Brenz, Johannes der Jüngere - Evangelium am Sonntag nach dem neuen Jahrestag
Predigt von Johannes Brenz, dem Jüngeren, Professor der Theologie zu Tübingen, dem Sohn des Reformators.
(Gedruckt bei Alexander Hock 1585 Tübingen.)
Joh. 1, 29:
„Des andern Tages sieht Johannes Jesum zu ihm kommen und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“
Auslegung.
Das verlesene Evangelium ist von Worten sehr kurz, aber Sachen halber über die Maßen reich. Denn der Heilige Geist ist so ein künstlicher Redner, dass er mit wenig Worten viel kann verrichten. Wollen demnach solche kurze Predigt in aller Furcht Gottes erwägen, besehen, was für herrliche große Sachen in diesen wenigen Worten begriffen, daraus durch Hilfe des Allmächtigen lernen, wessen wir uns dieses Lämmleins Gottes, unsers Christkindleins, zu trösten haben; auch wie wir solches hohen großen Trostes fähig und teilhaftig mögen werden. Amen. -
Anfangs soll ermeldete kurze Predigt uns in bester Form angelegen und befohlen sein, weil Johannes der Täufer solche getan, welcher nach dem Herrn Christo der fürnehmste Prediger gewesen. Es waren gleichwohl im alten und neuen Testament viel herrliche Prediger, als Noah, welchen die Schrift nennt einen Prediger der Gerechtigkeit; Elias, welcher in einem feurigen Wagen, mit feurigen Rossen im Wetter gen Himmel gefahren; Elisa, bei welchem der Geist Eliä zweifältig gewesen (2. Kön. 2); Jesaias, der seiner hellen Predigt wegen wohl einem Evangelisten kann verglichen werden; Johannes, der Evangelist und Apostel, welcher ein Donnerskind genannt, weil seine Predigten lauter Donnerklopf waren, wider die Ketzer, welche beides, der Person und dem Amt Christi, stark zusetzten; Paulus, dem das Doktorhütle im dritten Himmel aufgesetzt worden; Petrus, der eine fürnehme Säule der Kirche war, und andre viel mehr. Aber keiner war dem Täufer Johannes zu vergleichen, vermöge des Zeugnisses Christi, welcher sagt (Matth. 11): „Wahrlich, ich sage euch, unter allen, die von Weibern geboren sind, ist nie aufkommen, der größer sei, denn Johannes der Täufer. Der aber der kleinste ist im Himmelreich, ist größer denn er.“ Weil denn uns zu Herzen geht, was fürnehme Prediger sagen, dasselbige oft wiederholen, daran gedenken, sollen wir billig diese des fürnehmsten, nach dem Herrn Christo, Predigers Predigt wohl behalten und zu Herzen führen, sonderlich weil er dieselbige in keinem Winkel, sondern zu Bethabara getan, da er viel Leute getauft, da viel Volks bei ihm gewesen, da Christus sich ihm sichtbar gemacht; von dannen diese Predigt hat weit können erschallen und auskommen. Und hat's getan zu der Zeit, da er sein Amt wollt resignieren, dem Herrn Christo weichen, Raum, Statt und Platz geben. Denn die Morgenröte kann länger nicht währen, denn bis die Sonne herfür scheint; alsbald dieselbe über den Horizont kommt, muss die Morgenröte weichen. Also ist Johannes der Täufer allein die Morgenröte gewesen, denn er war Christi Vorläufer. Alsbald nun dieser in die Welt geboren, sein Amt jetzt anfing, hat die Sonne der Gerechtigkeit zu scheinen und die Morgenröte aufzuhören angefangen, welches auch Johannes mit freudigem Willen getan, wie er selber sagt: „Der Freund des Bräutigams steht und hört ihm zu und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme; dieselbige meine Freude ist nun erfüllt; er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“ (Joh. 3). Denn alle Heiligen Gottes sind also gesinnt, dass sie dem Herrn Christo willig gern weichen, weil sie bei ihnen nichts denn Sünde und Verderbnis, bei dem Herrn Christo aber Gerechtigkeit und Heil finden. Darum auf Erden all ihre Gedanken, all ihr Tun und Lassen dahin gerichtet, dass die Herrlichkeit und seligmachende Amt Christi seinen glücklichen Fortgang habe. -
Danach auf diese kurze Predigt Johannis des Täufers haben viel fromme Patriarchen, Propheten und Könige im Alten Testament mit großer Begier, Seufzen und herzlichem Vertrauen gewartet und sehnlich begehrt, dieselbige anzuhören. Was für eine Nachfrage nach dieser Predigt unter den frommen Königen und Propheten gewesen, bezeugt Christus, da er sagt: „Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr seht, denn ich sage euch, viel Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben's nicht gesehen, und hören, was ihr hört, und haben's nicht gehört“ (Luk. 10). Christum in dem Fleisch haben die Apostel gesehen, ihn von Mund aus haben sie gehört und sichtbar bei ihnen gehabt, welches denen im Alten Testament nicht widerfahren. Was unter dem gemeinen Mann für Nachfrage nach dieser Predigt gewesen, bezeugt Jeremias, da er sagt (Jerem. 31): „Und wird keiner den andern, noch ein Bruder den andern lehren und sagen: erkennt den Herrn, sondern sie sollen mich alle kennen, beide, klein und groß.“ Als wollte er sagen: im Alten Testament ist eine große Nachfrage gewesen nach dem Lämmlein Gottes, welches soll tragen die Sünde der Welt. Wenn ein Nachbar zu dem andern kommen, ein guter Freund den andern angetroffen, ist es die erste Frage gewesen: Lieber, wann kommt der versprochene Messias? Solches Nachfragens werden wir nicht bedürfen im neuen Testament, denn beide, klein und groß, werden wissen, dass Mariä Sohn sei das einige Lämmlein Gottes, welches trage der Welt Sünde. Abraham hat diese Predigt im Geist gehört und darob herzlich sich erfreut. Der alte Simeon sah dies Lämmlein Gottes und nimmt es in seine Arme, wird darob also fröhlich, dass er begehrt mit Freuden zu sterben, weil er den Heiland gesehen (Luk. 2). Weil denn so große Nachfrage nach dieser Predigt gewesen, soll billig dieselbige von uns für einen sondern Schatz gehalten werden, besonders weil an dieser kurzen Predigt hanget der Christtag, Neujahrstag, Karfreitag, Ostern, Pfingsttag. Am Christtag hat der Engel den Hirten auf dem Feld gepredigt: Euch ist heute der Heiland geboren. Solche englische Predigt steht in dieser Predigt Johannis: denn er freilich der Heiland muss sein, weil er trägt die Sünde der Welt. Im Neujahrstag wird in der Beschneidung ihm der Name Jesus gegeben, weil er allein solle der rechte Sündenbüßer und -träger sein. Denn Sünde büßen ist ein solches Werk, welches aus Mariä Sohn macht einen Heiland und rechten Jesum. In dem Wörtlein (er ist das Lamm Gottes) ist die ganze Passion begriffen, in welcher nichts andres gehandelt, denn wie man mit diesem Lämmlein Gottes sei umgangen, wie dasselbige vielfältig verlacht, verspottet, verhöhnt, unbillig gefangen, verklagt, jämmerlich gegeißelt, verurteilt, zum Tode des Kreuzes verdammt, auch gekreuzigt sei worden. Weil es aber das Lämmlein Gottes gewesen, hat es im Tod nicht können bleiben, wie der Psalm (16) sagt: Herr, du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen und nicht zugeben, dass dein Heiliger verwese. Weil es auch Gottes Lämmlein gewesen, hat es wiederum zu dem, von dem es kommen ist, gemusst, wie er selber sagt: Ich gehe wieder hin zu dem, der mich gesandt hat. Darum hat er das heilige Predigtamt eingesetzt, den Aposteln am Pfingsttag den heiligen Geist gegeben, damit durch das gepredigte Wort die großen Guttaten dieses Lämmleins der ganzen Welt würden angeboten und vorgetragen, also, dass wer da glaube, und solchen angebotenen Schatz mit der Hand des Glaubens empfange, derselbige selig werde. Ist also samt dem Christtag und Karfreitag auch die Ostern und Pfingsttag in dieser kurzen Predigt verfasst, darum sie billig wert und groß von uns soll gehalten werden. Zum dritten ermeldete Predigt Johannis des Täufers ist ein summarischer Auszug, beides, des alten und neuen Testaments; denn alles, was im Alten Testament vorgebildet und geschehen, geht vermöge der Predigt Johannis auf Christum, dass der versprochene Messias jetzt vorhanden und anfange mit dem Werk, zu erfüllen alles dasjenige, was von ihm ist vorgedeutet und geweissagt worden. Dieses alles wahr zu machen und die ganze Summa heiliger göttlicher Schrift summarischer weise zu erzählen, nennt Johannes der Täufer den Messiam das Lämmlein Gottes. In dem Alten Testament sind mancherlei Opfer gewesen, als Brandopfer, Speisopfer, Sündopfer, Dankopfer, aber vornehmlich ist das Osterfest ein groß Fest gewesen, dahin Johannes mit diesem Namen sieht, anzuzeigen, weil das fürnehmste Fest und größte Opfer, auf Christum gesehen, müssen alle andern Opfer und Feste auf ihn allein gesehen haben.
Wie man nun im Alten Testament mit dem Osterlämmlein umgegangen und wie dasselbige hat müssen qualifiziert sein, also hält sich die Sache allerdings mit dem Herrn Christo, dem Osterlämmlein des neuen Testaments. Das Osterlämmlein des Alten Testaments musste sein ein Lämmlein eines Jahrs alt, ohne allen Fehl, anzuzeigen, dass der künftige Messias und verheißen Osterlämmlein im neuen Testament werde sein beides, Lehre und Leben halber, ohne allen Fehl und Mangel. An seiner Lehre ist kein Fehl, weil sie hat die Worte des ewigen Lebens, und ist eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, so daran glauben. An seinem Leben ist kein Mangel, weil er keiner Sünde geziehen, viel weniger überwiesen hat können werden, und in seinem Mund kein Betrug erfunden, er der allerheiligste, der allerfrömmste, der unsträflichste gewesen. In dem Alten Testament muss ein jeglicher Hausvater ein Lamm zu einem Haus nehmen, denn das recht bedeutete Osterlämmlein will bei einem jeglichen gläubigen Menschen nicht stückweis, sondern ganz und gar mit allen seinen Guttaten sein, eine Gnadenwohnung bei ihm haben, sein ganzes vollkommen Verdienst ihm zueignen, also dass ein jeglicher, welcher glaubt an den Herrn Christum, könne mit der Wahrheit rühmen und sagen: der ganze Christus mit allem seinem Verdienst, beides, des vollkommenen Gehorsams und vollkommenen Leidens halber, sei sein eigen, gehöre ihm zu, solle auch zu aller Gnade bei Gott dem himmlischen Vater kommen, besonders weil dieser Christus nie stückweis kann ausgeteilt werden, sondern, wie er ganz ist, also wird er auch ganz ergriffen, alsbald er mit dem Glauben ergriffen wird. Darum denn ein geringer Glaube, der da ist wie ein glimmender Docht, auch selig macht, weil solcher geringer Glaube den ganzen Christum mit allem seinem Verdienst ergreift und dann der Glaube nicht als ein Werk, sondern als eine Hand, welche von dem reichen Gott das Lehen des ewigen Lebens empfängt, die Seligkeit erlangt. Ob nun dieser Glaube zuzeiten gering und schwach, jedoch ergreift er den ganzen Christum und in ihm das vollkommene Lehen des ewigen Lebens, und wird also die Verzeihung der Sünden und das ewige Leben beides durch den schwachen und starken Glauben ausgeteilt, wie David (Psalm 51) sagt: Ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, Herr, nicht verachten. Und Christus (Matth. 17): So ihr Glauben habt als ein Senfkorn, so mögt ihr sagen zu diesem Berg: heb dich von hinnen dorthin, so wird er sich heben und euch wird nichts unmöglich sein. Das ist: wer ein Wort und Verheißung hat, demselbigen glaubt, der wird große, hohe Berge des Unglaubens abschaffen.
Und wenn schon der Glaube so gering als ein Senfkorn, so müssen doch diesem auch geringen Glauben große Berge weichen. Ein großer Berg ist die Vernunft, welche die Gerechtigkeit des Glaubens, die Auferstehung der Toten, die Versammlung christlicher Kirchen aus dem gepredigten Wort, die wahrhaftige Austeilung des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl nicht glauben kann. Wo nun auch ein geringer Glaube, welcher sich hält auf die Worte der Verheißungen, auf die Worte der Einsetzung des heiligen Abendmahls, derselbige kann diesen großen Berg abheben, damit er ihm nicht hinderlich in seinem Glauben sei. Kann also das rechte Osterlämmlein Christus auch durch einen geringen Glauben, wenn derselbige allein auf das Wort und die Verheißung gegründet, mit all seinem Verdienst ergriffen werden. Darum denn auch dies Osterlämmlein die Schwachgläubigen niemals abgewiesen und die Apostel selber: mehre uns den Glauben, gebeten. Auch wir allezeit im Vaterunser um Mehrung unsers Glaubens bitten. Im Alten Testament ist das Osterlämmlein von den Lämmern und Ziegen den zehnten Tag des ersten Monats, welcher Nisan genannt, genommen, bis auf den vierzehnten Tag desselben Monats behalten und zwischen abends geschlachtet worden. Denn unser Osterlämmlein Christus hat nicht die Engel, sondern den Samen Abrahams an sich genommen, und als die Zeit erfüllt war, in den letzten Zeiten, gleich von seiner Menschwerdung seine Passion angefangen, welche bis in das dreiunddreißigste Jahr seines Alters gewährt, da allererst er den größten und letzten Strauß seiner Passion ausgestanden und erlitten hat. Mit dem Blut des alten gemetzelten Osterlämmleins sind beide Pfosten an der Tür und die oberste Schwelle bestrichen worden, damit der Verderber (welcher selbige Nacht alle Erstgeburt in Ägyptenland, von dem ersten Sohn Pharao an, der auf seinem Stuhl saß, bis auf den ersten Sohn der Gefangenen im Gefängnis und alle Erstgeburt des Viehes totgeschlagen) vorübergehe, verschonte der Israeliten und in keinem Haus, welches mit dem Blut des Osterlämmleins bestrichen, die Erstgeburt umbrachte. Im neuen Testament aber sollen die Pfosten unsers Herzens mit dem am Stamm des Kreuzes vergossenen Blut Jesu Christi, welches uns reinigt von allen unsern Sünden, durch den rechten Ysop, nämlich den Glauben an den Herrn Christum, bestrichen werden, damit der Verderber keine Anklage, viel weniger Anspruch zu uns habe. Wer mit diesem Blut durch einen wahren Glauben besprengt, der kann dem Verderber trotzen und mit Paulo sagen: wer will uns als die Auserwählten beschuldigen? Gott ist hier, der da gerecht macht; wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Das Osterlämmlein des Alten Testamentes hat müssen am Feuer gebraten, gegessen werden: denn wer da will des Herrn Christi teilhaftig werden und genießen, der muss nicht nur einen losen oder rohen, sondern einen brennenden Glauben haben. Ein roher Glaube ist allein ein historischer Glaube, welchen auch die Teufel haben und darob erzittern; da einer glaubt der evangelischen Historie, was sich mit dem Herrn Christo verlaufen und zugetragen habe. Ein solcher Glaube macht niemand frömmer, lässt den Menschen roh bleiben, ohne Liebe gegen Gott, ohne Vertrauen, ohne Trost, ohne Früchte des Glaubens. Aber ein brennender Glaube ist ein solcher Glaube, da einer sein Vertrauen auf das Verdienst Christi setzt, hält dasselbe für das Horn seines Heils und zweifelt nicht, das Verdienst Christi gehöre ihm zu, werde durch das kindliche Vertrauen sein eigen, sei ihm zu gut geschehen. Das ist ein brennender, ein gebratener Glaube, welcher im Herzen anzündet das Feuer der Liebe Gottes, das kindliche Vertrauen zu dem Herrn Christo und die unfehlbare Hoffnung des ewigen Lebens. Es hat auch des alten Osterlämmleins Fleisch nicht mit Wasser gesotten (weil solche Speise weiche Leute macht) müssen gegessen werden: anzuzeigen, dass unsers Osterlämmleins Reich nicht stehe im Fleisch und weltlicher Wollust, mache nicht weiche Christen, welche nichts erleiden, sondern starke Christen, welche wegen Christi allerlei Verachtung, Verfolgung und endlich den Tod könnten ausstehen. dass aber obgemeldetes Osterlämmlein hat wohl gebraten müssen sein, ist eine Anzeigung gewesen, dass unser Herr Christus in dem Brennofen des Kreuzes sehr wohl gebraten sei worden, bis er das Werk der Erlösung vollkommen verbracht, und dass wir auch durch viel Trübsal müssen eingehen in das Reich des Vaters. Sie haben auch mit ungesäuertem Brot das Osterlämmlein müssen essen, weil unser Herr Christus mit seinem Verdienst und seinen Gnaden wirklich dazumal will bei uns sein, wenn bei uns kein, weder der Lehre noch Lebens, Sauerteig ist.
Sauerteig der Lehre ist eine falsche, ganz lästerliche, verführerische Lehre, welche in Gottes Wort nicht gegründet, zur Schmälerung der Majestät und Amtes Christi gerichtet und den Worten der Einsetzung der Sakramente stracks zuwider, als da ist der papistisch, calvinisch, schwenkfeldisch, widertäuferische Glaube. Sauerteig des Lebens ist ein roh und gottlos Leben, welches gleichfalls abzuschaffen, wo man will Christi genießen. Es ist auch das alte Osterlämmlein mit bitteren Salzen, eilends als wenn sie hinwegeilten, ohne Brechung eines Beins, das Haupt mit dem Schenkel und Eingeweide, gegessen worden, denn unserm Osterlamm Christo am Stamm des Kreuzes ist kein Bein gebrochen worden. Wer diesem Herrn Christo nach will folgen, der muss das Kreuz, welches ein bitteres Salz ist, auf sich nehmen und also durch mancherlei Trübsal eilen zu unsrer Bürgerschaft, welche nicht auf Erden, sondern im Himmel ist, und dasselbige tun eilends, ohne einige Einteilung oder Aufziehung der wahren christlichen Buße. Denn es heißt: heute, so ihr hört die Stimme des Herrn, so verstockt eure Herzen nicht. Weil dann das Osterfest auf den Herrn Christum gegangen, ist leichtlich daraus abzunehmen, dass alle andern Feste und Opfer des Alten Testaments auf diesen einigen Christum gesehen haben; welches als der Hauptpunkt des alten und neuen Testaments, im alten vorgebildet, im neuen aber im Fleisch erzeigt, und mit wahrhaftiger Erfüllung aller Eigenschaft des versprochenen Messias als der einige allein selig machende Heiland erklärt ist worden, damit ein jeder, der an ihn glaubt, habe das ewige Leben. Zum vierten oftermeldete kurze Predigt Johannis des Täufers ist auch eine gründliche Erweisung, dass dies Christkindlein unser einiger Mittler sei, welcher das Mittleramt zwiefach Rechts wegen als ein ewiger Gott und als ein erhöhter Mensch trage. Darum nennt Johannes der Täufer ihn ein Lämmlein, anzuzeigen, dass im neuen Testament niemand könne mit Gott versöhnt werden, ohne dies Christkindlein; gleichwie im alten ohne die Opfer niemand konnte figürlichereise bei Gott zu Gnaden kommen, besonders weil alle Opfer auf diesen Christum gegangen. Er ist das rechte Brandopfer, welcher wegen unsrer Sünden so jämmerlich zugerichtet, dass er keine Gestalt noch Schöne mehr gehabt, dass er der allerverachtetste und unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit, also verachtet gewesen, dass man das Antlitz vor ihm verborgen und ihn für nichts geachtet hat. Er ist das rechte Speisopfer, welches uns bringt das Himmelsbrot, das da gibt das Leben der Welt, das da bleibt in das ewige Leben, und gibt das rechte Kraftwasser, das in einem Menschen wird ein Born des Wassers, welches da quillt in das ewige Leben. Er ist das rechte Sündopfer, weil er unsre Krankheit getragen, unsre Schmerzen auf sich geladen, von unsrer Missetat wegen verwundet, von unsrer Sünde willen geschlagen, wir ihm in unsern Sünden Arbeit und Mühe gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Er ist der rechte Ziegenbock, welcher von seinen Jüngern und aller Welt verlassen, außerhalb der Stadt Jerusalem zu der Schädelstatt geführt und für die Sünde aufgeopfert worden. Er ist auch das rechte Weihopfer, denn, wer an ihn glaubt, der wird geweiht zum königlichen Priestertum, zum heiligen Volk des Eigentums (1. Petr. 2.) Er ist das rechte Sprengwasser: wer damit sich sprengt, der wird rein von seinen Sünden, denn das Blut Jesu Christi reinigt uns von unsern Sünden. Dies alles steckt in diesem Wörtlein, da er Christum ein Lämmlein nennt. Aber damit Christus nicht für einen halben sondern ganzen Mittler wird gehalten, nennt ihn Johannes der Täufer ein solches Lämmlein, welches die Sünden der Welt trage. Mit welchem angezeigt wird, dass Christus sei ein ganzer Mittler, weil er völlige Erlösung bei seinem himmlischen Vater erlangt. Ein vollkommener Sündenbüßer kann ein vollkommener Erlöser sein. Das Opfer, das Ochsen-, Bock- und Kälberblut in alten Testament war kein vollkommenes Sündopfer, darum denn dasselbige oftmals hat müssen wiederholt werden, welches nicht vonnöten gewesen, wo einmals ewige Erlösung durch dieses Opfer wäre erworben worden. Aber das Blut Jesu Christi ist ein vollkommenes Sündopfer, weil Christus, wahrer Gott und Mensch in einer Person, durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen und ewige Erlösung erworben hat. Daher sagt Johannes der Täufer, dass er trage die Sünde der Welt. Durch die Sünde versteht er alle Ungerechtigkeit, alle Sünde, welche uns von Gott scheidet, welche in der Welt ist, sie habe Namen, wie sie wolle. Die Erbsünde ist in der Welt, denn wir in derselbigen empfangen und geboren werden, scheidet auch uns von Gott, wie David (Psalm 51) sagt: Dir allein hab ich gesündigt und Übels vor dir getan; denn siehe, ich bin aus sündlichem Samen gezeugt. Als wollt er sagen: weil ich in Sünden empfangen und geboren, so bin ich durch diese Sünden von Gott geschieden. Also die wirklichen Sünden sind in der Welt: da ist Hoffart des Lebens, Lust der Augen, Luft des Fleisches scheiden auch uns von Gott, wie geschrieben steht (Jes. 59): Eure Untugenden scheiden euch und euren Gott voneinander und eure Sünden verbergen das Angesicht vor euch, dass ihr nicht gehört werdet. Aus diesem allem muss notwendig folgen, dass unser Osterlämmlein nicht allein die Erbsünde, sondern auch die wirklichen und täglichen Sünden getragen, dieselbigen gebüßt und mit einem vollkommenen Opfer ausgetilgt habe. Denn tragen heißt hier anders nichts, denn die Strafe der Sünden auf sich laden. Strafe der Erbsünde ist der Zorn Gottes, darum wir Kinder des Zorns wegen der Erbsünde werden genannt. Strafe der wirklichen Sünde ist der Tod und was an dem Tod hanget, als allerlei Fluch, Jammer, Elend, Kreuz und Leiden. Durch die Sünde ist der Tod in die Welt kommen und ein Sold der Sünden ist der Tod. Solche Strafe alle hat Christus auf sich genommen. Er hat die Last des Zorns Gottes getragen, welches ihm den blutigen Schweiß herausgetrieben und so hart gedrückt, dass er anfängt zu schreien: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen! Er hat alles Kreuz ausgestanden und kann keines genannt werden, welches er nicht erlitten. In hoher Armut ist er geboren, wurde verjagt, vertrieben, verspottet, gefangen, als ein Gotteslästerer und Aufrührer verklagt, von einem Gericht zu dem andern geschleppt, mit Fäusten geschmissen, mit einer dornigen Krone gekrönt, gegeißelt und an das Kreuz geheftet. Solches ist er seiner Person halber, weil er ohne Sünde war, nicht schuldig gewesen zu leiden, darum denn er mit solchen Leiden hat können die Sünde büßen. Was einer leidet schuldigerweise, damit kann er fremde Sünde nicht büßen. Was aber unschuldigerweise gelitten wird, damit können fremde Sünden gebüßt werden. Solches hat Christus getan. Der Tod hat keinen Anspruch zu ihm gehabt, seiner Person halber. Darum Paulus sagt, der Tod habe Gewalt angelegt. Solches weil Christus ausgestanden und ist für seine Person nicht schuldig gewesen, das zu tun, hat er damit vollkommene Erlösung erlangt, wie Jesaias sagt (Jes. 40): Ihre Missetat ist vergeben, denn sie hat zwiefältig empfangen, von der Hand des Herrn um alle ihre Sünde; das ist, weil Christus seiner Person halber nicht schuldig gewesen, die Strafe der Sünden auszustehen und aber dennoch unsertwegen solches getan, so übertrifft dieses sein Verdienst weit alle Sünde, ist in allweg größer denn unsre Sünden sind, kann demnach dieselbigen vollkommen büßen. Ist nun die Sünde vollkommen gebüßt, so hat sie keinen Anspruch mehr an diejenigen, welche an Christum glauben. Wer will (sagt Paulus) die Auserwählten Gottes verklagen und verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist. Wie nun die Sünde zu uns keinen Anspruch mehr hat im Reiche der Gnaden, denn sie mag Christum drum hernehmen: also wird sie im Reich der Herrlichkeit allerdings ausgetilgt sein und uns nicht mehr einfallen oder in unserm Fleisch hangen und kleben können, denn sie gar muss aufgehabt werden und den Auserwählten weder des Anspruchs noch der Empfindlichkeit halber zu können, sintemal Christus nicht allein die Strafe der Sünden vollkommen getragen, sondern auch das ganze Gesetz vollkommen erfüllt und also auch vollkommene Gerechtigkeit erworben und zuwege gebracht. dass aber Johannes der Täufer bei diesen zweien Punkten nicht bleiben lässt, und Christum nicht allein ein Lamm, ja ein Lamm, welches der Welt Sünde trägt, sondern ein Lamm Gottes nennt, will er damit erzeigen, dass dieser Christus, ein vollkommener Mittler nicht allein der vollkommenen Erlösung, sondern auch des vollkommenen Fürsprechers und Advokaten halber bei Gott seinem himmlischen Vater sei, also dass wir der Heiligen Fürsprechens nicht bedürfen, wie denn sie auch des Werks und Amts sich nicht anmaßen, auch dasselbige ihnen nicht gebührt, weil ein Fürsprecher bei Gott muss selber die Versöhnung für der Welt Sünde sein. Eine solche Versöhnung allein ist Christus, darum wird er Gottes Lamm genannt, weil er bei Gott in allen Gnaden ist, weil Gott ihn zu einer Versöhnung für der ganzen Welt Sünde geordnet; weil Gott an seinem Verdienst einen vollkommenen Gefallen hat, also, dass er alle diejenigen, so durch einen wahren Glauben dieses Verdienst ihnen zueignen, von des Christi wegen zu allen Gnaden, ja zu Kindern und Erben will auch uns annehmen. Und das ist eben das, das Johannes sagt (1. Joh. 2): Ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist, und derselbige ist die Versöhnung für unsre Sünde, nicht allein aber für unsre Sünde, sondern auch für der ganzen Welt Sünde. Als wollt er sagen: Ein Fürsprecher muss ein Versöhner und zwar ein gerechter, ein vollkommener Versöhner, nicht allein für eine Sünde, sondern für der ganzen Welt Sünde sein. Kein Heiliger ist ein Versöhner für seine Sünde, viel weniger für der ganzen Welt Sande: allein das Christkindlein ist eine vollkommene Versöhnung für alle Sünde. Darum wie kein Heiliger begehrt, also kann auch keiner dieses Amtes sich anmaßen, sondern williglich und mit Freuden lassen sie diese Ehre allein dem Herrn Christo, welcher solchen Ruhm ihm behält, keinem andern Heiligen, viel weniger den Götzen geben will (Jes. 42.) So ist nun der rechte Verstand dieser kurzen Predigt: Ihr habt bis anher etliche Zeugnisse von mir angehört, welche ich dem Messias gegeben, dass er sei in die Welt kommen und geboren. Derselbige Mann ist eben der, der allhier steht: auf diesen hat gesehen das erste Evangelium, im Paradies gepredigt; auf diesen haben mit großem Verlangen alle Patriarchen gewartet; auf diesen sind alle Opfer gangen; von diesem haben alle Propheten geweissagt; von diesem wegen sind dem jüdischen Volk allerlei Guttaten widerfahren; dieser allein ist der Gnadenstuhl, durch welchen wir bei Gott müssen zu Gnaden kommen; durch diesen wird allein die Sünde verziehen; dieser allein ist unsre Frömmigkeit und Gerechtigkeit; in diesem ist das einige Wohlgefallen des Vaters. Ist also diese kurze Predigt nicht allein eine unwiderlegliche Beweisung unsers christlichen Glaubens, sondern ein starker Donnerklopf wider das Papsttum und andre verführerische und gotteslästerliche Lehre. Die Papisten prangen viel mit dem Agnus Dei, insonderheit in ihrer verfluchten Messe, aus welcher sie ein Agnus Dei begehren zu machen unangesehen, dass Johannes der Täufer nicht von der Messe, sondern von dem Sohn Gottes und Mariä sagt: dieser ist das rechte Agnus Dei1). Sind nicht zwei Agnus Dei, ist allein ein Agnus Dei. Zu den Galatern am 3. Nun ist je die Verheißung Abraham und seinem Samen zugesagt. Er spricht nicht durch die Samen, als durch viele, sondern als durch einen, durch seinen Samen, welcher ist Christus. Und abermals: Ein Mittler aber ist eines einigen Mittler, Gott aber ist einig, als wollt er sagen: Wie Gott einig ist, so bedarf er nur eines Mittlers, welcher zwischen ihm und dem menschlichen Geschlecht Frieden machte; daher die Epistel zu den Hebräern allein eines Mittlers gedenkt, so oft sie von dem Mittler redet, anzuzeigen, dass nicht zwei Agnus Dei, zwei Mittler, sondern ein Agnus Dei, ein Mittler sei. Dieser ist der Herr Christus, welcher ist ein unschuldiges und unbeflecktes Lamm, welcher ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen und hat eine ewige Erlösung erworben; welcher sich selber ohne allen Wandel durch den heiligen Geist Gott geopfert, unser Gewissen gereinigt von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott, welcher sein aufgerichtetes Testament mit seinem Tode befestigt und festgemacht hat. Ist denn Christus allein das Agnus Dei und der Mittler des neuen Testamentes, so kann die Messe solches nicht sein, besonders weil in der Messe ein Priester opfert, welcher ein großer Sünder und zuzeiten der größte Bube, den die Sonne mag bescheinen, welcher nicht sein eigen Blut, seinen eignen Leib aufopfert, dasselbige Opfer zum oftmals wiederholt und dennoch die Kirchen nicht reinigt von den toten Werken, sondern in einem großen Zweifel, ob sie bei Gott in Gnaden seien oder nicht, stecken und bleiben lässt. Weil denn dem also, so muss unwidersprechlich sein, dass Messelesen anders nichts sei, denn einen Mann erschlagen, einem Hund den Hals brechen, Säueblut opfern, das Unrecht loben und an einem Gräuel ein Gefallen haben. Ei, soll man so stark wider die Messe reden? Es sind nicht meine Worte, sondern Worte des heiligen Geistes, welcher Jesaia 66 insgemein von allen Opfern, aus welchen man will ein Lamm Gottes machen, und also auch von der Messe also schreibt: Denn wer einen Ochsen schlachtet, ist eben als der einen Mann erschlüge; wer ein Schaf opfert, ist als der einem Hunde den Hals abbricht; wer Speisopfer bringt, ist als der Säueblut opfert; wer des Weihrauchs gedenkt, ist als der das Unrecht lobt. Solches erwählen sie in ihren Wegen und ihre Seele hat Gefallen an ihren Gräueln.“ Ich kann nicht bescheidener reden, denn der heilige Geist redet. Wer aber Mangel daran hat, mag den heiligen Geist darum ersuchen, wird ihm Rede und Antwort genug geben. Wie nun nicht aus der Macht, also aus keinem guten Werk, es sei so heilig als es immer sein kann, soll ein Agnus Dei gemacht werden, weil alle guten Werke unvollkommen, mit Sünden vermischt, vor Gottes Gericht die Schau nicht leiden und hin und wieder in heiliger Schrift, wenn sie Agnus Dei wollen heißen, Kot und Unflat, je ein beflecktes und besudeltes Tuch, welches man ehrenhalber nicht nennen darf, genannt werden. - Unser Agnus Dei Christus Jesus hat alle Sünde, die wirkliche Sünde sowohl als die Erbsünde, getragen. Darum ist es auch unrecht, dass im Papsttum gelehrt wird, der Mensch müsse die wirkliche Sünde selber büßen. Und weil die Sünde vollkommen gebüßt, so ist der Zorn Gottes vollkommen gestillt. Wo kein Zorn nicht ist, da ist Gnade, wo Gnade ist, da kann man sich derselbigen rühmen wider den Teufel, wider den Tod, wider alle Anfechtung; ja derselbigen kann man sich trösten mitten in Todesnöten. Darum auch falsch und unrecht, dass im Papsttum gelehrt wird, der Mensch soll zweifeln, ob er einen gnädigen Gott habe oder nicht; sonderlich weil ein Christ einen kindlichen Geist hat, durch welchen er schreiet: Abba, lieber Vater! Welcher ihm Zeugnis gibt, dass er allein durch Gottes Lamm ein Kind Gottes, ein Erbe Gottes, ein Miterbe Christi worden sei. Darum durch dies Gottes Lamm gestürzt worden alle Orden, welche in dem Papsttum ein Agnus Dei wollen sein. Ein jeder hat sein besonder Bedenken von Gott, außerhalb dem offenbarten Wort, gehabt. Und wie sich einer einen Gott hat eingebildet, so hat er sich ein Agnus Dei erdacht. Der eine hat sich eingebildet, Gott sei ein vagierender Gott, der hin und wieder spaziere und vagiere. Darum hat er gedacht, wenn er wallfahrte zu St. Jakob gen Compostela oder zu andern Heiligen, so habe er ein Agnus Dei, welches seine Sünde trage. Ein andrer hat ihm eingebildet, Gott sei ein einsamer Gott, welcher zu der Einöde Lust habe; darum hat er gedacht, wenn er in ein Kloster laufe, ein Einsiedler, ein Waldbruder werde, so habe er allbereits ein Agnus Dei, welches seine Sünde trage. Der dritte hat andre Gedanken gemacht: Gott sehe auf Hoheit der Personen, sehe auf Pracht der guten Werke; darum hat er gedacht, wenn er die verstorbenen Heiligen anrufe, viel Almosen gebe, viel Rosenkränze bete, habe er ein Agnus Dei, das seine Sünde trage. Der vierte hat vermeint, Gott habe Lust zu besonderer seltsamer Kleidung, darum hat er sich fürgenommen, aus einem grauen Rock, aus einem weißen Rock oder Kutten sich ein Agnus Dei zu machen. Aber alle diese vermeinte Lamm Gottes stürzt zu Boden Johannes der Täufer, da er sagt: es sei nur ein Lamm, welches heißt Christus Jesus; durch diesen allein müssen wir Kinder Gottes werden, Verzeihung der Sünden aus lauter Gnaden, ohne einiges unser Verdienst, erlangen. Ist nun solches aus Gnaden, so ist das Verdienst nicht, sonst würde Gnade nicht Gnade sein. Ist kein Verdienst, so sind vermeinte gemachte Agnus Dei Menschensatzungen, mit welchen man Gott vergeblich dient, dieweil solche Lehren nichts denn Menschengebot sind (Röm. 11. Matth. 15). - Es muss auch der Epikureer Wahn ein falscher Wahn sein, welche vermeinen, weil das Lamm Gottes die Sünde habe getragen, sei die Sache schon richtig, dürfe ein Mensch tun, was ihm gefällt, leben wie er wolle; und machen ihnen also eine fleischliche Freiheit, welche Johannes der Täufer mit einem Wort ablehnt, indem er das Christkindlein nennt Agnus Dei. Denn ist er Gottes Lamm, wird er gewisslich nicht wider den Willen, sondern nach dem Willen Gottes die Sünde getragen haben, auf dass wir würden gereinigt von den toten Werken und anfingen zu dienen dem lebendigen Gott in aller Heiligkeit. Es muss auch der Calvinisten Lehre vermöge dieser Predigt Johannis des Täufers eine gotteslästerige Lehre sein, weil sie dem Herrn Christo, Mariä Sohn, die göttliche Majestät und also das Werk der Erlösung räublicher Weise absprechen, unangesehen, dass Johannes der Täufer hier Mariä Sohn klärlich zuschreibt, dass er allein dieser, der die Kelter allein getreten, keinen Mann bei sich gehabt, die Sünde allein gebüßt und das Werk der Erlösung allein vollbracht habe. Solches Werk aber hanget an der göttlichen Majestät und kann davon nicht getrennt und abgeteilt werden, weil unmöglich, dass ein purlauterer Mensch hätte die Last des Zornes Gottes, die Strafe aller Sünden tragen und eine unendliche Versöhnung erlangen können. Wer nun widerspricht, dass Mariä Sohn nicht habe göttliche Majestät, der nimmt ihm auch das Amt der Erlösung, so doch kündbar und nicht kann verneint werden, dass dieser Mariä Sohn Macht habe, die Sünde zu vergeben, lebendig zu machen und alles andre zu tun, was zu einem vollkommenen Erlöser gehört. So lieb nun uns ist unsrer Seele Seligkeit, sollen wir die päpstliche und calvinische Lehre als ein Seelengift fliehen und meiden. Endlich ist oftermeldete Predigt eine Schatzkammer alles Trostes wider geistliche und weltliche Anfechtungen. Denn weil dieses Osterlämmlein ist durch das levitische Osterlämmlein uns vorgebildet, so muss folgen, dass Christus die alte Kirchenordnung und Landesordnung aufgehoben, welche als der Schatten hat müssen weichen, da er als das Licht in die Welt kommen. Welches denn ein großer Trost ist, sonderlich weil die alte Kirchenordnung einen großen Kosten erfordert, auch die Landesordnung nach Härtigkeit der Judenherzen gemacht war. Ein hartnäckig Volk erfordert eine harte Landesordnung. Weil er auch die Sünde der Welt getragen, folgt abermals daraus ein herzlicher Trost, dass er uns von dem Fluch des Gesetzes erlöst und also recht ein Ende des Gesetzes, beides Aufhebung des Fluchs und Abschaffung der Kirchen- und Landesordnung halber, worden ist. Weil er auch alle Sünde getragen, muss auch dieser Trost herfließen, dass keine Sünde so groß, so erschrecklich, welche in Christo nicht könne verziehen werden; besonders weil allein die Sünde wider den heiligen Geist, welche ist eine Sünde wider das heilige Evangelium, und heißt mit einem Wort beharrlicher Unglaube, hartnäckige Verfolgung und Lästerung des heiligen Evangelii, nicht verziehen kann werden, denn außerhalb diesem Lamm Gottes keine Verzeihung weder hier noch dort sein kann. Und dann dieweil auch dies Lamm der Welt Sünde getragen, und aber in der Welt sind Heiden und Juden, so muss auch dies folgen, dass die Verzeihung der Sünden nicht allein den Juden, sondern auch uns armen Heiden zu gutem sei geschehen. Ist denn uns die Sünde verziehen, so ist auch hingelegt aller Jammer und Elend, welches an der Sünde hängt, also dass dasselbige fürderhin den Gläubigen nicht schaden kann, sondern nutzen muss. Dieses herrlichen Trostes alles werden wir teilhaftig, wenn wir uns als Schäflein Gottes mit Anhörung und Folge seiner Stimme werden verhalten, fest glauben, dass Johannes der Täufer des wahren Messiä Vorläufer gewesen, dass alle frommen Patriarchen, Propheten und Könige im Alten Testament auf diesen Messiam, welcher ist Mariä Sohn, gewartet, dass er der Hauptpunkt der ganzen Heiligen Schrift, dass er ein vollkommener Mittler, beides der vollkommenen Erlösung und vollkommenen Fürbitte halber sei, dass durch sein Verdienst alle andern Verdienste, welche Verzeihung der Sünden, die Huld Gottes verdienen wollen, gestürzt werden, dass wir in ihm allen Trost, ja das ewige Leben haben, welches uns sämtlich verleihe Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist! Amen.