Schopf, Otto - Reim dich oder ich freß dich!

Schopf, Otto - Reim dich oder ich freß dich!

Weils in der Nr. 13 gerade vom Singen ging, so will der Kleinigkeitskrämer fortfahren. Vielleicht, daß er in diesem folgenden Stück eher Recht bekommt, zumal er sich hier einmal nicht pharisäisch über andere erheben kann, sondern sich selbst in dem Stück auch schuldig bekennen muß. Er war nämlich selbst mit dabei, als man nach der Melodie „Ich weiß nicht was soll es bedeuten“ ein geistliches Lied sang. Damals - der Kleinigkeitskrämer hatte gar selbst angestimmt - dachte er nicht daran, daß man, so von weitem zuhörend, christliche Ausflügler gar leicht mit - nun ja, mit einem Turn- oder rauchverein, der einen Ausflug macht, verwechseln könnte. Dann erst kam ihm dieser Gedanke, als er jemandes abfälliges Urteil las über ein Lied, das nach der Melodie ging „Es braust ein Ruf wie Donnerhall.“ Hier wurde gewarnt, sich nicht der Gefahr auszusetzen, beim Singen dieses Liedes mit einem Kriegerverein verwechselt zu werden. Dies leuchtete ihm ein! Jetzt kam ihm aber auch der Gedanke, den er früher zwar manchmal empfunden, aber nie auszusprechen gewagt hatte, ob nicht ab und zu auch unser Gesangvereine, namentlich die Männerchöre hierin des Guten zu viel täten. Wenigstens kommt dem Kleinigkeitskrämer manche Verarbeitung weltlicher Melodien moderner Komponisten, wenn er die neuen Texte auf dem Programm sieht, doch etwas gesucht vor. Hierm uß es ja meistens nach dem obigen Sätzlein gehen: „Reim dich oder ich freß dich.“ vom Passen des Textes zur Melodie gar nicht zu reden. Es mag da eine Linie, einen gewissen Punkt geben, wie weit man gehen kann, und was darüber ist, das ist vom Uebel. Manche Melodie hat die Welt den Kindern Gottes einfach verdorben und unbrauchbar gemacht, indem sie sie bei Bier- und Tabaksdunst entweihte, oder sie auf die Straße brachte. Dies ist z.B. der Grund, daß die schönen Choräle „Ein feste Burg ist unser Gott“, „Großer Gott wir loben dich“, „Ich bete an die Macht der Liebe“ u.a. von manchen kaum noch gesungen werden können, und zu diesen letzteren gehört der Kleinigkeitskrämer auch. Daneben gibt es auch Melodien, und dazu mögen auch die obigen zählen, die um ihrer Geschichte oder um ihres ursprünglichen Zweckes willen für das Reich Gottes unbrauchbar sind und es auch stets bleiben müssen und werden. Der Kleinigkeitskrämer sähe es deshalb gern, es möchten sich doch alle, die hier etwas zu bestimmen haben, vom Herrn die Grenze zeigen lassen, bis zu der gegangen werden kann. Man sei auch in diesem Stück nur nicht allzu modern!

Wenn er übrigens wüßte, daß man ihn nicht für einen rückständigen Menschen hielte, oder ihm sagte, das gehe ihn nichts an, würde er den lieben Gesangsvereinen raten, die einmal etwas Größeres singen wollen als Lieder im Volksliedton „solche kleiinen Dinger“, dann sich lieber an den Psalmen und Motetten Mendelsohns, Neidthardts, Kleins u.a. zu versuchen.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1908

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