Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen – Der 67. Psalm.
1. Ein Psalmlied, vorzusingen auf Saitenspielen. 2. GOtt sei uns gnädig, und segne uns; er lasse uns sein Antlitz leuchten, Sela. 3. Dass wir auf Erden erkennen seinen Weg, unter allen Heiden sein Heil. 4. Es danken dir, GOtt, die Völker; es danken dir alle Völker. 5. Die Völker freuen sich und jauchzen, dass du die Leute recht richtest, und regierst die Leute auf Erden, Sela. 6. Es danken dir, GOtt, die Völker; es danken dir alle Völker. 7. Das Land gibt sein Gewächs. Es segne uns GOtt, unser GOtt. 8. Es segne uns GOtt, und alle Welt fürchte ihn.
Der 67. Psalm heißt 1) in seiner Überschrift: Ein Psalmlied, vorzusingen auf Saitenspielen. Dem Inhalt selbst nach gibt er ein Muster, wie man den bekannten Segen, womit GOtt Sein Volk zu segnen befohlen hat, in ein Gebet verwandeln, und also seinen Mund gegen GOtt auftun möge, dass Er ihn füllen kann. An dem Wörtlein Sela kann man die Grenzen zur Einteilung machen. 2) Kommt die Bitte mit den Worten des bekannten Segens allein vor, V. 2. GOtt sei mir gnädig: ist das erste in dem Zugang eines armen Sünders zu GOtt. So bald er aber das Herz GOttes mit diesem Seufzen trifft; so merkt er, was an GOttes Gnade noch weiter für eine Fülle von Segen hängt, die er auch an sich ziehen darf, sobald er die Gnade als das erste laich an welchem die andern hangen, ergriffen hat. Und damit er diese Gnade mit desto dankbarerer Erkenntlichkeit und guter Zuversicht genieße, so bittet er sich das Angesicht GOttes und Sein Leuchten aus. Und dies ist, was nun im Neuen Testament die Gnade unsers HErrn JEsu Christi, und die Liebe GOttes des Vaters, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes heißt. 3) Zeigt der Psalm die gute Absicht dieser Bitte zur Ehre GOttes und zum Heil der Menschen, V. 3-5., 4) und nimmt daher Gelegenheit, seine Bitte zum Schluss noch einmal anzubringen, V. 6-8. So lange freilich die alte Schlange das Verführen aller Völker auf dem Erdboden durch ihre Helfershelfer so fort treibt, so wird das Heil GOttes unter den Menschen, die Erkenntnis und der frohe Genuss desselben noch sehr aufgehalten, und statt des Freuens und Jauchzens gibt es noch manche durchdringende Seufzer unter dem Dunkeln, das noch die Völker bedeckt. Aber alle diese Seufzer sind lauter gesegnete Geburts-Schmerzen, auf welche das Freuen und Jauchzen gewiss folgen wird. Man kann doch genugsam merken, dass GOtt auf Erden Richter ist, und lässt die Sünde nicht walten. Wer die Wahrheit tut, kommt an das Licht, und kann sich GOttes Regieren zu aller Zeit freuen, wenn er schon nach dem äußern Menschen Manches darunter zu leiden hat. Die Hoffnung, dass es zum Anbruch des Reichs und Heils GOttes mitwirke: versüßt ihm Alles. Die Furcht GOttes geschweigt ihm seinen Mund, dass er wartet, bis GOttes Wege und Gerichte weiter offenbar werden.