Jesaja, Kapitel 53
53:1 Aber wer glaubt unsrer Predigt, und wem wird der Arm des HERRN offenbart?
53:2 Denn er schoß auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt noch Schöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.
Ob sich obiger Spruch, - daß er vom Heiland redet, wird wohl Jedermann klar sein, - ob er sich aber blos aus den Tag bezieht, da Er vor dem Richter stand, mit der Dornenkrone aus dem Haupt, könnte man fragen. Wenn es jedoch dort heißt, Er sei gewesen wie ein Reis aus dürrem Erdreich, so liegen weitere Schlüsse aus dieser Weissagung nahe, auf die Zeit hin, aus welcher vom lieben Heiland nach Gottes Ratschluß uns nichts berichtet worden ist, nemlich auf Seine Jugend- und Jünglingsjahre hin. Daß Er auch da durch Kämpfe aller Art, die Er durchzumachen hatte, vom Fürsten der Finsternis herbeigeführt, der Ihn auch durch Krankheiten geplagt haben mochte, oft und lange ein Aussehen hatte, das Niemanden gefiel, ist wenigstens denkbar. Denn Er war ein Mann des Kampfes von Kindesbeinen an, und mußte unendlich viel im Stillen auf die Zeit vorbereiten, da Er öffentlich auftreten sollte. Da mag denn lange keine Gestalt und keine Schöne an Ihm gewesen sein, die gefallen hätte. (Vergl. 60,a.) Schon der Ruf bei der Taufe JEsu vom Himmel herab: „Dieß ist Mein lieber Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen habe,“ giebt sich deutlich als einen Siegesruf zu erkennen, als ein Zeugnis bisherigen Wohlverhaltens unter versuchungsvollen Zeiten, als einen Moment, mit welchem schwere Kämpfe für den HErrn nun abgeschlossen waren, obwohl diese in anderer Weise sich erneuerten.
Gerade so wurde abermals kurz vor der Kreuzigung bei der Verklärung das Wohlgefallen Gottes vom Himmel herab ausgesprochen, über dem, was in den letzten drei Jahren geschehen war. Wir werden uns einmal. wundern, zu vernehmen, wie unendlich viel mehr der HErr JEsus für uns auf sich genommen hat, als wir geschichtlich geschrieben finden. Denken wir nur an das Eine, da es von Ihm heißt (Hebr. 4, 15) : „Er war versucht allenthalben, gleichwie wir, doch ohne Sünde.“ Eben an diese vielen uns noch verborgenen Kämpfe und Anfechtungen, in welchen der HErr um unsertwillen Sieger geworden ist, kann uns unser heutiger Spruch erinnern. Beherzigen wir's zu Trost und Aufrichtung! (Christoph Blumhardt)
53:3 Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
53:4 Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.
53:5 Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
In Jesus haben wir Erlösung. Welche Herrlichkeit! Der Fluch des Gesetzes lastet schwer auf uns, wenn wir keine Vergebung haben. Dann dienen wir der Sünde und dem Teufel. Die ganze Welt liegt im Argen. Satan betrachtet uns als seine Gesinnungsgenossen, wir stehen mit ihm in Feindschaft wider Gott. Der Teufel bindet uns durch die Sünde, und es bestehen da traurige Beziehungen. Wir wissen, wie schwer es hält, durch Sündendienst entstandene Rechte zu lösen und zu entkräften. Niemals hätten wir Freiheit erlangen und andere Menschen werden können, hätte nicht Gott selbst Sein Eigentum erlöst. Nun wissen und erkennen wir es aber: der Teufel hat an keinen einzigen Sünder mehr ein Recht, und wir können von jeder Sünde befreit werden. Die Erlösung ist eine vollzogene Tatsache. Nichts und niemand kann uns festhalten, und freiwillig wollen wir keine Sklaven Satans und der Sünde sein. Wir sind Erkaufte, Erlöste des Herrn! Was hast du durch Jesus Christus? Eine völlige Erlösung von Sünde, „Welt“, Teufel, Hölle und Tod. Jegliche Sklaverei ist dahin. Ich bin frei, der Herr selbst hat mich erlöst. Von dieser herrlichen Erlösung will ich nun in vollem Umfange Gebrauch machen. Ich will dankbar leben und wandeln im Lichte und in der Kraft des Friedens Gottes. Löse nun der Finsternis Bande, weil du ein Erlöster bist. Das Lamm Gottes trug unsere Sünden hinweg. Glaube das, so wirst du leben. Wir sind befreit und entlastet vom Fluch. Gelobt sei der Gekreuzigte! (Markus Hauser)
Pilatus überantwortete unsern Herrn und Heiland den Kriegsknechten, daß sie Ihn kreuzigten. Die römische Geißel war ein furchtbares Marterwerkzeug. Es war aus Ochsensehnen verfertigt und hier und da waren scharfe Knochensplitter in den Sehnen befestigt, so daß diese Knochenstücke jedesmal, wenn der Geißelhieb niederfuhr, schreckliche Wunden verursachten und das Fleisch von den Knochen rissen. Unser Heiland ward ohne Zweifel an eine Säule gebunden und so gegeißelt. Schon vorher war Er geschlagen und mißhandelt worden; aber diese Geißelung durch die römischen Kriegsknechte verursachte Ihm gewiß eine weit entsetzlichere Qual. O meine Seele, stehe hier stille und traure über seinen armen, zerschlagenen Leib.
„Seht, welch ein Mensch ist das!
Ach, sehet seine Wunden!“
Du, der du an Jesum glaubst, kannst du Ihn anschauen, ohne Tränen zu vergießen, wenn Er so vor dir steht als ein Bild der leidenden, in Todesnot getauchten Liebe? In seiner Unschuld ist Er schön wie die Lilie, und in der Rosinfarbe seines Blutes ist Er rot wie die Rose. Wenn wir die unfehlbare und selige Heilkraft verspüren, die seine Wunden an uns beweisen, muß da nicht sogleich unser Herz zerschmelzen vor Liebe und Wehmut? Wenn wir je unsern Herrn Jesum lieb gehabt haben, so muß jetzt diese Liebesglut in unserm Busen stärker auflodern:
„O große Lieb', o Lieb', ohn' alle Maße,
Die Dich gebracht auf diese Marterstraße!
Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden
Und Du mußt leiden!
Ich kann's mit meinen Sinnen nicht erreichen,
Womit doch Dein Erbarmen zu vergleichen:
Wie kann ich Dir denn Deine Liebestaten
Im Werk erstatten?“
Wir möchten gern in unser Kämmerlein gehen und in der Stille weinen, aber unsre Berufsarbeit erwartet uns, und darum wollen wir nun unsern geliebten Freund bitten, Er wolle das Bild seiner blutigen Wunden den ganzen Tag über eingegraben sein lassen auf den Tafeln unsrer Herzen, und am Abend wollen wir heimkehren, um seinen Umgang zu suchen und zu trauern, daß unsre Sünden Ihn so viel gekostet haben. (Charles Haddon Spurgeon)
53:6 Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeglicher sah auf seinen Weg; aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn.1)
Hier liegt uns ein Sündenbekenntnis vor, das alle auserwählten Kinder Gottes angeht. Sie sind alle gefallen, und darum sprechen sie alle mit einhelligem Munde, vom Ersten an, der in den Himmel aufgenommen ward, bis zum Letzten, der hineinkommt: „Wir gingen alle in der Irre wie Schafe.“ Wie hier das Bekenntnis eine allen gemeinsame Schuld ausdrückt, so bezieht es sich in den folgenden Worten auf die einzelnen besonders: „Ein jeglicher sah auf seinen Weg.“ Es fällt jedem einzelnen unter uns eine besondere Sündhaftigkeit zur Last: Alle sind mit Sünden beladen, aber jeder einzelne mit irgend einer eigentümlichen Ungerechtigkeit, die in seinen Mitbrüdern nicht gefunden wird. Es ist ein Zeichen echter Reue, wenn sie sich zwar mit andren demütig derselben Schuld und Strafe wert erkennt, zugleich aber die besondere Verschuldung eigner Wege sich zur Last legt. „Ein jeglicher sah auf seinen Weg,“ ist ein Bekenntnis, daß ein jeglicher gegen die ihm geschenkte Erleuchtung gesündigt habe, oder gesündigt habe unter erschwerenden Umständen, die er bei andren nicht wahrnimmt. Ein solches Bekenntnis ist aufrichtig; es entschlägt sich allen Anspruchs auf eigne Gerechtigkeit. Es ist das Zeugnis eines Menschen, der sich seiner Schuld völlig bewußt ist, einer besonders schweren Schuld, einer Schuld ohne alle Milderungsgründe; die Waffen seiner Empörung liegen zerbrochen vor seinen Füßen, und er ruft aus: „Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeglicher sah auf seinen Weg.“ Dennoch vernehmen wir kein trostloses Trauern bei diesem Sündenbekenntnis; denn es bricht in den folgenden Worten beinahe in einen Jubelgesang aus: „Aber der Herr warf unser aller Sünde auf Ihn.“ Es ist das gewichtigste der drei Worte, aber voll überströmenden Trostgefühls. Wie herrlich ist es, daß, wo die Sünde so überaus mächtig geworden ist, da ist die Gnade noch mächtiger geworden; daß da, wo die Sünde den höchsten Gipfel erreicht, die müde Seele Ruhe findet. Der zerschlagene Heiland heilt die zerschlagenen Herzen. Siehe, wie die demütigste Reue Raum gibt der gewissesten Zuversicht durch den Aufblick zu Christo, dem Gekreuzigten! (Charles Haddon Spurgeon)
53:7 Da er gestraft und gemartert ward, tat er seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut.2)
53:8 Er aber ist aus Angst und Gericht genommen; wer will seines Lebens Länge ausreden? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er um die Missetat meines Volkes geplagt war.
53:9 Und man gab ihm bei Gottlosen sein Grab und bei Reichen, da er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat noch Betrug in seinem Munde gewesen ist.
53:10 Aber der HERR wollte ihn also zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, so wird er Samen haben und in die Länge leben, und des HERRN Vornehmen wird durch seine Hand fortgehen.3); 4)
Flehet um die baldige Erfüllung dieser Verheißung, alle, die ihr den Herrn liebt. Das Beten wird uns leicht, wenn wir uns mit unsren Wünschen auf Gottes eigne Verheißungen gründen und stützen. Wie kann Er uns die Erfüllung seines Wortes weigern, wenn Er selbst uns dies Wort gegeben und in den Mund gelegt hat? Die unwandelbare Wahrhaftigkeit kann sich unmöglich selber durch eine Lüge schmähen, die ewige Treue kann sich nicht durch Trägheit entwürdigen. Gott muß seinen Sohn segnen, sein Bund und Testament verpflichtet Ihn dazu. Das, was wir nach der Aufforderung des Heiligen Geistes für unsern Herrn Jesum erbitten sollen, ist nichts andres, als was Gott Ihm nach seinem Ratschluß zu geben verheißen hat. So oft ihr für das Reich Christi betet, sollen eure Augen die Dämmerung des herrlichen, anbrechenden Tages ins Auge fassen, an welchem der Gekreuzigte an derselben Stätte, wo die Menschen Ihn verworfen haben, seine Krone empfangen soll. Mut, liebe Seele, die du unter herzlichem Gebet für Christum wirkst und arbeitest und wenig Frucht siehst, es wird nicht immer so bleiben; bessere Zeiten stehen dir bevor. Deine Augen sehen die selige, reich gesegnete Zukunft noch nicht; borge das Fernglas des Glaubens; wische den trüben Staub deiner Zweifel ab von den Gläsern deines Instruments; schaue hindurch, und betrachte die zukünftige Herrlichkeit. Lieber Christ, ich frage dich: ist es das, warum du allezeit bittest? Bedenke, daß derselbe Messias, der uns lehrt beten: „Gib uns heute unser tägliches Brot,“ uns zuvor die Bitte vorspricht: „Geheiliget werde Dein Name; Dein Reich komme; Dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel.“ Laß in deinen Gebeten deinen Blick nicht nur in der Tiefe haften, auf deinen Sünden, auf deinen Bedürfnissen, auf deinen Mängeln, auf deinen Heimsuchungen, sondern laß ihn sich erheben auf der Himmelsleiter zu Christo selber, und wenn du alsdann dem blutbesprengten Gnadenthrone nahst, so laß ununterbrochen die Bitte ertönen: „Herr, breite das Reich Deines teuren Sohnes aus.“ Solch eine Bitte mit Inbrunst gebetet, erhebt und erhöht den Geist deiner Andacht. (Charles Haddon Spurgeon)
Unser Herr Jesus ist nicht vergeblich gestorben. Sein Tod war ein Opfertod: Er starb als unser Stellvertreter, weil der Tod die Strafe unsrer Sünden war; und weil Seine Stellvertretung von Gott angenommen ward, so hat Er diejenigen errettet, für die Er Sein Leben zum Schuldopfer gegeben. Durch den Tod wurde Er dem Weizenkorn gleich, das viel Frucht bringet. Für Ihn muß eine stete Folge von Kindern da sein; Er ist der „Ewig-Vater“. Er soll sagen: „Siehe, hier bin ich und die Kinder, die Du mir gegeben hast“.
Ein Mann wird geehrt in seinen Söhnen, und Jesus hat seinen Köcher voll von diesen „Pfeilen des Starken“. Ein Mann wird dargestellt in seinen Kindern, und das wird Christus in den Christen. In Seinem Samen scheint eines Mannes Leben verlängert und ausgedehnt zu sein; ebenso wird das Leben Jesu in den Gläubigen fortgesetzt.
Jesus lebt, denn Er sieht seinen Samen. Er heftet Sein Auge auf uns, Er hat Freude an uns, Er erkennt in uns die Frucht der Arbeit seiner Seele. Laßt uns froh sein, daß unser Herr sich stets an dem Ergebnis seines furchtbaren Opfers erfreut und daß Er niemals aufhören wird, Seine Augen an der Ernte seines Todes zu weiden. Diese Augen, die einst um uns weinten, betrachten uns jetzt mit Vergnügen. Ja, Er blickt auf die, welche auf Ihn blicken. Unsre Augen begegnen sich! Was für ein Freude ist dies! (Charles Haddon Spurgeon)
53:11 Darum, daß seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen; denn er trägt ihr Sünden.
53:12 Darum will ich ihm große Menge zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, darum daß er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleich gerechnet ist und er vieler Sünde getragen hat und für die Übeltäter gebeten.5)
Mein Heiland, Du hast gezittert und gezagt um meiner Sünden willen in Gethsemane: darf ich mich wundern, wenn auch ich Angst haben muß in dieser Welt? Habe ich das Leiden, das mich trifft, nicht verdient? und kann ich es verantworten, wenn ich mich sträube, den Kelch zu trinken, den Gott mir eingeschenkt hat, und mein Kreuz Dir nachzutragen? Ich weiß, es sind nur Liebesschläge Deines himmlischen Vaters, die zu meiner Besserung dienen. Sie sollen meinen glauben, meine Geduld und Standhaftigkeit prüfen, sie sollen mich von der Eitelkeit entwöhnen und mir die Welt bitter machen, daß mir der Himmel desto süßer und angenehmer sei. Zwar ich muß Dir meine Schwachheit bekenne, daß sich mein armes Herz nicht allemal finden kann, wenn Kreuz und Trübsale kommen, und daß es zuweilen in allzugroße Traurigkeit versinken will. Ach Herr, Dein freudiger Geist erhalte mich, Deine mächtige Hand unterstütze mich, Dein inwendiger Trost stärke mich. Es ist ja kein Heiliger im Himmel, der nicht auch das Seine gelitten auf Erden. Hast Du, mein Jesu, um meinetwillen so viel gelitten, und bist um meiner Missethat willen verwundet und um meiner Sünde willen zerschlagen worden, sollte ich nicht auch etwas leiden um Deinetwillen? zumal das Leiden dieser kurzen Zeit nicht werth ist der Herrlichkeit, die auch an mir soll offenbaret werden. Kommt dann Deine Hülfe nicht am Abend, so will ich harren bis in die Nacht; erscheint sie dann auch nicht, so will ich darauf warten von einer Morgenwache bis zur andern. Kommt die neue Sonne, so kann auch kommen neue Wonne. Deine Allmacht soll meine Stütze sein, darauf ich mich verlasse; Deine Güte mein Trost, der mich erquicke; und Deine Wahrheit mein Leiststern, wonach ich sehe. Den Anker meiner Hoffnung will ich in den Himmel werfen. Dein gütiges Vaterherz, mein Gott, soll mich getrost machen; ich werde Dir noch danken, daß Du meines Angesichts Hülfe und mein Gott bist. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
Warum hat der Herr Jesus sich unter die Übeltäter rechnen lassen? Diese wunderbare Herablassung ward durch viele gewichtige Gründe veranlaßt. In dieser Gestalt konnte Er um so eher der Fürsprecher seiner Brüder werden. Bei manchen Gerichtsverhandlungen tritt der Verteidiger ganz an die Stelle des von ihm verteidigten Schützlings, und in den Augen des Gesetzes dürfen sie auch nicht als verschiedene Persönlichkeiten aufgefaßt werden. Wenn der Sünder vor dem himmlischen Richterstuhl erscheint, so stellt sich der Herr Jesus selber für ihn ein. Er steht da, um auf die Anklage zu antworten. Er weist hin auf seine Seite, auf seine Hände, auf seine Füße, und fordert die Gerechtigkeit auf, gegen die Sünder, die Er vertritt, vorzubringen, was es nur immer sein möge; Er beruft sich auf sein Blut, und indem Er sich unter die Sünder rechnen läßt und sich auf ihre Seite stellt, führt Er seine Verteidigung so siegreich, daß der Richter das Urteil eröffnet: „Laßt diese gehen; sie sind losgesprochen von der Verdammnis des ewigen Feuers, denn Er hat eine Erlösung erfunden.“ Unser Herr Jesus ward den Übeltätern gleich gerechnet, damit sie sich von ganzem Herzen möchten zu Ihm hingezogen fühlen. Wie sollten wir uns vor einem fürchten, der mit uns in das gleiche Verzeichnis eingetragen ist? Wir dürfen ungescheut zu Ihm kommen und Ihm unsre Schuld bekennen. Dieweil Er uns gleich gerechnet ist, kann Er uns nicht verdammen. Wurde Er nicht darum unter die Übeltäter gerechnet, damit wir in das rote Buch seiner Heiligen könnten eingetragen werden? Er war heilig und unter die Heiligen gerechnet; wir waren schuldbeladen und zu den Schuldigen gezählt; Er überträgt seinen Namen von jenem Verzeichnis in das schwarze Schuldbuch, und unsre Namen werden aus dem Schuldbuch gestrichen und ins Buch des Lebens eingetragen, denn es findet ein völliger Umtausch statt zwischen Jesu und den Seinen. Unsern elenden, sündhaften Zustand hat Jesus ganz auf sich genommen, und alles, was Jesus hat, kommt uns zu gute. Seine Gerechtigkeit, sein Blut, und alles, was sein ist, gibt Er uns zu eigen. Freue dich, gläubige Seele, deiner Vereinigung mit Ihm, der den Übeltätern gleich gerechnet ist, und zeige, daß du wahrhaft erlöst bist, darin, daß du eingerechnet bist in die Zahl derer, die in Ihm geoffenbart sind als eine neue Kreatur. (Charles Haddon Spurgeon)