Binde, Fritz - Die unbekannte Sünde
„Wenn der Heilige Geist kommt, so wird er die Welt überführen von Sünde: weil sie nicht glauben an mich.“
Joh. 16,8-9
Die unbekannte Sünde ist der Unglaube Jesus gegenüber. Fürwahr, dieses Geschlecht weiß nicht, daß es Sünde ist, nicht an Jesus zu glauben. Eher hält man noch jede andere Sünde für Sünde, aber der Unglaube Sünde? Da lacht man gerade heraus. „Es kann mich doch niemand zum Glauben zwingen!“ heißt es. „Das mache ich doch ganz, wie ich will! Das ist doch meine Sache!“
Du hast recht: Es ist ganz und gar deine Sache, zu glauben oder nicht zu glauben.
Du hast recht: Dein Wille ist hier allein entscheidend.
Du hast recht: Niemand unter den Menschen kann dich zum Glauben zwingen.
Das waren die unchristlichsten Zeiten, wo menschliche Gewalt zum Glauben zwingen wollte.
Aber in obigem Jesuswort handelt es sich ja auch gar nicht um menschlichen Zwang, sondern um eine, und zwar um die erste Wirkung des Heiligen Geistes, wenn er das Menschenherz erfaßt.
O, solange du es nur mit Menschen zu tun hast, magst du dich deines Unglaubens wehren und ihn in keiner Weise für Sünde halten. Aber siehe, sobald der Heilige Geist einmal dein Innerstes erreichen kann, wird er dich aufs erste überführen, daß es Sünde ist, nicht an Jesus zu glauben.
Und genau von dem Augenblick an hört der Unglaube auf, dir eine „unbekannte Sünde“ zu sein; er ist dir dann zur bekanntesten aller Sünden geworden; denn nun weißt du, daß dieser einen Sünde, von der der Heilige Geist zuerst überführt, alle anderen Sünden entstammen.
Vielleicht ist aber gerade jetzt der Augenblick, wo der Heilige Geist dich der Sünde des Unglaubens überführen kann. Dann lernst du gerade jetzt die „unbekannte Sünde“ kennen. Und dann hast du gerade von jetzt an keine Entschuldigung für deinen Unglauben mehr.
Denn dann hört es auf, zu sagen: „Es kann mich doch niemand zum Glauben zwingen!“ Wo nicht äußerlicher Menschenzwang, sondern der Zwang des Heiligen Geistes innerlich überführend eingesetzt hat, da vermehrt und vergrößert nur jeder Widerstand die nicht mehr unbekannte Sünde des Unglaubens.
Da hilft nicht mehr der trotzige Einwand: „Das mache ich doch ganz und gar, wie ich will!“ Denn eben gerade dein Wollen fordert der Heilige Geist heraus, und eben gerade dein Nichtwollen macht es dir zur wohlbekannten Sünde.
Da gilt auch nicht mehr das selbstherrliche: „Das ist doch meine Sache!“ Denn eben weil der Glaube an Jesus deine allerpersönlichste Lebensangelegenheit ist, trifft dich die Sünde des Unglaubens, von der dich der Heilige Geist überführt hat, um so mehr als allerpersönlichste Schuld.
Doch lerne die eine unbekannte Sünde noch genauer kennen, indem du dich durch den Heiligen Geist auch überführen läßt, warum es Sünde ist, nicht an Jesus zu glauben.
Siehe, Gott sandte Jesus, und den Gesandten Gottes mißachten und ablehnen, das soll nicht Sünde sein?
Wie viele Menschen schwatzen doch oberflächlich tagaus, tagein vom „lieben Gott“, ohne an Jesus, den Sohn Gottes, zu glauben! Nicht an Gott zu glauben, hielten sie vielleicht noch für Sünde, aber nicht an Jesus, den von Gott gesandten lieben Sohn Gottes, zu glauben, scheint ihnen nicht im geringsten Sünde.
Welche Unkenntnis und Verwirrung! Denn die Heilige Schrift sagt: „Darin ist die Liebe Gottes gegen uns sichtbar geworden, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, auf daß wir durch ihn leben sollen“ (1. Joh. 4, 9).
Was wüßten wir vom „lieben Gott“, wenn er nicht Jesus gesandt hätte? Offenbart sich doch alle Liebe Gottes gerade in der Sendung Jesu, des Sohnes seiner Liebe! Und wie könnte die Liebe Gottes jemals unser Leben werden, wenn sie uns nicht in Christus Jesus auf die Erde gesandt worden wäre?
In Jesus, dem Gesandten Gottes, sendet uns Gott seine eigene Liebe, sein eigenes Leben. Darum, wer Jesus aufnimmt im Glauben, der nimmt den auf, der ihn gesandt hat.
Wie viele möchten auf Erden Gott wohlgefällige Werke der Liebe tun, ohne dabei den Gesandten Gottes und mit ihm Gott aufzunehmen im Glauben!
Welcher Selbstbetrug!
Ja, wie viele möchten Gottes Werke wirken auf Erden, ohne an den gesandten Gottessohn zu glauben!
Auch die Juden fragten: Was sollen wir denn tun, daß wir Gottes Werke wirken? Jesus antwortete ihnen: Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat (Joh. 6,28-29). Mit dieser Antwort entwertete ihnen Jesus all ihr eigenes Wirken. Laßt erst einmal Gott den Glauben an seinen Gesandten in euch wirken, ehe ihr Gottes Werke wirken wollt! Das war der Sinn seiner Antwort.
Das ist auch Jesu Antwort an unser tatseliges, aber dem Sohne Gottes gegenüber ungläubiges Geschlecht.
Was wird heute nicht alles geredet und geschrieben von der Notwendigkeit nationaler und sozialer Arbeit! Aber das Allernotwendigste ist doch das Werk Gottes an deiner Seele, daß du durch die Arbeit des Heiligen Geistes überführt werdest von der Sünde, nicht an den zu glauben, den Gott dieser Welt als Heiland gesandt hat. Und einzig, weil man in gottfeindlichem Eigenwillen diesem heiligen Gotteswerk widerstrebt, geraten oder mißraten alle vielgepriesenen, sogenannten Kulturwerke den einzelnen und den Völkern nur zum Fluch.
Tut, was ihr wollt, ihr tatenstolzen Menschen! Solange ihr nicht als Werk Gottes den Glauben an den Gesandten Gottes in euch wirken laßt, so lange bleibt euer ruhmseliges Tun umsonst!
Wahr ist es, der Geist weht, wo er göttlich will. Aber wahr ist es auch, daß du seine Stimme schon gehört hast, wenn du auch nicht gleich wußtest, woher und wohin. Aber so viel wußtest du doch: das Wehen des Heiligen Geistes wollte deinem Herzen die Kunde von dem gottgesandten Weltheilande zutragen, an den auch du gläubig werden solltest. O, ich weiß, du erinnerst dich jener öfteren heiligen Augenblicke sehr wohl! Es waren jene Augenblicke, wo der Gottgesandte gerade an deiner Herzenstür durch den Heiligen Geist um Aufnahme bat und gerade dich von der Sünde, nicht an Jesus zu glauben, überführen wollte! Was hast du da mit dem gottgesandten Christus gemacht? Hast du ihn abgewiesen, dann weißt du jetzt, daß es Sünde ist, nicht an Jesus zu glauben, weil Gott ihn gesandt hat, ja, weil Gott ihn gerade für dich und zu dir gesandt hat!
Denn das soll nicht Sünde wider Gott sein, seinen uns allen und also auch dir zur Erlösung gesandten Sohn der Liebe abweisen?
Wer den Gottgesandten abweist, weist Gott ab! Welch eine fluchvolle Sünde!
Wehe, wenn sie dir nun keine unbekannte Sünde mehr ist!
Zweitens ist es Sünde, nicht an Jesus zu glauben, denn Gott erschien in Jesus.
Gott hat Jesus nicht nur gesandt, sondern Gott offenbart sich uns in Christus Jesus. „Niemand hat je Gott gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht“ (Joh. 1,18). Jesus ist die Auslegung Gottes. Als das erschienene Ebenbild Gottes ist er das Bild des unsichtbaren Gottes unter uns (Kol. 1,15). Er ist der Abglanz der Herrlichkeit und der Abdruck des Wesens Gottes (Hebr. 1,3). Wer ihn, den Sohn Gottes, recht sieht, der sieht in ihm den erschienenen Vater (Joh. 14,9). Wäre Gott in Jesus nicht erschienen, so müßten wir wie jene Athener nach dem „unbekannten Gott“ forschen, ob wir ihn wohl tastend fühlen und finden möchten (Apg. 17,23.27). Nun aber ist Gottes Wesen in Christus Jesus sichtbar und greifbar geworden. Gottes Heiligkeit erschien in ihm, dem Sündlosen. Gottes Güte und Freundlichkeit neigten sich uns in ihm, dem demütig Dienenden. Gottes Erbarmen wirkte unter uns durch ihn, den Helfenden, Heilenden, Wohltuenden. Gottes rettende Liebe gab sich uns in ihm, dem selbstlos sich Opfernden. Gottes Herrlichkeit erschien in ihm, dem von oben Gekommenen, aus dem Geist Gezeugten, der den Geist hatte über alle Maßen, dem König der Wahrheit.
Und an ihn, in dem sich Gott so wesentlich zu erkennen gibt, nicht zu glauben, soll nicht Sünde sein?
Siehe, sobald durch den Heiligen Geist auch nur ein Lichtstrahl von dem Lichte, das in Christus Jesus der Welt leuchtet, in dein von Satan verfinstertes Herz geleitet werden kann, wirst du überführt, daß es Sünde ist, nicht an den zu glauben, in dem dir nun Gott erschienen ist!
O, Gott ist in Jesus erschienen, das Bild des unsichtbaren Gottes ist unter uns sichtbar geworden, die gottebenbildliche Herrlichkeit des Sohnes Gottes leuchtet der Welt, und diese verblendete Welt glaubt nicht dem erschienenen Gott und spricht zugleich: Wie bin ich so aufgeklärt und sehend!
Und wie viele nennen sich in Selbstweisheit „Gottsucher“ und haben über ihrem Suchen graue und weiße Haare bekommen, aber Gott in Christus Jesus noch immer nicht gefunden! Siehe, der Fluch ihrer Selbstweisheit entspricht der Größe ihrer Sünde, nicht an Jesus zu glauben!
Hingenommen vom flackernden Irrlichtschein der Vernunftweisheit, übersehen sie Jesus, das Licht der Welt, und bleibt Gott verborgen vor ihren Augen.
Geblendet und betrogen vom Geist aus dem Abgrund durch den Fürsten dieser Welt, widerstehen sie dem Heiligen Geiste, daß er ihnen nicht Jesus zu offenbaren vermag und ihr Unglaube ihnen zur Sünde wider Gott würde.
Dennoch wird „die unbekannte Sünde“, in der sie dahinleben, die Sünde, nicht an Jesus zu glauben, sie finden, ihnen offenbar werden und sie richten.
Denn wer ein Leben lang Jesus übersieht, der hat Gott übersehen, der in Jesus erschienen ist. Und ein Leben lang Gott übersehen, soll nicht Sünde sein?
O höre, es ist Sünde, nicht an Jesus zu glauben, weil Gott in ihm erschienen ist!
Drittens ist es Sünde, nicht an Jesus zu glauben, denn Gott redet in Jesus.
Gott hat Jesus nicht nur gesandt, ist nicht nur in ihm erschienen, sondern hat klar und deutlich in Jesus zu der Menschheit geredet.
„Nachdem Gott vorzeiten vielfältig und auf mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohne“ (Hebr. 1,1-2).
Und Jesus selbst sagt von seiner Rede: „Die Worte, die ich rede, sind Geist und Leben“ (Joh. 6,63), und: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Mark. 13,31). Denn es ist der ewige Gott, der in und aus ihm redet, wie Jesus bezeugt.
„Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht aus mir selbst“ (Joh. 14,10). Darum mußten selbst seine Häscher, die wegen der Gewalt seiner Rede nicht die Hände an ihn zu legen wagten, vor den Pharisäern erklären: „Nie hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch!“ (Joh. 7,46)
Welch ein Redestrom menschlicher Geschwätzigkeit ist durch die Jahrhunderte geflossen und längst verflossen! Welche Wortmengen sollten durch den Druck aufbewahrt bleiben und haben doch ihre Bedeutung verlieren müssen! Aber was Gott in Christus Jesus geredet, hat bis zur Stunde an Vollmacht dennoch nichts verloren. Allem Stimmengewirre dieser Welt zum Trotze haben die Worte Jesu dennoch den Tenor behalten und werden ihn durch eine Sündflut von Druckerschwärze und menschlichen Wortgetönes hindurch behalten.
Denn Gottes Rede in Jesus ist der unerläßliche Liebes-, Warnungs- und Rettungsruf an eine selbstverliebte, irrselige, verlorene Menschheit, der nicht verhallen darf. Sie ist die Sprache der ewigen Weisheit, Wahrheit und Heiligkeit Gottes, die nie verstummen kann. Sie ist der unaufhaltsam fließende Strom des Geistes und Lebens in der ewigen Kraft Gottes, der nie versiegen wird.
Und Gewalt und Sprache dieser Rede Gottes in Christus Jesus leichtfertig oder bewußt ablehnend überhören wollen, das soll nicht Sünde sein?
Jesus warnt und lockt: „Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme“ (Joh. 18,37). Wer also Gott in Christus nicht hören mag, der ist aus der Lüge, und das soll nicht Sünde sein?
Damals entgegnete Jesus den Pharisäern: „Warum kennt ihr denn meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt!“ (Joh. 8,43.) Und warum konnten sie sein Wort nicht hören? Die folgenden Verse geben die Antwort: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel und die Lüste eures Vaters wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben. Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht. Wer von euch überführt mich der Sünde? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes. Darum hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid!“
Klar gibt hier der Sohn Gottes als König der Wahrheit den Grund an, warum man seinem Worte der Wahrheit weder Gehör noch Glauben schenken kann, nämlich man ist nicht aus Gott, das heißt, man ist nicht aus der Wahrheit, sondern man ist aus dem Teufel, das heißt, man hat den Urheber der Lüge zum Vater, dessen Lüste man tun will. Und das soll nicht Sünde sein?
Doch noch mehr!
Wer der Rede Gottes in Christus Jesus nicht glaubt, der ist nicht nur ein Sohn des Vaters der Lüge, sondern macht als solcher sogar Gott zum Lügner. Denn es heißt: „Wer Gott nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner; denn er glaubt nicht dem Zeugnis, das Gott zeugt von seinem Sohn. Und das ist das Zeugnis, daß uns Gott das ewige Leben gegeben hat; und solches Leben ist in seinem Sohne“ (1. Joh. 5,10-11). Und also Gott durch Unglauben gegenüber seiner Rede in Jesus zum Lügner machen, das soll nicht Sünde sein?
O dieses verblendete, verkehrte und verdrehte Menschenherz! Anstatt sich durch den Heiligen Geist von der Sünde des Unglaubens überführen zu lassen, läßt es sich durch den Lügengeist Satans verführen, das Wort der Wahrheit in Christus Jesus und damit den König der Wahrheit und sogar den wahrhaftigen Gott zur Lüge und zum Lügner zu machen!
Und frech höhnt das Herz dabei: Wie? Unglaube soll Sünde sein? Lächerlich!
So ist es denn nur natürlich, daß, wenn Unglaube nicht mehr Sünde ist, auch ein Leben in Lüge und Lüsten, Untreue und Unreinheit nicht mehr als Sünde gilt; denn Gottes Rede in Jesus ist das Maß alles Tuns: Ist dieses Maß erst verloren, so wächst eben jede Sünde ins Maßlose!
Wer der Rede Gottes in Jesus nicht glaubt, kann auch Gott in Jesus nicht gehorchen. Unglaube und Ungehorsam gehören zusammen. So müssen der Sünde des Unglaubens alle anderen Sünden folgen.
Ach, wie sehr bestätigen die Geschehnisse in unserer irren wirren Gegenwart dieses heilige Lebensgesetz!
Es ist aber auch viertens Sünde, nicht an Jesus zu glauben, denn Gott rettete uns in Jesus.
Er sandte nicht nur Jesus, er erschien nicht nur in Jesus, er redete nicht nur in Jesus, nein, er rettete uns auch in Jesus. Er rettete uns in ihm aus Sündenschuld und Sündenmacht. Gott warf unser aller Schuld und Sünde auf Jesus (Jes. 53,6).
Gott hat den, der doch keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm (2. Kor. 5,21).
Gott hat seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben (Röm. 8,32).
Jesu Sendung, Erscheinung und Rede hätten keinem Menschen die Sündenschuld abnehmen und niemanden aus der Sünde Macht retten können, wenn Jesus nicht mit sündenvergebender Vollmacht erschienen und zum sündentragenden, sündentilgenden Opferlamm für uns gemacht worden wäre.
Nicht seine Rede, sondern sein Blut hat uns aus der Knechtschaft der Sünde errettet.
Nicht nur sein vorbildliches Leben, sondern erst sein opferwilliges Sterben hat uns mit Gott versöhnt. Nicht daß er uns die Sünde als Sünde zeigte, hat uns erlöst, sondern daß er sie als Gotteslamm ans Kreuz trug und sie dort sühnend hinwegnahm (1. Petr. 2,24).
„Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde hinwegnimmt“ (Joh. 1,29).
Was Gottes heiliges Gesetz vom Sinai nicht vermochte, nämlich uns für Gott zu vollenden, und was auch unser durch die Sünde geschwächtes Fleisch nicht vermochte, nämlich sich selbst aus der Sünde herauszuarbeiten, um Gott wohlzugefallen, das tat Gott in Christus Jesus am Kreuz auf Golgatha. (Röm. 8,1–3).
Dort hat Gott meine Sünde am Fleische seines eigenen Sohnes gerichtet und die Rechtsforderung des Gesetzes für mich erfüllt.
Dort hat mich die stellvertretende Hinopferung des allein vollwertigen Geisteslebens Jesu Christi freigemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes.
Dort hat der allein Zahlungsfähige das Lösegeld an Stelle vieler (Mark. 10,45) mit der Hingabe seines schuldlosen Lebens für mich entrichtet und mich damit losgekauft und errettet aus der Gewalt Satans und Gott erkauft zum heiligen und ewigen Eigentum.
Welch eine unaussprechliche Liebesopfergabe!
Welch eine unergründliche Gottesgnadentat!
Und eine solch große Errettung mißachten und ungläubig ablehnen, das soll nicht Sünde sein?
Was ist denn die tiefste Ursache des Unglaubens dieser Rettungstat gegenüber?
O, nichts anderes als der menschliche Hochmut!
Der Vernunftstolz der menschlichen Selbstweisheit muß das Wort vom Kreuz als Torheit ablehnen, und der Tugendstolz der menschlichen Selbstgerechtigkeit muß es als Ärgernis empfinden. Der Dünkel der menschlichen Selbstherrlichkeit erträgt es nicht, sich durch das Blut des Gotteslammes aus dem Verderben erretten zu lassen.
Man will vor dem Kreuz auf Golgatha, das alle Menschenweisheit zuschanden macht, kein Unmündiger und Einfältiger werden (Matth. 11,25; 1. Kor. 1,18–31). Man will vor dem für uns alle dahingegebenen Gottessohne kein armer, verlorener, in sich selbst aussichtslos ruinierter Sünder werden (Matth. 15,19; Röm. 7,18). Man will vor dem für uns ans Kreuz Erhöhten die eigene Ichgröße nicht in den Staub sinken lassen und nicht Eigenwillen und Eigenleben in der Kreuzesnachfolge dem aufopfern, der als der Sündlose für uns seine Seele in den Tod ausgeschüttet hat. Man will sich weder als ein verlorener Sünder durch Jesu Tod retten lassen, noch als ein geretteter Sünder durch Christi himmlisches Auferstehungsleben für die Ewigkeit erneuern und vollenden lassen.
So ist der verblendete Hochmut des Menschen, der sich in seiner Selbstweisheit, Selbstgerechtigkeit und Selbstherrlichkeit nicht preisgeben will, die tiefste Ursache des Unglaubens der Rettertat Gottes in Christus Jesus gegenüber.
Und das soll nicht Sünde sein?
Gottes heilige erbarmungsreiche Liebe gibt den Sündlosen zur Rettung der Sünder dahin, und der Weisheitsdünkel der Sünder behandelt diese welterlösende Gottestat wie eine jüdische Fabel oder wie einen von Menschen ausgeklügelten, nichtigen papiernen Lehrsatz! Nur ein unannehmbares Dogma!
Jesus, der berufene Stellvertreter dieser Menschheit, gibt als der bis in den Tod am Kreuz gehorsame Gottessohn sein Blut zur Vergebung der Sünden dahin, und die selbstgerechten Sünder leugnen seinen Sühnetod und deuten ihn nur als ein jüdisches Verbrechen, das sie nichts angeht!
Der Heilige Geist ist gekommen, die Welt von der Sünde zu überführen, nicht an ihren Retter zu glauben, und die selbstherrlichen Sünder schmähen nur den Geist der Gnade und leben weiter in ihren Sünden!
Und das soll nicht Sünde sein?
„Denn Gott war in Christus Jesus und versöhnte die Welt mit sich selbst, indem er ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete“ (2. Kor. 5,19).
Gott erschien und redete in Jesus ja nur, um uns in ihm zu retten, nämlich durch Christus die Welt mit sich zu versöhnen. Nicht brauchte Gott sich mit der Welt zu versöhnen; denn er war ja nie ihr Feind. O höre es: obgleich diese Welt seit dem Sündenfall in der Gewalt des Bösen liegt, so war doch Gott auch in den furchtbarsten Gerichtszeiten nie ihr Feind, sondern wollte stets nur die Friedensgedanken seiner Liebe in ihr verwirklichen. Wohl aber forderte es die Heiligkeit Gottes, daß diese gottfeindliche Menschenwelt und gefallene Schöpfung mit ihm versöhnt, das heißt durch Christi Sühneblut von der Sünde gereinigt und Gott wieder zurückgebracht wurde. Und eben dies geschah, indem die Liebe Gottes uns unsere Übertretungen nicht zurechnete, sondern seine Liebe im Bunde mit seiner Gerechtigkeit unser aller Schuld auf Jesus warf, um sie durch das für uns geschlachtete Gotteslamm sühnen und wegnehmen zu lassen.
So bist du nun, o Mensch, durch Christi Blut mit Gott versöhnt, der dir nicht eine deiner Übertretungen mehr zurechnet! Aber in die Kraft und in den Frieden dieser vollbrachten Versöhnung trittst du nur ein, indem du der Tat deines Gottes in Bekehrung und Buße Glauben schenkst.
Wie groß muß nun, angesichts der Größe dieser versöhnenden Liebe und Gnade Gottes die Größe der Sünde deines Unglaubens sein! Denn nicht deine Sündenschuld scheidet dich ja mehr von Gott, sondern nur noch dein Unglaube!
In der Versöhnungstat am Kreuze hat es Gott aufs vollkommenste bewiesen, daß er dich nicht in Hölle und Verdammnis, sondern an sein liebendes Vaterherz bringen will. So ist von Gottes Seite aus alles zu deiner Errettung geschehen; nun erwartet Gott deinerseits den demütigen Glauben.
Welch eine verhängnisvolle Sünde muß nun der Unglaube sein!
O, ich denke, du begreifst jetzt, daß dein Unglaube die eine Sünde sein wird, die dich einmal in Hölle und Verdammnis, das heißt in äußerste Gottesferne bringen wird!
Hat es dann Gott so gewollt?
O nein! Nimmermehr!
Höre!
Ein ungläubiger Student kam einst nach Schluß eines meiner Vorträge zu mir und erklärte aufgebrachten Tones: „Wenn es einen solchen Gott gäbe, wie Sie ihn da aus der Bibel gepredigt haben, und ich müßte einmal vor ihm stehen, so würde ich ihm einfach drei Fragen vorlegen!“ „So, was wären das denn für drei Fragen?“ erwiderte ich. „Erstens“, antwortete er, „würde ich ihn fragen: ,Warum hast du mich geboren werden lassen?‘ Zweitens: ,Warum hast du mich sündig werden lassen?‘ Drittens: ,Wie kannst du mich meiner Sünden wegen verdammen wollen?‘“ Der junge Mann bebte vor Empörung. Still für ihn betend, antwortete ich ihm: „Wollen Sie sich Ihre drei Fragen nicht lieber jetzt von mir beantworten lassen? Denn ich befürchte, wenn Sie einmal vor Gott stehen müssen, wird Ihnen das Fragen vergehen. Der lebendige Gott wird dann anfangen, Sie zu fragen, und dann werden Sie ihm auf Tausend nicht Eins antworten können! Darum ist es besser. Sie empfangen von mir die Antwort auf Ihre Fragen.“ „Ja, können Sie das denn?“ entgegnete er. „Gewiß!“ antwortete ich. „Auf Grund der Bibel kann ich Ihnen die allerzuverlässigste Antwort geben. Sie fragen, warum Sie Gott habe geboren werden lassen. Die Antwort lautet: Gott hat Sie geboren werden lassen, damit Sie noch einmal geboren werden sollen, um als ein aus dem Geist geborenes Kind Gottes auf ewig Lebensgemeinschaft mit Ihrem himmlischen Vater zu haben. Zweitens wollen Sie Gott fragen, warum er Sie habe sündig werden lassen. Nun, Gott hat Sie gar nicht sündig werden lassen, sondern durch den Widersacher Gottes ist die Sünde in die Welt gekommen und auch durch Sie hindurchgedrungen. Gott aber hat es nicht verhindern können; denn sonst hätte er uns als willenlose Puppen erschaffen müssen. Er gab aber unseren Ureltern Wahlfreiheit, und gerade damit ehrte er sein Geschöpf und erwies er seine Gerechtigkeit und Allmacht; denn ein Zwangsherrscher hätte keine Wahlfreiheit gegeben. Und drittens, warum Sie Gott wegen Ihrer Sünden verdammen wolle? Nun, Gott will Sie ja gar nicht wegen Ihrer Sünden verdammen. Er warf ja Ihre Sündenschuld restlos auf Jesus, auf das auch zu Ihrer Errettung geopferte Gotteslamm! Wie können Sie sagen, Gott wolle Sie wegen Ihrer Sünden verdammen? Gott will nicht Ihre Verdammnis, sondern Ihre Erlösung und Errettung! Er will Sie nicht in die Hölle, sondern an sein Vaterherz bringen! Dazu allein hat seine Liebe den einen Sündlosen für uns alle, die Sünder, hingegeben. Wenn Sie aber trotzdem einmal in der Verdammnis sein werden, so wird Sie nicht Gott, sondern nur Ihr gottfeindlicher Eigenwille, nämlich Ihr hochmütiger Unglaube dorthin gebracht haben. Gott aber will Sie davor bewahren, und gerade diese Unterredung soll Ihnen das beweisen!“ – Gott sei Dank, diese dreifache biblische Antwort offenbarte jenem Studenten die „eine unbekannte Sünde“ des Unglaubens und wurde die Vorstufe zu seiner Errettung!
O, in welcher Unwissenheit über Gott und sich selbst leben in diesem sich aufgeklärt nennenden Zeitalter Gebildete und Ungebildete dahin! Und eben ihre höchste Unbildung ist ihr Nichtwissen von der Sünde des Unglaubens. Hier zeigt sich der himmelhohe Unterschied zwischen dem Wirken des verfinsterten Menschengeistes und dem Wirken des allein wahre Aufklärung bringenden, erleuchtenden Heiligen Geistes.
Damit du aber, teure Seele, nicht in einer verhängnisvollen Selbsttäuschung stecken bleibst, laß uns auch durch den Heiligen Geist erkennen, was heißt das denn: an Jesus glauben?
Denn ebensowenig, wie man den Unglauben als Sünde erkennt, ebensowenig erkennt man den Glauben als Gotteswerk und Gotteskraft. Da ist es gar leicht, zu sagen: „Ich bin nicht ungläubig; ich glaube auch!“ Aber, laß sehen, was hast du denn für einen Glauben an Jesus?
Vielleicht birgst du in deinem Kopfe irgendeine menschliche Meinung über Jesus und nennst das schon deinen Glauben an Jesus. Oder du stimmst erziehungs- und gewohnheitsgemäß irgendeiner überlieferten religiösen Lehrauffassung von Jesus zu, und schon hältst du deine angelernte religiöse Auffassung für den Glauben an Jesus. Ja, du verteidigst sogar irgendein äußeres „konfessionelles“ Glaubensbekenntnis samt einer äußeren Kirchenordnung und rühmst dich deines väterlichen Glaubens, den dir niemand rauben soll. Oder du verwirfst alle hergebrachten Glaubenssätze und bestehenden Kirchen und meinst, dein allermodernstes Verständnis für Jesus sei der einzig noch mögliche Glaube an Jesus. Oder deine eigenwillige religiöse Rechthaberei klammert sich an irgendeine aus der Bibel ergrübelte neueste Sektenlehre, in der du dich deines Glaubens an Jesus brüstest. Ach, an Jesus glauben heißt viel, viel mehr, als solche Gewohnheiten oder Willkürlichkeiten des Menschengeistes pflegen!
Der Glaube an Jesus ist Gottes Werk (Joh. 6,29), gewirkt durch den Heiligen Geist als Offenbarung Gottes in einem unmündig und einfältig gewordenen Menschenherz (Matth. 11,25).
Der Glaube an Jesus ist dementsprechend ein über alle Vernunft und alles Gefühl hinausgehendes Ergriffensein von der Geistes- und Lebensmacht des erkannten Gottessohnes (Joh. 6,69; Phil. 3,12).
Der Glaube an Jesus erweist sich demgemäß als gottgeschenkte Fähigkeit, Jesus als Bringer, Herr und Inhalt eines ganz neuen, vorher nie gekannten Lebens zu erleben (Joh. 3,3 und 16; 1,12; 1. Joh. 5,12; Eph. 2,5–6; Tit. 3,3–7).
Daß bei diesem Glaubenserlebnis das Wort Gottes der unverderbliche Same zur Wiedergeburt ist und infolgedessen der Glaube an Jesus an die Offenbarung des Heilsplanes und der Heilstatsachen in der Heiligen Schrift gebunden bleibt, versteht sich für jeden Inhaber und Träger dieses Glaubenslebens von selbst (Luk. 8,11; Matth. 4,4; Joh. 14,23; 17,17; 1. Petr. 1,23).
Also heißt an Jesus glauben, von dem nach den Schriften für uns gestorbenen und auferstandenen Urheber des Lebens (1. Kor. 15,3–4; Apg. 3,15) ergriffen und überwältigt worden sein, um als sein Eigentum ewig von ihm beherrscht zu werden.
Also heißt an Jesus glauben die gottgewollte Zusammengehörigkeit mit ihm, unserem Erretter und Erlöser, erkannt und erlangt haben, in unbedingter Abhängigkeit von ihm leben und die Fülle des Lebens aus Gott ewig in ihm besitzen.
Wer dies nicht hat, dessen „Glaube an Jesus“ ist eitel, leer und nichtig, beruht auf menschlicher Irreführung und Selbsttäuschung, ist nichts als Unglaube und als Unglaube nichts als Sünde!
O teure Seele, hast du solchen vom Heiligen Geist gewirkten, gott- und schriftgemäßen Glauben an Jesus, der deines Lebens Leben geworden ist, oder hast du ihn noch nicht?
Wenn du ihn noch nicht hast, dann bitte Gott, so gut du es kannst, er möge dich durch den Bankrott deiner Selbstweisheit, Selbstgerechtigkeit und Selbstherrlichkeit in Bekehrung und Buße fähig machen, den wahrhaftigen Glauben an Jesus zu empfangen und zu erleben, um dich aus der Sünde des Unglaubens, die dir jetzt keine unbekannte Sünde mehr ist, für ewig zu erretten und vor dem Gericht über diese Sünde zu bewahren.
Denn höre: So unbekannt die Sünde des Unglaubens ist, so unbekannt ist auch das Gericht Gottes über die Sünde des Unglaubens!
Was wissen und glauben die Menschen von einem Gericht Gottes über den Unglauben als Sünde?
O, sie lachen über beides, sowohl über die Sünde des Unglaubens wie über Gottes Gericht, das dieser Sünde gelten soll!
Und doch ist das Gericht über die Sünde des Unglaubens ebenso unmittelbare Tatsache, wie es Tatsache ist, daß Unglauben vor Jesus eben Sünde ist.
Denn auf das Gericht über den Unglauben braucht kein Ungläubiger zu warten, bis etwa auf den jüngsten Tag. O nein! Der Unglaube empfängt sein Gericht jetzt schon täglich, stündlich; denn er trägt sein Gericht bereits unmittelbar in sich.
Hier gilt einfach das Gesetz von Aussaat und Ernte: Gott sandte Jesus als Retter, und wer ihn nicht im Glauben als Retter aufnimmt, hat ihn im Unglauben als Richter.
„Denn also hat Gott hat die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, auf daß er die Welt richte, sondern auf daß die Welt durch ihn errettet werde. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Dies aber ist das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Joh. 3,16–19).
O, wie deutlich reden diese Schriftworte von Gottes rettender Sünderliebe und von des Sünders gottfeindlicher Ichliebe!
Denn die Frage nach Glauben oder Unglauben ist zuerst und zuletzt eine Liebesfrage.
Entweder liebt der Mensch sich selbst und sein eigen Tun und Werk, und haßt Gott und Gottes Rettungs- und Erlösungswerk in Christus, und bleibt damit in der Sünde des Unglaubens, oder der Mensch lernt sich selbst und sein eigen Tun und Werk im Lichte Christi als Böse hassen und lassen und Gott in Christus Jesus allein lieben, und gelangt damit zum rettenden Glauben.
Entweder glaubt der Mensch in selbstsüchtiger Eigenliebe an sich und bleibt im Unglauben von sich selbst eingenommen oder aber lernt durch den Heiligen Geist an Gottes Liebe in Christus glauben und wird von Jesus eingenommen.
Wo irgend der Heilige Geist von der Sünde, nicht an Jesus zu glauben, überführen kann, da überführt er eigentlich von der Sünde der Eigenliebe, die ja als selbstsüchtiger und selbstgefälliger Hochmut des Menschen die Wurzel des Unglaubens und jeder weiteren Sünde ist.
Darum entscheidet sich im Lichte Christi, für das uns der Heilige Geist zu öffnen sucht, unser Schicksal.
Lassen wir uns in diesem Lichte bis zur Selbstverwerfung richten, so sind wir gerettet, hassen und fliehen wir aber dieses Licht, um unser böses, selbstverliebtes Ich und seine bösen Werke vor dem Gerichte dieses Lichtes zu retten, so sind wir schon gerichtet.
Und eben dies ist das Gericht, daß der Mensch in hochmütiger, eigenliebiger Selbstbehauptung dem Lichte gegenüber die Finsternis mehr geliebt hat als das Licht.
So ist das unmittelbare und fortgesetzte Gericht über den Unglauben das Verbleiben des Ungläubigen in der Finsternis!
O wie schauerlich ist dieses stete Gericht!
Denn der Fluch dieses Gerichtes lastet auf allem, was der Unglaube denkt und tut.
Der Unglaube hält sich fortgesetzt für sehend und ist – blind, ohne es zu wissen. Welch ein Gericht und Fluch! (Joh. 9,40–41; 2. Kor. 4,3-4).
Der Unglaube hält sich für weise, und seine Weisheit ist vor Gott nur Torheit (Matth. 11,25; 1. Kor. 1,18–21).
Der Unglaube glaubt an seine eigene Gerechtigkeit und zeugt zu gleicher Zeit durch seine blinde, gottfeindliche Selbstsucht eine zum Bersten reife Welt voll Ungerechtigkeit (Matth. Kap. 23 u. 24).
Der Unglaube brüstet sich als Freiheit und gebiert doch immer nur den Knechtsdienst der Sünde, den er unter der Gewalt Satans ausüben muß (Joh. 8, 34 + 44; Röm. 1, 21–32; Eph. 2, 2-3; 1. Joh. 2,16; 3,8).
Der Unglaube gebärdet sich als Friedebringer und betreibt doch den immerwährenden Krieg gegen Gott und Christus, aus welchem Kriege alle anderen Kriege und jeder Unfriede auf Erden kommen. Denn „es kann nicht Frieden werden, ehe Jesu Liebe siegt und dieser Kreis der Erden zu seinen Füßen liegt.“
Der Unglaube leugnet den Gott der Bibel, den Christus der Bibel, die Wahrheit der Bibel samt den zeitlichen und ewigen Verheißungen und Gerichtsandrohungen der Bibel. Und doch muß alles, was er denkt und tut, nur dazu dienen, die Wahrheit der Bibel in ihren Verheißungen und Gerichtsandrohungen zu bestätigen und zu erfüllen, die Herrschaft Jesu Christi zum Siege zu führen und die Gerechtigkeit und Herrlichkeit des allmächtigen Gottes für Zeit und Ewigkeit zu offenbaren.
So ist das tägliche Gericht über die Sünde des Unglaubens der stete Fluch der Blindheit, Torheit, Ungerechtigkeit, Sündenknechtschaft, innerer und äußerer Unfriede, Betrug, Enttäuschung und Verderben.
Dazu kommt aber noch das ewige Gericht.
Ach, wie verlacht der Unglaube den kommenden großen Gerichtstag Gottes! Er glaubt, er brauche diesen Tag nur zu leugnen, so werde er gewiß nicht kommen. Aber die letzte und endgültige Abrechnung Gottes mit der Sünde des Unglaubens wird und muß kommen. Genau so, wie der rettende Glaube seine ewige Segensernte haben wird, genau so wird der verderbenbringende Unglaube vom Fluche seines eigenen Wesens zusammenfassend getroffen werden. Was der Mensch in der Zeit gesät hat, muß er in der Ewigkeit ernten.
Folgendes Schriftwort bezeugt dies in unzerstörbarer göttlicher Klarheit. „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohne nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm“ (Joh. 3,36).
Der Unglaube wird nie das Leben sehen: das ist sein Fluch und sein ewiges Gericht. Das bedeutet aber ewige Blindheit, ewigen Tod, nämlich ewige Unfähigkeit, Gott zu erkennen, und ewiges Unvermögen, an Gottes unvergänglichem Wesen teilzuhaben.
Also ist der Unglaube gegenüber dem Sohne Gottes die einzige Sünde, die ewig vom Lichte und Leben Gottes scheidet.
Jesus nahm am Kreuze der Welt Sünde hinweg, um uns neues, rettendes, ewiges Leben aus Gott zu bringen; wer nun im eigenliebigen Hochmut des Unglaubens diese unaussprechliche Gabe Gottes ablehnt, hat sich selbst von der lichten Lebensgemeinschaft mit Gott ausgeschlossen und sich selbst zu ewiger Finsternis und Gottesferne verurteilt; er hat seine eigene Seele dem ewigen Tode ausgeliefert.
Noch einmal sei gefragt: Hat das Gott gewollt?
Noch einmal sei geantwortet: Niemals!
Der Gott des Friedens und aller Gnade wollte in Christus Jesus helfen, erleuchten, vergeben, begnadigen, sich selbst in all seiner Liebe dem Sünder geben, aber der selbstverliebte, eigenwillige Sünder hat jedes Erbarmen Gottes in Jesus Christus hochmütig verschmäht, nun wird er das Leben nicht sehen, sondern bleibt unter dem Zorn Gottes.
Es ist alles in Ordnung: Wer die Gnadengabe Gottes verschmäht, hat die Zorngerichte Gottes erwählt! Durch die Sünde des Unglaubens bleibt er ein unerretteter Sünder, und damit bleibt er unter dem Fluch des Gesetzes; und damit bleibt er unter dem Zorn Gottes.
Es hat also der eigenwillige Mensch tatsächlich Macht, den ganzen Heilsplan Gottes in bezug auf sich selbst unwirksam zu machen. Aber hier hat auch die Macht des Menschen Gott gegenüber tatsächlich ihre äußerste Grenze. Der gottfeindliche menschliche Eigenwille wird zuletzt getroffen vom heiligen Zornwillen Gottes.
Unausdenkbar schrecklich werden die Gerichte Gottes jeden Trotz des Unglaubens treffen.
Möchtest du ohne Schutz und Schirm draußen sein, wenn ein Platzregen niedergeht?
Möchtest du unter einem Eichbaum stehen, wenn die Blitze niederzucken?
Möchtest du unterm Zorn Gottes bleiben, wenn sich seine Gerichte entladen werden?
Willst du es wagen, in der Sünde des Unglaubens unterm Zorn Gottes diesen Tag zu beschließen?
O in Christus Jesus gottgeliebter Mensch, du hast nichts auf dieser Erde, das du schließlich retten kannst, als nur deine Seele! Und du kannst sie nur retten durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus! Dazu hat die suchende Liebe Gottes jetzt mit dir geredet.
Nun fragt es sich: Wirst du dich im Glauben an den Sohn Gottes dieser Liebe ergeben, oder wirst du in der Sünde des Unglaubens den Zorn Gottes erwählen?
Deine Antwort gib betend deinem Gott im Namen Jesu!