Brenz, Johannes - Grüner Donnerstag.

Brenz, Johannes - Grüner Donnerstag.

1. Kor. 11,23-32.

Ich habe es von dem Herrn empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte, und brach es, und, sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Desselbigen gleichen auch den Kelch, nach dem Abendmahl, und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr es trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn so oft ihr von diesem Brot esst, und von diesem Kelch trinkt, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis dass er kommt. Welcher nun unwürdig von diesem Brot isst, oder von dem Kelch des Herrn trinkt, der ist schuldig an dem Leibe und Blute des Herrn. Der Mensch prüfe aber sich selbst, und also esse er von diesem Brot, und trinke von diesem Kelch. Denn welcher unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt ihm selber das Gericht, damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn. Darum sind auch so viele Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Teil schlafen. Denn so wir uns selber richteten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir von dem Herrn gezüchtigt, auf dass wir nicht samt der Welt verdammt werden.

In einigen früheren Reden haben wir auseinandergesetzt, zuvörderst, was das Mahl des Herrn ist, nämlich ein Mahl, darinnen Brot und Wein durchs Wort des Herrn zum wahren Leibe und Blute Christi geweiht werde, die auch in sichtbarer Gestalt, dem Brote und Weine, Allen, die das Mahl nehmen, dargereicht und gespendet werden. Denn der das Brot genommen und gesprochen hat: „Nehmt, das ist mein Leib,“ hat in dem Brote seinen Leib spenden wollen, weil er es gesagt hat. Und er konnte das tun, weil er allmächtig ist. Sodann haben wir gezeigt, zu welchem Nutzen das Mahl des Herrn gestiftet worden ist, nämlich nicht, dass durch diese äußerliche Handlung unsere Sünden gesühnt werden, ebenso wenig, dass es ein äußerliches Zeichen des Christentums oder der Liebe sei, sondern dass es vielmehr das Gewissen stärke und versichere, dass es dasselbe tröste in Anfechtungen über die Vergebung der Sünden, über Gottes Gnade und das ewige Leben, wie wir jüngst dargetan haben.

Jetzt also wird zu sagen sein, wie wir uns zum Mahle des Herrn vorbereiten sollen; denn das muss unsere Aufgabe, das unsere Mühe sein, recht zu sorgen, dass wir nicht statt des Gegengiftes Gift nehmen. Paulus spricht ja: „Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch.“ Und er setzt hinzu: „Denn welcher unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich selber das Gericht, damit, dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn.“ Und wegen unwürdigen Genusses herrschte unter den Korinthern eine öffentliche Sterblichkeit: „Darum (sagt Paulus) sind auch so viel Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Teil schlafen.“ So müssen wir uns denn große Mühe geben, uns zum Mahle des Herrn recht vorzubereiten. Wer sich zum Mahle des Herrn nicht anzuschicken weiß, der kann sich auch nicht bereit machen, den Himmel zu empfangen, weil ja im Abendmahle himmlische Güter ausgeteilt werden. Wo nun unter päpstlicher Herrschaft, vor der Offenbarung des Evangeliums, die Kirche in der Vorbereitung zum Mahle des Herrn unterwiesen wurde, da stellte man ihr meistenteils drei Stücke der Vorbereitung auf: erstens die Zerknirschung, zweitens das Bekenntnis und drittens die Genugtuung. Das ist nun zwar an sich nicht übel gesagt, aber weil es bald übel verstanden, bald übel ausgelegt wurde, hat es der Kirche großen Schaden getan. So wollen wir denn zwar uns der nämlichen Worte bedienen, sie jedoch nach dem Sinne der Schrift auslegen, auf dass wir daraus lernen, wie wir uns zum Mahle des Herrn recht vorbereiten mögen.

Das Mahl des Herrn ist nicht für die Unbußfertigen eingesetzt, denn sie gehören nicht zum Leibe Christi und sind gleichsam tot. Den Toten jedoch kommt keine Speise zu, denn auch das Mahl des Herrn ist eine Speise der Seele. Darum haben unsere Altvordern durch öffentliche Abkündigungen die Unbußfertigen und die öffentlichen Sünder vom Mahle des Herrn zurückgewiesen. Es ist aber eingesetzt für die Bußfertigen, d. h. für die, welche von ihren Sünden befreit zu werden und der Gerechtigkeit zu dienen und die himmlische Seligkeit zu haben begehren. Die also Buße tun wollen, müssen zu allererst Zerknirschung haben, allein nicht in dem Verstande, dass sie die Zerknirschung für ein so großes Verdienst halten, dass sie die Sünden sühne; denn kein Tun noch Leiden eines Menschen sühnt die Sünden. Esau hatte Zerknirschung, hatte aber keine Vergebung der Sünden. Judas trug Leid über seine Sünde, erlangte aber keine Vergebung derselben. Deshalb dürfen wir nicht meinen, der Schmerz der Zerknirschung tue für die Sünden genug, sondern jene ist erforderlich, auf dass wir also die Schwere unserer Sünden lernen, unser Elend begreifen und erkennen, wie notwendig uns Christus ist. Denn wir halten unsere Natur für so unbefleckt und vollkommen, dass wir aus eigenem Antrieb und Willen das Heil zu gewinnen vermögen, und dass Christus uns nicht notwendig sei. Um also Buße zu tun, wird die Zerknirschung erfordert, damit man erkenne die Sünde, erkenne unsere Not und Verdammnis, und wir so einsehen: wir müssen eine andere Weise zu unserem Heile aufsuchen, als entweder unsere Natur, oder unsere Kräfte oder eigene Gerechtigkeit. Die Zerknirschung aber darf nicht aus menschlichem Urteil herkommen, denn also wirst du niemals wahre Zerknirschung erlangen, sondern sie muss empfangen werden aus dem Worte Gottes, aus dem Gesetz des Herrn. Darin wird ja deutlich erklärt, was Gott von uns heischt, und offen verkündigt: so wir das nicht vollbringen, seien wir ganz und gar verdammt. So wird uns denn durch das Wort des göttlichen Gesetzes wahre Zerknirschung eingeflößt. Ich verfolge z. B. mit Neid meinen Nächsten. Beurteilst du diese Sünde nach menschlicher Auffassung, so erscheint sie gering; wir müssen aber das Gesetz des Herrn anführen: „Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger“ (1. Joh. 3,15). Die Totschläger gehören aber nicht zum Reiche Gottes. Hier sehe ich alsbald die Schwere meiner Sünde und meine Verdammnis.

Zweitens wird, um Buße zu tun, das Bekenntnis erfordert, und um das wenigstens einigermaßen zu erklären, bedarf es eigentlich einer besonderen Predigt. Lasst uns nun davon reden, so viel zu unserer Absicht genügt. Es lässt sich freilich nicht leugnen, dass sich große Missbräuche eingeschlichen haben in jene Ohrenbeichte, die bisher in der Kirche üblich gewesen ist. Denn erstlich hat man geurteilt, die Aufzählung aller Sünden, deren du dir bewusst bist, sei notwendig. Ferner hat man dafür gehalten, solch' Werk sei ein Verdienst, wodurch die Sünden gesühnt werden, zu geschweigen, dass Viele, nach ihrem Bekenntnis verraten, ihr Leben verloren haben. Das sind große Missbräuche dieser Beichte. Nichtsdestoweniger ist jedoch das Bekenntnis an sich nicht gottlos, ist auch nicht in der Kirche von Anbeginn zu solchen Missbräuchen verordnet worden, sondern im Brauch gewesen, damit die Leute bei dieser Gelegenheit von einem Diener der Kirche das Evangelium von Christo besonders vernähmen, um Glauben in sich aufzunehmen und im Glauben gekräftigt zu werden. Denn obschon das Evangelium auch öffentlich verkündigt wird, und eine jegliche Predigt von Christo eine Lossprechung von den Sünden ist: so ist doch das von Sünden beunruhigte Gewissen gar schwach und denkt, die öffentliche Lossprechung gehöre ihm nicht zu, sondern ich weiß nicht, welchen Heiligen, und sucht besondere Freisprechung, zumal eine solche, als spräche Christus, so es möglich wäre, gegenwärtig ihm solche allein und im Besonderen aus. Weil nun Christus jetzt nicht in äußerlicher Gestalt unter den Menschen wandelt, hat er eine Weise ersonnen, damit er sich selber dem schwachen Gewissen gegenwärtig darstellt. Das ist aber die Weise, dass er den Aposteln und den Dienern der Kirche geboten hat, zu predigen das Evangelium von der Vergebung der Sünden. Und er hat ihr Wort zu seinem eigenen Worte geweiht, indem er spricht: „Welchen ihr auf Erden die Sünden erlasst, denen sind sie auch im Himmel erlassen.“ Ferner: „Wer euch hört, der hört mich.“ So hört denn Derjenige, welcher einen Diener nach Art der Nichtswürdigen aufs Allerschrecklichste fluchen hört, Christum? Keineswegs; sondern Christus versteht Solches von dem Amte, das er seinen Dienern anbefohlen hat. Und zwar hat er ihnen keine freie, sondern eine beschränkte Befugnis verliehen, d. i., das Evangelium zu predigen. Hören wir daher bei den Dienern der Kirche das Evangelium, so hören wir dessen Stimme alsdann zur Stärkung unseres Glaubens. So Matthäus, Kap. 3. Die zu Johannes kommen, bekennen ihre Sünden, nicht, um durch dies verdienstliche Werk für ihre Sünden genugzutun, sondern, um ihr Verlangen kundzugeben und von Johannes die Freisprechung durch die Taufe und die Lehre von Christo zu vernehmen. So bekennen die Epheser (Ap.-Gesch. 19) ihre Taten. Darum pflegt man in wohleingerichteten Kirchen die Ordnung zu beobachten, dass zwar Niemand bei Strafe der Verdammung zum Bekenntnisse genötigt, aber einmal den Starken, den wohl Unterwiesenen und Belehrten frei gelassen wird, zu beichten oder nicht zu beichten, sodann den schwachen Gewissen angeraten, wenigstens eine allgemeine Beichte zu tun, um das Evangelium der Lossprechung zu hören; endlich dass die Jungen wenigstens etliche größere Sünden bekennen, auf dass sie bei der Gelegenheit von Sünden abgeschreckt und in der Religion unterwiesen werden. Denn es ist durchaus notwendig zu glauben, dass uns die Sünden um Christi willen erlassen sind; der Glaube an Christum wird aber aus dem Evangelio empfangen und gestärkt; das Evangelium muss aber sowohl öffentlich als insbesondere gehört werden, welches besondere Hören durch die Beichte verlangt wird.

Das letzte Stück der Vorbereitung zu dem Mahle des Herrn ist die Genugtuung. Hierbei ist wiederum mannichfach geirrt worden. Denn man hat dafür gehalten, wenn Jemand für seine Sünden entweder eine Zeit lang faste, oder einige Gebete hersage, oder Messen stifte, der sühne damit seine Sünden. Und es ist zwar zu beten und zu fasten, allein kein Menschenwerk tut für die Sünden genug. Eins nur ist unsere Genugtuung, d. i.: Jesu Christi Leiden, dessen wir teilhaftig werden, wenn wir an Christum glauben. Und dennoch wird zur Buße auch unsere Genugtuung gefordert, nicht zwar die der Sühnung, aber die der Danksagung, d. h.: dass wir aus Glauben Gutes tun und Gottes Geboten gehorchen, um unseren Glauben und unsere Gewissheit an den Tag zu legen.

Das sind die drei Stücke unserer Vorbereitung zum Mahle des Herrn: Die Zerknirschung, d. i. die Erkenntnis der Sünden; das Bekenntnis, d. i. der Glaube; die Genugtuung, d. i. die Danksagung. Nicht die Unbußfertigen aber bereiten sich vor, sondern die Bußfertigen. Auf dass wir also vorbereitet zum Mahle des Herrn kommen, lasst uns Buße tun; so werden wir in Jesu Christo die Vergebung unserer Sünden erlangen und im Abendmahle unser Gewissen stärken durch Christum Jesum, unseren Herrn und einigen Heiland. Amen.

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