Körber, Emil - Ölblatt - Die Wiedergeburt.

Körber, Emil - Ölblatt - Die Wiedergeburt.

(11. Februar 1872.)

Text: Joh. 3,1-15.
Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern, mit Namen Nikodemus, ein Oberster unter den Juden; der kam zu Jesu bei der Nacht, und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, dass du bist ein Lehrer. von Gott gekommen; denn Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm. Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass Jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er auch wiederum in seiner Mutter Leib gehen, und geboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass Jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das ist Geist. Lass dichs nicht wundern, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, von wannen er kommt, und wohin er fährt. Also ist ein Jeglicher, der aus dem Geist geboren ist. Nikodemus antwortete, und sprach zu ihm: Wie mag solches zugehen? Jesus antwortete, und sprach zu ihm: Bist du ein Meister in Israel, und weißt das nicht? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, das wir wissen, und zeugen, das wir gesehen haben; und ihr nehmt unser Zeugnis nicht an. Glaubt ihr nicht, wenn ich euch von irdischen Dingen sage; wie würdet ihr glauben, wenn ich euch von himmlischen Dingen sagen würde? Und Niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel hernieder gekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist. Und wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben,

Unser Evangelium entrollt vor unsern Augen ein gar schönes Bild, das bei allem nächtlichen Dunkel doch licht und helle ist, und bei allem heiligen Ernst gar lieblich und anziehend. Wir werden im Geiste nach Jerusalem versetzt, nicht um die Herrlichkeit und den Glanz der alten Königs- und Priesterstadt zu schauen und etwa den Tempel und die Paläste zu bewundern, sondern um in stiller nächtlicher Stunde mit Nikodemus, der zu Jesu bei der Nacht kam, Lebensworte aus dem Munde des Heilands zu hören: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: es sei denn, dass Jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Solche Lebensworte können wir brauchen mitten in einer Welt des Todes, solch ernstes Wahrheitszeugnis tut uns not bei dem Leichtsinn und der Oberflächlichkeit unserer Zeit, die immer weiter um sich greifen und viele Herzen anfressen. Da ruft uns das Wort Jesu wie mit aufgehobenem Finger feierlich und ernst zu, dass es über dieser Welt und Zeit eine Ewigkeit gibt, über den Weltreichen und Weltkirchen ein Gottesreich und Himmelreich, das zu schauen und zu genießen Lust und Seligkeit ist. Aber ebenso ernst und feierlich bezeugt uns der Heiland in unserem Texte, dass man nicht so leicht in den Himmel hineinhüpft, wie so Viele wähnen; sondern dass es auf Erden ein ernstes Ringen gilt, ein Streben und Trachten, ein Kämpfen ums Kleinod, eine völlige Umkehr und Bekehrung, eine Wiedergeburt von oben herab.

So lasst uns denn mit ganzem Herzen lauschen auf die Lebensworte unseres Herrn; lasst uns hingehen an die Quelle des Lebens und Lebenswasser trinken, dass wir gesund und satt werden für Zeit und Ewigkeit. Wen da dürstet, der komme und trinke! Ich will dem Durstigen geben das Wasser des Lebens umsonst. Und ihr lieben Seelen insbesondere, die ihr ein Verlangen und Sehnen in euch tragt nach einer wahren Wiedergeburt und Bekehrung, und gerne ganz des Heilands Eigentum werden möchtet, öffnet eure Herzen, dass das Wort Gottes hineinfalle als eine wiedergebärende Kraft zur Seligkeit. So sei denn heute der Gegenstand unserer Betrachtung

das merkwürdige Nachtgespräch Jesu mit Nikodemus über die Wiedergeburt;

wir sehen

  1. die Wiedergeburt ist zum Eingang ins Himmelreich durchaus notwendig;
  2. sie ist zwar geheimnisvoll, aber sie beweist sich im Leben;
  3. wie gelangen wir zur Wiedergeburt?

O treuer Immanuel, werd auch in mir nun geboren!
Komm, o mein Heiland, denn ohne dich bin ich verloren!
Wohne in mir, mach mich ganz eines mit Dir,
Der du mich liebend erkoren.

Ja Herr, Jesus Christus, du ans Kreuz erhöhter und verklärter Heiland! schenke uns Allen deine seligmachende Gnade ins Herz hinein. Vollführe und vollende das Werk der Wiedergeburt, das du in gar Manchen unter uns angefangen hast; und bei denen, die noch tot in Sünden und Übertretungen sind, lass eine heilsame Erweckung stattfinden, auf dass sie sich aufmachen, dich suchen und finden, so dass wir Alle das Volk deiner Weide und Schafe deiner Hand werden. Amen.

I. Die Wiedergeburt ist zum Eingang ins Reich Gottes durchaus notwendig.

Davon handeln wir zuerst nach Anleitung unseres Textes. Der Tag mit seiner Arbeit und Mühe war vergangen, der Abend war herbeigekommen. Jesus ist in der Stille allein bei seinem Vater. Da tritt herein ein Oberster der Juden, ein pharisäischer Rabbi, ein Meister in Israel, ein ehrwürdiger Greis. Er will gerne zu den Füßen des jungen Meisters, des Zimmermanns von Nazareth, sitzen und von ihm lernen; denn die Zeichen, die Jesus tat, zeugen laut: Gott ist mit ihm. Aber was für eine Überwindung mag es Nikodemus gekostet haben, bis er so weit herabstieg, bis er brach mit den Vorurteilen der Zeitbildung, die einen Messias mit äußerer Pracht und Herrlichkeit erwartete, bis er brach mit den Standes- und andern Rücksichten. Was mag für ein Kampf in seinem Innern vorausgegangen sein, was für Gedanken und Vorstellungen durchkreuzten seine Seele! Doch endlich entschließt er sich, er geht zu Jesus, aber in der Nacht. „Meister, wir wissen, dass du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“ Also hebt Nikodemus an. Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: es sei denn, dass Jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Fürwahr, das ist eine Antwort zum Verwundern. Hat denn nicht Nikodemus dem Heiland die schönsten und besten Worte zum Eingang gesagt, und offenbar aus redlichem und treuem Herzen nach bestem Wissen und Gewissen: du bist ein Lehrer, von Gott gekommen, Gott ist mit dir, Niemand kann die Zeichen tun, die du tust? Kann denn unser Herr mehr verlangen? Aber Jesus kümmert sich scheinbar um dies Alles nichts, sondern stellt dem Allen wie einen gewaltigen Felsblock. entgegen die Notwendigkeit der Wiedergeburt für Jeden, der das Reich Gottes sehen will. O Geliebte, möchten wir nur allesamt in eine recht anhaltende Verwunderung geraten über diese Antwort Jesu! möchte dieser Felsblock uns Allen recht vor die Füße fallen, dass wir keinen Schritt weiter gehen, sondern stille stehen und nachdenken über die Bekehrung und Wiedergeburt, nicht theoretisch, sondern praktisch, nicht mit dem Kopfe, sondern mit dem Herzen, daheim im stillen Kämmerlein auf den Knien, da rede mit deinem Vater im Verborgenen: Bekehre mich, Herr, so bin ich bekehrt; nimm das steinerne, unbußfertige Herz weg von mir und gib mir ein fleischernes, weiches, bußfertiges, demütiges Herz; gib mir ein neues Herz und einen neuen Geist!

Du Atem aus der ewigen Stille,
Durchwehe sanft der Seele Grund!
Füll mich mit aller Gottesfülle,
Und da, wo Sünd und Gräuel stund,
Lab Glauben, Lieb und Ehrfurcht grünen,
In Geist und Wahrheit Gott zu dienen.

Ja, wir wollen uns recht verwundern über die Worte Jesu; wir wollen nicht so gleichgültig und sicher sein, als ob Alles bei uns in Richtigkeit und Ordnung wäre. O bei wie Vielen, Vielen ist das Christentum nicht auf den Felsen, sondern auf den Sand gebaut. Darum lasst uns bei Zeiten, so lange es heute heißt, die Augen auftun, dass uns nicht in der Ewigkeit Schrecken und Entsetzen überfallen müssen, wenn wir offenbar werden als das, was wir sind.

„Wahrlich, wahrlich ich sage dir: es sei denn, dass Jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Mit der heiligsten und feierlichsten Versicherung beteuert Jesus, dass zum Eingang ins Himmelreich die Wiedergeburt durchaus notwendig sei. Das ist ein unverbrüchliches Gesetz des heiligen Gottes, und keine Menschenhand, kein Menschenwitz und keine Menschenweisheit kann daran etwas ändern. Die Menschen mögen sich nun drehen und wenden wie sie wollen, sie mögen disputieren und philosophieren, so lange sie wollen, es bleibt einmal bei der heiligen Ordnung Gottes: entweder wiedergeboren oder verloren! Wer nicht wiedergeboren ist, kann keinen Blick ins Reich Gottes tun, viel weniger einen Fuß hinein sehen. Diese absolute Notwendigkeit der Wiedergeburt und Bekehrung bezeugt Jesus mit dem edlen Freimute göttlicher Wahrheit dem Nikodemus ins Angesicht. Wahrlich, wahrlich, ich sage dir! Der Herr macht keine langen Umschweife und Umwege, auch redet er nicht verblümt und kleidet seine Worte in allerhand schöne und feine Redensarten ein, sie süße einzugeben, auch schwächt er die Wahrheit dem Nikodemus gegenüber nicht ab, sondern gerade und richtig, frei heraus, feierlich und ernst verkündet er dem Nikodemus das Eine, das not ist. O meine Lieben, was würden manche Leute unter uns sagen, wenn man ihnen ins Angesicht, Mund gegen Mund, beteuern wollte: Du musst wiedergeboren werden! Das würden sie für eine grobe Beleidigung ansehen, das wäre in ihren Augen gegen allen Takt und würde einen Mangel an Bildung verraten. Aber, im Herrn Geliebte, Jesus steht heute vor uns im Evangelium; und wenn wir ein solch ernstes Bezeugen auch von Menschen nicht annehmen würden, so müssen wir von Ihm, dem Gottessohn und Menschensohn, dem König der Wahrheit, der Herzen und Nieren erforscht, dem Bischof unserer Seelen, der es am treusten und besten mit uns meint, es willig und demütig annehmen. Ja Jesus steht heute nicht bloß vor Nikodemus, sondern auch vor uns, vor mir und dir, und ruft laut und gewaltig, freundlich und liebevoll: Du musst wiedergeboren werden! wer du auch seist, vornehm oder gering, reich oder arm, angesehen oder verachtet, jung oder alt du musst wiedergeboren werden. Und wenn du auch weiße Haare auf dem Haupte trägst, wenn du ein Oberster im Volke bist und ein Meister in Israel, wenn du das erste Amt im Staate oder in der Kirche verwaltest: du kannst das Reich Gottes nicht schauen, es sei denn, dass du von neuem geboren werdest. O, möchte die Stimme Jesu an unser Herz dringen! Lasst uns dieselbe nicht überhören bei dem rauschenden Treiben und Lärmen der Welt; lasst uns in die Stille gehen! Jesus steht vor uns heilig und ernst, aber auch holdselig und freundlich, voll Huld und Gnade; er will nicht, dass Eines von uns verloren werde, sondern dass sich Jedermann zur Buße kehre.

Aber, was ist denn eigentlich die Wiedergeburt? Was soll es denn heißen, von neuem geboren werden? Was ist denn die Sache selbst, von welcher der Heiland so feierlich und ernst redet? Sind etwa die Worte Jesu nur mystische Ausdrücke und Vorstellungen, die im Grunde nichts Anderes sagen wollen, als: zur Erlangung der Seligkeit komme es auf innerliche Rechtschaffenheit an, darauf, dass der Mensch sich vor groben Ausbrüchen der Sünden hüte, ein wohlanständiges und ehrbares Leben führe, ein gutes Herz habe, es mit seinen Mitmenschen gut meine und so ein brauchbares und taugliches Glied der menschlichen Gesellschaft sei? Das alles ist recht und gut und Gott wohlgefällig, aber ins Himmelreich hinein reicht das nicht. Das ist keine Wiedergeburt zu nennen. Vergessen wir nicht: vor Jesus steht nicht einer der Zöllner und Sünder, dem der Heiland ins Gewissen redet, nicht ein grober Sündenknecht, wie Hurer, Ehebrecher, Diebe, sondern ein frommer, rechtschaffener Israelite, der nach dem Gesetze zu leben bemüht ist; und gerade diesem rechtschaffenen Nikodemus bezeugt der Heiland die Notwendigkeit der Wiedergeburt. Die Wiedergeburt ist ein Werk der göttlichen Gnade, die aus dem geistlichen Tod der Sünde den Menschen aufweckt und mit geistlichen, göttlichen Lebenskräften. erfüllt, sie ist eine innere Umwandlung und Neuschaffung des inneren Menschen, dass es heißt: „Ich lebe, doch nicht ich, Christus lebet in mir. Denn was ich noch lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dargegeben.“ Der Mensch bekommt ein neues Herz, einen neuen Geist, und wird angetan mit Kraft aus der Höhe, dass er nun geschickt ist zu allem guten Werk mit Freuden und Gott und Christum liebt von Herzen.

II. Die Wiedergeburt ist zwar geheimnisvoll, aber sie beweist sich im Leben.

„Lass dichs nicht wundern, dass ich gesagt habe ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist ein Jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.“ Als der Heiland dem Nikodemus schlicht und ernst die Wiedergeburt bezeugte und erklärte, musste sich der alte jüdische Rabbi verwundern. So etwas hatte er noch nie gehört in seinem ganzen Leben; er hat viel gehört, viel studiert, viel gelernt und gelehrt, aber nein - das hat er nie und nirgends gefunden, und doch ist es so anziehend und lieblich; aber so einfach die Worte sind, so tief und unergründlich ist der Sinn, wie das Weltmeer und der Sternenhimmel. Darum wundert sich Nikodemus und staunt. So geht es noch jetzt dem natürlichen Menschen; denn die Wiedergeburt muss erlebt und erfahren sein am eigenen Herzen. Aber auch dann können wir den inneren Vorgang. derselben nicht bis ins Einzelste auswickeln und erklären, so wenig als wir bei der natürlichen Zeugung und Geburt Alles begreifen, so wenig als wir im Grunde verstehen und erklären können, von wannen der Wind kommt und wohin er fährt. Die Wiedergeburt bleibt also im tiefsten Grunde ein Geheimnis des Himmelreichs; aber die Wirkungen derselben sind offenbar, man kann sie spüren und merken, sie muss sich beweisen und bewähren im Leben. Der Wind bläst und weht, und du hörst sein Saufen wohl! Also ist ein Jeglicher, der aus dem Geist geboren ist. Es weht in ihm und von ihm ein neues Leben, ein Friedens- und Freudenleben im heiligen Geiste. Der verborgene Mensch des Herzens tritt heraus mit sanftem und stillem Geist, das ist köstlich vor Gott und Menschen. Wer an mich glaubt, spricht Jesus, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Nun gleicht der Mensch nicht mehr einem erstorbenen Baume, sondern er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Blätter nimmer welken; nun gleicht das Herz nicht mehr einer öden, durch die Sünde, den Hochmut und die Selbstgerechtigkeit verderbten Wüste, sondern es ist gleich einem Garten voll Gewächse schönster Arten, voller Blüt' und Lieblichkeit.

„Ja du hörst sein Sausen wohl“: die Stimme der Weisheit, nicht mehr die Stimme der Torheit; die Stimme des Friedens und der Versöhnlichkeit, nicht mehr des Unfriedens, des Haders, Neides und Streites; die Stimme der Gerechtigkeit und Wahrheit, nicht mehr der Ungerechtigkeit und Lüge; die Stimme der Keuschheit und Reinheit, nicht mehr der Unkeuschheit und Wollust; die Stimme des Lobens und Dankens, nicht mehr des Klagens und Murrens; die Stimme des Betens und Segnens, nicht mehr des Fluchens und Scheltens! Ja du hörst sein Sausen wohl! Drinnen aber im Herzen, da weht der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, da brennt die Flamme der Liebe Christi, von der Paulus sagt: Christum lieb haben ist viel besser, denn alles Wissen und Verstehen; da glüht das Feuer des Glaubens, der auf Erden wandelt und im Himmel die Heimat hat. Also ist ein Jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.

O meine Lieben, ergreift uns nicht ein tiefes Sehnen und heißes Verlangen nach diesem herrlichen Zustande der Wiedergeburt und Gotteskindschaft, nach dem seligen Leben der Kinder Gottes im Glauben, in der Liebe, in der Hoffnung? Ach, die ihr noch in der Welt steht, ohne einen lebendigen Heiland im Herzen zu haben wie lange wollt ihr noch zufrieden sein mit der Eitelkeit und vergänglichen Lust dieser Zeit? Und doch ist dies keine Zufriedenheit, kein Glück, wie ihr selbst zugeben und gestehen müsst. Ach wie oft fühlt sich dein Herz unglücklich, unbefriedigt, einsam und verlassen mitten in der rauschenden Lust der Welt, mitten in der Ehre, mitten im Reichtum, mitten, in der Bildung und Wissenschaft. O lieber Bruder, lass dir die Hand aufs Herz legen! Soll ich dir frei und offen heraussagen, was dir fehlt? Eines fehlt dir! ja Einer fehlt Dir! Jesus Christus, die Sonne der Geister, die Freude des Herzens. Komme zu ihm und bitte ihn um die Gnade und Gabe der Wiedergeburt und Bekehrung; dann darfst du das Reich Gottes sehen und seine Lieblichkeit und Freundlichkeit schmecken, dann bist du glücklich in der Zeit und selig in der Ewigkeit. Darum bete mit mir von Herzensgrund:

Schenke, Herr, auf meine Bitte
Mir ein göttliches Gemüte,
Einen königlichen Geist,
Mich als dir verlobt zu tragen,
Allem freudig abzusagen,
Was nur Welt und irdisch heißt.

Wie gelangen wir nun zur Wiedergeburt? welches ist

III. der Weg zur Wiedergeburt?

Davon redet der Heiland am Schluss unseres Textes: „Wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Da haben wir den Weg der Wiedergeburt und Bekehrung aufs klarste und deutlichste vor Augen gemalt, so dass auch ein Blinder ihn finden kann. Der Weg zur Wiedergeburt führt abseits von den Sümpfen der weltlichen Lust, abseits von den trüben Wassern der menschlichen Moral und Selbstgerechtigkeit direkt über den Hügel Golgatha. Da steht ein Kreuz, und an dem Kreuze hängt ein Mann, Jesus Christus ist sein Name; unsägliche Schmerzen gehen ihm durch Leib und Seele, endlich ruft er: es ist vollbracht! und neigt im Tode sein Haupt. Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt; siehe, das ist unser Bürge, das ist der Versöhner und Heiland der Welt, das Sühnopfer für unsere Sünden. Wer an diesen ans Kreuz erhöhten Mittler zwischen Gott und den Menschen glaubt, von Herzen glaubt, der wird nicht verloren gehen, sondern hat das ewige Leben, der ist aus dem Tode ins Leben hindurchgedrungen, der ist begnadigt, gerechtfertigt, geheiligt, in dem kommt das neue Leben des Geistes zu Stande, der ist wiedergeboren. Einen andern Weg zur Wiedergeburt, als den Glauben an den ans Kreuz erhöhten Heiland gibt es nicht. In diesem Glauben liegt das Leben, im Unglauben der Tod.

O meine Lieben, was wollen wir weiter sagen? Lasst uns im Glauben nach Golgatha eilen und den Gekreuzigten ansehen als unsern Bürgen, als unsern Versöhner! O kommt doch Alle zu dem, der die Gottlosen gerecht und die Toten lebendig macht; stellt euch mit mir unter das Kreuz Jesu und lasst uns sprechen mit herzlicher Heilsbegierde:

Heile mich, o Heil der Seelen!
Wo ich krank und traurig bin;
Nimm die Schmerzen, die mich quälen,
Und den ganzen Schaden hin,
Den mir Adams Fall gebracht,
Und ich selbsten mir gemacht;
Wird, o Arzt, dein Blut mich netzen,
Wird sich all mein Jammer setzen.

Ja, Geliebte, wir wollen heute im Hause des Herrn den heiligen Entschluss fassen, nicht zu ruhen noch zu rasten, bis wir im Glauben an Jesum Christum die Wiedergeburt aus dem Geiste gefunden haben, bis wir fröhlich dankend ausrufen können: Gelobt sei Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu. Christi von den Toten. Das walte Gott, unser lieber Herr und Heiland!

Amen.

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