Gossner, Johannes Evangelista - Andachten über den Brief des Jakobus
Jakobus 1,5
Mangelt jemand unter euch Weisheit, so bitte er sie von Gott, der allen reichlich gibt, und es niemand vorrückt, und sie wird ihm gegeben werden.
Wer ist weise und klug unter euch? der erzeige mit seinem guten Wandel seine Werke in der Sanftmut und Weisheit. Jakobus 3,13.
Gott lieben ist die allerschönste Weisheit. Sirach 1,13.
Die Welt hält für Weisheit, was vor Gott Torheit ist; dagegen ist der, welcher vor Gott weise ist, ein Tor in den Augen der Welt. Darum sagt Paulus: Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden. Römer 1,22. Und: Wer sich unter euch weise zu sein dünkt, der werde ein Narr vor dieser Welt, dass er möge weise sein. 1. Korinther 3,18. Er sagt auch geradezu, dass nicht viele Weise nach dem Fleische berufen seien, sondern fast lauter Törichte vor der Welt; denn ein Christ werden und ein Narr oder verrückt werden, ist in den Augen der Welt Eins und dasselbe. Nach Weisheit streben heißt also, nach dem wahren Christentum streben, und weise sein, heißt Christ sein; denn alle Schätze der Weisheit liegen in dem Geheimnis Gottes und Jesu Christi verborgen. Kol. 2,3. Christus ist uns von Gott gemacht zur Weisheit. Wer Christum anziehet, der hat die Weisheit angezogen. Wer aber ohne Christum ist, ist ein Tor, und weiß nichts, so viel er wissen mag. Das Wort vom Kreuze ist die Schule der wahren göttlichen Weisheit, obwohl es der Welt lauter Torheit und Unsinn ist. 1. Korinther 1,23.24. Wenn du dich für den größten Toren und Sünder hältst, und Jesum als dein einziges Heil mit ganzer Seele ergreifest, auf ihn allein vertrauest, so bist du der weiseste Mann auf Erden. Nichts wissen als Jesum Christum, und zwar den Gekreuzigten, ist die Weisheit des neuen Bundes, und wird die Weisheit des ewigen Bundes bleiben.
Jakobus 3,2.
Wir fehlen alle gar mannigfaltig.
Unsre Missetat stellest du vor dich, und unsre unbekannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht. Psalm 90,8.
Mache dich los von deinen Sünden durch Gerechtigkeit. Daniel 4,24.
Apostel reden von mannigfaltigen Fehlern, Propheten und Männer nach dem Herzen Gottes, sprechen von Missetaten und unerkannten Sünden. So fühlt denn alles, was im sterblichen Fleische lebt, Sünde und Missetat, und ist keiner rein unter der Sonne. Es ist daher wohl sträfliche und gefährliche Unwissenheit oder Unachtsamkeit, wenn ein Mensch sein Herz und seinen innern Sinn so wenig beobachtet, dass er sich fehlerfrei und rein dünkt. Wer wird einen Reinen finden unter den Unreinen? sagt Hiob 14,4. Ein solcher ist blind und tot, und tappt im Finstern. Er rühmt sich zu seinem eignen Schaden mit eitlem Selbstbetrug seiner Gerechtigkeit. Wer aber Fehler sieht, und mit Gleichgültigkeit an sich duldet, sich getrost berufend auf diese Bibelsprüche, der kennt den Sinn der Apostel und Propheten nicht; die wohl zu ihrer Demütigung, aber nicht zur Einschläferung, nicht zur falschen Sicherheit, nicht zum Troste der Faulen so redlich ihre Fehler bekannten. Wer redlich strebt, fehlerfrei zu werden, dem sei es ein Trost und eine Beruhigung, aber kein Kissen der Trägheit. Mache dich los, sagt ein anderer Prophet, und das sagen im Grunde alle, mache dich los, überwinde die Sünde durch die Gerechtigkeit, durch die Kraft, die dir in Jesu Christo dargereicht wird, umsonst und aus Gnaden; nicht so umsonst, dass du sie, wie der faule Knecht, im Schweißtuche vergrabest, sondern dass du damit wucherst.