Nr. 723 (C. R. – 3929)
Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (723).
Madame de Roye reiste in de Condes Auftrag nach Heidelberg, um den deutschen Fürsten für ihren Zuzug zu danken; dies meint Calvin wohl mit der Entlassung der Truppen. Weggelassen sind im Friedensvertrag einige Abschnitte, die nähere Bestimmungen für die zu erlassende Amnestie enthalten. Über die Reise des Kardinals von Lothringen vgl. 718.
Der Friede von Amboise.
So hat uns nun auch der zweite der Brüder [de Bourbon] schmählich verraten. Eidlich, - und er wollte es drucken lassen, - hatte er versprochen, nichts zu tun ohne Übereinstimmung der Genossen! Während er schon heimlich mit der Königin-Mutter unterhandelt, schreibt er dem Kommendanten von Lyon, er halte die Sache in der Schwebe bis zur Rückkehr des Admirals. Gleichzeitig aber gibt er bereits seiner Schwiegermutter Weisung, für die Entlassung aller Truppen zu sorgen, und gibt ihr die Versicherung, es sei bereits der Friede geschlossen. Das hat mir diese Frau, die für solche Dinge nicht schlau genug ist, brieflich gestanden, indem sie mich mit schönen Worten zu gewinnen suchte. Welche schönen Fortschritte de Conde mit einem Federstrich vernichtet hat, siehst du aus Bezas Brief; doch hat er nicht alles zu schreiben gewagt, da manches uns vor dem Bekanntwerden des bösen Friedensschlusses hätte die Waffen aus der Hand schlagen können. Die Herrschaft hat de Conde ganz verblendet; dabei glaubt er noch, Großes geleistet zu haben, da er sechs Herren seines Gefolges die Aufnahme in den königlichen Ritter-Orden erwirkt hat; über solche kindische Dinge triumphiert er. Möge Gott, wie er oft tut, in dieser Schwachheit seine Macht zeigen.
Folgendes sind die Hauptbedingungen des Friedens:
1. Alle Adligen, die Freiherrn sind und die hohe Gerichtsbarkeit oder Edellehen besitzen, sollen samt ihren Familien in ihrem Gebiete Gewissensfreiheit und freie Ausübung des von ihnen sog. reformierten Glaubens; ebenso ihre Untertanen, wenn diese freiwillig und ohne Zwang dabei sein wollen. Die Adligen aber, die keine Gerichtsbarkeit haben, sollen der gleichen Freiheit genießen für sich und ihre Familien, nur dürfen sie nicht in Städten, Flecken, Dörfern andern Gebietes wohnen; in diesem Fall dürfen sie ihren Glauben nur mit Erlaubnis ihrer Herren ausüben; der König aber gibt in dem ihm unmittelbar gehörenden Gebiet allen dieselbe Freiheit.
2. In jeder Provinz, die Appellationsbezirk eines Parlaments ist, wird eine Stadt bezeichnet werden, in deren Vorstädten allen Provinzgenossen, die dabei sein wollen, freie Religionsübung zugestanden wird, sonst aber nirgends. Wer aber bei sich zu Hause frei bleiben will, der darf keiner Belästigung ausgesetzt, keiner Untersuchung unterworfen und zu nichts wider sein Gewissen gezwungen werden.
3. In allen Städten, außer den bezeichneten, in denen bis zum siebenten dieses Monats die sog. reformierte Religion ihre Gottesdienste hatte, soll diese Religion auch fernerhin innerhalb der Mauern an ein oder zwei Orten ausgeübt werden dürfen; nur dürfen die Bekenner dieser Religion die Kirchen nicht für ihren Gebrauch in Anspruch nehmen. Dem katholischen Klerus soll all sein Gut zurückerstattet werden, dass er den Gottesdienst weiterführe wie vor den Unruhen; doch soll der Klerus um Zerstörtes nicht prozessieren.
4. Die Stadt Paris samt ihrem Gebiet bleibt frei von der Ausübung dieser Religion; doch sollen die dort wohnenden [Anhänger dieses Glaubens] ruhig ihres Gutes genießen dürfen und in Gewissenssachen weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft beunruhigt, gewaltsam gezwungen oder durch Untersuchung belästigt werden.
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7. Um den Herrn Prinzen de Conde, Generallieutnant und Gouverneur der Picardie, von aller Sorge zu befreien, dass er in Zukunft irgendwelchem gehässigen Tadel ausgesetzt sein könne, erklären und halten wir ihn für unsern lieben Vetter und Blutsverwandten und treuen Untertan des Königs, wie es seine Abstammung aus uns so nahe verwandtem Blute verdient; auch sollen alle Herren, Ritter, Adlige und Bürgerliche, auch Stadt- oder Dorfgemeinden oder wer in diesem Krieg auf seiner Stadt stand, wo sie auch gekämpft haben in diesen Unruhen, erklärt und gehalten werden als treue Untertanen des Königs; denn wir sind überzeugt, dass sie, was sie taten, getan haben in guter Absicht und in der Meinung, dem König zu gehorchen, weshalb sie alles Tadels ledig sein sollen.
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10. Alles Unrecht und aller Schaden, der in diesem Krieg entstanden ist, soll ausgelöscht, tot und begraben sein, und es wird jedermann, wes Standes er sei, bei Todesstrafe gegenseitige Beleidigung, Herausforderung zum Streit, Zank und Schmähung wegen Religionsfragen untersagt.
11. Die Bekenner der [sog. reformierten] Religion sollen jedem Bündnis entsagen, das sie eingegangen haben, sei´ s im Reich, sei´ s außerhalb der Grenzen; sie sollen ferner keine Schatzungen mehr halten, Listen führen und Steuern erheben, auch keine Versammlungen, Sitzungen und Zusammenkünfte mehr haben außer in Religionsfragen.
Amboise, 19. März 1563.
Eigenhändig gezeichnet: Charles.
Gegengezeichnet für den König in seinem Rat: Robertet.
Gesiegelt an doppelter Schnur.
Du siehst, bester Bruder, wie weit uns der Leichtsinn eines Menschen zurückgeworfen hat. Er hätte ohne Mühe erreichen können, dass die Königin-Mutter auf jede Bedingung eingegangen wäre; stattdessen hat er sich knechtisch zu jeder Unterwürfigkeit hingegeben. Nun warten wir ängstlich, was die Zukunft bringen wird; denn es sind starke Unruhen zu befürchten, die zu stillen im mein Möglichstes tun werde. Sobald Beza wieder hier ist, sollst du hören, was jetzt noch verborgen ist. De Nemours leidet an ständigen Fiebern so schwer, dass die Ärzte die Hoffnung auf sein Leben aufgegeben haben. Der Sekretär des königlichen Gesandten, der in Innsbruck war, als der Kardinal [von Lothringen] dorthin kam, erzählt, beim feierlichen Bankett habe man einen uralten, sehr weit ausgebauchten Kelch herum geboten, auf dem Verse eingraviert waren, die unsere Abendmahlslehre bestätigen, und der Kardinal sei von diesem Anblick so überrascht gewesen, dass er lange nichts zu sagen gewusst habe. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. In der Eile habe ich vergessen zu schreiben, dass ich heute zwei Briefe von dir erhielt, der zweite mit einer Bücherbeilage, für die ich dir danke. Deinen Kollegen allen, auch deinen Söhnen und Schwiegersöhnen viele Grüße, bitte. Der Herr erhalte Euch alle gesund. Genf, 8. April 1563.
Meine Kollegen und alle Freunde, unter ihnen vor allem Joinvilliers lassen grüßen.
Dein
Johannes Calvin.