Luther, Martin - Jubilate
Johannes 16,16-23
Über ein Kleines, so werdet Ihr mich nicht sehen; und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen; denn ich gehe zum Vater. Da sprachen etliche unter seinen Jüngern untereinander: Was ist das, daß er sagt zu uns, über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen, und daß ich zum Vater gehe? Da sprachen sie: Was ist das, daß er sagt, über ein Kleines? wir wissen nicht, was er redet. Da merkte Jesus, daß sie ihn fragen wollten, und sprach zu ihnen: Davon fragt ihr untereinander, daß ich gesagt habe, über ein Kleines, so werdet ihr mich nicht sehen, und aber über ein Kleines, so werdet ihr mich sehen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr werdet weinen und heulen; aber die Welt wird sich freuen. Ihr aber werdet traurig sein; doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden. Ein Weib, wenn sie gebiert, so hat sie Traurigkeit; denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß der Mensch zur Welt geboren ist. Und ihr habt auch nun Traurigkeit; aber ich will euch wieder sehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. Und an demselbigen Tage werdet ihr mich nichts fragen.
Dies Evangelium ist ein Stück von der Trostpredigt, welche der Herrn seinen Jüngern des Nachts über Tisch tut, als er bald danach im Garten von Judas verraten und von den Juden gefangen worden ist. Und geht dieser Trost besonders dahin: obwohl die Jüngern über dem schändlichen Tod des Herrn sich geärgert und darüber bekümmert werden sollten, so soll doch dieser Kummer nicht lange dauern; denn er, der Herr, werde nur ein Kleines von ihnen sein; danach werden sie ihn wieder sehen, wenn er von den Toten aufersteht, und sich seiner freuen und solcher Freude in Ewigkeit genießen.
Nun meldet Johannes mit vielen Worten, wie die Jüngern solche Predigt nicht verstanden, uns sich in das Kleine, wovon der Herr hier sagt, nicht haben richten können. Deswegen muß es ihnen der Herr erklären, und sie verstehen es immer noch nicht. Gleich nun wie es den Jüngern sauer geworden ist; also erfahren wir es auch, daß wir aus dem Kleinen auch nicht klug werden, und uns eben das im Wege liegt, daß die Jünger an solchem Verstande auch hinderte.
Denn als die Anfechtung kam, und sie den Herrn Jesus schmählich und armselig sterben sahen, da konnten sie nicht denken, daß es nur ein Kleines wäre; sondern so standen ihre Herzen: Es wäre nun mit dem Herrn Christus ganz und gar aus, und würde nun an ihnen sein, daß man eben mit ihnen, wie mit ihrem Meister, auch umgehen würde.
Daß sie aber gedacht haben sollten, es wäre nur um zwei Tage zu tun, da würde der Herr von den Toten in ein ewiges Leben auferstehen, und ihnen hier auf Erden wider die Welt, Teufel, Sünde und Tod helfen, bis er sie auch endlich selig machte: so weit konnten sie nicht denken. Darum meldete Johannes später, wie sie am Ostertag aus Furcht vor den Juden das Haus verriegelt, und es nicht glauben wollten, daß Christus von den Toten auferstanden ist, obgleich die Weiber und Petrus und die anderen zwei Jünger solches ihnen gesagt hatten. In der Summe, sie konnten es nicht glauben, daß es nur um ein Kleines zu tun war. Sie dachten, Christus würde also ewig im Tode bleiben, wie andere Menschen; sonst würden sie nicht so getrauert, sondern seiner Auferstehung mit Freuden erwartet und derselben sich getröstet haben.
So geht es uns auch; wenn Gott ein Unglück über uns kommen läßt, da ist bald der erste Gedanke: jetzt ist es aus, es ist keine Hilfe noch Rat zum helfen. Wir wollen uns weder sagen noch singen lassen, daß es nur um ein Kleines zu tun ist, und Gott bald und schnell sich mit seiner Gnade und Hilfe werde wieder sehen lassen. Darum werden wir kleinmütig, können nichts anderes als schreien und klagen. So doch, wie Paulus sagt, wir uns in der Anfechtung freuen und rühmen sollten: nicht allein wegen der zukünftigen Hilfe wegen, denn die wird nicht ausbleiben, wenn wir nur glauben und an dem Wort halten; sondern auch darum, daß wir durch das Kreuz, als durch eine gewisse Probe, mögen erkennen, daß wir Gottes Kinder sind, wie wir später noch hören werden.
Also ist nun dies Evangelium eine schöne Trostpredigt, nicht allein für die Jünger, sondern für alle Christen, daß sie das Wort (über ein Kleines) lernen sollen, und es in aller Anfechtung sich damit trösten: Es sei nur um ein Kleines zu tun, so werde dann das Leid verschwinden, und aller Trost und Freude sich wieder finden.
Auf das nun solcher Trost schnell möge gefaßt werden, wollen wir jetzt vom Kreuz und Leiden reden. Die Vernunft redet so, wo Gott ein Auge auf uns hätte und uns liebte, so würde er alles Unglück von uns nehmen und uns nicht leiden lassen. Weil aber jetzt da, jetzt dort alle Widerwärtigkeit auf uns kommt, da schließt die Vernunft, Gott habe uns entweder vergessen oder sei uns feind, und will unser nicht; sonst würde er helfen, und uns nicht zur jämmerlich liegen und zappeln lassen.
Gegen solche Gedanken aber, die wir von Natur haben, müssen wir uns mit Gottes Wort rüsten, und nicht wie wir denken, sondern wie das Wort uns sagt, urteilen. Denn urteilen wir außer und ohne daß Wort, so ist unser Urteil falsch und verführt uns. Was sagt nun das Wort? Erstens, daß auch nicht ein Haar von unserem Kopf fallen kann, es sei denn der Wille Gottes. Wer nun nach solchem Wort unseres lieben Herrn Christus urteilen will, der muß schließen: es ist gleich Teufel und Welt so mächtig und stark sie immer wollen, so können sie doch nicht das geringste gegen einen Christen tun, es sei denn der Wille Gottes. Wie der Herr Christus das Gleichnis von den Spatzen gibt; das ist ein unnützer Vogel, der mehr Schaden tut, denn als er nützt; und dennoch, sagt Christus, von diesen falle keiner auf die Erde und komme nicht um, es sei denn der Wille des Vaters im Himmel, Matthäus 10,29. Da muß ein Christ gewiß schließen, will er anders Christus nicht Lügen strafen, daß Gott mehr an einem Menschen, denn an viel Spatzen gelegen ist; wie Christus selbst sagt. Deswegen wird er sie in guter Acht und Hut haben, und beiden, Teufel und Welt, nicht so viel Macht lassen, daß sie gegen einen Christen etwas tun, was sie wollten. Tun sie ihm aber etwas, so wird Gott wohl darum wissen, und seinen Willen zuvor dazu gegeben haben, sonst müßten sie es wohl lassen. Das ist eins, das merke wohl, auf das Du nicht denkst, wenn es dir übel geht, Gott habe dich vergessen; so er an dich denken würde, würde es dir anders gehen; denn er denkt an dich, und läßt es dir doch übel gehen.
Da findet sich bald ein anderer Gedanke, der sehr gefährlich ist, denn so ich es so dafür halte, das Unglück, welches ich leide, daß habe Gott über mich verhängt, da fährt die Vernunft weiter und schließt: Gott muß es nicht gut mit mir meinen, sonst würde er mich nicht so plagen, er würde mich vom Leid befreien und mir gnädig sein. Wo dann das Gewissen zuschlägt und die Sünden uns unter die Augen kommen, da ist dann viel Mühe, daß man an Gott verzweifelt, ihm feind wird, von ihm sich wendet, und anders, wo es Gott verboten hat, Hilfe sucht. Denn wir denken, wir könnten es viel besser ertragen wenn das Unglück uns von bösen Leuten zugeführt würde, denn als daß es Gott über uns verhängen sollte.
Da ist nun wieder Not, daß wir mit Gottes Wort gefaßt sind und der Vernunft und ihrem Urteil nicht folgen. Denn da müßten wir gewiß entweder in Verzweiflung fallen, oder Gott feind werden und sein gar nicht achten. Nun, was sagt das Wort hier von? Paulus spricht 1. Korinther 12,31. 32.: «wenn wir uns selber richten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir von dem Herrn gezüchtet, auf das wir nicht samt der Welt verdammt werden.» Das ist ein klarer Spruch, daß Gott sieht, welche er zum ewigen Leben erhalten und bewahren will, züchtigt und straft, und ihnen nicht feind sein kann, daß sie dennoch allerlei, Unglück, Kreuz und Anfechtung leiden müssen.
Darum sollen wir in der Anfechtung an solchen Spruch uns halten. Einer hat dies, der andere ein anderes Anliegen, welches er gern wollte los sein; wenn er sich aber recht bedenkt: siehe, wäre diese Anfechtung nicht, so würdest du in diese oder andere Anfechtungen fallen; Gott tut dir dieses zum Besten, auf das er dich in seiner Furcht halte, dich zum Wort und Gebet treibe: dann wird es sich finden, daß Gott nicht darum straft, daß er uns feind ist, sondern daß er sich in seiner Liebe zeigt und uns vor dem ewigen Jammer bewahre. So sagt es auch die Epistel bei den Hebräern Kapitels 12,5. ff., den Spruch Salomos Sprüche bereit, 11. 12.: «Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn, und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn welchen der Herr liebt, den züchtigt er, und stäupt einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt. So ihr nun die Züchtigung erduldet, so erbarmt sich Gott, zu seinen Kindern. Denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Seid ihr habe ohne Züchtigung, welche sie alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr Bastarde, und nicht Kinder.» Also: «So wir unsere leiblichen Väter zu Züchtigern gehabt, und sie gescheut; sollten wir denn nicht viel mehr untertan sein dem geistlichen Vater, daß wir leben? Und jene zwar haben uns gezüchtigt wenige Tage nach ihrem Dünken; dieser aber zur Nutz, auf das wir seine Heiligung erlangen. Alle Züchtigung aber, wenn sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit sein. Aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind.» Dieser Spruch beweist nicht allein, daß die Strafe, die Gott auf uns legt, eine Liebesstrafe ist. Darum sollen wir ja nicht denken, wenn wir die Strafe fühlen, daß Gott mit uns zürnt, oder will unser nicht. Denn eben darum straft der uns, daß wir Kinder sind, und beim Erbe bleiben, und davon nicht verstoßen werden sollen.
Gleich aber wie das Wort vom Kreuz und Leiden uns gepredigt wird, also sehen wir es in den Beispielen auch. Wer kann doch, darf oder will sagen, daß der allmächtige, himmlische Vater seinen eingeborenen Sohn, Christus Jesus, nicht lieb gehabt habe? Und dennoch siehe sein Leben und Sterben an, ist nicht die Liebe groß und verborgen, daß wer dem äußerlichen Ansehen nach urteilen wollte, müßte sagen, Gott sei ihm von Herzen feind, und achte sein nicht, weit weniger, denn der Gottlosen Juden, die allen ihren Mutwillen an ihm übten? Wie Jesaja sagt: «Wir achteten ihn als den, der von Gott geschlagen war.» Und die Juden am Kreuz spotteten über ihn: «Ist er Gottes Sohn, so steige er vom Kreuz hernieder.»
Wie nun Gott seinen Sohn hier auf Erden gehalten hat, so will er alle Christen auch halten. Wie Christus selbst spricht: «Der Knecht ist nicht mehr, denn sein Meister. Haben Sie mich verfolgt; sie werden euch auch verfolgen.» Und die Epistel der Hebräer, schreibt: «So ihr ohne Züchtigung seid, welcher alle Kinder Gottes teilhaftig sind geworden, so werdet ihr nicht Kinder, sondern Bastarde sein.» Also sieht man, wie Schrift und Beispiel fein zusammen stimmen, daß wir Gottes gnädigen Willen erkennen, und nicht denken sollen, wenn es uns übel geht, als habe Gott unser vergessen und wolle unser nicht; sondern sollen die Anfechtung für eine gewisse Anzeigung der Liebe Gottes annehmen, und nicht zweifeln, weil uns Gott also heimsucht, wir sind seine lieben Kinder.
Nun soll man auch die Ursache lernen, warum doch Gott mit seinen Kindern so unbarmherzig (wie es scheint) umgeht, und sie stets unter der Rute hält. Solche Ursache zeigt Paulus an, da er spricht: «Wir werden vom Herrn gezüchtigt, auf das wir nicht mit der Welt verdammt werden.» So auch David, Psalm 119,71.: «Es ist nur gut, Herr, daß du mich gezüchtigst hast, auf das ich deine Rechte lernte.» Und Jesaja im 28. Kapitel Vers 19: «Der Unfall allein lehrt auf das Wort merken.» Denn gewiß ist es, wo Gott uns alles gebe, daß wir gern hätten, und vor allem Unglück uns bewahrte, so würden wir sicher, und unserer Sünde selbst nicht in Acht nehmen, und weder an das Wort noch anders Gebet denken. Wenn aber jetzt da, jetzt dort der Hagel einschlägt, und jetzt die, bald eine andere Widerwärtigkeit sich findet, da hat man Ursache, daß man nicht allein zum Gebet eile, sondern auch daran denke, wie wir mit unseren Sünden solche Strafe verdient haben, und deswegen unser Leben künftig fleißiger bessern, auf das die Strafe wieder weggenommen oder gelindert werde. Wie die Epistel der Hebräer spricht: unser Vater im Himmel züchtigt uns, uns zur Nutz, auf das wir seine Heiligung erlangen.
Darum, wo ein Christ das Kreuz fühlt, soll er sich nicht weich machen lassen, daß er nicht mehr denn weinen und klagen wollte. Er soll gedenken: Ich habe einen gnädigen Gott in Himmel, der hält mich, wie alle seine Kinder, und will durch solche Anfechtung, Schaden und Widerwärtigkeit mich meiner Sünden erinnern, und mich zur Buße mahnen, daß ich frömmer werden und mich vor Sünden bewahren soll, und sein Kind bleiben. Wer solches tut, der braucht das Kreuz recht und wird nicht ungeduldig im Leiden; läßt sich darum auch durch Ungeduld nicht dahin bewegen, daß er verbotene Mittel und Hilfe suchen wollte, sondern er wartet auf Gottes Hilfe und bittet darum.
Denn das ist das vierte Stück: Nachdem man weiß, daß außer Gottes Willen uns nichts widerfahren kann, und daß es Gottes gnädiger Wille ist, wo er uns etwas widerfahren läßt, daß man als dann weiter wissen und glauben soll, daß Gott mit der Anfechtung auch das Ende und die Errettung schaffen werde; wie der Heilige Paulus sehr fein spricht, 1. Korinther 10,13. «Gott ist getreu, der euch nicht läßt versuchen über euer Vermögen; sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende gewinnen, daß ihr es könnt ertragen.» Und auf dieses Stück reimt sich besonders, daß der Herr hier (dem Kleinen) sagt: es soll nicht lange dauern, eure Traurigkeit soll zur Freude, und zur ewigen Freude werden.
Da finden sich aber zwei treffliche Ursachen, daß man es nicht für ein Kleines halten kann, und es darum mit dem Glauben nicht kommen will. Die erste ist: daß die Anfechtung so groß und heftig ist, daß wir denken, wir müssen verderben, da sei keine Kraft noch Macht mehr, daß man könne länger halten. Wie man an dem König Hiskia sieht, Jesaja 37.: als der König von Assyrien die Stadt Jerusalem auffordert; da schickt Hiskia zum Propheten Jesaja, und ließ ihm diese Worte sagen: «Das ist ein Tag des Trübsals, Scheltens und Lästerns. Denn die Kinder sind bis zur Geburt gekommen, und ist keine Kraft da zu gebären», Vers 3. Und der Herr braucht hier auch dasselbe Gleichnis von einem gebärenden Weib. Denn der Christen Anfechtungen sind nicht schlechte, kleine Anfechtung; wie man im 69. Psalm sieht, da Christus selbst klagt und schreit «Gott, hilf mir; denn die Wasser gehen mir bis an die Seele. Ich versinke im tiefen Schlamm, da kein Grund ist. Ich bin in tiefen Wassern, und die Flut will mich ersäufen.»
Die andere ist, daß wir keinen Weg, Mittel noch Weise sehen, dadurch uns könnte geholfen werden. Da schließen wir denn, es ist aus mit uns, und könne nicht glauben, daß es nur um ein Kleines zu tun ist. Zu solchen dient dieses Gleichnis, daß der Herr hier sagt, von einer Frau, die gebären soll. Denn da läßt sich erst sehen, als werde kein Ende da sein und die Mutter müsse sterben. Aber in einem Augenblick gibt es sich, daß anstatt des Todes ein zweifaches Leben hervorkommt, daß die Mutter genesen, und ein schönes, gesundes Kind an die Welt gekommen ist. Darum verschwindet bald alles Leid und ist nur Freude da. Solches sieht man alle Tage vor Augen. Denn ob es wohl häufig übel zu geht, so geschieht doch solches selten, der gemeine Lauf ist, wie Christus hier sagt, daß plötzlich eine beständige, langwierige, herzliche Freude auf das Leid und die Schmerzen folgt. Solches will der Herr, daß wir es lernen, und wenn wir in Traurigkeit, Anfechtung und Kummer sind, daran denken sollen: Es sei nur um ein Kleines zu tun, danach soll es besser werden. Wie im Hebräer steht: «Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünkt sie uns nicht Freude, sondern Traurigkeit sein. Aber danach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübt sind.»
Also heißt es ein Kleines, weil es plötzlich eine Änderung gibt, die sich schnell findet, schneller als man denkt, wenn wir nur mit dem Gebet und dem Vertrauen auf Gottes gnädige Hilfe nicht zweifeln. Danach heißt die Anfechtung auch um ein Kleines, daß sie mit der ewigen Freude getauscht werden soll. Denn was ist es, daß der arme Lazarus zehn oder zwanzig Jahre arm und elend ist, gegen den, daß er danach in Ewigkeit leben soll? Also spricht Paulus zu den Römern im 8. Kapitel Vers 18: «Ich halte es dafür, daß dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns soll offenbart werden»; und 2. Korinther 4,17: «Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schaffet eine ewige, und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.» Und Petrus, 1. Petrus 1,6. 7.: «Ihr werdet euch freuen in der Seligkeit, die ihr jetzt eine kleine Zeit traurig seid in mancherlei Anfechtungen, auf das euer Glaube rechtschaffen, und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold»; und danach im 5. Kapitel Vers 10.: «Gott aller Gnaden, der euch berufen hat zu seine ewigen Herrlichkeit, in Christus Jesu, derselbe wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, wohl bereiten, stärken, kräftigen und gründen.»
Wer es nun also glauben und für wahr halten kann, daß es um ein Kleines zur tun ist, der hat einen gewissen Trost, an welchen er in der Anfechtung und Leiden sich halten kann. Darum liegt es alles an dem, das wir unserem lieben Herrn Christus trauen und sein Wort für wahr halten, daß ob gleich Unglück und Anfechtung über uns kommt, es doch nur um ein Kleines zu tun sei, auf das wir im Leiden uns trösten, wie man eine Frau, so in Kindesnöten liegt, tröstet, daß sie sich wohl haben soll, Gott werde ihr bald von der Last helfen, und sie mit einem fröhlichen Anblick ergötzen. Denn da ist es nicht möglich, daß man nicht zur Freude kommen, man muß zuvor Schmerzen haben und etwas leiden. Ob uns wohl, wie gesagt, unsere Vernunft immer plagt, uns solche Leiden und Schmerzen dahin deuten will, als wolle uns Gott darin verderben lassen; aber diese Meinung hat es nicht. Denn eben die Schmerzen, die ein gebärendes Weib hat, kommen darum, daß eine neue Frucht an die Welt gebracht werden soll. Also läßt Gott die Anfechtung kommen, daß wir Errettung finden, und darüber uns freuen werden.
Nun ist es aber besonders fein, daß der Herr den Jüngern deutet, was für eine Freude ihnen widerfahren soll. «Ich», spricht er, «will euch wieder sehen.» Solches ist am heiligen Ostertag geschehen, da sie ihn in einem neuen, ewigen Leben gesehen haben. Also sieht uns Christus auch, und unser Herz freut sich, wenn wir seine Auferstehung vor uns nehmen, und sehen, wie er für uns Sünde, Tod und Teufel überwunden hat, daß wir durch ihn auch ewig leben sollen. Das ist die rechte beständige, ewige Freude, die allen Kummer wendet und nie von uns genommen werden soll.
Darum sollen wir unter dem Kreuz nicht ungeduldig und kleinmütig sein, sondern diesen Trost festhalten, wenn wir Leiden, so soll es doch um ein Kleines zu tun sein. Denn Christus ist auferstanden und sitzt zur Rechten seines Vaters, daß er dem Teufel und allen Jammer wehren, und uns ewig selig machen will. Das verleihe uns unser treuer Gott und Vater, durch seinen Sohn und unseren Erlöser, Christus Jesus, Amen.