Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 9. Capitel.

Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 9. Capitel.

Wie die auf Gott gerichtete Beschaulichkeit allen andern Uebungen vorzuziehen.

Alle Dinge sind Gottes Werkstücke und Würkungen, ihrem Wesen und Vermögen ist ein gewisses Ziel gesetzet, sie sind aus nichts erschaffen, und mit Nichtigkeit umgeben, und eylen aus sich zur Nichtigkeit sie müssen derowegen von Gott augenblicklich ihr Wesen, Wirken und alles, was in ihnen ist, erhalten, sie sind aus sich selbst und von allen andern unvermögend, sie sind zu allen Würkungen wie nichts gegen etwas. In solcher Betrachtung soll allein in und um ihn, ja auf ihn, den Herrn und Schöpfer, alle unsere Beschaulichkeit, Leben und Würken gerichtet seyn. Dann er weiß mit einem einzigen Wink seines Willens viele vollkommene Geschäfte hervor zu bringen. So ist dann weder nach dem Verstand, noch nach dem Willen ein Vorwurf zur Beschaulichkeit nützlicher, vollkommener, glückseliger, als von, in und zu Gott, dem höchsten Guth, von, zu, und in welchem alle Dinge herfliessen und wieder zueilen, der ihm und allen Dingen unendlich gnugsam ist, der aller Sachen Vollkommenheiten von Ewigkeit auf das Einfältigste begreift, in welchem nichts ist, das er selbsten nicht sey. Er ist doch aller unbeständigen Dinge Ursprung. Er ist aller veränderlichen Sachen unveränderlicher Anfang. Er ist, der alles erfüllet, und allen Dingen das Leben gegeben, und noch alles wesentlich mit sich selbsten begabet. Er ist jedem Dinge viel näher und gegenwärtiger durch das Wesen, als die Sache selbsten. In ihm sind alle Dinge zugleich vereiniget, sie leben und bleiben in ihm ewiglich. Hier hast du, o Mensch! Beschaulichkeits-Gründe genug, darinnen du auch die Flammen deiner Liebe unterhalten kannst. Willst du aber aus Unvermögenheit des Verstandes in denen Creaturen durch Beschaulichkeit dich nicht tief ersenken und aufhalten; so gehe mit deiner Betrachtung beym Schöpfer und Geschöpf nur dahin, daß du mit deiner Liebe allein eine ungebildete Belustigung habest, damit das Feuer göttlicher Liebe und des Lebens selbst in dir und andern immer brenne, und also das ewige Leben sein Vorspiel erreiche. Hier ist nun der Unterschied in der Beschaulichkeit der Gott- und Welt-Weisen. Die heydnischen Weisen halten die Beschaulichkeit vor die Vollkommenheit des Beschauenden, und ist also ihr Ziel die Erkanntniß des Verstandes. Aber die Beschaulichkeit der Heiligen ist aus Liebe zu Gott, denn man mit der Beschaulichkeit immer inniger suchen, finden, lieben und ehren möchte. Deswegen setzt man das Ziel der Beschauung nicht im Verstand, sondern gehet tiefer in die gänzliche Liebe-Uebergebung, und Geniessung des höchsten Guths. Darum ist diese Erkanntniß Gottes zum hohen Beschaulichkeits-Zweck gesetzt, weil also Christum zu erkennen so viel ist, als ihn zu haben, so ja also geistlicher Weise viel wesentlicher ist, als das Leibliche gewesen. Wann nun die Seele um dieses Lichts willen sich aller andern Sachen entäussert, und sich ganz in das Innerste wendet, so wird das Aug der Beschaulichkeit immer mehr erweitert, richtet sich gleichsam mit einer Leiter immer mehr in die Höhe, bis zum unveränderten Gott-Schauen; die Seele wird also erhitzt, die himmlische, göttliche, ewige Güter immer mehr zu begehren, da sie hingegen alle zeitliche Güter von weitem ansiehet als unnütze und schädliche Sachen. Wann wir nun zu Gott nahen durch den Weg der Verläugnung; so legen wir billig ab (auch gar aus des Gemüths Begriff) alles Leibliche, ja alles Vernünftige, und endlich das Wesen selbst der Creatur. Wir kommen in den Stand des göttlichen Lebens, wann wir in die tiefste Dunkelheit bey solchem Absterben scheinen zu fallen, dann da ist Gott selbsten, und dahin sind alle Heilige gekommen, die in solcher Nacht das bleibende Licht gefunden. O so muß die Seele immer fort gehen, sich immer abwenden und vorüber wandern, vom Leiblichen und Viehischen zur Ordnung der Natur, vom Würken zum Ruhen, von Tugend zur Erfahrung. Darum, o Seele! was bemühest du dich mit vielen Dingen, da du doch dabey immer mangelhaft bleibest? Liebe das alleinige beste Guth, in welchem alles gut ist, das ist schon genug. Elend ist der Mensch, welcher alles weiß und hat, und Gottes doch entbehret. Wann er aber alles und ihn zugleich weiß und hat, so ist er deswegen nicht selig, sondern um seinet willen allein. Dahero spricht Johannes: Das ist das ewige Leben, daß sie dich erkennen. Und der Prophet spricht: Ich werde ersättiget werden, wann deine Glorie erscheinen wird.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/m/magnus/das_anhangen_an_gott/magnus_albertus_das_anhangen_an_gott_kapitel9.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain