Spieker, Christian Wilhelm - Christliche Morgenandachten auf alle Tage des Jahres - Februar

Am 1. Februar.

„Gelobet sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christum.“
Eph. 1, 3.

Komm, Segen aus der Höhe,
Gieb, Herr, mir Lieb und Stärke,
Daß ich nur wachsam gehe
An jedes meiner Merke!
Arbeitsam sein ist süß;
Nur hilf auch du dabei,
Daß Martha dieser Leib,
Der Geist Maria sei.

Laß Alles freundlich sein,
Voll Demuth, was ich sage,
Es sei groß oder klein;
Und daß ich lieber trage,
Als meinem Nächsten werd'
Aus eigner Schuld zur Last;
Auf daß du Ruhm dabei
Von deinem Kinde hast.

Wo meine Füße gehn,
Was meine Händ' arbeiten,
Da will ich auf dich sehn,
Als stünd'st du mir zur Seiten.
Dein Geist regiere mich,
Bis Alles, was du willt,
In meinem Herzen ist
Und durch mein Thun erfüllt!

Am 2. Februar.

„Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“
Matth. 28, 20.

Diese Verheißung gab der Herr und Meister seinen trauernden Jüngern, als er vor ihren Augen aufgehoben ward zur Rechten des Vaters. Wohl erschien er hinfort nicht mehr ihren Augen, wie in den vierzig Tagen vor seiner Himmelfahrt, aber als der wahrhaftige Immanuel war er mit ihnen alle Tage in dem Worte, das sie predigten, in den Sacramenten, die sie verwalteten, und den erhöhten Menschensohn dürfen nun seine Brüder auf Erden anbetend anrühren Mit Händen und Lippen. Auch mir will er nahe sein in seinem Wort und Sacrament, will bei mir bleiben auf dem Wege, so lange ich hier walle, mich leiten in alle Wahrheit, mich in keiner Noth verlassen, mein Rath und Schutz, mein Freund und Tröster sein. Er trägt mir das Kreuz der Trübsal voran, lehrt mich den Spott und den Haß der Welt mit Liebe vergelten, reicht mir das Brod des Lebens, damit ich volles Genüge habe, hilft Arbeit und Mühe überwinden, erfüllet mich mit Licht und Leben, Trost und Kraft, Friede und Freude und macht mich sanftmüthig. Ach, daß du mir doch immer vor Augen ständest, du Heiliger und Gerechter! Daß ich doch nie vergessen möchte, wie theuer du mich erkauft und welche Seligkeit du mir erworben hast! Daß doch mein Sinn dem deinen immer ähnlicher würde, mein Herz dir ganz angehörte! Dann wäre ich auch des Himmels gewiß und der Herrlichkeit, die einst allen Frommen offenbar werden soll. Denn dir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und ans Erden; du bist erhöhet über Alles, was in dieser und jener Welt genannt werden mag; du trägst alle Dinge mit deinem kräftigen Wort. So groß und hoch erhaben, mit dem Vater herrschend über Himmel und Erde, bist du doch mein Freund und Bruder, mein Tröster und Erlöser, der treue Hirt, der dem verirrten Schäflein nachgehet; und wenn er es gefunden, auf seine Schultern nimmt und mit Freuden heimträgt. Der arme sündige Mensch stehet in deiner Obhut, in deiner Liebe, er ist ein Miterbe deiner Seligkeit. O bleibe bei mir in Freud' und Leid, in guten und bösen Tagen, bis zu meinem letzten Stündlein. Amen!

Am 3. Februar.

„Jesus Christus gestern und heute, und derselbe auch in Ewigkeit.“
Ebr. 13, 8.

Ganz ohne Christum ist wohl Niemand in der christlichen Kirche, auch der nicht, der wider ihn ist, der ihn verwirft, weil er die Welt lieber hat, als den Sohn Gottes. Auch im verlornen Sohne bleibt etwas von seiner göttlichen Herkunft, mittelst deren er zu retten ist. Aber eben so gewiß ist: Keiner ist ganz in Christo; auch der nicht, der seine heiligste Angelegenheit dann findet, in Ihm zu sein. In den Besten, in den Allerbesten bleibt etwas von der Finsternis, welche den tiefen Fall des Menschen bekundet, so daß er alle Tage sprechen muß: „nicht, daß ich's schon ergriffen hätte, oder schon vollkommen sei.“ Herr, gehe von nur hinaus, ich bin ein sündiger Mensch - sprach Petrus beim Anblick des reichen Segens, den ihm der Herr bescheeret hatte. Er fühlte seine Unwürdigkeit, dem Herrn so nahe zu stehen, und dies Gefühl wird auch den treuesten Jünger Jesu immer durchdringen. Wachen und beten sollen wir, daß wir nicht in Anfechtung fallen. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Wie leicht ist das Herz bethört, der Geist eingeschläfert, das Auge geblendet! Der Same des göttlichen Wortes fällt oft auf den harten Fels, oder in den dürren Sand, oder in das üppige Unkraut, oder auf den festgetretenen Weg Erleuchte, o Gott, meinen Verstand, erhebe meinen Geist über das Irdische, öffne meine Augen, daß sie deine Herrlichkeit sehen, und stärke mein Herz, daß es treu bleibe und fest im Guten. Laß dazu Christum reichlich in mir wohnen; laß ihn bei mir aus- und eingehen und ihn heimisch werden in meinem Hause.

Laß mich dein sein und bleiben.
Du treuer Gott und Herr;
Von dir laß mich nichts treiben,
Halt mich bei meiner Lehr'.

Ach, Herr, laß mich nicht wanken,
Gieb mir Beständigkeit!
Dafür will ich dir danken
In Zeit und Ewigkeit.

Am 4. Februar.

„Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit.“
Röm. 11, 36.

Je mehr der Herr Gestalt in uns gewinnt, desto deutlicher erkennen wir das Irdische als Nichtiges und Vergängliches, das vor dem Ewigen gänzlich schwindet. Gott wird immer mehr unser Einziges und Höchstes, in dem wir leben, weben und sind. Da wollen wir nicht mehr der Welt, sondern Gott angehören, nicht mehr uns selbst, sondern dem Himmel leben. Das Trachten des weltlichen Sinnes erscheint uns als eitel, die Klugheit der Kinder dieser Welt als thöricht. Wir finden unsern Frieden, unsere Kraft, unser höchstes und ewiges Sein in der Gemeinschaft mit Gott. Dann erkennen wir auch Gottes Werk in der Welt, und die Ordnung des unermeßlichen Weltalls ist uns die äußere Offenbarung Gottes. Die Welt gehört Gott; er ist der ewige Grund aller Dinge, sie ist von ihm zu seiner Ehre geschaffen, sie wird von seinem Geiste durchdrungen, von seiner Kraft getragen, von seinem Lichte erleuchtet. Sie ist der Widerschein der ewigen Schönheit, der Spiegel der göttlichen Weisheit, ein Zeugniß seiner allwaltenden Liebe. Ueberall findet die gläubige Betrachtung Gott den Herrn, im Himmel und auf Erden, im Seraph, der um den Thron des Ewigen stehet, und in der Blume, die auf dem Felde blühet, in dem unermeßlichen Heere der Sterne und in dem Gesang der Vögel unter dem Himmel. Gott erkennet alle Dinge; ihm sind alle seine Werke bewußt von Anbeginn der Welt her. „Es ist keine Creatur vor Gott unsichtbar: es ist Alles bloß und entdeckt vor seinen Augen.“ Hebr. 4, 13. So laß mich, Herr, überall die Spuren deiner allwaltenden Gegenwart finden; laß mich deine Freundlichkeit fühlen und schmecken, auch unter den Sorgen und Segnungen des heutigen Tages.

Am 5. Februar.

„Dienet einander ein Jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.“
1 Petr. 4, 10.

Alles was wir haben an Leib und Seele, Gut und Ehre, das haben wir als Geschenk und Gnadengabe von Gott; ja, es ist uns nur geliehen für diese Welt, daß wir dessen zur Ehre des Gebers und zum Nutzen des Nächsten brauchen sollen. Wir sollen einander beistehen mit Rath und That, in christlicher Liebe, mit Aufopferung und treuer Hingebung; sollen als Glieder Eines Leibes unsere höchste Ehre darin finden, daß wir in den Brüdern dem Herrn Christus dienen können. Und über dieses unser Dienen sollen wir nicht viel reden, kein Aufsehen damit machen, unsere Verdienste nicht hoch rühmen. Die Sonne geht ohne Geräusch auf, und die Saat keimt und sprießet in stiller Verborgenheit. Christus, wenn er mit seiner Gottesmacht die Kranken und Gebrechlichen geheilt hatte, entzog sich der lobpreisenden Menge und sprach zu dem Geheilten: „Gehe hin und sag' es Niemand!“

Gott der Herr hat aber allen Menschen ihre besonderen Gaben zugetheilt, also, daß Einer an den Andern gewiesen ist, und Keiner für sich selbst etwas vermag. Das Meiste von dem, was ein Mensch ist und hat, ist er Andern schuldig; wollte er Alles selbst ausrichten, er würde bald Schiffbruch leiden. Darum haben wir uns gegenseitig zu tragen und zu helfen in aller Geduld und Sanftmuth, und auch da willig und gern Dienste zu leisten, wo weder Gegendienst noch Belohnung zu hoffen steht, so hat uns Gott die Liebe in's Herz gelegt, und durch dieses Band der Liebe im Dienste Anderer ihren Beruf und ihre Freude. So ging der hülfreiche Heiland umher und that wohl und machte gesund. „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für Viele.“ Matth. 20, 28. So will auch ich dienen mit den Kräften, die Gott mir gegeben hat, die Meinen in Krankheit treulich pflegen, jedes Opfer, das die Liebe erheischt, willig bringen, nicht wieder schelten, wenn ich gescholten werde, Fehler und Mängel geduldig tragen, und überall im Dienste des Herrn wirken, so lange es Tag für mich ist. „So ein Bruder oder eine Schwester bloß wäre und Mangel hätte der täglichen Nahrung, und Jemand unter euch spräche: Gott berathe euch, wärmet euch, und sättigt euch, gäbet ihnen aber nicht, was des Leibes Nothdurft ist, was hülfe sie das?“ Jacobi 2, 15 und 16. Meine Liebe soll nicht bestehen in frommen Worten, in leeren Versprechungen, in kalten Tröstungen, sondern in der That und in der Wahrheit. Herr, stärke mich dazu mit deiner Gnade. Amen.

Am 6. Februar.

„Der Herr ist nahe Allen, die ihn anrufen, Allen, die ihn mit Ernst anrufen. Er thut, was die Gottesfürchtigen begehren, erhöret ihr Schreien und hilft ihnen.“
Ps. 145, 18 und 19.

Es kann kein Christenthum sein ohne Gebet. Was der Odem ist für den Leib, das ist das Gebet für die Seele. Wo der Odem stocket und schwer aus- und eingeht, da steht es schlimm um den Leib, und wo es mit dem Beten nicht mehr gehen will, schlimm um die Seele. Wenn aber der Odem gar stille steht, ist der Leib todt, und wenn ich nimmer bete, dann ist's mit meinem Christenthum aus und vorbei. Das Gebet ist mir der Schlüssel zu Gottes Herzen und die Hand, mit der ich die himmlischen Vorratskammern öffne und allen Reichthum an irdischen und himmlischen Güter n herausnehme. Nicht jedes Gebet aber ist Gott dem Herrn wohlgefällig. „Ihr bittet, und krieget nicht,“ spricht Jakobus, „darum daß ihr übel bittet.“ Der Herr ist nur denen nahe, die ihn mit Ernst anrufen. Mein Gebet muß ernstlich sein. Es muß geschehen in aller Andacht des Herzens, denn Gott höret die Worte des Gebetes nicht, es sei denn, daß sie der Betende zuvor selber gehört hat. Herz und Gedanken müssen bei dem Herrn sein. Also betete Hanna, Samuels Mutter, dort in der Stiftshütte und der Herr hörte. Mein Gebet muß aussteigen aus demüthigem Herzen, denn ich stehe vor des Herrn Thür als ein Bettler und Sünder, der nichts fordern kann, sondern mit dem Zöllner an die Brust schlagen muß, der mit Jacob bekennen muß: Ich bin viel zu geringe aller Barmherzigkeit und Treue, die du, Herr, an deinem Knechte gethan. Ob, wie und wann er mein Bitten erfüllet, ich stelle es ihm anheim. Gläubig und freudig muß ich hintreten vor den Thron des himmlischen Vaters, aus dessen Munde, so ich nach seinem Willen, in Jesu Namen bitte, mir stets ein Amen ertönet. Und verziehet die Erhörung, so heißt es anhalten am Gebet, unablässig anklopfen an die Gnadenthüre, wie das Cananäische Weib that. Das kommt uns sauer an. Ach, unsre Seele ist gleich einem Vogel, dem Blei an die Füße gebunden ist; sie erhebt sich erst wohl im raschen Fluge zu Gott, aber sie vermag sich nicht lange in der Höhe zu erhalten, denn das Gewühl der irdischen Sorgen und Lüste zieht sie bald wieder herab. Und gar oft gleichen wir auch den eigensinnigen Kindern, die lieber trotzen wollen, wenn sie nicht gleich das Erbetene empfangen, als demüthig in ihrer Bitte fortzufahren. Der Herr thut, was die Gottesfürchtigen begehren: im Gebet werden sie Eins mit ihm. Im Gebet nimmt ihr Glaube zu und wächset täglich wie ein Baum, der gepflanzet ist an Wasserbächen. Durch das Gebet kommt der heilige Geist in unsere Herzen und machet Wohnung bei uns, daß wir Gott erkennen, seinen Willen thun, in seinem Reiche bleiben. Durch das Gebet verhüten wir die fleischliche Sicherheit, widerstehen der Anfechtung, vertreiben alles Sorgen und Trauern und erlangen die selige Gewißheit, daß unsre Sachen einen glücklichen Ausgang gewinnen.

Gott! gieb mir deinen Geist zum Beten,
Zum Beten ohne Unterlaß,
Getrost im Glauben hinzutreten,
Wenn ich dein Wort mit Freuden fass',
Und auch im Glauben hinzuknien,
Wenn ich in Furcht und Jammer bin.

Am 7. Februar.

„Ich will in ihnen wohnen, und in ihnen wandeln, und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein.“
2. Cor. 6, 16.

O Jesu, süßes Licht!
Nun ist die Nacht vergangen;
Nun hat dein Gnadenglanz
Auf's Neue mich umfangen;
Nun ist, was an mir ist,
Vom Schlummer aufgeweckt
Und hat sich, Herr, nach dir
Verlangend ausgestreckt.

Was soll ich dir denn nun,
Mein Gott, zum Opfer schenken?
Ich will mich ganz und gar
In deine Gnade senken
Mit Leib und Seel' und Geist
An diesem ganzen Tag;
Das soll mein Opfer sein,
Neil ich sonst nichts vermag.

Drum siehe da, mein Gott,
Da hast du meine Seele;
Sie sei dein Eigenthum,
Daß sie nur dich erwähle
In deiner Liebe Kraft;
Da hast du meinen Geist,
Darinnen wollst du dich
Verklären allermeist.

Hier sei denn auch mein Leib
Zum Tempel dir ergeben!
Wähl' ihn zur Wohnung dir,
O allerliebstes Leben!
Ach wohn', ach leb' in mir,
Beweg' und rege mich,
Daß Leib und Seel' und Geist
Mit dir vereine sich!

Mein Jesu! schmücke mich
Mit Weisheit und mit Liebe,
Mit Keuschheit, mit Geduld
Durch deines Geistes Triebe;
Kleid' mit der Demuth mich
Und mit der Sanftmuth an,
So bin ich wohlgeschmückt
Und köstlich angethan.

O daß mir dieser Tag
Stets vor den Augen schwebe:
Daß dein' Allgegenwart
Mich wie die Luft umgebe!
Damit mein ganzes Thun
Durch Herz, durch Sinn und Mund
Dich lobe inniglich,
Mein Gott, zu aller Stund.

Ach segne, was ich thu',
Ja rede und gedenke!
Durch deines Geistes Kraft
Es also führ' und lenke,
Daß Alles nur gescheh'
Zu deines Namens Ruhm,
Und daß ich unverrückt
Verbleib' dein Eigenthum.

Am 8. Februar.

Christus spricht: „Ich bin das Brod des Lebens.“
Joh. 6, 48.

Wie treffend ist das Bild, wenn wir es genauer anschauen. Das Brod ist die allgemeinste Speise, Jedem lieb und werth, an jedem gefunden Körper seine Nährkraft äußernd. Und giebt es denn ein Lebensalter, einen Stand, eine Lebenslage, ein Geistesbedürfniß, eine Herzensstellung, welcher Christus der Herr nicht vollkommen genügte? Den Kindern ist er der gute Hirte, der die Schäflein zu sich ruft und auf die treuen Heilandsarme nimmt; den Jünglingen ist er der gehorsame Sohn, der da „sein muß in dem, das seines Vaters ist;“ den Männern der, welcher wirkt, so lange es Tag ist, ehe die Nacht kommt, da Niemand wirken kann; die Könige in den Palästen nehmen nicht minder als die Armen in den Hütten aus seiner Fülle Gnade um Gnade. Dem nach Wahrheit forschenden Geiste ist er der Weg, die Wahrheit und das Leben; dem nach Sündenvergebung verlangenden Herzen ist er das Lamm Gottes^ welches der Welt Sünde trägt; der nach Heiligung ringenden Seele ist er von Gott gemacht zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung; den um die Kraft der Ergebung flehenden Gemüthern ist er der, welcher alles Joch sanft und alle Last leicht macht. Nur Einer Art von Menschen ist er nichts und kann er nichts sein: das sind die, welche an sich selbst genug haben und zu sich sagen: „Wir sind reich und haben gar satt und doch nicht wissen, daß sie sind arm, blind, jämmerlich und bloß.“ (Offenb. 3, 17.)

Das Brod ist aber auch das schmackhafteste Nahrungsmittel. Kein Mensch ißt es sich zuwider; es paßt zu allen Speisen und muß zu allen die Würze und Kraft geben. Alle andern Speisen verlieren mit den Jahren ihren Reiz; das Brod aber nie; es ist hier kein Ueberdruß möglich. So Christus der Herr: Er paßt zu allen Lebenstagen und Lagen und giebt diesen erst die rechte Kraft und Weihe. Die Arbeit läßt er gewissenhaft treiben, die Ruhe macht er zur Seelenerquickung; die Freuden läßt er sündlos genießen, die Leiden mit Ergebung tragen. Jede menschliche Gemeinschaft weihet er durch seine heiligende und beseligende Nähe, und während in allen irdischen Dingen Anspannung und Abspannung, Genuß und Ueberdruß, Zuneigung und Abneigung wechseln: Christus allein ist jeder Seele gestern und heute und in Ewigkeit derselbe; ja vielmehr, wie seine Güte alle Morgen neu wird, so wird er uns jede Stunde, die wir mit ihm verlebt, herrlicher und liebenswerther. Er ist das rechte Brod des Lebens.

Wer ist wohl, wie du,
Jesu, süße Ruh?
Unter Vielen auserkoren,
Leben derer, die verloren,
Und ihr Licht dazu,
Jesu, süße Ruh!
Leben, das den Tod,
Mich aus aller Noth
Zu erlösen, hat geschmecket,
Meine Schulden zugedecket,
Und mich aus der Noth
Hat geführt zu Gott.

Am 9. Februar.

„Die Zunge ist ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet's an?“
Jak. 3, 5.

Eine Welt voll Ungerechtigkeit, Trug und Lüge und eitel bös Wesen kann aus dem Munde gehen, aber auch eine Fülle von Liebe und Segen, Weisheit und Verstand, Lob und Preis des Allerhöchsten. Durch die Zunge loben wir Gott den Vater, und durch sie fluchen wir den Menschen nach dem Bilde Gottes gemacht. Aus einem Munde gehet Loben und Fluchen. Quillet auch ein Brunnen aus einem Loche süß und bitter? Die Zunge ist ein wildes, muthiges Roß; wird es von Zorn und Leidenschaft regiert, sprühet es Funken des Hasses und richtet viel Zerstörung an. Sie hat ihren Sitz zwischen Kopf und Herz; gehorcht sie beiden, so wird sie keinen Schaden anrichten. Aber die Erkenntniß muß lebendig, das Herz rein sein.

Wie man aus dem Meere nur salziges und bitteres Wasser schöpfen kann, so können auch aus einem verdorbenen Herzen keine heilsamen Reden kommen. Weß das Herz voll ist, deß gehet der Mund über. Ein guter Mensch bringet Gutes hervor aus seinem guten Schatz, und ein böser Mensch bringet Böses hervor aus seinem bösen Schatz. Daß nur Herz und Mund nicht in Widerspruch gerathen und die Zunge nicht heuchelt, wovon das Herz nichts weiß. Was der Mund redet, soll das Herz empfinden, und wie es das Herz meint, soll der Mund reden. Ich habe mir vorgesetzt, sagt David, mich zu hüten, daß ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinen Mund zähmen. Darum langsam zum Reden! Das Wort werde wohl erwogen und gehörig bedacht, ehe es über die Lippen geht. Es soll belehren, ermahnen, trösten, erheitern; aber nicht verletzen, wehe thun, den Zorn erregen und Böses stiften. „O daß ich könnte ein Schloß an meinen Mund, legen und ein fest Siegel darauf drücken, damit ich nicht zu Falle käme und meine Zunge mich nicht verderbte! Sir. 22, 33. So will ich mit dem weisen Sirach sprechen, und sorgsam achten auf meine Rede, auf daß ich die Wahrheit nicht verläugne, dem Nächsten nicht wehe thue, und immer so rede, wie mein Herz es meinet und wie dem Herrn es wohlgefällig ist.

Am 10. Februar.

„An welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, nach dem Reichthum seiner Gnade.“
Eph. 1, 7.

Ich senke mich in deine Wunden,
Ich senke mich in deinen Tod,
Wenn in der Buße Trauerstunden
Die Sünde mir Verdammniß droht.
Ich schaue deine Schmerzen an,
Und weiß, du hast genug gethan.

Mein Weh will ich in dich versenken,
Will Heilen deine bittre Noth,
Und hier an keine Rosen denken,
Wo dir der Acker Dornen bot.
Ich sprech' auf meiner Kreuzesbahn:
Das hat man Gottes Sohn gethan.

Flößt gern verbotne Lust dem Herzen
Ihr Gift mit süßen Reizen ein:
So geh ich ein in deine Schmerzen,
Und tödte sie durch deine Pein.
Seh ich dein Dürsten, deine Schmach,
So schau ich, was das Herz dir brach.

Fühl' ich mich arm an Gut und Kräften,
Schmäht mich die Welt als deinen Knecht:
So seh ich nackt ans Kreuz dich heften,
Und such' in deiner Schande Recht.
In die Vernichtung geh' ich ein,
Und will mit dir verachtet sein.

Will keine Sonne mehr mir scheinen,
Und schweb' ich in Verlassenheit:
So denk ich, Herr, dich von den Deinen,
Von Gott verlassen selbst im Streit.
Auch Nacht mit dir ist Morgenschein;
Bei dir ist kein Verlassensein.

Will mich des Todes Pfeil erschrecken,
Und macht mir bang des Grabes Nacht:
So hoff' ich ihn mit dir zu schmecken,
Der mir Unsterblichkeit gebracht.
Wer mit dir stirbt, der lebt zugleich.
Sein Sterben wird zum Himmelreich.

So will ich die Gemeinschaft üben,
Aus deren Leid nur Freude grünt.
Kann auch die Marter mich betrüben,
Für die du Segen mir verdient?
Ich geh in deine Leiden ein;
Mit dir vereint, heißt selig sein.

Am 11. Februar.

„Haben wir das Gute empfangen von Gott, und sollten das Böse nicht auch annehmen?“
Hiob 2, 10.

Gott schaffet den guten Tag neben dem bösen. So viele Jahre bin ich gesund gewesen, und ich wollte klagen, wenn auch einige Zeit der Schmerz der Krankheit in das Gebein dringt? Wie für kranke Kinder die Eltern am meisten sorgen, so leuchtet auch Gottes Gnade am hellesten über uns in Kreuz und Trübsal. Gott erquicket mich auf meinem Siechbette mit seinem reichen Trost und hilft mir aus aller Noth, wenn seine Stunde gekommen ist. Werde ich von Unverständigen verkannt und geschmähet, warum sollte ich deshalb zürnen? Wurde der Heilige und Gerechte, der Sohn des Allerhöchsten, verlästert und trug es gelassen, warum will ich, der ich voller Ungerechtigkeit bin, ungeduldig werden bei der Menschen Ungunst und Haß? Wenn mein Herz nur rein ist und mein Gewissen mich nicht verklagt. Jesus sagt: „Selig seid ihr, Wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und reden allerhand Uebels wider euch, so sie daran lügen. Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel wohl belohnet werden. Denn also haben sie verfolget die Propheten, die vor euch gewesen sind.“ Matth. 3, 11. - Ueberfällt mich Sorge, Ungemach und Trübsal, ich will nicht verzagen, wie Diejenigen, die keine Hoffnung haben. Ist doch noch ein Gott im Himmel, der an mich denkt und für mich sorgt. Und wenn Er mit mir ist, wer will wider mich sein? - Verliere ich Weib und Kind und Freunde, das Vertrauen auf den Herrn will ich doch nicht verlieren. Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen; der Name des Herrn sei gelobet! Ich weiß ja, wo meine Lieben aufgehoben sind und wo ich sie wiederfinden werde. - Nehmen sich die Güter dieser Erde Flügel wie ein Adler, um zu entfliehen, wohlan! Wer mag auch das Gebäude seines Glückes auf den rinnenden Sand bauen! Fahre hin; ich will auf irdisches Gut nimmer bauen. Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. Amen.

Was Gott gefällt, mein frommes Kind,
Nimm fröhlich an, stürmt auch der Wind
Und braust, daß Alles wankt und bricht,
Sei nur getrost, denn dir geschicht
Was Gott gefällt.

Der beste Will' ist Gottes Will',
In diesem ruhst du sanft und still;
Da gieb dich allzeit frisch hinein,
Begehre nichts als nur allein
Was Gott gefällt.

Am 12. Februar.

Moses befahl den Israeliten (5 Mos. 6, 6-8.): „Die Worte, die ich dir gebiete, sollst du zu Herzen nehmen, sollst sie deinen Kindern schärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzest, oder auf dem Wege gehest, wenn du dich niederlegest oder aufstehest. Sie sollen dir ein Denkmal sein vor deinen Augen.“ Das ist auch für uns eine dringende Aufforderung, den Geboten Gottes recht oft ein frommes Nachdenken zu widmen, ihren Inhalt und Sinn sorgfältig zu erwägen, die Gründe und Absichten derselben zu erforschen und auf ihre Wirkungen und Folgen zu merken. Dadurch werden wir das Gefühl der Pflicht und den Gedanken an unsere große Bestimmung immer recht lebhaft in uns erhalten, immer vertrauter werden mit dem Willen Gottes, denselben aufnehmen in unser Herz und Gesinnung und ihn offenbaren in unserm ganzen Leben. Recht fruchtbar und wirksam werden die Gebote nur dann für unser Leben werden, wenn wir sie auf alle Veränderungen desselben übertragen, wenn wir sie in unsern häuslichen Verhältnissen, im Umgange mit den Menschen und in der Einsamkeit beobachten. Aber auch, wenn wir auf dem Wege unseres Berufs gehen, für unser öffentliches Leben, für unsern Umgang mit Fremden, für unsern Verkehr in größeren Kreisen und Gesellschaften geben sie uns sicher leitende Vorschriften.

Am frühen Morgen und am späten Abend, wenn wir Gottes Gaben empfangen und genießen, auf jeder Stufe des Alters, bei jedem Wechsel der Zeit sollen wir uns an unsere Pflichten und an unser Verhältniß zu Gott erinnern. Wir sollen auch dies unsern Kindern einprägen, unsern Hausgenossen einschärfen, durch unser Beispiel predigen. So befinden wir uns immer in der Nähe und unter den Augen Gottes, werden unser sittliches Gefühl immer mehr schärfen und beleben, vor Uebereilung und böser That bewahrt bleiben und die Aufgabe unseres Lebens immer befriedigender lösen. „Großen Frieden haben die, die dein Gesetz lieben, und werden nicht straucheln.“ Pf. 119, 165. Segne mich mit diesem Frieden, du getreuer Gott, und mache meine Schritte auf der Bahn des Glaubens und der Liebe immer sicherer. Amen!

Am 13. Februar.

Samuel setzte nach einem großen, denkwürdigen Siege über seine Feinde einen Stein zwischen Mizpa und Sen, nannte ihn Stein der Hülfe (Eben-Ezer) und sprach: „Ais hierher hat der Herr geholfen!“
1 Sam. 7, 12.

So lange der Stein in den Gefilden Mizpa's stand, und so oft fein Name den Pilgern gen Zion genannt wurde, predigte er mit lauter Stimme von dem Namen des Herrn, daß er freundlich ist und so gerne hilft, daß aber auch nicht Spieß und Schwert, nicht Muth und Kriegeslist das Volk Israel gerettet hatte aus schwerer Bedrängniß. Wie freudig konnte dann der müde Wanderer seine Straße weiter ziehen und seines Volkes Heil wie seine eigenen Sorgen, dem König aller Könige befehlen. Er konnte mit Zuversicht sprechen: „Du hast bisher gnädig geholfen, du treuer Gott, du wirst auch weiter helfen.“

Solche Gedenksteine der Wunderhülfe Gottes sollten wir recht viele setzen auf unserer Pilgerreise, und an Geburtstagen, beim Jahresschluß, nach der Rettung aus drohender Gefahr, nach einer überstandenen Krankheit und anderen Zeugnissen der höchsten Gnade mit dankbarem Herzen sprechen: „Bis hierher hat der Herr geholfen!“ Er hat auch wirklich geholfen an mancher Familie als Versorger, an manchem Krankenbett als Arzt, über manchem Haus als Wächter, auf manchem gefahrvollen Pfad als Führer. Und diese Merkmale seiner ewigen, allwaltenden Liebe, sollten sie uns nicht demüthig machen, den Blick himmelwärts, lenken uns bei Gefahren Vertrauen, bei Trübsal Trost einflößen? Sollten wir in Noth verzagen, und nicht neben manchem Kreuze an unserm Lebenswege auch den Denkstein der göttlichen Gnade erblicken? Sollten wirs noch nicht erfahren haben, daß der Herr tragend und schonend, segnend und schirmend über uns gewaltet hat, daß er wohl mit der einen Hand schlug, mit der andern aber verband, daß er mit der einen Hand niederdrückte, mit der andern aber aufrichtete, daß er mit der einen Hand durch's finstere Thal führte, mit der andern aber den Stab dazu reichte? Mußten 'wir mit dem frommen Assaph klagen: „Wird denn der Herr ewiglich verstoßen und keine Gnade mehr erweisen? ist's denn aus mit seiner Güte und hat die Verheißung ein Ende? (Ps. 77, 8 und 9) dann durften wir gewiß auch zu unserem Troste mit ihm sprechen: „Ich denke der alten Zeit, der vorigen Jahre; ich gedenke an die Thaten des Herrn und an seine vorigen Wunder. Ich rede von allen deinen Werken und sage von deinem Thun. Du bist der Gott, der Wunder thut, und hast deine Macht bewiesen unter den Völkern.“

Ach, auch mir hast du deine Macht bewiesen und die Wunder deiner Hilfe offenbaret, ewiger, heiliger Gott. Auch mein Lebensweg ist angefüllt mit Denksteinen deiner Liebe und Barmherzigkeit. Jeder Tag ist ein Zeuge deiner Huld, auch der heutige. Wenn ich zurück schaue auf den Segen, den du mir zugewendet, auf die Zuflucht, die ich bei dir gefunden, auf die Freuden, die du mir geschenkt, dann kann ich nicht an mein Tagewerk gehen, ohne dir zu danken und mein Leib und Leben in deine treuen Hände zu legen. Walte auch, gnädiger Gott, diesen Tag über mir zum Preise deines Namens. Amen

Am 14. Februar.

Wenn ich erwache, o Herr, so denke ich an dich. Ist's doch so köstlich, die Gedanken zu dir erheben, du heiliger, grundgütiger Gott. Du umgiebst mich überall mit den Zeugnissen deiner Allmacht, Weisheit und Güte! So sei denn auch der Gedanke an dich mein Trost und meine Freude. Ich gehe oder liege, so bist du um mich; du siebest alle meine Wege. Welch ein seliges Gefühl, der Herr ist mir nahe; er leitet mich an seiner Hand und läßt sein Angesicht freundlich leuchten über mir! O Herr, mein Gott, so will ich denn auch vor dir wandeln und mich hüten, daß ich in keine Sünde willige, noch thue gegen dein göttliches Gebot. Es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht Alles wissest. Kein Wort gehe denn aus meinem Munde, wodurch ich den Nächsten betrüben, den Kleinen Aergerniß geben, die Wahrheit entstellen, das Recht beugen, das Heilige antasten könnte. Du kennst alle meine Gedanken von ferne. So komme denn nichts auf in der Seele, was dir mißfällig sein könnte, dessen ich mich vor meinem Gewissen zu schämen hätte, das die Farbe des Neides, der Selbstsucht, des Hasses tragen möchte. Auch mein Seufzen ist dir nicht verborgen. An dich will ich mich allezeit mit meinen Wünschen wenden; von dir mit kindlicher Zuversicht erbitten und erwarten, was mir gut und nützlich ist; auf dich meine Hoffnung setzen und die Wohlfahrt meines Lebens bauen. Du vergissest und versäumest Keinen, der sich auf dich verläßt. Vor dir will ich wandeln und fromm sein, dich immer tragen in meinem Herzen. Das wird mir geben einen freudigen und gewissen Geist, einen festen Willen, ein ruhiges Herz, einen heitern Sinn. Dazu hilf, du lieber himmlischer Vater, heute und alle Tage durch deinen eingeborenen Sohn Jesum Christum. Amen!

Am 15. Februar.

„Du leitest mich nach deinem Rath und nimmst mich endlich mit Ehren an.“
Ps. 73, 24.

Bedenk' ich deine große Treue,
Bedenk' ich meine tiefe Schuld,
Dann fühl' ich große Scham und Neue
Und preis' in Demuth deine Huld.

Ich bin nur Staub aus Staub geboren,
Bin irdisch und verweslich noch,
Und bin zur Herrlichkeit erkoren,
Bin himmlisch auch und ewig doch.

O Vater! deine große Liebe,
Wie kann ein Mensch sie hier verstehn?
Gieb, daß ich mich in Demuth übe,
Den Weg, den du mich führst, zu gehn.

Gieb, daß ich dir nicht widerstrebe,
Wenn Dornen meinen Pfad umziehn,
Und daß ich dir im Glauben lebe,
Und nicht von dieser Erde bin.

Gieb, daß ich dulden mag und hoffen,
Und gieb mir deinen heil'gen Geist,
Und zeige mir den Himmel offen,
Wenn mir der Tod das Herz zerreißt.

Gieb, daß der Erde Eitelkeiten
Mir unbewußt vorüberwehn,
Und daß ich mag zu allen Zeiten
Auf Jesu Kreuz und Sterben sehn.

Und daß ich nimmer möge schwanken,
Wenn mir der Erde Reichthum blinkt.
Laß mich von deinem Weg nicht wanken,
Wo mir am Ziel die Palme winkt!

Am 16. Februar.

„Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke!“
Eph. 6, 10.

Das Christenleben ist ein steter Kampf. Gottes Kinder stehen da in der Welt, wie die Schafe mitten unter den Wölfen. Von allen Seiten her bedrängen uns Gefahren, Leiden, Verfolgungen. Der böse Feind bereitet uns listig ersonnene, tiefversteckte Nachstellungen, um uns von Gottes Wort und Gebot loszureißen, uns' im Gehorsam gegen den Herrn irre zu machen und so unsere Seelen ins Verderben zu stürzen. Hundert Mittel weiß der Widersacher, verborgener Weise uns anzugreifen. Bald sind es die Spottreden der Ungläubigen, bald die Zweifel eitler Forscher, bald die luftigen Losungen der Weltkinder, bald die giftigen Bücher und thörichten Reden der Weltweisen, bald sind es unsre eigenen Lüste und unser hochmüthiger Dünkel, womit Gottes Wort angegriffen, erschüttert und zweifelhaft gemacht, womit unser Herz von einer Tiefe zur andern, in immer dichtere Finsterniß geführt werden soll. Je gewaltiger und listiger nun die Feinde sind, wider welche wir zu kämpfen haben, je größer das Heer der bösen Geister ist, die Gottes Ehre und Gottes Reich zu vernichten suchen, desto schwerer ist der Kampf, desto nöthiger ist es, daß wir uns nach einem starken Mitstreiter umsehen, denn mit unsrer Macht ist nichts gethan, wir sind gar bald verloren. Wohl haben Viele versucht, stark zu sein in der Macht ihrer Stärke, sich zu stützen auf ihre Tugend, Macht und Güte. Aber sie sind zu Narren geworden, die Stärke ihres Willens und das Vornehmen ihres Herzens waren ein zerbrechlicher Rohrstab. Gegen den gewaltigen Feind muß ein gewaltiger Kämpfer stehen. Fragst du, wer der ist? Er heißet Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muß er behalten. Ja, er hat das Feld behalten in den Tagen seines Fleisches, als der Versucher zu ihm trat und einen listigen Anlauf nach dem andern gegen ihn machte. Er hat als der unüberwundene Held sein Haupt hoch empor gerichtet. Sein Sieg ist unser Sieg, seine Stärke unsere Stärke. Wenn wir bei ihm allzeit bleiben, ihm als unserem Herrn dienen mit Freuden, unbeweglich halten an seinem Wort in unserem Stand und Beruf, nimmer unsere Stärke suchen in Geld, Ehren und Gunst der Menschen - dann erweiset er sich uns als der Allmächtige, steht uns im Kampfe zur Seite, wie dem Hirtenknaben David, der mit seiner Schleuder allein gegen Goliath, wie dem Gideon, der mit seinen Dreihunderten gegen die Taufende der Midianiter zog. Er führet uns von Sieg zu Sieg, also daß wir Alles wohl ausrichten und das Feld behalten.

Jesu, hilf siegen und laß mir's gelingen,
Daß ich das Zeichen des Sieges erlang',
So will ich ewig dir Lob und Dank singen,'
Jesu, mein Heiland, mit frohem Gesang!
Wie wird dein Name da werden gepriesen,
Wo du, o Held, dich so mächtig erwiesen!

Am 17. Februar.

„Vertraget Einer den Andern in der Liebe!“
Eph. 4, 2.

Abraham, der Knecht Gottes, sprach einst zu Lot, als das ^and nicht mehr ausreichte für die Heerden Beider, und alle Tage Streit war zwischen ihren Knechten: „Lieber, laß nicht Zank sein zwischen mir und dir, zwischen meinen Hirten und deinen Hirten, denn wir sind Gebrüder.“ Von der ersten Christengemeinde zu Jerusalem, diesem Musterbilde christlicher Eintracht, heißt es: „Die Menge der Gläubigen war Ein Herz und Eine Seele.“ Und selbst die Heiden mußten den Christen nachrühmen: sehet, wie haben sie sich so lieb! Wie stehet es aber bei uns mit dem Frieden und der Eintracht? Ist nicht überall unter den Menschenkindern Neid und Mißgunst, Haß und Feindschaft, Zorn und Rache? Will nicht Jeder in Hoffarth allen Raum für sich haben, sich auf Kosten des Andern erhöhen, und Keiner dem Andern weichen? Ist nicht manches Haus eine Wohnung böser Geisler, weil zwischen Mann und Weib, Eltern und Kindern, Brüdern und Schwestern, Herren und Knechten Streit und Unfrieden vom Morgen bis zum Abend herrscht? In solche friedlose Herzen und Häuser ruft der Apostel Paulus: „Vertraget Einer den Andern in der Liebe!“

Wir müssen Einer den Andern vertragen. Es ist Keiner von uns ohne Schwächen und Gebrechen, auch der Allerbeste nicht. Soll uns der Nächste tragen, so müssen wir ihn auch tragen. Hat Gott Geduld mit unsern Sünden, so dürfen wir nicht schon die Geduld verlieren, wo sich der Nächste an uns einmal oder etliche Mal versündigt und uns wohl nur mit seiner Unerfahrenheit beschwerlich fällt. Als Kinder Eines Vaters, als Knechte Eines Herrn, als Erlöste Eines Heilandes, als Erben Eines Himmels wollen wir einander die Hand reichen und Einer den Andern vertragen nach dem Spruch: „Siehe, wie fein und lieblich ist es, wenn Brüder bei einander wohnen!“

Herr, hilf uns fleißig halten die Einigkeit im Geist,
Daß über uns mag walten dein Segen allermeist,
Daß wir nach deinem Sinn einander uns vertragen
Im Frieden, und nachsagen dem köstlichen Gewinn.

Am 18. Februar.

„Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.“
1. Joh. 4, 16.

O des wunderbaren, seligmachenden Wortes, das uns das Größte und Herrlichste von Gott offenbart und das Vaterherz Gottes vor uns aufschließt! Wohl preisen wir Gott als den Ewigen, dessen Jahre kein Ende nehmen, als den Allmächtigen, dem kein Ding unmöglich ist. als den Allgegenwärtigen, der Himmel und Erde erfüllet, als de n Allwissenden, vor dessen Augen Alles bloß und entdeckt ist, als den Alleinweisen, der Alles löblich und herrlich ordnet, als den Heiligen und Gerechten, vor dem das Böse nicht besteht - aber daß, er seinem innersten Wesen nach die Liebe ist, nicht nur Liebe hat, daß er in Allem, was er denkt und will, beschließt und ausführt, lauter Liebe ist, das ist's, was uns in seine Nähe bringt, uns seiner Seligkeit theilhaftig macht. Begreifen und verstehen können wir dies Wort freilich nicht, und Luther sagt mit Recht: „Wenn Jemand Gott malen wollte, so müßte er ein solches Bild malen, das eitel Liebe ist.“ Aber die Offenbarungen seiner Liebe stehen uns klar vor Augen.

Gott ist die Liebe! das predigt uns das Reich der Natur: die Vögel unter dem Himmel, die Saaten auf den Feldern, die Blätter an den Bäumen, die Thautropfen im Grase - wie aus Einem Munde rufen sie uns zu: Gott ist die Liebe! die die Welt erschaffen und erhält. Gott ist die Liebe! davon zeugt vor Allem das Reich der Gnade: die Krippe zu Bethlehem, das Kreuz auf Golgatha, das leere Grab am Ostermorgen, die lichte Wolke über'm Oelberg, die feurigen Zungen am Pfingsttage - das Alles verkündet uns: Gott ist die Liebe, die in Christo unsere Seligkeit ernstlich will und uns zur Seligkeit einladet. Unser Gott ist die allerhöchste, ewige Liebe; in dieses Evangelium stimmen alle Engelschaaren im Himmel und alle Gotteskinder auf Erden auf's Freudigste ein. Ja, diese Botschaft ist das Heil jeder Menschenseele und der Trost jedes Sünderherzens.

Daran will ich mich hatten in Freud und Leid, im Leben und im Sterben. Bon dem Lichte dieser Liebe will ich wich durchleuchten lassen - ich in Gott, und Gott in mir durch die Liebe, in ihm bleiben, an seinem Vaterherzen ruhen, an seiner Vaterhand wandeln. Das ist das höchste Liebesglück auf Erden. Denn lieben und geliebet werden, ist der Himmel schon auf Erden. Diese Liebe, die aus dir stammt und zu dir führt, gieße aus in mein Herz, lieber Vater im Himmel, damit ich dich und den du gesandt hast, deinen lieben Sohn, Jesum Christum, immer gründlicher erkenne, die beseligende Kraft deiner Liebe schmecke, dich von ganzem Herzen und von ganzer Seele und über alle Dinge liebe und in dir zur Ruhe komme, damit ich einst dich schaue in deiner Liebesfülle und Himmelsherrlichkeit.

Liebe, die du mich zum Bilde
Deiner Gottheit hast gemacht,
Liebe, die du mich so milde
Nach dem Fall hast wiederbracht:
Liebe, dir ergeb' ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Am 19. Februar.

„Ich vermag Alles durch Den, der mich mächtig macht, Christus.“
Phil. 4. 13.

Wie mächtig und gewaltig ist
Auf Erden doch ein wahrer Christ!
Er überwindet als ein Held
In Christi Kraft die ganze Welt.

Sein Herzog hat ihn wohlbewehrt
Mit festem Schild und scharfem Schwert,
Und hat ihm hohen Muth erweckt, o
Daß ihn der böse Feind nicht schreckt.

Er steht mit Beten auf der Wacht
Und furchtet weder Lift noch Macht,
Und giebt's auch manchen harten Strauß,
Zuletzt bleibt doch der Sieg nicht aus.

Und ob ihm aller Orten droht
Die Welt mit Trübsal, Angst und Noth,
Er denkt: „Ist's meinem Herren recht,
So duld' ich's als getreuer Knecht.

Ist doch viel besser Kreuz und Leid
Aus Gottes Hand an Christi Seit',
Als aus der Hand der Welt ein Gut,
Auf dem der Fluch der Sünde ruht.

Und muß der Held an's Sterben gehn,
Da ist erst recht sein Muth zu sehn;
Er schläft auf Christi Namen ein,
Wie sollt' er da nicht fröhlich sein?

Drum bet' ich auch, mein Herr, zu dir:
Solch einen Helden mach' aus mir,
Der, wie die Welt auch lockt und droht,
Dir Treue hält bis in den Tod.

Am 20. Februar.

„Herr, höre meine Worte, merke auf meine Rede, vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott, denn ich will vor dir beten. Herr, frühe wollest du meine Stimme hören; frühe will ich mich zu dir schicken und darauf merken.“
Ps. 5, 2-4.

Wie ist mein Herz voll Dankes, daß du, gnädiger Gott und Vater, nicht aufhörst, mich sammt den lieben Meinigen nah und fern zu segnen mit der Fülle deiner Barmherzigkeit! Wie schliefen wir so sicher unter deinem heiligen Schutze und wurden bewahrt vor Schaden und Unfall! Des Nachts verheißest du uns deinen Schutz und am Tage waltet deine Güte über uns. Ach, so behüte uns auch diesen Tag und die ganze Zeit unseres kurzen Erdenlebens; laß uns wachsen und zunehmen an Erkenntniß deines heiligen Willens, an Liebe zu deinem einigen Sohne, unserm Herrn und Heiland, an Kraft zu einem rechtschaffenen Leben und Wirken. Lenke unsere Gesinnungen, Gedanken und Wünsche und richte sie auf das Eine, das noth thut. Lehre uns thun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist unser Gott; dein guter Geist führe uns aus ebener Bahn. Schaffe in uns ein reines Herz und gieb uns einen neuen gewissen Geist. Verwirf uns nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von uns. Wir befehlen Leib und Seele, Hab und Gut, Gegenwart und Zukunft in deine Hände. Mach' es mit uns nach deinem heiligen Rath und Willen; denn was du thust, Herr und Gott, ist allezeit wohlgethan und gereicht Denen, die dich fürchten, zum Heil und Segen. In deinem Namen und zu deiner Ehre gehen wir an unser Tagewerk. Gieb, daß wir es treulich und gewissenhaft, nach unsern besten Kräften verrichten, und verleihe zu Allem, was wir thun, das Beste, deinen Segen. Ohne denselben ist ja doch all' unsere Mühe eitel und fruchtlos. Stehe uns bei, auch wenn es uns sauer werden und das Herz verzagen wollte.

Dir sei anheim gegeben
Seel', Ehre, Gut und Leben;
Ich setz' in deine Hände
Den Anfang und das Ende.
Amen.

21. Februar.

Nimm die Stunden wohl in Acht,
Da man Gutes wirken kann,
Wirke Gutes, denn die Nacht
Kommt und rückt oft schnell heran.

„Liebes Kind,“ spricht Sirach (4, 23), „brauche der Zeit und hüte dich vor ungerechter Sache.“ Es scheint auch, als wenn alle Menschen ihre Zeit wohl anwendeten; denn wir hören so oft und bei so vielfachen Veranlassungen die Entschuldigung: „ich habe keine Zeit!“ Wir preisen den Tag des Herrn, der nach sechs mühseligen Werktagen uns zur stillen Andacht an heilige Stätte ruft, als einen rechten Segen für unsere Seele, und mochten uns gern durch Gottes Wort stärken, erbauen und aufrichten - aber man hat keine Zeit dazu. Wir geben zu, daß es einer christlichen Familie wohl anstehe, an jedem Morgen und Abend vor dem Angesichte des Herrn zu gemeinsamer Erbauung sich zu versammeln und aus dem Quell alles Lebens Kraft und Trost, Fried' und Freude zu schöpfen - aber man hat keine Zeit. Wir gestehen, daß es Christenpflicht sei, Trauernde zu trösten, Wittwen in ihrer Trübsal zu besuchen, Bedrängten beizustehen und Kranke zu pflegen - aber man hat keine Zeit. Wir erklären es für eine Hauptpflicht christlicher Eltern, daß sie auf ihre Kinder sorgsam Acht haben, sie mit Ernst und Liebe zum Guten erziehen, ihren Geist bilden und sie mit dem Brode des Lebens, das uns Christus darreicht, zu speisen - aber es fehlt an Zeit. Wir räumen ein, daß wir viel Versäumtes nachzuholen, das Aufgeschobene in's Werk zu setzen, das Fehlerhafte zu verbessern, manche Thorheiten wieder gut zu machen haben - aber es fehlt an Zeit.

Was ist es denn nun aber, das alle Zeit in Anspruch nimmt und die Menschen zu ihren heiligsten Angelegenheiten, zu ihren wichtigsten Sorgen, zu ihren theuersten Pflichten nicht kommen läßt? Sie haben ein Weib genommen, sie haben ein Joch Ochsen gekauft, sie haben einen Acker gepachtet, sie sind zu einer Mahlzeit geladen, sie haben eine Reise zu machen, sie sind mit wichtigen Aufträgen beehrt und dergleichen. Also lauter irdische Sorgen, Freuden, Ergötzlichkeiten und Geschäfte. O der verlorenen Stunden, Tage und Jahre, da man nicht bedenkt die Zeit der gnädigen Heimsuchung des Herrn! Dazu wäre uns das Leben vom Schöpfer gegeben, und für unsere unsterbliche Seele, für den stillen Gebetsumgang mit Gott, für die andächtige Betrachtung seines Wortes hätten wir keine Zeit! Werke der barmherzigen Liebe müßten unterbleiben, weil die Sorge für den irdischen Beruf alle Zeit in Anspruch nimmt! Lieber himmlischer Vater, du bist von Ewigkeit zu Ewigkeit und tausend Jahre sind vor dir wie ein Tag. Du hast der Zeit ein Ziel gesetzt, wie lange sie währen soll. Ach, lehre mich der Zeit auf's Beste wahrnehmen, und bei allen Sorgen für das äußere Leben die eine höchste und heiligste Sorge für das Heil meiner Seele nicht vergessen, damit ich nach der Zeit vor dem Richterstuhl Jesu Christi Antwort geben kann, und endlich aus Gnaden dahin komme, wo nicht mehr gerechnet wird nach Jahren, sondern wo sein wird eine ewige Seligkeit. Amen!

Am 22. Februar.

„Herr, ich bin viel zu geringe aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knechte gethan hast.“
1. Mos. 32, 10.

Also sprach der fromme Erzvater Jakob aus demüthigem, dankerfülltem Herzen, als er Labans Dienst verlassen hatte und das Land seiner Väter wieder betrat. Der Herr hatte Großes an ihm gethan. Mit keiner andern Habe, als dem Stab, den er jetzt noch zum Gedächtnis, seiner vorigen Armuth trug, war er vor der Rache seines Bruders Esau aus dem väterlichen Hause über den Jordan nach Haran geflohen; und nun war durch Gottes Gnade und Segen sein Reichthum an Knechten und Thieren schon so groß geworden, daß es war, als kämen zwei Heere herangezogen. Herr, ich bin viel zu geringe aller Barmherzigkeit und Treue, die du an mW gethan hast. Dies ist die Sprache aller Frommen in der heiligen Geschichte. Die demüthige Anerkennung der zahllosen unverdienten Wohlthaten Gottes verbindet sich mit jeder Erhebung des Geistes zu dem Vater der ewigen Liebe. Ueberall sieht der Fromme sich umgeben von dem Werke Gottes; in Allem, was geschieht, erblickt er die starke gnädige Hand des Herrn; Alles verwandelt sich für ihn in eine Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Darum erkennt er in jeder Gabe den freundlichen Geber, der seine milde Hand aufthut und Alles erquicket mit Wohlgefallen. Dabei kann er sich's nicht verhehlen, wie unverdient all diese Wohlthaten Gottes sind, wie oft er sich ihrer durch Leichtsinn, Thorheit und Sünden unwürdig gemacht hat. Mit tiefer Beschämung legt er das Bekenntniß ab: durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. „Meinest du, daß es dem Allmächtigen gefalle, wenn du mich fromm machst? Dem Demüthigen giebt er Gnade.“ Hiob 22, 3 u. 9.

Ach, ich lege noch einen viel zu hohen Werth auf meine Tugend und lasse mich durch meine Eigenliebe verblenden, mehr von mir zu halten, als sich zu halten gebühret. Viel zu wenig erkenne ich Gottes Gnade und meine Unwürdigkeit, seine segnende Liebe und meine Kälte und Undankbarkeit, seine große Majestät und Herrlichkeit, und meine Ohnmacht und gänzliche Abhängigkeit von ihm. O daß ich Alles, was mir Gutes widerfährt, mit tiefer Rührung, mit christlicher Demuth und kindlicher Dankbarkeit empfangen möchte. Ich will den Reichthum seiner Güte, Geduld und Langmüthigkeit nicht verachten. Ich will ihn lieben von ganzem Herzen, denn er hat mich zuerst geliebt. Seine Güte soll mich zur Buße leiten. Ich liege, o Herr, vor dir mit meinem Gebete, nicht auf meine Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit (Dan. 9, 18). Meine Tugend ist wie ein beflecktes Kleid. Das Dichten und Trachten meines Herzens ist böse von Jugend auf und immerdar. Christus aber, der gute Hirte, sucht das Verlorne, bringt wieder das Verirrte, verbindet das Verwundete und wartet des Schwachen. Ihm, dem barmherzigen Heiland sei dafür Preis und Dank in Ewigkeit. Amen!

Am 23. Februar.

„Die Weisheit aber von oben her ist auf das Erste keusch, darnach friedsam, gelinde, läßt ihr sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unpartheiisch, ohne Heuchelei.“
Jac. 3, 17.

Weisheit und Klugheit steht einem jedem Christen wohl an und keiner soll sie verachten, denn schon der Weise des Alten Bundes spricht: „Wohl dem Menschen, der Weisheit findet, und dem Menschen, der Verstand bekommt. Denn es ist besser, um sie handthieren, weder um Silber, und ihr Einkommen ist besser, denn Gold. Sie ist edler denn Perlen, und Alles, was du wünschen magst, ist ihr nicht zu gleichen.“ (Spr. 3, 13-15.) Es giebt aber eine doppelte Weisheit, die eine stammt von unten her. die andere von oben her. Die Weisheit von unten her, die weltliche Weisheit, taugt nur in menschlichen Händeln und weltlichen Dingen, als da sind Länder regieren, Aecker bestellen, Häuser bauen. In allen geistlichen, göttlichen Dingen kann nur die Weisheit von oben her recht urtheilen. Wie unserer dunkeln Erde das Licht von oben herabkommt, so kommt auch das Licht der Wahrheit und Erkenntniß von oben in unser finsteres Herz durch Jesum Christum, das Licht der Welt. Er ist . uns von Gott gemacht zur Weisheit und Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung. Die Weisheit, die wir aus seinem Wort und seinem Wandel lernen, ist über alle irdische, menschliche Weisheit, denn sie thut uns die Augen auf über Gott und Welt, über Leben und Tod, über Zeit und Ewigkeit. Ob wir nun diese himmlische Weisheit besitzen, davon giebt' unser Wandel Zeugniß. Ist unser Wandel keusch? Verleugnen wir das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste und wandeln züchtig, gerecht und gottselig in dieser Welt? Wir wissen /a, daß unser Leib sein soll ein Tempel des heiligen Geistes, daß, wer auf das Fleisch säet, vom Fleische das Verderben erndtet. Sind wir friedsam, gelinde, lassen uns sagen? Oder haben wir bittern Neid und Haß in unserem Herzen? Suchen wir dem Nächsten den Rang abzulaufen und uns über ihn zu erheben, statt in Demuth und Friedensliebe Dem nachzufolgen, der von sich sagen konnte: Lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig? Sind wir voll Barmherzigkeit und guter Früchte? Suchen wir ernstlich Segen um uns her zu verbreiten, den Bedrängten, Bekümmerten und Nothleidenden beizustehen, soweit wir können in edler Selbstverleugnung und Aufopferung, ohne nach dem Lohn, nach der Ehre vor Menschen zu fragen im Aufblick zu Dem. der spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist? - Um diese Weisheit bitte ich dich, lieber Vater im Himmel. Mache du mich weise zur Seligkeit. Laß mich das Gute lieben und üben zu deiner Ehre nach dem Vorbild, das mir dein lieber Sohn gelassen hat. Amen!

Am 24. Februar.

Getreuer Gott und Vater, dir sei Preis für alle deine Güte, daß du mich ruhen lassen unter dem Schatten deiner Flügel. Laß mich desto mehr die künftige Zeit über zu deiner Liebe erweckt werden, daß ich nicht begehre zu leben ohne in dir, und was ich noch lebe, im Glauben deines Sohnes lebe, ja daß er mein wahres Licht und Leben werde. Hierzu übergebe ich mich dir von Neuem in deine Reinigung und Regierung.

Laß durch den Glauben Christum in meinem Herzen wohnen, daß er die Früchte des Glaubens in mir wirke, als Liebe, Hoffnung, Demuth, Sanftmuth und Geduld. Lehre mich keine Lust verlangen als deine Liebe, keinen Vortheil, als die Schätze deiner Gnade, keine Ehre, als deine Kindschaft. Für das Zeitliche laß mich nicht ängstlich sorgen, denn du wirst mich nicht verlassen noch versäumen. Heilige und benedeie das Werk meiner Hände, und neben mir Alle, die dich suchen. Ja, breite deine Barmherzigkeit über alle Menschen aus und rette jeden von dem Verderben, worin er gefangen ist oder das ihn bedroht, vornehmlich die Feinde deiner Wahrheit.

Insbesondere empfehle ich deiner Leitung alle die Meinigen, auch meine Oberen und Vorgesetzten. Erbarme dich des Mangels und Bedarfs in allen Ständen und mache der Bosheit und den Aergernissen ein Ende, hilf allen Nothleidenden und Kranken, und sei uns Allen gnädig, daß du uns deinen Frieden gebest im Namen Jesu! Amen.

Am 25. Februar.

„Alles und in Allen Christus.“
Col. 3, 11.

Wo ist göttliches Erbarmen,
Das die Sünder nicht verschmäht;
Liebe, die mit offnen Armen
Reuigen entgegengeht?
Wo wird alle Schuld vergeben,
Alle Missethat bedeckt,
Und, wenn Tod und Hölle schreckt,
Seligkeit geschenkt und Leben?
Fasse Muth, in Jesu Christ
Solcher Gnaden Fülle ist.

Wo wird Balsam für die Wunden,
Wo wird Lindrung für den Schmerz,
Wo wird Rath und Trost gefunden
Für ein rath- und trostlos Herz? ^
Wo erquickt man müde Seelen,
Richtet die Gefall'nen auf,
Stärkt zu unverdroßnem Lauf,
Läßt des rechten Wegs nicht fehlen?
Sei getrost, in Jesu Christ
Solcher Gnaden Fülle ist.

Wer giebt Leben, das genüget?
Wer giebt Freud' in Traurigkeit?
Und mit Allem, was Gott füget,
Völlige Zufriedenheit?
Wer giebt kindliches Vertrauen,
Legt uns in des Vaters Schooß,
Macht uns eitler Sorgen los,
Läßt uns Gottes Wunder schauen?
Freue dich, dein Jesus Christ
Solcher Gnaden Geber ist.

Wer giebt Sinn der Kinder Gottes:
Demuth, die ihr Nichts erwägt;
Sanftmuth, die den Pfeil des Spottes
Ungereizt zur Seite legt;
Liebe, die kein Opfer scheuet,
Der das Geben Seligkeit,
Die zu allem Dienst bereit.
Mit dem Fröhlichen sich freuet?
Danke Gott, dein Jesus Christ
Solcher Gnaden Geber ist.

Wer macht zum Gewinn das Sterben,
Läßt den Tod uns nimmer sehn,
Und uns ew'ge Güter erben,
Wenn wir nackt von hinnen gehn?
Wer läßt noch einmal auf Erden
Für die Saat, die da gesät,
Daß sie herrlich aufersteht,
Frühling durch sein Wort es werden?
Lob' und sing', dein Jesus Christ
Solcher Gnaden Geber ist.

O du Einer, der du Alle n
Alles giebst und Alles bist,
Weil nach Gottes Wohlgefallen
Alle Fülle in dir ist!
Alle hast du eingeladen,
Alle sollen zu dir nahn,
Allen hast du aufgethan
Solche Fülle deiner Gnaden!
Selig, wer es recht genießt,
Was du giebst und was du bist!

Am 26. Februar.

„Das sei ferne von uns, daß wir abtrünnig werden von dem Herrn, daß wir uns heute wollten von ihm wenden.“
Jos. 22, 29.

So antwortete einmüthig das Volk Israel, als ihm Josua, der siegreiche Gottesknecht, in seiner letzten Predigt die ernste Wahl zwischen dem lebendigen Gott und den todten Götzen vorhielt. So sollten auch Alle sprechen, welche Glieder einer Familie, Genossen eines Hauses sind. In guten und bösen Tagen sollte Gott ihres Herzens Freude, ihr Trost und ihr Theil sein. Alles mit Gott, nichts ohne Ihn. Wie die lieblichste Verheißung in dem Worte Jesu liegt: ,.Wo ich bin, da soll mein Diener auch sein“ (Joh. 12, 26); so liegt auch das köstlichste Gelübde eines Menschenherzen in .dem Worte: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!“ Jos. 24, 15. Wo die Hausgenossen durch den Glauben an den eingeborenen Sohn Gottes, durch Demuth und kindlichen Gehorsam, durch treues, herzliches, christliches Lieben zur Freiheit der Kinder Gottes gelangt sind, da ist Eintracht und Friede, da ist Freude und gottseliges Wesen, da ist eine Hütte Gottes bei den Menschen. Der Morgen findet Alle vor dem Angesicht des Ewigen, das Geschäft des Tages wird als ein Werk verrichtet, an das uns Gott gestellt hat, und der Abend sammelt Alle von den Zerstreuungen des Tages zu einer stillen Rechenschaft vor dem unsichtbaren, gerechten Richter all unserer Gedanken, Worte und Werke. Durch das Haus wehet der Odem des Lebendigen; Christus der Herr hat mit seinem Geiste Wohnung bei uns gemacht: der Friede Gottes ist in's Herz gekommen. Auf dem häuslichen Herde. lodert die reine Flamme der Liebe, der Unschuld und Eintracht, und die Furcht des Herrn nährt diese Flamme.

Der Mann ist das Haupt des Hauses, wie Christus das Haupt der Gemeinde ist. Mann und Weib sind ein Herz und eine Seele, Mißverständnisse gleichen sich bald ans; Eins kommt dem Andern mit Ehrerbietung zuvor. Das Evangelium macht demüthige Weiber und sanftmüthige Männer. Die Kinder werden aufgezogen in der Zucht und Vermahnung zum Herrn und sehen in ihren Eltern die Stellvertreter Gottes, um das Heil ihrer Seele, das Glück ihres Lebens sicher zu fördern. Die Dienstboten gehorchen willig, weil ihnen nur das Rechte geboten wird und weil die Liebe Christi sie zur Treue leitet. So geschieht Alles im Namen des Herrn, der das Haus bauet, in Stille und Freundlichkeit, ohne Scheltwort zur Ehre Gottes, im Geiste Jesu Christi. Wohl wird aber auch dem Schmerz die stille Thräne geweint, aber es ist ein heiliger Schmerz, eine fromme Betrübniß, die zur Buße, zur Ergebung, zum Gottvertrauen führt. Darum bitte ich dich, lieber Herr,

Mach' unser Haus zur Gotteshütte,
Und kehre freundlich bei uns ein,
Und wohne du in unsrer Mitte;
Dann werden wir so glücklich sein.
Und du des Hauses Mitgenoß,
Du wandelst es zum Königsschloß.

Wo du bist, Herr, da wohnet Freude,
Da blühet Himmelsseligkeit,
Da kleidest Alle du in Seide,
Sieht gleich die Welt ein ärmlich Kleid;
Da ist der seligste Genuß,
Und selbst beim Mangel Ueberfluß.
Amen.

Am 27. Februar.

„Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist aber, der die Welt überwunden hat, ohne der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist?“
1 Joh. 5, 4 und 5.

Im Glauben erscheint uns Alles als von Gott kommend, als Gottes Werk, Einrichtung, Rathschluß, Gabe, Leiten und Zulassen. Darum sehen wir in Allem seine Herrlichkeit. Im Glauben thun wir Alles, was wir vornehmen, mit Gott und vor Gott. Darum gelingt dem Glauben auch Alles. Im Glauben demüthigen wir uns, wenn Trübsale kommen, unter Gottes gewaltige Hand, und nie erfahren wir mehr, wie gut er es meint, wie sanft er tröstet, wie mächtig er hilft, wie wunderbar er rettet. Im Glauben umfassen wir, wenn uns die Sünden kränken, des Mittlers Kreuz, und nie sehen wir heller, wie groß die Liebe Gottes ist, als in Thränen der Reue. Im Glauben überwinden wir die Welt, ertragen wir Schmach und Verachtung, Armuth und Noth, trotzen wir in Gefahren und haben einen kühnen Muth. Im Glauben betten wir uns, wenn unser letztes Stündlein kommt, auf die seligsten Hoffnungen und blicken über Tod und Grab in das Land des ewigen Friedens. Denn: „Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben,“ sagt Christus. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist? 1 Joh. 5, 4 und 5. - Herr, erleuchte und stärke meinen Glauben. Amen.

Was ist die Macht, was ist die Kraft,
Des Christen stolze Ritterschaft,
Der Schirm und Schild und Schmuck der Ehren,
Die unbestoch'ne Wehr der Wehren
In jeder Noth und Fahr der Hort?
Das ist das Wort, das feste Wort.

O Wort der Macht, o Wort der Kraft,
Du meines Herzens Ritterschaft,
Wollst ewig in und bei mir bleiben,
Durch Donner und durch Stürme treiben
Zum rechten Kampfe fort und fort,
Mein Glaubenswort, mein Himmelswort.

Am 28. Februar.

„In Christo liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntniß“
Col. 2, 3.

Aller Quellen und Flüsse Ursprung ist das Meer, aller Güte und Erkenntniß unser Herr Jesus Christus.' Keuschheit des Fleisches, Liebe des Herzens, Geradheit des Willens entspringen aus diesem Quell, und wenn Jemand durch Geistesgaben sich auszeichnet, durch Beredtsamkeit glänzt, durch Eitlen gefällt, so hat er es eben daher. Wie nun die Wasserströme in geheimen und unterirdischen Gängen immer wieder in's Meer zurückeilen, um von da in beständiger Regelmäßigkeit neu hervorzubrechen, warum sollen nicht auch die geistlichen Bäche, damit sie den Herzensacker zu erquicken nicht aufhören, ohne Unterlaß in ihre ursprüngliche Quelle zurückgeleitet werden? Von wo sie ausgegangen, die Gnadenströme, dahin sollen sie zurückgehen, um neu zu stießen. Wie geschieht das? sprichst du. Der Apostel antwortet: Seid dankbar in allen Dingen! Was du also an Weisheit, was du an Tugend zu haben meinst, das schreibe nicht deiner, sondern Gottes Kraft und Weisheit, Christo, zu und danke ihm. Und das sei kein verstellter Dank, wie er von Heuchlern, auch kein Dank blos äußerlicher Gewohnheit, wie er von Weltmenschen gebracht wird, auch kein gezwungener, wie man Thiere zum Lasttragen nöthig, sondern er komme, wie es sich für lebendige Glieder Christi ziemt, aus lauterer Gesinnung, ernster Andacht und wahrer Freudigkeit.

Aller Weisheit höchste Fülle
In dir, Herr, verborgen liegt.
Gieb nur, daß sich auch mein Wille
Fein in solche Schranken fügt,
Worinnen die Demuth und Einfalt regieret
Und mich zu der Weisheit, die himmlisch ist, führet.
Ach, wenn ich nur Jesum recht kenne und weiß,
So hab' ich der Weisheit vollkommnen Preis.

Am 29. Februar.

„Wir werden verkläret in dasselbige Bild, von einer Klarheit zu der andern als vom Herrn, der der Geist ist.“
2. Kor. 3, 18.

Laß in meinem Leben scheinen,
Heiliger, dein theures Bild;
Daß ich gegen all' die Deinen
Freundlich sei und treu und mild;

Daß ich alle meine Sorgen
Trage dir, dem Heiland, zu.
Dein gedenk' an jedem Morgen,
Dein gedenk' zur Abendruh';

Daß ich still und ruhig wandle
An des Vaters treuer Hand,
Redlich, fromm und christlich handle,
Stets dem Himmel zugewandt:

Daß ich auch am bösen Tage
Meinem Gotte fest vertrau',
Nicht in Kreuz und Leid verzage,
Auf ihn alle Hoffnung bau'.

So werd' ich zum Vater kommen
Durch des Lebens schwere Zeit,
In den Himmel aufgenommen
Schauen seine Herrlichkeit.

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