Dieffenbach, Georg Christian - Was muss uns zum Werke der Mission bewegen?
Missionsfestpredigt am Epiphaniasfeste über 1. Tim. 2, 4-7
von D. G. Ehr. Dieffenbach, Kirchenrat und Oberpfarrer in Schlitz.
(Im Entwurfe mitgeteilt.)
Der Heiden Christfest feiern wir heute; die ersten Heiden, die Weisen aus Morgenland, erscheinen bei dem Herrn, ihn anzubeten. Der Tag mit seinem Evangelium erinnert uns daran, dass der Herr Jesus auch der Heiden Heiland ist. Denselben ihnen zu verkündigen, das ist die Aufgabe des Missionswerkes. Das Werk ist nicht nur eine Liebhaberei etlicher Schwärmer, sondern eine heilige Pflicht der Kirche und aller Christen. Aus unserm Texte möchte ich euch heute nachweisen, dass es ernste und gewichtige Beweggründe sind, die uns zu solchem Werke antreiben. Wir fassen unsere andächtige Betrachtung in die Frage zusammen:
Was muss uns zum Werke der Mission bewegen?
1. Die allgemeine Not aller Menschen;
2. der Gnadenwille Gottes, dass allen geholfen werde;
3. die teure und einige Mittlerschaft Jesu Christi;
4. der ausdrückliche Befehl des Herrn.
1.
Die allgemeine Not aller Menschen.
V. 4. Allen Menschen soll geholfen werden; denn alle bedürfen der Hilfe. V. 7. Für alle zur Erlösung hat der Herr sich gegeben; also bedürfen alle der Erlösung. Alle, keine Ausnahme. Alle Geschlechter der Erde; Hohe und Niedere, Arme und Reiche, Könige und Bettler rc. Alle, das Wort prägt euch nur ein. Gott sei Dank, dass uns Hilfe dargeboten wird in Christo.
Welches ist die Not, aus der uns geholfen werden soll nach Gottes Willen? Welches sind die Bande, aus denen wir erlöst werden sollen? Die Sünde. Darin sind wir alle gleich. „Sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den sie an Gott haben sollten“ (Röm. 3, 23). Nicht um einzelne Fehler handelt es sich, sondern um ein tiefes völliges Verderben. Bei den Heiden tritt das in schweren Gräueln hervor. Schaue in dein Herz und du erkennst des natürlichen alten Menschen Art und Wesen. „Aus dem Herzen kommen arge Gedanken rc.“ Die Sünde aber ist darum eine so große Not, weil sie uns von Gott trennt und damit von der Seligkeit.
Die Erkenntnis dieser Not, in der wir alle sind, ist des Heils Anfang. Vor allem gilt es, die eigene Not zu erkennen; wer diese Erkenntnis hat, der sucht dann Hilfe, und der ist auch bereit, andern Hilfe zu bringen. Unlust, Härtigkeit und Selbstgerechtigkeit hemmen die eigene Bekehrung und sind auch das Haupthemmnis im Missionswerke. Wer dagegen die Krankheit aller erkennt, der sucht den Arzt, der weist auch andre zu ihm. Die Not aller Menschen muss uns also vor allem anregen, durch das Werk der Mission denen, die in der Not sind, Hilfe und Erlösung zu bringen. Aus der wahren Buße wird der Glaube gewonnen, der die Gotteshilfe in Jesu annimmt, und das ist auch Duell und Anfang der freudigen Hilfe für die Welt durch das Werk der Mission.
2.
Weiter muss uns zur Mission bewegen der Gnadenwille Gottes, dass allen Menschen geholfen werde.
Das ist Gottes Wille (V. 4). Allen Menschen soll geholfen werden. Welch ein Wort voll Trost und Heil. Gott will, sein Wille muss geschehen; allen muss die Hilfe angeboten werden. Gott will, dass uns geholfen werde; darin liegt das Zeugnis, dass wir uns selbst nicht helfen können. Wir können die begangenen Sünden nicht ungeschehen machen, nicht auslöschen, nicht wieder gut machen. Niemand ist ohne Sünde. Keine Gewalt und kein Geld der Erde kann uns helfen, auch Bildung und Wissenschaft können uns aus der Sünde und Not nicht helfen.
Gott will, dass uns geholfen werde und er hat einen wunderbaren Rat zur Hilfe ersonnen, und zwar für alle Menschen ohne Ausnahme. Allumfassend ist sein Erbarmen. Die Gotteshilfe ist in Jesu Christo erschienen. Jesus heißt: Gott hilft. Welche Hilfe gemeint ist, das erkennen wir aus dem Worte des Engels: „Du sollst seinen Namen Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ In Jesu also ist wahre Hilfe aus der Not, darin wir alle sind. Darum muss dieser Name allen Völkern verkündigt werden. Dazu muss helfen, wer den teuren Namen kennt und seine Kraft erfahren hat.
Wunderbar ist solche Hilfe. Gott allein konnte sie ersinnen. Gott ist heilig und kann die Sünde nie gutheißen. Er ist aber auch barmherzig und will uns selig machen. Nach seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit muss er uns strafen, nach seiner Liebe und Barmherzigkeit will er uns erretten. Der starke, eifrige Gott, der die Sünden der Väter heimsuchen will an den Kindern noch, ist doch auch ein erbarmungsreicher Gott, der allen Menschen helfen will. Die Ausgleichung dieser scheinbar unvereinbaren Gegensätze liegt in Christo, in seiner Mittlerschaft. Das führt uns zum dritten Punkte.
3.
Zum Werke der Mission muss uns auch bewegen die teure, einige Mittlerschaft Jesu Christi.
V. 5-6. Ein Mittler nur ist da, Christus, der für uns Mensch gewordene Gottessohn. Er hat sich selbst gegeben für alle zur Erlösung. Ein Mittler ist, wer zwischen zwei feindlichen Parteien steht, dieselben vereinigt, versöhnt, Friede stiftet, das Getrennte wieder verbindet. Zwischen Gott und den Menschen ist Zwiespalt; ursprünglich selige Einheit und Gemeinschaft, durch die Sünde Feindschaft. Christus ist der Mittler, er versöhnt uns wieder mit Gott. Er kann der Mittler sein, weil er Gott und Mensch ist; er ist es geworden, da er sich für uns gegeben hat in Armut und Niedrigkeit, in Leiden und Tod; er hat für uns das Gesetz erfüllt und doch auch des Gesetzes Fluch getragen. Er hat als unser Stellvertreter für uns gelitten. Am Kreuze offenbart sich Gottes Heiligkeit, welche die Sünde der Welt so ernstlich heimsucht an dem, der sie erbarmungsreich auf sich genommen hat, und zugleich Gottes unendliche Liebe, die uns vergeben und uns selig machen will und nunmehr auch kann, nachdem der ewigen Heiligkeit genug geschehen ist.
Christus Jesus der einige Mittler! Über der Krippe schon sangen die himmlischen Scharen: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ Einen Mittler nur gibt's; kein Mensch und kein Engel konnte uns erlösen; nur das Opfer des ewigen Gottessohnes, der uns zu gute Mensch geworden, konnte uns helfen. Weil er der Gottmensch ist, ist er unser Mittler. „Es ist in keinem andern Heil 20.“, darum müssen wir uns zu ihm halten und seinen Namen den Heiden kund tun. Wie teuer sind wir erlöst! Sich selbst hat der Mittler hingegeben. Ein größeres Opfer kann nicht gedacht werden.
Hingegeben hat er sich für alle. Darum müssen wir, die wir solche Gnade erkennen, auch die derselben teilhaftig machen, die noch nichts davon erfahren haben. Die Freudenbotschaft gilt allen, darum muss sie allen verkündigt werden. Wir sind reich durch Christum, darum müssen wir von unserm Reichtum denen mitteilen, die arm sind. Allen gilt die Erlösung und einer nur ist der Erlöser und Mittler. Das muss uns bewegen, seinen Namen allen zu verkündigen, das muss uns zum Werke der Mission anspornen.
4.
Noch eins muss uns dazu bewegen, das Werk der Mission zu fördern und das allein ist genug, um uns das Werk recht ans Herz zu legen: des Herrn Befehl.
V. 6. „Dass solches zu seiner Zeit gepredigt würde,“ das ist des Herrn Wille. Der Apostel Paulus erkennt diesen Willen ganz deutlich. „Dazu ich gesetzt bin ein Prediger und Apostel, ein Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit.“ Gesetzt vom Herrn selbst. Das bezeugt der Apostel der Wahrheit gemäß. Predigen soll er und ein Lehrer sein, und zwar der Heiden. So klar erkennt St. Paulus den Befehl des Herrn. Dazu nehmt des Herrn Auftrag: „Geht hin in alle Welt und lehrt alle Völker.“ So lange noch nicht alle Welt das Evangelium gehört hat, ist dieser Befehl noch nicht erfüllt, steht also noch in Kraft. So heute noch.
Gott will, dass solches zu seiner Zeit gepredigt werde; den Willen müssen wir befolgen. Im Werke der Mission wird das Werk des Herrn fortgesetzt. Christus ist der erste Missionar, gesandt von Gott. „Wie mich mein Vater gesandt hat, also sende ich euch,“ spricht er und bezeichnet damit der Jünger Predigen als eine Fortsetzung seines Predigens. „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende,“ diese Verheißung fügt er dem Missionsbefehl an und bezeichnet damit dies Werk als sein Werk, das er durch die Jünger ausrichtet, dazu er Kraft und Segen gibt. Sein Reich soll immer weiter ausgebreitet werden.
Es ist also das Werk der Mission, die Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden, die Berufung derselben zum Reiche Gottes nicht nur ein Werk von Menschen ersonnen, sondern vom Herrn gewollt. Es hängt nicht von unserm Belieben ab, ob wir dies Werk fördern wollen oder nicht, sondern es ist unsere und aller Christen Pflicht, dasselbe zu treiben. Wir versäumen eine heilige Pflicht, wenn wir nichts tun zur Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden. Was aber können wir tun? Wir alle können beten um Segen zu diesem Werke, und wir alle können nach unserm Vermögen Gaben darbringen zur Förderung dieses heiligen Werkes. Zu beidem mache uns Gottes Geist willig.
So sind es also ernste Beweggründe, die uns veranlassen müssen, das Werk der Mission zu fördern: die Not aller Menschen, Gottes Gnadenwille, dass allen geholfen werde, die teure einige Mittlerschaft Jesu Christi und sein bestimmter Befehl. Das lasst uns erwägen und an dem von Gott gewollten Werke nach Kräften helfen, dass Jesu Name und Reich herrlich werde auf der ganzen Erde und allen Völkern geholfen werde zum ewigen Leben. Amen.