Arnd, Johann - Aus den Predigten über das Evangelium vom Sonntage Okuli über Luk. 11, 14-29.

Arnd, Johann - Aus den Predigten über das Evangelium vom Sonntage Okuli über Luk. 11, 14-29.

Es sind dreierlei Erkenntnisse, in welchen des Menschen höchste Weisheit und Klugheit steht, daran auch ein Mensch sein Lebtag genug zu lernen hat, welche ihm auch am höchsten vonnöten sind. Die erste ist die Erkenntnis seiner selbst. Die andere ist die Erkenntnis seines Feindes und wie er sich vor ihm hüten soll. Die dritte ist die Erkenntnis seines Schutzes und Beistandes, seinen Feind zu überwinden. Von dem ersten sagt Psalm 39, 6: Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die so sicher leben. Vom andern sagt St. Paulus Ephes. 6, 12: Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Vom dritten sagt der Evangelist Johannes 1. Joh. 3, 8: Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er des Teufels Werk zerstöre. Die erste Erkenntnis dient zur wahren Demut; die andere zum Gebet wider den Satan; die dritte zum Sieg durch den Glauben an Christum. Diese drei Erkenntnisse sind in der Heiligen Schrift genugsam beschrieben; unser Elend und Nichtigkeit in dem kläglichen Fall unsrer ersten Eltern, in welchem auch die List und der Betrug Satans abgemalt ist; die Erkenntnis Christi aber ist in seiner Person und in seinem Amte. Also haben wir auch diese drei Erkenntnisse im heutigen Evangelio: Unser Elend, den Grimm und die Tyrannei Satans, die Allmacht und Gewalt unsers Herrn Jesu Christi.

Wir lesen nun ein schönes Vorbild des heutigen Evangelii 1. Samuelis 16, 14-23; 18, 10-11; 19, 9-10, 18-24. Denn gleichwie Saul vom bösen Geiste geplagt und unruhig gemacht wird und der Geist Gottes von ihm gewichen ist, da er Gottes Wort verwarf und übertrat, also ist's dem menschlichen Geschlechte auch gegangen von Anfang an bis auf den heutigen Tag, dass nämlich wegen der Übertretung und Sünden. Gottes Geist vom Menschen weichet und bekommt der böse Geist Gewalt über den Menschen. Dessen ist der elende Mensch ein Spiegel, welchen der Satan stumm, taub und blind gemacht hat. Gleichwie aber David mit seiner Harfe den bösen Geist vertrieben hat, also hat der himmlische David, unser Herr Jesus Christus, mit der Harfe seines göttlichen Mundes, Wortes und Heiligen Geistes den bösen Geist vertrieben, leiblich und geistlich, aus vieler Menschen Herzen, was ihm ein Weib mitten unter dem Volke bezeugt und spricht: Selig ist der Leib, der dich getragen hat und die Brüste, die du gesogen hast. Denn dies Weiblein hatte auch den lieblichen und süßen Klang des Mundes und Wortes Jesu in ihrem Herzen empfunden.

Es ist aber denkwürdig, dass der grausame Mord, welchen. Saul in seinem Herzen hatte beschlossen gegen David, durch Weissagen, Beten, Gott Loben und Singen der Propheten verhindert wird. Denn die Boten Sauls, die den David holen sollten, als sie hören die Propheten weissagen, das ist Gott loben und singen, werden sie andere Leute und durchs Gehör des Lobes Gottes kommt der Heilige Geist über sie, dass sie mit weissagen und Gott loben. Auch Saul selbst, ob er wohl in der Meinung und im Zorn hingeht, David zu töten, wird das Herz und der Sinn überwunden und geändert. Der Mordgeist wird vertrieben durch der Propheten Weissagen und durch ihr Lob Gottes.

Das ist nun der Alten Kunst gewesen, dass sie ihre Feinde und die Tyrannen überwunden haben mit dem Gebet und mit Gottes Lob. Das ist die rechte güldene Ringekunst, dadurch David den Saul und alle seine Feinde überwunden hat.

Wann das Gemüte und der Zorn eines Feindes erst gebrochen ist, so ist der Feind überwunden. Wider Herz und Gemüt eines Feindes muss man vornehmlich streiten, dass man dasselbe gewinne. Eine solche geistliche Stärke und Macht ist im Gebete und Lob Gottes (Ps. 8, 3). Das haben die Alten wohl gewusst. Wann zwei starke Gemüter miteinander streiten, eines ist zornig, unruhig und blutdürftig; das andere demütig, gütig, freundlich, andächtig, starkgläubig, so überwindet das gütige und freundliche Gemüt endlich das böse, wie eine wohlklingende Harfe das zornige und unruhige Herz stillet. Denn Zorn, Mord, Hass, Feindschaft ist irdisch, fleischlich, viehisch, teuflisch; Gütigkeit aber und Freundlichkeit, Andacht, Gebet und Lob Gottes ist himmlisch, geistlich, tugendlich, göttlich, beständig, ewig. Da streiten miteinander Geist und Fleisch (Psalm 56, 5). David hat einen himmlischen göttlichen Geist und Stärke, Saul hat nur einen fleischlichen Geist; daher der Prophet Jesaias spricht Kap 30, 15: Durch Stillesein und Harren werdet ihr stark im Herrn. Eure Stärke wird sein in Stille des Gemüts und in Hoffnung zu Gott. Darum sollen wir täglich in der Kirche und in Häusern mit Beten, Singen und Gott Loben anhalten. Denn nicht ohne Ursache sagt der 17. Psalm, V. 4: Ich will den Herrn loben und anrufen, so werde ich von allen meinen Feinden errettet. Dies ist auch die beste Arznei wider den Teufel. Denn diese Art wird nicht ausgetrieben, denn durch Fasten und Beten (Mark. 9, 29). Darum spricht der Herr: Durch Gottes Finger, durch den Heiligen Geist wird der Teufel ausgetrieben.

Wir sehen aber im heutigen Evangelio:

1. Wie dieser elende Mensch, welchen der Satan leiblich taub, blind und stumm gemacht, wie Matth. 12, 22 bezeugt, ein Bild und Spiegel sei der geistlichen Besitzung und Verblendung und wie wir davon erlöst werden;

2. Die Schutzrede des Herrn wider seine Lästerer und was für Lehre und Ermahnung uns damit gegeben wird.

Der erste Teil.

Es ist zu wissen, dass Gott, der Herr, den Menschen anfänglich zu seinem Bilde erschaffen hat in rechtschaffener vollkommener Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph. 4, 24) und seinen Verstand gezieret mit dem Licht der vollkommenen Erkenntnis Gottes, seinen Willen mit vollkommenem Gehorsam, Heiligkeit und Gerechtigkeit, sein Herz mit göttlicher Liebe, Friede und Freude. Alles ist zu dem Ende geschehen, dass Gott im Menschen seine Wohnung, Lust, Liebe, Freude und seine eignen Werke haben wollte, in seinem Verstande leuchten, in seinem Willen seine Heiligkeit üben, in seinem Herzen seine Liebe. Auch sein Leib sollte ein Tempel Gottes sein, voll Geistes und Gottes. Seine Augen sollten Gottes Herrlichkeit sehen; seine Ohren Gottes Weisheit täglich hören, sein Mund Gottes Lob verkündigen, wie die heiligen Engel. Summa: Der Mensch sollte mit Leib und Seele ein heilig Werkzeug Gottes sein; Gott wollte in ihm und durch ihn sein Werk vollbringen, wie denn in einem jeglichen gläubigen Herzen Gott wirkt, was gut ist, beide, das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen (Phil. 2, 13). So ist der Mensch geschaffen in seiner Unschuld; und eben das ist seine Unschuld, dass er Gott in ihm alles wirken lasse und nicht seinen eignen Willen (tue), sondern Gott seinen Willen in ihm vollbringen lasse. Davon haben wir einen herrlichen Spiegel und Bild an der Person Christi, in welchem nicht allein die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (Kol. 2, 9), sondern durch den auch der ganze vollkommene Wille Gottes vollbracht wird. Nachdem aber der Mensch Gottes Gebot übertreten, und dem Willen Gottes in ihm nicht hat wollen Raum und Statt geben, sondern den eignen Willen, ja, des bösen Geistes Willen vollbracht hat, ist er in dies Elend geraten, dass Gott von ihm gewichen ist und der Satan Gewalt und Macht über ihn bekommen hat, ihn zu seinem Willen zu gebrauchen und sein Reich in ihm zu haben und den armen Menschen entweder geistlich oder leiblich zu besitzen, das ist verborgener oder öffentlicher Weise.

Nun ist zwar die leibliche, öffentliche Besitzung ein großer erschrecklicher Jammer und überaus großes Elend; aber die geistliche Besessenheit ist die allergefährlichste und der Verdammnis am nächsten. Es ist aber dieselbe eine Wirkung des bösen Geistes in allen Ungläubigen, Unbußfertigen und Gottlosen. Mit denselben vereinigt sich der böse Geist und hat sie in in seiner Macht und Gewalt, hat sein Reich und sein Werk in ihnen, braucht ihren Verstand und Willen, macht sie geistlich blind, taub und stumm. Tun sie nun nicht wahre Buße und bekehren sich nicht zu Gott, glauben sie nicht an den Herrn Jesum Christum und leben sie nicht in ihm, so bleiben sie in des Satans Reich und Gewalt, ja, mit dem bösen Geist vereinigt und bleiben eine Behausung und Wohnung des bösen Geistes in Ewigkeit. Solches bezeugen folgende Sprüche: 1. Kor. 6, 17: Wer dem Herrn anhängt, der wird ein Geist mit ihm; Röm. 8, 9: Wer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein. Wessen ist er dann? Item Röm. 8, 14: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Darum sind die Satans Kinder, welche der böse Geist treibt (Luk. 8, 12). Seht, das ist die geistliche Taubheit, mit welcher der Satan die Ohren des Herzens verstopft, dass das Wort nicht zu Herzen gehe (Ps. 58, 2); das ist die geistliche Sprachlosigkeit, wenn der Satan die Zunge festknüpfet (2. Kor. 4, 4); das ist die innerliche Blindheit und Verstockung, damit der Teufel das Herz schlägt. war zu Korinth eine herrliche Kirche gepflanzt durch St. Paulum, dass er sich auch rühmt: Ihr seid meine Briefe, nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem lebendigen Geiste Gottes (2. Kor. 3, 2. 3). Also hat er ihnen Gottes Wort eingepflanzt. Dennoch fürchtet St. Paulus, der Satan werde ihre Sinne verrücken und abwenden von der Einfalt in Christo, wie der Eva geschehen ist (2. Kor. 11, 3; Eph. 2, 2). Satan hat sein Werk in den Kindern des Unglaubens. Nun ist es ja ganz schrecklich, des Satans Werkstatt sein. Gleichwie ein Handwerksmann seine Werkstatt hat, darin er arbeitet, also sind die Gottlosen des bösen Geistes Werkstatt und Werkzeug (2. Tim. 2, 26; Apostelgesch. 26, 18).

Wir haben ein Exempel daran 1. Joh. 3, 12: Kain war vom Argen und erwürgte seinen Bruder. Auch über Saul geriet der böse Geist. Kain und Saul sind vom Neid und Mordgeist besessen. In den 400 falschen Propheten Ahabs war ein Lügengeist (1. Könige 12, 6. 21). Judas war geistlich von dem Teufel besessen; darum der Herr ihn einen Teufel nennt um des einwohnenden Geistes willen. Das war der Geizteufel. Wer hätte gemeint, dass Maria Magalena vor ihrer Buße von sieben Teufeln wäre besessen gewesen (Luk. 8, 2)! Und Apostelgesch. 5, 3 heißt es: Anania, der Satan hat dein Herz erfüllt, dass du dem Heiligen Geist lügest. In der Offenbarung Johannes steht auch oft, wie der Satan die Menschen zu Ketzerei und Blutvergießen treiben werde, und wie Babel, das ist alle gottlosen, hoffärtigen, geizigen Menschen, eine Behausung der Teufel und aller unreinen Vögel (Offenb. 17, 2) sein werden.

Seht, ist das nicht ein überaus großes und schreckliches Elend und Jammer, viel schrecklicher, denn die leibliche Besitzung! Denn diese schadet doch der Seele nicht, sondern ist ein Spiegel und Bild der innerlichen Besessenheit. Denn alle leiblichen Plagen bedeuten etwas Innerliches und Geistliches, dass alles, was der Leib leidet äußerlich, soll (auch) eine innerliche Besserung sein der Seelen. Deswegen ist es nicht allein darum zu tun, dass wir die leibliche Besitzung dieses armen Menschen besehen, seine leibliche Blindheit, Taubheit, Stummheit, die der Satan hat angerichtet; sondern es ist damit ein Mehreres und Größeres angedeutet.

Da frage nun ein jeder Mensch sein eigen Herz, ob er nicht oft dem Teufel Statt und Raum gibt, dass er sein Werk in ihm vollbringe, als da ist der Teufel der Hoffart, der Unzucht, des Geizes, der Lügen, der Verleumdung und da ist der unruhige, unfriedige, gehässige Teufel. Denke nur niemand, er sei zu zart, zu edel, zu fromm dazu Sprich nicht: „Ei, behüte Gott, sollte ein Mensch sobald mit dem Satan behaftet sein! Das ist zu hart geredet, wer kann das hören! Erschrickt doch einer davor!“ Antwort: Ja, lieber Mensch, darum sage ich's, dass du davor erschrecken sollst. Anselm schreibt: Erschrickst du vor des Teufels Namen, warum tust du denn seine Werke! Alles, was in dem Menschen wider Gott und nicht Gottes Werk ist, das ist des Teufels Werk.

Der Teufel ist ein starker Gewappneter; groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist; er bewahrt seinen Palast fest und hat an allen Orten seine Werkzeuge, welche er besigt, auf mancherlei Weise.

Siehe, welch ein Mordgeist Satan ist, dass er den König Saul endlich so weit brachte, dass er in sein eigen Schwert fiel! Das kommt, weil er Gottes Wort verlassen hat, wie Gott durch Samuel zu ihm sagte: Weil du mein Wort verworfen hast, so habe ich dich wieder verworfen (1. Sam. 15). Darum, so lieb euch Gott selbst ist, so lieb Lasst euch Gottes Wort sein!

Warum und wodurch fuhr der Teufel in Judas? Weil er Gottes Wort verachtete und geizig ward. Darum ist dies gewiss wahr: Die, welche nichts als irdische Gedanken in ihrem Herzen haben, nur irdische Sorge der Nahrung, Traurigkeit der Welt, Geiz und dergleichen, die sind geistlich vom Teufel besessen. Judas war vom Teufel besessen und niemand merkte es an ihm. Er behielt seine Vernunft, redet bescheiden mit den Hohenpriestern, grüßt und küsst den Herrn. Also mögen sich die weltweisen, weltsüchtigen und verstockten Leute, die alles Dichten und Trachten aufs Zeitliche und den Geiz wenden, wohl vorsehen; denn sie tun mit solcher List, Geiz, Ränken nichts andres, denn dass sie den Teufel anbeten. Mögen sie sich so klug dünken, als sie wollen, so ist doch in Wahrheit nichts andres als der Teufel in ihren Herzen. Pfui dich an! Es ist die Welt dessen nicht wert, dass man so viele Gedanken darauf verwendet. Der Teufel wickelt sich mit ein in diese irdischen Gedanken und geht dadurch ins Herz. Gleichwie Gott in heiligen Gedanken wohnt, also sind irdische Gedanken Behausung und Stricke Satans. Darum vermahnt St. Paulus, wir sollen unser Herz und Sinne in Christo Jesu bewahren (Phil. 4, 7). Es ist der Mensch in seinen Gedanken und Willen von Gott wunderbar erschaffen und seine Einbildung ist stark und kräftig, hat auch eine anziehende Kraft. Gedenkt er himmlischer Dinge, so zieht er Gott und die heiligen Engel zu sich; denn sie nahen sich gern zu einem himmlischen Gemüte Gedenkt er aber irdischer Dinge und an nichts, denn diese Welt, so zieht er den Gott dieser Welt zu sich! Wiewohl nun der Mensch nicht meint, dass es so gefährlich um ihn stehe, wenn er gleich in diese und jene Sünde willigt, auch nicht meint, dass er deswegen vom Teufel gefangen sei, sondern dass es gar wohl um seine Sachen stehe und er auch noch andere dazu locket, so geht's ihm doch, wie dem Vogel, der, ehe er weiß, dass er im Garn gefangen ist, lustig von der Lockspeise frisst; aber, wenn er wieder davonfliegen will, so erfährt er, dass er gefangen ist. Also geht es mit dem Menschen auch: wenn das Gewissen aufwacht und die Reue kommt, so fühlt er, wie ihn der Teufel gefangen hat und wie große Mühe und Arbeit es kostet, ehe er von des Teufels Stricken kann wieder los werden

Also bedenkt wohl die große Gefahr! Wer nicht sucht, was Gottes ist, der ist des Teufels. Darum spricht der Herr zu den Juden: Ihr seid von dem Vater, dem Teufel, denn ihr tut seine Werke und sucht mich zu töten (Joh. 8, 44).

Denkt nun nicht: Ja, das hat der Herr zu den gottlosen Pharisäern gesagt; ich aber bin ein Kind Gottes. Wisse vielmehr, dass als Petrus zum Herrn sagte: „Das widerfahre dir nicht, dass du gekreuzigt werdest“, da antwortet der Herr: Gehe hinter mich zurück, du Satan, denn du suchst nicht, was Gottes ist (Matth. 16, 23) . Du sagst, dass du glaubst. Wo sind dann die Früchte des Glaubens? Hoffart, Lügen rc. sind nicht Früchte des Geistes oder des Glaubens, sondern Satans Werke! . Besiehe nun diesen armen, elenden Menschen! Was er auswendig ist, das bist du inwendig . Wie viele Leute aber sind jetzt, die geistlich taub sind, die sich nicht bekehren wollen von ihrer Hoffart, Geiz, Wollust, Verleumdung, die nicht hören wollen die Worte des Friedens; die auch geistlich blind sind, dass sie ihr eigen Unglück nicht sehen; geistlich stumm, dass sie nicht reden wollen, was zum Frieden und zur Einigkeit dient! (Ps. 58, 2; 52, 4)! Das kommt wahrlich von keinem guten Geiste her! O komm, lieber Herr, und treibe diesen Teufel aus und gib uns den friedfertigen Geist. Wo das nicht geschieht, sage ich: Wenn gleich das höchste Heil selbst wollte, so könnte es doch ein solches Volk nicht erhalten, noch selig machen!

Wie schön kann der Teufel den Unzüchtigen die Unzucht vor Augen malen! Wie lieblich macht er den Geizigen das Gold und Silber, den Neidischen ihre Kargheit usw. Sie wollen noch darin gelobt sein. Der Teufel macht den Menschen so blind, dass er die Laster für Tugend ansieht und ihre Hässlichkeit nicht sehen kann; und so taub, dass er nicht hört, wenn man ihn straft usw. (2. Kor. 4, 4). Es geht solchen Menschen wie den Trunkenen, welche der Geist und die Kraft des Weins übertäubt, dass sie weder hören noch sehen können. Viele Leute sind in (so) großem Hass, Neid und andern Lastern, dass sie durch kein hartes oder freundliches Wort können erreicht werden. Wer sieht da nicht des Teufels Gewalt und die starken Bande, darin sie der Teufel gefangen hält! (2. Tim. 2, 26). Lerne nun hier, wo Satans Werke sind, da ist der Satan; wo Gottes Werke sind, da ist Gott. Das ist geistliche Klugheit. In dir ist dies große Übel, in dir, du unseliger Mensch! In dir muss der Sohn Gottes durch Gottes Finger und Geist des Satans Werke zerstören. Solches, dein geistliches, innerliches Elend sollst du erkennen.

Zu dem Ende stellt uns der allmächtige Gott solche schreckliche Bilder vor unsere Augen, dass wir erkennen sollen die innerliche geistliche Besessenheit und auch erkennen, dass alle, die diese geistliche Besessenheit in dieser Welt nicht los werden durch herzliche Buße und Bekehrung, vom Satan leiblich in der Hölle werden besessen werden und mit ewiger Bein und Qual erfüllt. Kann eine Legion böser Geister in einem Menschen wohnen (Mark. 5, 9) hier in dieser Welt, was wird dann in der Hölle geschehen! Gegen diesen großen Jammer hat nun Gott die einige Arznei gesetzt, die wahre Buße (Apostelg. 26, 18). Also wirst du nun des bösen Feindes los und wirst mit Gott, mit Christo und dem Heiligen Geiste vereinigt, ein Tempel und Wohnung Gottes, wie der Herr spricht: So ich durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes zu euch.

Wo du dein Herz hinwendest, solchen Einwohner hast du. Bist du nun durch den Glauben mit Gott und deinem Herrn Christo und dem Heiligen Geiste vereinigt und scheidest in diesem Glauben selig ab, so bleibst du ewig mit Gott vereinigt und bleibst seine Wohnung und Tempel in Ewigkeit (Joh. 14, 16). Im Gegenteil aber, wenn ein Mensch sein Herz gar von Gott abwendet und ergibt sich gar dem Geiz, der Hoffart, Wollust, Zorn, Hass, Neid, Feindschaft, so schleicht der böse Geist so listig und heimlich ein, dass man's nicht merken kann. Bleibst du in solcher Unbußfertigkeit, in Unglauben, im gottlosen Wesen und Leben und stirbst darinnen, so bleibst du ewig mit dem Satan vereinigt. Davor sollen alle Gottlosen erschrecken und Buße tun!

Bitte Gott täglich mit Seufzen, dass ja der Teufel sein Werk in dir und durch dich nicht möge vollbringen (Ps. 143, 10). Das Gebet eines Gerechten ist Gott ein lieblicher Gehorsam, dem Teufel aber eine Pein und eine Plage.

Der zweite Teil.

Es kann kein göttliches oder tugendhaftes Werk geschehen, der Teufel lästert es durch seine Werkzeuge. Davon hat er den Namen, dass er der Teufel, ein Lästerer, heißt. Die allertugendhaftesten Leute haben die größten Verleumder. Der Herr aber tröstet die Seinen (Matth. 5, 11–12). Seht an das geduldige, sanftmütige Herz, Christum unsern Herrn, wie er gar gelinde antwortet den giftigen Zungen. Sie fluchen; er segnet; er antwortet nicht mit Scheltworten, sondern mit gutem Grunde und führt sechs gewaltige Gründe an, damit er beweist, dass er nicht durch den Teufel seine Wunder tue. Diese Gründe muss man mit Sanftmut vorbringen zur Erklärung der Sanftmut Christi in seiner Antwort (dass die Sanftmut Christi an uns verklärt werde). Lasst uns auch so sanftmütig werden und an uns nehmen im Reden des Herrn Wahrheit, im Leben und in Werken des Herrn Liebe, im Verantworten des Herrn Bescheidenheit und Freundlichkeit. Durch Wahrheit besiegt man und nicht durch Lästern, denn Wahrheit ist aus Gott und behält den Sieg. Lästern geht aus dem Teufel und wird zu Schanden.

Das erste Argument ist von der Uneinigkeit in einem Reich (genommen): Die Uneinigkeit zerstört alle Reiche. Die Teufel zerstören ihr Reich selbst nicht. Darum sind die Teufel selbst nicht uneinig, und treibt kein Teufel den andern aus.

Das zweite Argument usw. Wiewohl nun diese Gründe des Herrn viele herrliche Lehren in sich begreifen, ein jedes Argument eine sonderliche Lehre und Trost, so wollen wir daraus doch nur eine Warnung vor dem Teufel hören und Vers 24-26 genauer besehen.

Der Herr sagt hier den Pharisäern: Ob ihr gleich durch die Verheißung und den Bund Gottes vom Satan erlöst seid, so habt ihr ihm doch mit eurem grausamen Hass Verleumdung wider mich Raum gegeben, so dass nicht ein böser Geist, sondern viele böse Geister in euch sind, die euch wieder mich verhetzen und ist mit euch viel ärger, denn mit leiblich Besessenen.

Hier hören wir, dass der Herr Christus redet von denen, von welchen der Satan ausgetrieben ist, leiblich oder geistlich, durchs Wort, Sakrament und den Heiligen Geist. Denselbigen setzt er aufs allerheftigste und geschwindeste wieder zu (Offenb. 12, 17; 1. Petri 5, 8). Es verdrießt ihn sehr und hat einen großen Zorn, dass er so verstoßen ist. Er ist demnach auch aus der Maßen unruhig, durchwandert dürre Stätte, sucht Ruhe und findet ihrer nicht. Das ist, er versucht alle Gelegenheit an allen Orten, dass er in Menschen seinen Sitz und Wohnung habe, und sucht so lang, bis er einen Menschen findet unter denen, so getauft und Christen sind, von welchem der Geist Gottes gewichen ist, wie von Saul und Judas. Da versucht er seine Kunst, wieder einzubrechen; findet er ein sicher Herz und Gott lässt es zu, so geht er hinein und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind, denn er selbst, die ihm sein Haus helfen bewahren, und ist dann, wie ein Hund, der bissiger und grimmiger wird, wenn man ihn geschlagen hat. Cyrill sagt: Weil er verdammt und verloren ist, so hört er nicht auf, andere mit sich in gleiche Verdammnis zu ziehen. Chrysostomus sagt: So lange die Sünde im Menschen regiert, so lange wird er vom Teufel gebunden und gefangen gehalten; und Bernhardus: Viel gefährlicher ist es, in die Stricke des Teufels, daraus man einmal entronnen war, wieder kommen, gleichwie es mit denen, die, von einer Krankheit genesen, wieder zurückfallen, viel ärger wird, als es zuvor nie war. Daher kommt es, dass unter den Christen solche abscheuliche Dinge geschehen, davon man unter Türken und Heiden nicht hört ; denn der Teufel wütet und tobt wider kein Volk unter dem Himmel so sehr, als wider die Christen (Luk. 22, 31; 1. Petri 5, 8; Ephes. 6, 12; Offenb. Joh. 12, 17; Jak. 4, 7; 1. Chron. 22, 1; Sacharja 3, 1; 1. Kor. 12, 7; 1. Thess. 2, 18).

Es ist nicht genug, den Teufel austreiben; man muss sich auch vor Sicherheit hüten. Denn der Satan kommt stärker wieder, als er ausgefahren ist. Neben dem, dass sich der Herr mit dieser Schutzrede wider seine Lästerer verantwortet und beweist, dass er nicht durch des bösen Geistes Kraft, sondern durch Gottes Finger die Teufel austreibe, zeigt er uns auch hier die Arznei wider den Satan.

Eine solche Arznei ist auch die Furcht Gottes in Gedanken, Worten, Werken und Gebärden. Wann ein Mensch sich entschlägt der Leichtfertigkeit und vorwitzigen Sicherheit, wartet seines Berufs fleißig und arbeitet, tut, was ihm befohlen ist, begibt sich nicht auf Spekulieren, Gedanken, Anschläge, Praktiken in seiner Nahrung, sondern ist sein beständig, zweifelt nicht an Gottes Hilfe und an seinem Beruf, arbeitet auch mit Freuden, so ist das alles eine Arznei wider den Satan. Denn, wie der Vogel zum Fliegen, also ist der Mensch zur Arbeit geboren (Hiob 5, 7). Die dürre Stätte, welche der unsaubere Geist durchwandert, das ist Vorwitz, Leichtfertigkeit, Sicherheit usw.. Darum hat Gott nicht umsonst die Arbeit einem jeglichen aufgelegt und befohlen, den unnützen, schändlichen, fliegenden Gedanken zu wehren, die so geschwinde und stark sind, dass, wenn der Teufel auch am Ende der Welt wäre, so holte ihn ein solcher Mensch mit seinen fliegenden Gedanken doch wohl zu sich. Sobald ein Mensch aus seinem Beruf schreitet, macht er sich unterwürfig der List des Teufels. Die Engel bewahren uns aber in den Wegen unsers Berufs! Eine solche Arznei wider den Satan ist auch: Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren, das ist, die es hören und danach leben und es ins Werk setzen. Viele sind, die es hören; aber wenig, die es bewahren und danach leben. Sie haben Christum nur halb; seine Lehre haben sie, aber sein Leben nicht.

Das ist das falsche Christentum heutzutage und die falsche Theologia, Lehre ohne Leben, Leib ohne Seele, Haupt ohne Leib, Glaube ohne Liebe, Bäume ohne Frucht. Solche falsche Christen hat der Teufel gern; in solchen hat er sein Reich und seinen starken Palast. Sie hören wohl, dass Christus predigt von Gerechtigkeit; sie aber leben in Ungerechtigkeit. Sie hören wohl, dass Christus predigt von Liebe; sie aber leben in Neid und Hass. Das heißt nicht Gottes Wort bewahren. Gott hat befohlen, Buße zu tun und dem Evangelio zu glauben; aber man lebt in Unbußfertigkeit und in den Werken des Unglaubens. Das heißt nicht Gottes Wort bewahren. Gott fordert keine Vollkommenheit von uns, sondern Buße und ein christlich Leben, dass wir dem Geiste Gottes Raum geben und nicht den bösen Geist uns treiben lassen. Was wir dann nicht vermögen, das erfüllt Gottes Gnade. Dass aber St. Paulus sagt: Das Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen nicht (Röm. 7, 18), redet er von der Erfüllung des Gesetzes, welches die vollkommen halten müssen, die durchs Gesetz wollen gerecht werden. Sonst aber sagt er: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder (Röm. 8, 14). Christus sagt, wir sollen von ihm lernen Sanftmut und Demut; aber viele predigen von der Sanftmut und trachten doch Tag und Nacht, sich zu rächen; von Demut, und leben in Hoffart und Verachtung des Nächsten. Wer das tut, der ist nicht allein kein Christ, sondern des Teufels leibeigen, denn der Teufel hat sein Reich in ihm. Gottes Wort hören allein macht keinen Christen, sondern Gottes Wort bewahren und tun. Wer dies nun tut, an dem hat der Teufel keine Macht mit all seiner List und Gewalt! Das helfe Gott uns allen! Amen!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/a/arnd/arndt-predigt_oculi.txt · Zuletzt geändert:
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain