Jesaja, Kapitel 12
12:1 Zu derselben Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, HERR, daß du zornig bist gewesen über mich und dein Zorn sich gewendet hat und tröstest mich.
Es ist dieses eine Weissagung, die alsdann erfüllt werden wird, wenn das Volk Israel ein begnadigtes und mit den Gaben des Heiligen Geistes reichlich gesegnetes Christenvolk sein, und den Heiden selbst mit seinem Licht vorleuchten wird. Vor diesem gesegneten Zustand geht ein anderer her, bei welchem Israel den Zorn Gottes empfindlich spüren wird. Die Beschreibung dieses Zustandes findet man in andern Weissagungen, die auf eben diese Zeit zu deuten sind. Jes. 54,7.8. spricht der HErr: Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen; Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen; und V. 1.: Du Elende, über die alle Wetter gehen, und du Trostlose. Jes. 51,17.19.20. aber wird von Jerusalem gesagt: du hast von der Hand des HErrn den Kelch Seines Grimms getrunken, die Hefen des Taumelkelchs hast du ausgetrunken, und die Tropfen gelecket; diese zwei sind dir begegnet, wer trug leid mit dir? da war Verstörung, Schaden, Hunger und Schwert, wer sollte dich trösten? Deine Kinder waren verschmachtet; sie lagen auf allen Gassen, wie ein verstrickter Waldochse, voll des Zorns vom HErrn und des Scheltens von deinem Gott. Diese und andere Beschreibungen stellen die Noth Israels als sehr groß vor, wenn aber der HErr demselben wird Gnade und Licht und auch eine Errettung von der leiblichen Noth haben widerfahren lassen, so wird es zur selbigen Zeit sagen: ich danke Dir, HErr, daß Du zornig gewesen bist über mich, und dein Zorn sich gewendet hat, und tröstest mich. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher, und fürchte mich nicht; denn Gott, der HErr ist meine Stärke, und mein Psalm, und ist mein Heil u.s.w.
Ein jeder Mensch erlebt eine Zeit oder auch Zeiten, da er sagen muß: ich will des HErrn Zorn tragen, denn ich habe wider Ihn gesündiget, Mich. 7,9.; oder: Deine Pfeile, o Gott, stecken in mir, und Deine Hand drücket mich, Ps. 38,3.; oder: Du hast mich in die Grube hinuntergelegt, in die Finsterniß und in die Tiefe; Dein Grimm drücket mich, und drängest mich mit allen Deinen Fluthen, Ps. 88,7.8. Doch verstoßet der HErr nicht ewiglich, sondern Er betrübet wohl, und erbarmet Sich wieder nach Seiner großen Güte, Kl. Jer. 3,31.32. Auch unter der Empfindung Seines gerechten und väterlichen Zorns darf man hoffend sagen: Er wird mich an’s Licht bringen, daß ich meine Lust an Seiner Gnade sehe, Mich. 7,9. Wenn aber dieses geschieht, so soll man danken. Das göttliche Licht, welches nun aufgeht, entdeckt dem Menschen, daß der Zorn Gottes wie eine bittere Arznei heilsam sei, und die Gnade, an welcher man nun seine Lust sieht, läßt keine mürrische Klage, über das was man davon erfahren hat, aufkommen. Man dankt nur für Seine gute Führung, die vom Zorn zur Gnade und von der Finsterniß in’s Licht leitet. HErr, laß noch über mich kommen, was mir nöthig und heilsam ist: verlaß mich nur nicht, verwirf mich nicht von Deinem Angesicht, und führe ein jedes Gericht bei mir zum Sieg aus. Billig sollen Deine Wege immer meinen Augen wohlgefallen; wenn sich aber in mir Schwachen Ungeduld und Mißtrauen reget, so habe Geduld mit mir, vergib mir, und fahre fort, Deinen ganzen Willen an mir zu erfüllen, bis ich nach demselben als gerechtfertigt und bewährt in Deine Ruhe eingehen kann. (Magnus Friedrich Roos)
12:2 Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.
12:3 Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen
12:4 und werdet sagen zu derselben Zeit: Danket dem HERRN, prediget seinen Namen; machet kund unter den Völkern sein Tun; verkündiget, wie sein Name so hoch ist.
12:5 Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen; solches sei kund in allen Landen.
12:6 Jauchze und rühme, du Einwohnerin zu Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir.
O ewiger Vater unsers Herrn Jesu Christi, wir danken Dir für die heilige Erscheinung Deiner Leutseligkeit und Freundlichkeit, und bitten Dich, schenke uns nun Deinen allerliebsten Sohn zum rechten Christgeschenk in unsere Herzen, damit Du auch an uns in Ihm Wohlgefallen habest. Schleuß auf Dein Vaterherz, und gieb uns diesen Schatz geistlich, wie Du ihn vormals leiblich gabest und auf Erden sandtest. Mache uns nun seiner heiligen Menschwerdung in der That theilhaftig, daß wir alle die Seligkeit fassen und genießen, die Du uns bereitet und Er gebracht hat. O Du liebster Jesu, reiche uns doch Deine heilige Hand, denn Du bist gekommen, uns zu Dir zu holen aus diesem Jammerthal. Zeuch uns nach Dir, so laufen wir mit den Hirten. Erquicke uns, so freuen wir uns mit allen Engeln.. Tröste uns, so danken wir Dir mit Maria, Simeon und Hanna. Du holdester Schatz, Du keusches Lamm, Du edle Paradiesblume, unsere Hoffnung, unser Heil, unser Alles! Ach, entzünde die Herzen mit der Flamme Deiner Huld, die Dich aus der Herrlichkeit ins Elend trieb. Diese müsse uns brünstig und durstig machen, Dich im Geist zu küssen, Dich an unsere Brust mit Maria zu drücken und zu bewahren, daß uns nichts von Dir scheide. Gewinne doch Deine Gestalt in uns in Sanftmuth und Demuth, in Geduld, in Verläugnung und Armuth des Geistes, in Gehorsam und Treue der Wahrheit, in kindlichem lautern Sinn nach Deinem Bilde. Gnade und Wahrheit ist durch Dich geworden: so werde sie auch in uns. Den Frieden hast Du gemacht: der sei auch unser eigen. Die Sünder willst Du uns selig machen: daher mache auch uns selig. Und weil Du auf’s Niedrige siehst, so laß uns doch willig in Mangel, in Verachtung und Schmach, in Verfolgung und Trübsal zufrieden sein, Dir im Kreuz nachfolgen und mit Deinem Leiden Gemeinschaft haben, welches von Deiner Geburt anfing, auf daß wir auch mit Dir herrschen in Ewigkeit. Hochgelobt seist Du, o Heiland. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
Ihr werdet (aus geistlicher Herzenslust) mit Freuden Wasser schöpfen aus dem Heilbrunnen, (ihr werdet euch erfrischen und laben aus der Trostpredigt des heiligen Evangeliums und mit dem Brauch der hochheiligen Sacramente, dazu denn man euch oft und vielfältig wird einladen, auch wird der heil. Geist, welcher euch durch die Taufe wiedergeboren und erneuert hat, eure Herzen mit Freude und Trost erfüllen) und werdet sagen zur selbigen Zeit: danket dem Herrn, (für die unaussprechliche Gnade in Christo) prediget seinen Namen, (daß er in Christo unser gnädiger Vater heiße und sei) machet kund unter allen Völkern sein Thun, (wie er allen Gläubigen um Christi willen wolle alle ihre Sünde verzeihen, und Leben und Seligkeit aus Gnaden schenken) verkündiget, wie sein Name so hoch ist (wie er sich so hoch gesehet, und dennoch stehet auf das Niedrige im Himmel und auf Erden, auf alles, was sich an Christum hält.) Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich bewiesen, (indem er uns seinen eingebornen Sohn gegeben, daß wir an ihn glauben, und also selig werden sollen) solches sei kund in allen Landen (denn dieser von Gott geschenkte Heiland gehet die ganze Welt an.) Jauchze (sei fröhlich in dem Herrn, deinem Gott) und rühme (seine Gnade und Werk), du Einwohnerin zu Zion (du Volk Gottes, du geistiges Israel); denn der heilige Israel (der die rechten Israeliten heiliget, und ihre Heiligung ist) ist groß bei dir (er hat große und herrliche Thaten an und bei dir gethan, und thut sie noch täglich.) (Valerius Herberger)