Bunyan, John - Die überschwängliche Gnade - Anhang zu Bunyan's Leben,
als Ergänzung dessen, was er selbst zu beschreiben unterlassen, und Bericht über seine letzten Tage, seinen Tod und sein Bekenntniß.
Lieber Leser, der treue und gewissenhafte Kämpfer, der in dem Vorhergehenden über seinen Lebenslauf ein eben so offenes als rührendes, und so Gott will segenbringendes Bekenntniß hinterlassen, hat uns darin, was den Anfang und die mittleren Jahre seiner Erdenpilgerschaft betrifft, ein vollständiges, alles Wissenswerthe erschöpfende Bild gezeichnet. Doch hat er, theils wohl aus Mangel an hinreichender Muße, aber hauptsächlich aus Furcht, hie und da etwa der Beschuldigung Raum zu lassen, nach Menschenlob zu streben, es unterlassen, uns zugleich über so manches Wissens- und Beachtenswerthe, welches ihm gegen das Ende seiner Laufbahn begegnet ist, die zur Ergänzung dieses Lebensbildes gewiß wünschenswerthe, schriftliche Mittheilung zu machen. Diesem aber abzuhelfen, habe ich, als vertrauter Freund und langjähriger Bekannter Bunyan's, es unternommen, theils aus eigener Erinnerung, theils aus den im Kreise seiner Freunde sorgfältig und gewissenhaft gesammelten Mittheilungen dasjenige zusammenzustellen, was mir dazu dienlich schien, um über sein gutes Ende womöglich ebenso ausführlichen Bericht zu geben, wie solches in Vorstehendem über den erschütternden Anfang seine Lebens geschehen ist. So habe ich es versucht, den Faden, da, wo er zu früh liegen geblieben, wieder aufzunehmen und ihn bis dahin fortzuführen, wo unserem Freunde in die selige Ewigkeit einzugehen vergönnt ward. Von seiner Geburt und Erziehung hat er selbst ausführlich geredet; auch hat er über seine Untugenden, die Verirrungen seiner Jugend, nicht verschwiegen. Ebenso wenig ist er zurückhaltend gewesen in seinen Berichten über die Versuchungen und Anfechtungen, mit denen er zu kämpfen, und unter denen er so unsäglich schwer zu leiden hatte, so wie über die Gnadenbezeugungen, Tröstungen und die Erlösung, deren er sich rühmen durfte, Wie er dazu gekommen, ein Verkündiger des Evangeliums zu werden, wie Verläumdung, Widerspruch und Kerker dann sein Theil wurden, und wie er dessenungeachtet unter göttlichem Beistand ohne Zweifel fruchtbringende Anstrengungen zur Rettung vieler unsterblichen Seelen machte das Alles finden wir in großer Vollständigkeit erzählt. Wir begnügen uns also, einfach hierauf als auf von ihm selbst so klar und überzeugend im Dienste der ewigen Wahrheit niedergelegte Worte hinzuweisen, und gehen nun zu dem Folgenden über.
Während seiner mehr als zwölfjährigen Gefangenschaft, die er laut Urtheilsspruch für abweichende Lehre zu erdulden hatte, benutzte er seine Zeit bestens, die Welt mit verschiedenen guten Büchern und kleineren Schriften zu versorgen. Hätte nicht sein geduldiges Leiden das Herz des Doctor Barlow, damaligen Bischofs von London, und andere Herren der Kirche gerührt, daß sie Mitleiden mit seinem harten und unverdienten Schicksal empfanden, und seine Befreiung erwirkten, so würden wahrscheinlich in Folge der unverantwortlichen Behandlung seine Lebenskräfte bald aufgerieben, und jene ekelhaften Kerkerräume sein Grab geworden sein. Nun aber durfte er sich auch der körperlichen Freiheit aufs Neue erfreuen, nachdem die Fesseln seiner Seele durch Gottes überschwängliche Gnade schon vorher abgestreift worden waren. Mit einem Herzen, voll von dieser rettenden Gnade, eilte er jetzt, diejenigen aufzusuchen, welche ihm während seiner Kerkerleiden Trost und Rettung gebracht hatten. Ihnen brachte er die Opfer christlicher Dankbarkeit und rührender Anerkennung ihrer barmherzigen Gesinnung aufrichtigen Herzens dar. Mit einem Worte, sein Beispiel mußte ihnen zur Ermuthigung dienen, so daß sie, für den Fall, daß sie selbst einmal Kummer und Trübsal dieser oder ähnlicher Art zu leiden haben sollten, dieselben um eines guten Gewissens und der Liebe Gottes in Christo Jesu zu ihrer Seele willen in Geduld auf sich nehmen konnten. Durch vielen herzlichen Zuspruch gelang es ihm, Einige aufzurichten, denen Angesichts der ihrem irdischen Wohlstande drohenden Gefahr der Muth entfallen wollte, so daß nach vielen Seiten hin Allen in seinen Ansprachen und Ermahnungen wunderbarer Trost zu Theil ward.
Obgleich das Gesetz damals den Zusammenkünften entgegen war, so versammelte er doch, so oft die Gelegenheit günstig war, an passenden Orten ein Häuflein um sich, um sie mit der lauteren Milch des Gotteswortes zu tränken, daß sie durch dasselbe in der Gnade wachsen möchten. Bald fühlte er sich auch gedrungen, seine Liebesthätigkeit nach der Seite derjenigen hinzuwenden, welche wegen dieser Versammlungen ergriffen und eingekerkert wurden und dafür Sorge zu tragen, daß ihnen alle Erleichterungen, die sie beanspruchen konnten, zu Theil wurden. Er ließ es sich sehr angelegen sein, die Kranken zu besuchen und ihnen gegen die Einflüsterungen des Versuchers, welche ja bei solchen Fällen oft überhand nehmen, aufrichtenden Trost zu bringen; so daß sie Grund hatten, Gott auf ewig dafür zu danken, daß Er es ihm in's Herz gegeben, sie zu dieser Zeit von der Uebermacht des brüllenden Löwen zu befreien, der sie zu verschlingen suchte. Auch scheute er keine Beschwerde oder Anstrengung auf Reisen, selbst in die entferntesten Gegenden, wenn er wußte oder vermuthete, daß Jemand seines Beistandes benöthigt sein könnte. Dies ging so weit, daß Einzelne ihn mit Rücksicht auf diese Visitationsausflüge, die er zwei oder drei Mal im Jahr zu machen pflegte, ohne Zweifel spottweise, den Bischof Bunyan nannten, obschon die Meisten ihn wegen seiner treuen Arbeit im Weinberge des Herrn aufrichtig bewunderten. Der während dieser ganzen Zeit in die Herzen seiner Herde ausgestreute Same des Wortes brachte jedoch, vom Thau der himmlischen Gnade benetzt, reichliche Frucht in einer zahlreichen Jüngerschaft der Gemeine Christi.
Einen anderen Theil seiner Zeit verwandte er zur Schlichtung von Streitigkeiten, wodurch vielen Mißhelligkeiten vorgebeugt und manche Familien vor dem Untergange bewahrt wurden. Nicht eher ruhte er, bis er in solchen Fällen den Schlüssel gefunden, der den Weg zur Versöhnung oder Ausgleichung öffnete. Ein Friedensstifter zu sein, war ihm etwas gar Herrliches; denn diesem Amt ist in der heiligen Schrift die Seligkeit zugesprochen; und ein solcher ist er geblieben, bis ganz zuletzt, indem ein Werk dieser Art, wie am Ende des Buches zu lesen sein wird, den Abschluß seiner irdischen Berufsthätigkeit bildet.
Als während der folgenden Regierung allen Schattierungen der dissentierenden Gemeinden die „Gewissensfreiheit“ unerwarteterweise ertheilt und gewährleistet ward, erkannte sein scharfer Verstand alsbald, daß es nicht um der Dissenter willen geschähe, daß man auf einmal aufhörte, sie, wie so lange der Fall gewesen, so heftig zu verfolgen und sie gewissermaßen mit der Kirche von England nun auf gleichen Fuß zu stellen, welche letztere von den Papisten unterminiert wurde und sich dem Falle nahe gebracht sah. Er durchschaute gleich, daß alle Vortheile, die den Dissenttern zufallen könnten, dem zu vergleichen sein würden, was der Riese Polyphem, der berüchtigte Cyclop, als Gnadenbezeigung dem Ulysses gewähren wollte, nämlich: zuerst seine Gefährten, ihn aber erst nachher zu verspeisen. Zwar versäumte Bunyan nicht, die dargebotene Freiheit nach dem Beispiele der Uebrigen sofort bestens zu verwerthen und sie als ein an sich edles Gut mit Freuden anzunehmen, eingedenk, daß Gott der alleinige Herr der Gewissen, daß es zu aller Zeit geboten, den Forderungen eines guten Gewissens Folge zu leisten, und daß die Verkündigung der Gnade Gottes im Evangelio das Herrlichste ist, was ein Prediger bringen kann. Dennoch aber ging er jetzt mit Vorsicht und großer Behutsamkeit hierbei zu Werke, unter ernstlichem Gebet um Abwendung des drohenden Gerichtes, welches er zur Strafe unserer Sünden wie ein schweres Gewitter über unsern Häuptern schweben sah. Da dasselbe sich jeden Augenblick entladen konnte, schien es ihm geboten, zu dem wirksamen Hülfsmittel der Niniviten unablässig seine Zuflucht zu nehmen. Darauf versammelte er seine Gemeinde zu Bedford, wo er sich meistens aufzuhalten pflegte und den größten Theil seines Lebens zugebracht hatte; als aber für eine so große Menge Zuhörer, die sich um ihn scharten, keine passenden Räumlichkeiten vorhanden waren, schlug er ihnen vor, ein Gemeindehaus zu bauen, zu welchem Zwecke willig die Hände sich öffneten, so daß binnen Kurzem der Bau zu Stande kommen konnte. Als er in demselben zum ersten Male die Erbauung leitete, war der Andrang so stark, daß, trotz der umfassenden Räumlichkeit, Viele gezwungen waren, draußen zu bleiben. Alle, die sich mit ihm gleicher Richtung wußten, begehrten das Wort des Heils aus seinem Munde zu vernehmen ich durch ihre Gegenwart bei Einweihung des Hauses ihm ihre Anerkennung an den Tag zu legen. Und hier verlebte er eine Zeit der Ruhe und des Friedens der Seele, fern von weltlichen Geschäften, sich mit Liebe dem Arbeitsfelde widmend, das Gott ihm angewiesen, und des seligen Amtes gewissenhaft wartend, zu dem er berufen war. Er durfte sich ja rühmen, daß Der es ihm anvertrauet, der zu Moses gesprochen hatte: „Ich will mit Deinem Munde sein und Dich lehren, was Du sagen sollst.“
Während dieser Vorgänge wurden in alle Städte und Ortschaften Regulatoren gesandt, um von Oben herab die Verwaltung zu reformieren, welches dadurch angestrebt wurde, daß man von der Mitgliedern des Magistrats und anderer Behörden Einzelne absetzte und andere Persönlichkeiten hineinbrachte. Gegen diese Maßregeln sprach Bunyan offen sein Bedenken aus, die ungünstigen Folgen davon voraussehend, und that im Verein mit seiner Gemeinde alles Mögliche, um sich dagegen zu wehren. Als nun endlich in Bedford einer der großen Herren erschien, der ihn zu sprechen wünschte, wie es hieß, um ihn zu einem derartigen öffentlichen Posten zu gewinnen, zog er sich in die Stille zurück und ließ sich vor ihm entschuldigen.
Ließen sein Schreiben und Lehren ihm einige Muße, so pflegte er diese oft zu benutzen, nach London zu kommen, wo er die Versammlungen der Non-Conformer besuchte und durch seine Gaben die Hörer fesselte und entzückte. Selbst solche, die mit Vorurtheil wegen seines Mangels an wissenschaftlicher Bildung gegen ihn erfüllt waren, mußten sein Verständniß in geistlichen Dingen anerkennen und dem Manne des gesunden Urtheils und der klaren und mächtigen Beredtsamkeit Bewunderung zollen. So geschah es mannigfach, daß Leute, die mehr als neugierige Zuschauer, denn als Erbauung und Heiligung Suchende erschienen waren, mit höchster Befriedigung fortgingen, nicht weniger verwundert und überrascht über das, was sie gehört hatten, als die Juden, die von dem Herrn sagen mußten: „Woher kommt diesem solche Weisheit?“ Sie bedachten es vielleicht nicht, daß Gott auf eine außerordentliche Weise sich zu allen Denen bekennt, die sich mit allen Kräften und von ganzem Herzen der Arbeit in Seinem Weinberge hingeben.
So verbrachte er seine letzten Lebensjahre, dem Beispiele seines Herrn und Meisters, des hochgelobten Heilandes Jesus folgend, indem er umherzog und Gutes that, so daß, selbst Neid und Bosheit zu Schanden werden mußten und trotz aller Bemühung keinen Tadel noch Flecken an ihn zu finden vermochten, um seinem Namen auch nur mit einem Schatten der Wahrscheinlichkeit einen Makel anzuheften. Wir bemerken dies hier, als eine Anregung für diejenigen, in deren Herzen noch ein, wenn auch noch so schwacher Pulsschlag für seine und seiner Brüder Sache sich findet, und die sich auf eine oder andere Weise in den Reihen seiner Widersacher und Unterdrücker haben betreffen lassen. Er seines Theils hat nicht abgelassen, der Aufforderung und dem Gebote seines Gottes gemäß, für sie zu beten, daß Er ihnen das Herz wenden möchte und hat häufig unter vielen Thränen einen Segen für sie erfleht, wovon sie vielleicht die gute Wirkung unverdienterweise an sich selbst, ihren Freunden, Verwandten oder Häusern mögen verspürt haben; denn Gott erhört der Gläubigen Gebete und erfüllt sie, selbst zum Heile derer, welche sie beleidigen, wie es bei Jakob der Fall war, als er für die drei bat, welche ihn sogar in seinen Leidengtagen gekränkt hatten.
Um nun aber das Andenken an unseren theuern Freund bei denen, die seine Arbeit und seine Leiden selbst gesehen, recht aufzufrischen und zugleich allen Lesern dieses Buches, die rechte Befriedigung suchen, gerecht zu werden, wollen wir uns jetzt mehr an die Thatsachen und Zeitabschnitte halten.
Nachdem ihm über die Gottlosigkeit seines Lebens das Licht aufgegangen und er wirklich bekehrt worden war, schloß er sich der Gemeinde an, wurde ein Glied derselben und sehr bald ein so warmer Bekenner, wie wir gesehen. Dies geschah um's Jahr 1655. Als aber 1660 König Carl wieder in den Besitz der Krone kam, ward Bunyan am 12. November, als er im Begriff war, einigen friedlichen Leuten, die sich um ihn versammelt hatten, das Wort zu predigen, plötzlich ergriffen und in das Bedforder Stadtgefängniß eingesperrt, in welchem er sechs Jahre festgehalten wurde. Da, als die Toleranz-Acte gegen die Dissenter durchgegangen war, erhielt er auf Verwendung einiger hochstehenden Männer, denen seine Leiden das Herz gerührt hatten, die Freiheit. Bald indessen, nämlich noch 1666, wurde er auf's Neue ergriffen und wiederum auf sechs Jahre eingesperrt. Dieses Mal fühlte sein Gefängnißwärter sich von seinem Leiden so bewegt, daß es ihm wie dem Joseph ging, welchem der Kerkermeister alles in seine Hände gab. Bei dieser seiner Gefangennahme predigte er über die Worte: „Glaubest du an den Sohn Gottes?“ Als diese sechsjährige Kerkerhaft vorüber war, sollte er noch einmal eine gleiche, obgleich kürzere Zeit dauernde Trübsal erdulden, welche in einer halbjährigen Einkerkerung bestand. Während dieser Zeit schrieb er folgende Bücher: Vom Beten durch den Geist; Der Heiligen Stadt Auferstehung; Ueberschwängliche Gnade; Die Pilgerreise, erster Theil.
Im letzten Jahre seiner zwölfjährigen Gefangenschaft starb der Pastor der Bedforder Gemeinde, und Bunyan wurde am 12. December 1671. an seine Stelle erwählt. In dieser Stellung kam er mehrere Male in den Fall, mit solchen Schriftgelehrten zu disputieren, die erschienen waren, um ihm zu widersprechen, indem sie mit ihm als einem unstudierten Manne leichtes Spiel zu haben vermeinten. Einen von diesen, welcher mit der Frage über die Aechtheit der heiligen Schriften kam, brachte er vollständig zum Schweigen durch seine klare, einfache, auf die Schrift selbst gestützte, nicht durch Phrasen und logische Experimente geschwächte Beweisführung. Ein Anderer beschuldigte ihn des Mangels an Liebe, in Folge einer Predigt, in welcher er von den Hindernissen der Seligkeit und darüber, daß so Wenige den schmalen Weg des Lebens finden, gehandelt hatte. Dieser Gegner wollte ihm den Vorwurf machen, daß er auf diese Weise den größten Theil seiner Gemeinde vom Himmelreich ausschlösse; aber er verstand es, den Mann mit dem Gleichnisse vom steinigen Acker und anderen Stellen aus dem 13. Kapitel des Matthäus, welches von unseres Heilands Predigt im Schiffe handelt, gründlichst zu widerlegen und ihn entschieden abzufertigen. Immer hielt er sich in solchen Fällen genau an die Schrift, und was er nicht mit dieser begründen konnte, suchte er nie zu vertheidigen und aufrecht zu halten, wenn nicht etwa der Fall zu klar vorlag, um irgend Zweifel oder Bedenken zuzulassen.
Ehe wir diesen Theil unserer Beschreibung verlassen, sei noch bemerkt, daß es eine allgemein anerkannte Thatsache ist, wie dieser liebe Mann sein Werk mit solcher Pünktlichkeit ausrichtete, als käme es vor Allem darauf an, keine Ursache des Anstoßes zu geben, sondern lieber viel Ungemach und Plage zu erdulden, auch lieber Unrecht zu leiden, als diejenigen, die ihm solches zugefügt, zu schelten und zu schmähen; vielmehr es bei Anderen zu rügen, die auf solche Weise zu seiner Rechtfertigung beizutragen vermeinten. Derselbe friedliche Sinn spricht sich auch in seinen geschriebenen Werken aus; wir finden hier die Herrschaft desselben Geistes, vermöge dessen, wie im Briefe St. Judä zu lesen, der mit Satanas über den Leichnam Mosis streitende Erzengel das Urtheil der Lästerung nicht fällen durfte. Auch unser Freund bringt keine bittere Klage gegen seine Verfolger und Widersacher vor, sondern überläßt das Gericht einzig und allein dem Herrn.
In seiner eigenen Familie hielt er eine genaue Tagesordnung in Bezug auf Hausgottesdienst und gemeinschaftliche Erbauung inne; er sprach mit Josua: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Und in der That, es ruhte ein reicher Segen auf seinem Hause. Sein Weib war, wie der Psalmist es ausspricht, wie ein fruchtbarer Weinstock um sein Haus herum, seine Kinder prangten wie die Oelzweige um seinen Tisch her, denn also wird gesegnet der Mann, der den Herrn fürchtet. Und obgleich in Folge der Verluste, welche Jahre lange Einkerkerungen und kostbare Krankenlager mit sich brachten, an Vermehrung der irdischen Habe nicht zu denken war, so hatte er doch immer genug, um anständig leben und schuldenfrei durchkommen zu können. Dazu kam, daß er den großen Schatz eines zufriedenen Herzens sein nennen konnte, welches alles Geld und Gut überreichlich ersetzt. Wo aber die Zufriedenheit wohnt, wird die ärmlichste Hütte zum reichen Palast; und dieses Glückes erfreute er sich während seines ganzen Lebens. Er beachtete diese Welt nichts mehr, als daß er sich immer bewußt blieb, nur ein Pilger und Fremdling hier zu sein, keine bleibende Stadt hatte, sondern nach derjenigen sehnsüchtig ausschaute, die, nicht mit Händen gemacht, ewig ist im Himmel. Zuletzt aber nahte für den durch Alter und Arbeit Geschwächten der Tag der Auflösung, und der Tod, der das Gefängniß der Seele öffnet, um sie für eine herrlichere Hütte frei zu machen, machte seiner Wirksamkeit auf dem Schauplatze dieser Erde ein Ende. Aehnlich wie vor dem Ausbruch eines Krieges die Fürsten dieser Welt ihre Gesandten abzurufen sich beeilen, pflegt der Himmel seine Gerechten vor dem Unglück wegzunehmen. Unseres John Bunyan's letzte Thätigkeit war ein barmherziges Werk. Einer seiner Nachbaren, ein junger Mann, war ganz mit seinem Vater zerfallen und nahe davor, von diesem enterbt oder auf andere Weise dessen beraubt zu werden, was ihm von Familienwegen sonst hätte zufallen müssen. Da sein Gemüth sich hierüber in großer Unruhe befand, wendete er sich an Bunyan, als den passendsten Vermittler seiner Unterwerfung und ersuchte ihn, das Vaterherz darauf vorzubereiten und günstig zu stimmen. Er ging darauf wie gewohnt auf das Bereitwilligste ein und fuhr unverzüglich nach Reading in der Grafschaft Berk. Durch seine ernsten und nachhaltigen Bitten und Ermahnungen zur Liebe und Versöhnlichkeit gelang es ihm denn auch, den Zorn und die Heftigkeit zu besiegen, welche anfange sich geltend machen wollten. Das Herz des Vaters wurde weich und verlangte nach dem Sohne.
Bunyan aber, der, nachdem er alles bestens ausgerichtet, nach London zurückkehrte, wurde daselbst plötzlich von einem starken Regengusse überfallen, kam durchnäßt in seiner Wohnung an und zog sich sofort ein heftiges Fieber zu. Er ertrug es mit großer Geduld und Fassung, und aus seinen Mittheilungen ging deutlich hervor, daß er nichts mehr wünschte, als seiner Bande ledig und bei Christo zu sein, in welchem Falle ihm das Sterben der höchste Gewinn und die Verlängerung seiner Tage nur ermüdendes Hinausschieben der erwarteten Glückseligkeit erschien. Auch sollte ihm diese nicht länger vorenthalten bleiben, und, nachdem er seine Lebenskräfte rasch abnehmen gesehen und seine inneren und äußeren Angelegenheiten noch bestens geordnet hatte, wie es dem Christen zukommt, und es ihm bei der Kürze der Krankheit in Bezug auf letzteres möglich gewesen, durfte er seine Seele in die Hände seines Erlösers übergeben, der Seinen Pilgrim von der Stadt des Verderbens in's Neue Jerusalem geleitete. War doch sein besseres Selbst hier schon seit lange heimisch geworden, unter stiller, heiliger Betrachtung des himmlischen Erbes, inniger Sehnsucht und heißem Verlangen nach dem verborgenen Manna und dem Wasser des Lebens, sowie durch viele heilige und demüthige Trostworte, die er in Briefen an verschiedene, in Gefängnissen schmachtende Mitchristen richtete, deren reichen Inhalt mitzutheilen uns der Raum jetzt nicht erlaubt. Er starb am 12. August 1678 zu London in dem Hause eines Gewürzkrämers Namens Straddock, zum Stern, auf Snowhill, im Kirchspiel St. Sepulchres, im sechszigsten Jahre seines Lebens, nach einer zehntägigen Krankheit und wurde auf dem neuen Gottesacker neben dem Artillerieplatz begraben. Hier schläft er der herrlichen Auferstehung der Kinder Gottes entgegen, bis der große Morgen anbricht, der ihm das ewige, unbefleckte, unverwelkliche Erbe bringen wird, das behalten wird dort, wo kein Leid noch Geschrei, noch Trübsal mehr sein, Gott aber alle Thränen abwischen wird; wo die Gerechten als Glieder Christo, ihrem Haupt, einverleibt werden und mit ihm als Könige und Priester herrschen sollen immer und ewiglich.