Müller, Heinrich - Gedanken des Friedens

Müller, Heinrich - Gedanken des Friedens

Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, nämlich Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe das Ende, deß ihr wartet. Jerem. 29, 11.

Das ist uns Allen von dem Herrn geredet, und Gedanken des Friedens hat er auch bei deiner Krankheit für dich. Darauf traue und siehe zu, daß du nicht zunichte machest den Rath der göttlichen Liebe über dich. Siehe, Herr, den du lieb Hast, der liegt krank! gießen Martha und Maria dem Herrn sagen, als ihr Bruder Lazarus erkrankt war, hoffend, die Liebe werde ihn zu dem Bette des Kranken ziehen, er werde kommen und seinem Freunde helfen; und er kam, nicht so bald, als sie es erwarteten, aber zu der Zeit, da es zur Stärkung ihres Glaubens und ebendamit zu ihrer Seligkeit am besten war; er half, wie sie es hofften, und gab ihnen, wenn gleich nicht auf die Weise, wie sie dachten, doch nur um so Herrlicher das Ende, dessen sie warteten. Solches darfst auch du hoffen und dich trösten: Der Herr hat mich lieb! Freilich hatte Lazarus eine besondere Liebe von Jesu zu genießen, und auch er mochte dem Herrn mit besonderer Liebe anhangen, aber in die Liebe, mit welcher Jesus sein Leben dahingab, sind alle und jede Menschen mit eingeschlossen. Er ist die Versöhnung für aller Welt Sünde, auch für die deine, und hat, daß du dirß zuversichtlich glaubest, dich durch die heilige Taufe in seinen Gnadenbund aufgenommen; darum glaube und zweifle nicht: Jesus hat mich lieb! Nimm es getrost ins Herz und bewege es Tag und Nacht in deinem Innern: Jesus hat mich lieb. Darin liegt Alles, was deine Seele bedarf zur Erweckung und Stärkung, zur Erquickung und Heiligung, für gesunde und kranke Tage, für dieses und jenes Leben. Auch deine Krankheit hat dir der Herr nur aus Liebe auferlegt, und wie lange sie dauern und auf welche Weise sie enden mag, Jesus hat Gedanken des Friedens über dich und wird sein Lieben an dir beweisen, so du es nicht von dir weisest. Bete mit aller Zuversicht: Jesu, Jesu, komm zu mir? Er wird nicht ferne von dir bleiben.

Aber, sprichst du vielleicht: wie kann Jesus Gefallen an mir haben, da ich noch gar schwach bin im Glauben und weit zurück in meinem Christenthum? Die Mutter liebt auch das schwache Kind und pflegt es mit doppelter Sorgfalt, damit es stark werde; so thu auch Jesus. Er liebt nicht bloß die starken Glaubensmänner, sondern auch Die, so noch schwache Kinder im Glauben sind, und nimmt sich ihrer treulich an, nährt sie durch die Milch seines Evangeliums und stärkt sie durch die Kraft seines Geistes. Wie schwach du noch seyest, Jesus hat dich lieb; er sucht deine Seligkeit und will auch durch deine Krankheit dich in deinem Christenthum fördern.

Doch du mußt vielleicht klagen: Ich bin nicht nur schwach im Glauben, sondern es fehlt mir noch ganz am Glauben, ich habe noch gar keinen rechten Anfang im Christenthum gemacht. Nun, so hat doch der Herr in der heiligen Taufe einen Anfang mit dir gemacht und will das gute Werk, das er da in dir angefangen hat, fortführen. Mache jetzt endlich auch Im einen rechten Anfang, laß dich durch deine Krankheit zu ihm ziehen und du wirst erfahren: Jesus hat dich lieb. Bei ihm ist Leben und volles Genüge. Er ist deinen Sünden feind, dich aber liebt er mit einer Liebe, wie nur Er lieben kann. Ja, wenn auf der ganzen Erde kein Mensch dich liebte, so liebt dich Jesus; wenn keine Seele für dich sorgte, so sorgt doch Jesus für dich; wenn alle Welt sich von dir abwendete, so wendet sich Jesus zu dir, und wenn das eigene Herz dich verdammt, so verwirft er dich nicht, sondern spricht: Sey getrost, deine Sünden sind dir vergeben! Er hat die Sünderin angenommen, die zu seinen Füßen weinte; er hat den Schächer getröstet: Heute Noth wirst du mit mir im Paradiese seyn! Er hat den tief gefallenen Petrus mit erbarmender Liebe angeschaut und sogar wieder ins Apostelamt eingesetzt (Joh. 21, 15.). So ist er auch gegen dich gesinnt. Fasse ein Herz zu deinem Heiland. Wen da dürstet, der komme zu mir! sagt er. Er hilft ihm tragen, was er auferlegt, erquickt die Seele in aller Hitze der Krankheit und Drangsal, verwandelt den Schmerz in Heil, das Leid in Freude, den Tod in Leben. - Jesus hat dich lieb!

Gebet.

Allmächtiger Gott, barmherziger Vater! Hier liege ich in Schwachheit und Krankheit, und ist Niemand, der mir helfen kann, denn allein du, mein Herr und mein Gott! Ist es dein väterlicher Wille, und dient es zu meiner Seelen Seligkeit, so nimm diese Krankheit von mir! Du bist mein bester Arzt; Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit stehet in deinen Händen. Du weißt, was mir heilsam und selig ist. Ich nehme das Leiden, als von dir. Hilf es tragen, und mache es, wie es dir wohlgefällt! Willst du mich länger in dieser Welt lassen, so schaffe in mir dein guter Geist, was zu gottseligem Leben dient; erwecke und stärke mich, daß ich, wenn ich wieder aufstehe von diesem Lager, Alles mit Worten und mit Werken thue nach dem Fürbild Jesu Christi, dir zur Ehre, dem Nächsten zum Nutz und mir zum ewigen Segen. Du kannst mich mit einem Worte gesund machen, doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst! Soll ich länger darnieder liegen, so erquicke meine Seele durch die Tröstungen deines Wortes und gieb mir Geduld, auszuharren im Glauben und zu warten auf dein Heil. Ist es dein Wille, daß ich durch diese Krankheit abscheide aus dieser Welt, so laß mich im Frieden fahren! Du bleibest den lieben Meinigen; sie sind dein und du wirst als Gott und Vater sie behüten und wohl führen. Bring uns Alle selig in Himmel. Laß Barmherzigkeit und Gnade über uns walten in Ewigkeit um Jesu Christi, unseres Heilandes willen! Amen. (Musculus.)

Fürbitte.

All die Meinen, groß und klein,
Ihre Seel', ihr Leib und Leben,
Laß dir, Heu, befohlen seyn.
Mach sie, Jesu, dir ergeben,
Zieh sie gänzlich zu dir hin!
Ach, bewahr ihr Herz und Sinn,
Halte sie in Fall und Gleiten,
Führ sie fromm durch diese Zeiten,
Selig in die Ewigkeiten. Amen!

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