Hofacker, Ludwig - Andachten über das Evangelium nach Lukas

Hofacker, Ludwig - Andachten über das Evangelium nach Lukas

Lukas 11,2.

Er aber sprach zu ihnen: wenn ihr betet, so sprecht: unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt usw.

Daran wird uns der HErr auch einmal erinnern bei seiner Abrechnung. Der König wird zu dem Knecht sagen: ich habe dich das „Vater unser“ auswendig lernen lassen, du hast es unzählige Mal gebetet, aber immer geheuchelt und gelogen. Du hast gebetet: „unser Vater in dem Himmel,“ und hast damit bezeugt, dass du deine Brüder lieben solltest, weil sie deine Brüder sind, du hast aber allenthalben mur an dich gedacht und deiner Brüder vergessen oder sie gar untergetreten. Du hast gebetet: „dein Name werde geheiligt.“ Aber meinen Namen hast du verunheiligt, entweiht, entehrt; es war dir in allen Dingen nicht um die Heiligung meines Namens zu tun. Du hast gebetet: „dein Reich komme!“ Aber du hast mit Gedanken und Worten und Werken allezeit nur des Teufels Reich Vorschub getan. Du hast gebetet: „dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.“ Und siehe, mein Wille galt nichts bei dir. Du hast gebetet: „unser täglich Brot gib uns heute.“ Aber du wolltest mehr, und strebtest nach Weiterem als nach dem täglichen Brot. Du hast gebetet: „vergiss uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ Damit hast du ja meine Gerechtigkeit völlig über dich herausgefordert, denn du kannst und konntest ja kein ungerades Wörtlein von deinem Nächsten überhören und vergessen. Du hast gebetet: „führe uns nicht in Versuchung.“ Aber du bist den Versuchungen zum Bösen selbst nachgelaufen und hast mir solches zugemutet. Du hast gebetet: „erlöse uns von dem Übel.“ Aber du hast an dem größten Übel, an der Quelle aller Übel, an der Sünde, deine größte Freude gehabt. Du hast gebetet: „dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.“ So hast du mir wohl mit deinem Mund die Ehre gegeben, aber in deinem Herzen hieß es anders. Dem Teufel, dem Mammon, der Welt, der Sünde gebührt das Reich, die Kraft, die Herrlichkeit; siehe, dies war dein Sinn. So hast du nun mich angeheuchelt und angelogen viele Jahre her. Du Schalksknecht und Heuchler!

Lukas 13,6-9.

Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: es hatte Einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg; und kam und suchte Frucht darauf, und fand sie nicht. Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang alle Jahr kommen und habe Frucht gesucht auf diesem Feigenbaum, und finde sie nicht; haue ihn ab, was hindert er das Land? Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis dass ich um ihn grabe und bedünge ihn, ob er wollte Frucht bringen; wo aber nicht, so haue ihn danach ab.

Freilich, der Heiland weinte über Jerusalem; und auch im Gleichnis unseres heutigen Evangeliums offenbart er etwas von der unaussprechlichen Geduld und Langmut Gottes, der, wie der Herr auf die eingelegte Fürbitte des Weingärtners hört, so auch auf die hohepriesterliche Fürbitte des Heilands achtet, zuwartet und Gnadenfrist gibt. Das Herz des Heilands ist noch voll Zärtlichkeit und Geduld; so sucht er noch jetzt durch seine hohepriesterliche Fürbitte die strafende Gerechtigkeit Gottes aufzuhalten, um die Sünder wo möglich zur Buße zu kehren. Dieser Fürbitte Jesu haben wir Alle es zu danken, dass wir noch leben, noch in der Gnadenzeit stehen. Siehe, daher kommt es, dass du noch stehst, alter Sünder! obgleich reif für die Hölle; daher kommt es, dass du noch die unaussprechliche Gnade genießt, das Evangelium zu hören; daher kommt es, dass er dich mit manchen Leiden heimsucht; daher kommt es, dass es dir oft deutlicher als je wird: ich muss anders werden; daher weil der heilige Weingärtner die Axt, die schon an die Wurzel der Bäume gelegt ist, aufgehalten, dir Buß- und Gnadenfrist erbeten hat, und nun Ales anwendet, um noch Früchte der Buße aus dir herauszulocken. „Ich will ihn umgraben und bedüngen,“ spricht er im Evangelium. O welche Treue! Solch ein unfruchtbarer, fauler Baum sollte ja längst weggerafft sein.

Aber durch dieses Hohepriestertum Christi wird die Gerechtigkeit Gottes nicht zerstört. Denn der Hohepriester selbst gesteht nach dem Gleichnis zu, dass ein unfruchtbarer Baum des Abhauens würdig ist, und sagt selber, wenn er nach der Gnadenfrist keine Frucht trage, dann soll er umgehauen werden. Zuletzt offenbart sich doch Gottes rächender Arm; so hat er sich bewiesen an Jerusalem, so hat er sich schon an Tausenden bewiesen, und so wird er sich ferner noch beweisen. Am Tag des Zorns wird kaum der Gerechte bestehen; wo soll aber der Ungerechte bleiben? Darum zu Christo hin, aus der Lauheit heraus, aus dem Leichtsinn heraus, aus dem Maulglauben heraus! Denn es wird wahrlich anders gehen, als wir nach unsern weichlichen und bequemen Gedanken glaubten!

HErr Jesu! führ mich durch die enge Pforte Bei dem Licht von deinem Worte; Lass mich ja nicht sicher leben, Nicht der Weltlust mich ergeben, Mich nicht bis zum Grab verschulden, was ich leide, gläubig dulden, und nach überstandnen Proben Deine Macht im Himmel loben!

Lukas 14,1.

Und sie hielten auf ihn.

Warum denn so? Was hat denn der Heiland ihnen getan? Warum wollen sie ihn fällen? Warum würden sie sich so hoch freuen, wenn sie ihm etwas anhaben könnten? Er ist doch ein heiliger Mensch gewesen, sie konnten es nicht leugnen, ein Prophet, den sie aus Achtung vor Gott hätten achten sollen, weil ihm Gott Zeugnis gab durch solche Wunder und Werke. Warum können sie diesen Heiland nicht leiden? Sie waren doch fromm; sie wussten ihre ganze Bibel auswendig. Antwort: sie standen in der alten Geburt. Sie waren geblieben, wie sie geboren waren, und in seinem natürlichen Zustand hat der Mensch eine solche Verhärtung in seinen vorgefassten Meinungen, eine solche Verhärtung in das hinein, was ihm gefällt, was ihm beliebt, was seine Ansicht ist, eine solche Verhärtung, seine Leidenschaft auszuführen, sein „Ich“ Meister sein zu lassen, dass er Alles, was demselben entgegen ist, als feindlich ansieht. So sahen sie in dem Heiland ihren Feind, und suchten ihn wider alles bessere Wissen und Gewissen zu fällen. Ach, es muss eben mit den Grundgedanken unseres Herzens eine Veränderung und Umschmelzung vorgehen, sonst haben wir immer einen Widerspruch, einen heimlichen Widerwillen gegen den Heiland in uns. Unter diesen Grundgedanken verstehe die Gedanken, Ansichten und Begriffe, welche unserem Denken, Wollen, Empfinden zu Grunde liegen, die vorgefassten Meinungen, aus welchen heraus, der Mensch, ohne dass er sich selbst es bewusst ist, handelt und denkt und will. Es sei nur ein Beispiel angeführt. Im Herzen des Menschen herrscht der Grundgedanke, dass es etwas sei um das Irdische, das doch nichts ist, dass der Besitz des Irdischen Wert an sich selber habe. Wie tut es uns heimlich so wohl, wenn wir sagen können: mein Haus, mein Weinberg. Und fühlen wir nicht einen größeren Respekt vor einem Reichen als vor einem Armen? Diese Grundgedanken aber, dieses Gewebe, aus welchem unser inwendiges Treiben und Tun entsteht, ist von Natur ein Schlangengewebe, eine Mischung von unbewussten Gefühlen, die die Mutter sind von Mord, Ehebruch rc., sie machen ein Ganzes aus, und es geht nichts vor im Herzen, das nicht in diesem Schlangengewebe seinen Grund hätte, denn es sind nicht etwa Gedanken, die so hin und her flattern, sondern es sind kräftige Irrtümer, die ihren letzten Grund in der Hölle haben. Diese falschen Grundgedanken reißt darum der Heiland zuerst um.

Du musst erst Geist aus Geist geboren werden,
Dann wandelst du des Geistes schmale Bahn;
Sonst ist es schwer und gehet doch nicht an.
Weg schnöder Sinn, du Schlamm der Erden,
Ich muss erst Geist aus Geist geboren werden.

Lukas 18,9.

„Er sagte aber zu Etlichen, die sich selbst vermaßen, dass sie fromm wären und verachteten die Anderen, dies Gleichnis. **

Es ist dies das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner. Dies Gleichnis hat zu mancherlei Missverstand Anlass gegeben. Aus diesem Gleichnis glaubt z. B. die Welt ein Recht zu ihrem Spott auf die Frommen nehmen zu dürfen. Aber fromm sein das ist kein Verbrechen, darauf legt es ja Gott bei den Menschen an; sie sollen sich ja von dem Gemeinen, Ungöttlichen absondern und Gott dienen, und wer das nicht tut, der geht verloren, oder wenn er sich noch Christi rühmt, so macht er Christum zu einem Sündendiener. Aber freilich die Grundeigenschaft wahrer Frömmigkeit ist Demut, nicht verstellte Demut, dass man sich tiefer und schlechter stellt, als man ist, sondern wahre Demut, da man gerade so von sich denkt, wie man ist, sich also, was man ist, für einen verdammungswürdigen Sünder hält und, los von allen hohen Gedanken, froh ist, wenn man so durchkommt, wenn man unter dem Schatten der Barmherzigkeit Gottes ein Ruheplätzlein findet für seine arme Seele, da man sich keines Dings rühmt von sich selber, sondern allein der Gnade Gottes. Das ist das Fundament aller Frömmigkeit, und an diesem Fundament magst du erkennen, ob deine Sache aus Gott ist. Ist sie aus Gott, so wird Erkenntnis der Sünde und wahre Demut das Erste, das Mittel und das Ende bei dir sein; denn soll uns Gott zu Etwas machen, so muss er uns vorher recht klein, ja zu nichts gemacht haben, wir müssen einsehen, klar und so dass es uns bitter wird, einsehen, dass wir im Tod gefangen und arm, blutarm sind an geistlichen Gütern. Da waren nun Leute, welchen diese Grundeigenschaft aller wahren Frömmigkeit fehlt, die sich selber vermaßen, dass sie fromm wären, nach dem Grundtext: die vertrauten auf sich selber, dass sie fromm und gerecht seien. Eine große Blindheit! man sollte meinen, es müsse nicht schwer sein, zu jener Erkenntnis zu kommen, aber dem Teufel ist es einerlei, ob er uns Weltliebe, Laster oder einen Schein von Größe und eigener Heiligkeit vorhält, wenn er uns nur um unsere Seligkeit betrügt. - Gegen diese Blindheit nun geht das Gleichnis.

Gott, du kannst Menschen prüfen und dich betrügt kein Schein; Du siehst in alle Tiefen Der Herzen klar hinein. Will sich vor deinem licht Ein Selbstgerechter schmeicheln, So straft dein Licht sein Heucheln; Sein Herz ja tauget nicht.

Bin ich von Mord und Lügen, Von Unzucht, Schwelgerei, Von Diebstahl und Betrügen und anderen Lastern frei: Was hab' ich Danks dafür? Es kann vor deinen Augen Mir doch zum Ruhm nicht taugen: Mein Herz taugt nichts vor dir.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/h/hofacker-andachten/hofacker-andachten_ueber_das_evangelium_nach_lukas.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain