Bengel, Johann Albrecht - Siebzehn Sätze zur Kindererziehung

Bengel, Johann Albrecht - Siebzehn Sätze zur Kindererziehung

  1. Man vermeide alle Künstelei; denn Erziehung ist keine Kunst. -
  2. Man überlasse die Kinder, solange ihr Tätigkeitsdrang unschuldig ist, mehr ihrem eignen als fremdem Willen.
  3. Immer an solchen jungen Bäumlein schnipfeln wollen, verletzt nur.
  4. Vornehmlich verschaffe man den Kindern ausreichende Gelegenheit zum Hören des Wortes Gottes mit dem Wunsch, daß etwas davon sich einprägen möchte.
  5. Hiob hat mehr für seine Kinder gebetet, als sie für sich.
  6. Man halte dagegen die Kinder wenigstens morgens und abends zum Gebet an, sei es, daß man ihnen vorbetet, damit sie für die Zukunft in etwa das Muster eines Gebets mitnehmen, sei es, daß man sie auch selbst zuweilen beten läßt.
  7. Wo es in Ungehorsam ausarten will, da muß man mit christlicher Festigkeit widerstehen und ihn brechen.
  8. Wo ein günstiger Augenblick für den Erzieher oder den zu Erziehenden vorhanden ist, soll man es nicht versäumen, zu rechter Zeit aus der Gnade zu reden und zu ermahnen.
  9. Die Mädchen bewahre man vor Fürwitz und Schwatzhaftigkeit, bringe ihnen einen Abscheu vor Schwätzerei und Märleintragen in das Haus und aus dem Haus bei und beschneide überhaupt das Böse; das andere gibt sich selber.
  10. Vornehmlich suche man die Jugend hinzuführen zur wahren Redlichkeit des Herzens und zur Einfalt der Sinne auf Christus.
  11. Der Glaube, der auch die Mängel bei Kindern trägt und ihnen mit Sanftmut zurechthilft, erhält in unglaublicher Weise das Vertrauen und die Liebe.
  12. David und Hiob waren nachsichtiger als Eli. Warum wird Eh allein gestraft? - Antwort: Eh sündigte als Priester, nicht als Vater; seine Söhne waren schon im Priesteramt.
  13. Kinder sind nicht zu überladen mit vielen Erklärungen und bedrängenden Zumutungen; sie werden sonst gegen alles verschlossen und abweisend.
  14. Wenn zum Beispiel in der Jugend das Gedächtnis oder der Verstand überladen werden, dann ist man hernach in reiferem Alter für die Sache des Christentums nicht mehr so empfänglich wie andere, die bisher unwissender waren, jetzt aber für solche kräftige Speise zugänglicher sind. Die Seelenkraft ist abgestumpft; denn diese Sachen sind einem schon lange bekannt. Hier ist die Quelle der Gleichgültigkeit, der geistlichen Appetitlosigkeit, der Sattheit, des zu großen Selbstvertrauens und der falschen Beruhigung, als ob man alles ganz gut wüßte.
  15. Mädchen werden am besten erhalten in der ersten, einfachen, ungekünstelten und angeborenen Form, das heißt: man lasse sie ungemodelt und schlage sie nicht über einen gewissen Leisten. Ehemänner kriegen an ihnen die besten Gattinnen, die dem Mann untertan bleiben, ohne daß sie viel nebenhinaus sehen. Diese Einfachheit ist gar sehr zu empfehlen.
  16. Eine der Sonne zugekehrte Behandlung tut ohne Zweifel viel zur Kinderzucht.
  17. Einer, der mit dem Licht Gemeinschaft hat und Kinder erziehen muß, der darf wohl ohne Bedenken in vielen Stücken, die diese Sache betreffen, handeln nach dem, wie es ihm richtig erscheint.
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