Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der Größe der höllischen Qualen.

Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der Größe der höllischen Qualen.

Denke immer an die Hölle.

Denke, andächtige Seele, an die Größe der höllischen Strafen, und du wirst leicht alle böse Lust zum Sündigen überwinden. Dort wird es an allem Bösen nicht fehlen, und an allem Guten wird es mangeln. Was wird den Bösen da fehlen können, die wegen des größten Bösen, wegen der Sünde gestraft werden? Was werden die Gutes haben können, die von dem höchsten Gut, von Gott entfernt sind? Dort wird sein Hitze des Feuers und Frust der Kälte; dort wird sein ewige Finsternis; dort wird sein Rauch und unstillbare Tränen; dort wird sein der entsetzliche Anblick der bösen Geister, es wird dort sein Geschrei in Ewigkeit; dort wird sein Dürre, Durst, Schwefelgestank, Gewissenswurm, Furcht, Schmerz, Schande und Beschämung wegen der Allen offenbaren Sünden; Neid, Hass, Traurigkeit, Mangel des göttlichen Schauens, Hoffnungslosigkeit. Durch Gottes Macht wird die Klarheit des Lichts getrennt von dessen versengender Kraft; die Klarheit wird übergehen zur Freude der Heiligen, die versengende Kraft zur Qual der Verdammten. Den Elenden wird sie leuchten, nicht dass sie den Gegenstand ihres Trostes erkennen, dass sie sehen, woran sie sich freuen dürfen; sondern zu Mehrung ihres Elendes, dass sie sehen, worüber sie sich noch mehr zu betrüben haben. Ihr Gesicht wird des Anblicks der Sonne, des Mondes und aller Sterne, wie auch des Schauens Christi und aller Heiligen beraubt werden; gepeinigt aber wird es werden durch Heulen, Rauch, und durch den Anblick der bösen Geister und aller Verdammten. Die Ohren der Verdammten werden das laute Wehklagen und die beständigen Lästerungen, wie auch das entsetzliche Brüllen der bösen Geister hören. Der Gaumen wird mit Durst und Hunger gequält und aller Lust an Speise und Trank beraubt werden. Der Geruch wird vom schwefelichten Gestank gepeinigt werden. Das Gefühl wird inwendig Feuer, das nach außen brennt und bis in das innerste Mark dringt, empfinden. Die Leiber der Verdammten werden hässlich, finster, träge, schwerfällig sein. Das Gedächtnis wird gepeinigt werden durch das Andenken an die Sünden, und nicht sowohl wird es darüber Schmerz empfinden, dass es gesündigt, als vielmehr darüber, dass es seine Lüste nicht mehr hat. Eine einzige Flamme des höllischen Feuers wird die Sünder mehr peinigen, als wenn ein Weib in ihrem Schmerz und in schweren Kindesnöten tausend Jahre läge; da wird sein Heulen vor Schmerz, und Zähnklappen Matth. 22,13 vor Wut: im Fleisch werden sie gepeinigt werden durch den Wurm des Gewissens Jes. 66,24. Es wird kein Laster geben, dass dort nicht seine besondere Marter habe. Wie im Reich Gottes nichts begehrt wird, was nicht gefunden wird, so wird in der Hölle nichts gefunden, was begehrt wird. Den Verdammten wird es da nichts helfen, dass sie in diesem Leben mancher Ergötzungen sich zu erfreuen gehabt haben, ja es wird die Erinnerung daran sie nur noch um so mehr quälen. Den Verdammten wird es nichts helfen, dass sie in diesem Leben in steter Sättigung und Trunkenheit gelebt haben, weil sie dort nicht einmal einen Tropfen Wassers erlangen können Luk. 16,24. Es wird ihnen nichts helfen, dass sie in köstliche Kleider sich gekleidet haben, denn sie werden mit Schmach umgeben, und ihre Leiber werden in Schande gekleidet werden. Es wird ihnen nichts nützen, dass sie in diesem Leben Ehrenstellen eingenommen haben, weil es in der Hölle keine Ehre, sondern ununterbrochenes Seufzen und Schmerzen gibt. Es wird ihnen nichts nützen, dass sie in diesem Leben Reichtum gesammelt haben, weil dort sich alle in gleicher Armut befinden werden. Von dem seligen Schauen Gottes werden sie verbannt sein. Gott nicht schauen übersteigt alle Martern der Hölle. Wenn die in das Gefängnis der Hölle eingeschlossenen Verdammten das Angesicht Gottes sähen, so würden sie keine Strafe, keinen Schmerz und keine Traurigkeit empfinden. So aber werden sie den Zorn Gottes erfahren, und doch das beseligende Antlitz Gottes niemals schauen. Sie werden Strafen leiden von dem Angesicht des, dessen Angesicht sie doch niemals sehen werden. Der Zorn Gottes wird das Feuer der ewigen Verdammnis fort und fort wie einen schwefeligen Strom entzünden. Und nicht bloß vom Schauen Gottes werden sie entfernt werden, sondern sie werden auch von dein Anblick der bösen Geister jämmerlich gepeinigt werden. Sie werden die Geißelhiebe derer empfinden, deren Ratschlägen sie in diesem Leben gefolgt sind. Wenn der Anblick einer gespensterhaften Erscheinung in diesem Leben einen Menschen fast tötet, was wird der entsetzliche, ewig dauernde Anblick der bösen Geister vermögen? Die Verdammten werden auch nicht bloß gezwungen sein, fort und fort mit den bösen Geistern umzugehen; sondern sie werden es auch empfinden, dass sie von jenen in Ewigkeit gequält werden. Wenn der Teufel unter Zulassung Gottes in diesem Leben die Heiligen so heftig anficht, wie grässlich wird er die Verdammten peinigen, die seiner Gewalt in Ewigkeit übergeben sind? Die Verdammten werden nicht bloß äußerlich durch die bösen Geister gequält werden, sondern auch innerlich durch den Wurm des Gewissens. Alle Sünden ohne Unterschied, die sie jemals begangen haben, werden ununterbrochen ihnen vor Augen stehen. Die Marter wird aber um so heftiger sein, weil die Gnade der Buße ihnen nicht mehr verstattet ist. Wenn die Jungfrauen, die sich bereitet haben, mit dem Bräutigam zur Hochzeit eingegangen sind, so wird sofort die Tür verschlossen werden Matth. 25,10, nämlich die Tür der Vergebung, die Tür der Erbarmung, die Tür des Trostes, die Tür der Hoffnung, die Tür der Gnade, die Tür der heiligen Bekehrung. Die Verdammten werden schreien und sprechen zu den Bergen und Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Zorne des Lammes Off. 6,16; aber ihr Schreien wird umsonst sein, weil Himmel und Erde entfliehen werden vor seinem Zorn, wie geschrieben steht: Alle Inseln entflohen, und keine Berge wurden funden Off. 16,20.

Was den Auserwählten gegeben ist zur Vermehrung der Herrlichkeit, das wird den Verdammten alles zur Vergrößerung der Schmerzen gereichen. Es wird zwar Stufen der Strafen geben, aber dennoch wird, wer geringere Qualen auszustehen hat, darum keine Linderung empfinden: wer von größeren Qualen gepeinigt wird, wird den beneiden, der von geringeren betroffen ist. Die Verdammten werden auch daraus keine Linderung empfinden, dass etliche ihrer Verwandten oder Freunde in den himmlischen Palast aufgenommen sind; denn. auch die Auserwählten werden darüber keine Trauer empfinden, dass sie wissen, dass etliche ihrer Verwandten zur ewigen Höllenpein übergegangen sind. So groß wird dort bei den Verdammten der Schmerz und die Pein sein, dass der Geist auf etwas anderes nicht gerichtet werden kann, als wohin die Macht des Schmerzes ihn treibt. Die Verdammten werden alle Geschöpfe Gottes mit Hass verfolgen; sie werden sich selbst unter einander mit Hass verfolgen; sie werden die heiligen Engel, die außerwählten Menschen, ja sogar Gott mit Hass verfolgen, zwar nicht seiner Person und seinem Wesen nach, aber in den Wirkungen seiner Gerechtigkeit. Alle Übel dieses Lebens sind bei jedem anders: der eine wird von Armut beschwert, der Andere von heftiger Krankheit heimgesucht; der Eine wird von harter Knechtschaft gedrückt, der Andere von einer Wucht Schmähreden belastet: aber dort werden alle zumal von allen Übeln gepeinigt werden; die Schmerzen werden dort allen gemein sein in Sinnen und Gliedern. In diesem Leben werden alle Beschwerden erleichtert durch die Hoffnung auf Hilfe, aber dort gibt es keine Hoffnung der Erlösung mehr. Die Strafe der Hölle ist nicht bloß ewig, sondern wird auch nicht einmal einen Augenblick unterbrochen. Darum ist es also: Wenn alle Menschen, die geboren sind von Adam an bis auf den heutigen Tag, und die noch geboren werden sollen, bis an den jüngsten Tag lebten, und wenn sie eine einzige Strafe, welche die Seele leiden muss für eine einzige Sünde in der Hölle, im entsprechenden Maß litten, so würde jedes Teilchen jener Strafe eines einzigen Menschen großer sein, als alle Qualen, welche alle Räuber und Bösewichte jemals ausgestanden haben.

O Herr, gib, dass wir an die Hölle denken, auf dass wir nicht in die Hölle geraten!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/g/gerhardt_j/hb/gerhard_johann_hb_von_der_groesse_der_hoellischen_qualen.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain