht, wie sie noch nie gestanden ist, und täglich mehr und mehr verkommt, bei den Höchstgestellten am allermeisten, und weil allerorten Sünde und Schande herrschen, sollst du nicht darauf sehen, wie viele Messen geschehen oder wie oft das Sakrament begangen wird. Denn davon wird es eher ärger als besser gehen. Sondern darauf sollst du sehen, wieviel du und andere aus der Bedeutung dieses Sakraments und im Glauben empfangen kannst. Denn darin liegt die Besserung ganz und gar. Und je mehr sich herausstellt, daß du in Christus und der Gemeinschaft seiner Heiligen einverleibt bist, je besser steht es um dich. Das heißt, wenn du feststellst, daß du stark wirst in der Zuversicht Christi und seiner lieben Heiligen; daß du gewiß bist, daß sie dich lieben und dir beistehen in allen Nöten des Lebens und Sterbens und dir wiederum zu Herzen geht aller Christen und der ganzen Gemeinschaft Schaden oder der Sündenfall eines jeden Christen; daß deine Liebe einem jeden zuteil wird und du gerne jedermann helfen, niemanden hassen, mit allen Mitleid haben und für sie bitten möchtest: Siehe, so geht das Werk des Sakramentes recht, so wirst du sehr oft weinen, klagen und trauern über den elenden Stand der heutigen Christenheit. Befindest du dich aber nicht in solcher Zuversicht zu Christus und seinen Heiligen und ficht dich die Not der Christenheit und eines jeden Nächsten nicht an und bewegt dich nicht, so hüte dich vor allen anderen guten Werken, durch die du auf anderem Wege meinst rechtschaffen und selig werden zu können. Es wird gewiß lauter Heuchelei, Schein und Trügerei sein, denn sie sind ohne Liebe und Gemeinschaft, ohne die nichts Gutes ist. Denn summa summarum: Die Liebe erfüllt alle Gebote. Amen.

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