Magnus, Albertus - Das Anhangen an Gott - Das 7. Capitel.

Wie man das Herz innerlich sammlen soll.

So kann das Gemüth bey solcher Uebergab auch zu Gott aufsteigen, d.i. ganz in das Innerste sich verfügen. Dann wer in sich selbst eingehet, und sich inwendig durchdringet, der erhebet sich von sich, und steiget wahrhaftig zu Gott auf. So lasset dann unsere Herzen ganz und immer mehr von allen Zerrüttungen, und Geschäftigkeiten der Welt abziehen. Lasset uns ganz zum Innern sammlen, damit wir uns endlich zum Licht göttlicher Beschaulichkeit ganz anheften mögen. Dieses ist das Leben und die Ruhe unsers Herzens, wann wir uns in reiner Begierde mit und in reiner Begierde mit und in der Liebe Gottes tief gründen lassen, so werden wir bald mit seinem Trost süßiglich ergötzet. Daß wir aber in solchem süssen Geschmack und Genuß der Gnade vielfältig verhindert werden, und dazu nicht völlig gelangen können, ist die Ursach, weil unser Gemüth mit Sorgen verwirret, das Gedächtniß mit Bildern beschattet, der Verstand durch Begierlichkeit angelocket; daß also die Seele das Hungern nicht ganz in sich wenden, und die geistliche Süßigkeit geniessen kann. Unmöglich ists, wenn wir denen gegenwärtigen Dingen ankleben, daß wir uns zu dem Innersten recht verfügen, mithin in das Ebenbild Gottes eingehen können. So ist dann nöthig, daß das Gemüth mit grosser Demuth, Ehrerbietung und Zuversicht sich über sich und alle erschaffene Dinge erhebe. Ja es muß alle Sachen so verläugnen, damit es innerlich sich allein mit den göttlichen beschäftigen und auch besprechen möge: Wen suche, liebe, wünsche und begehre ich aus allen, und vor allen, und über alle Dinge? Er ist nicht empfindlich, noch durch die Sinnen begreiflich; sondern er ist über alle Empfindlichkeit. Mit ganzer Begierde des Herzens ist er nur zu suchen. Mit Zeichen kann man ihn nicht erblicken, sondern mit innigstem Liebes-Sehnen müssen wir ihn aufspüren. Er ist nicht zu schätzen, sondern mit entzückender Liebe nur zu lieben, der ganz von Liebe, ja ganz von unendlicher Güte und höchsten Vollkommenheit ist. So steiget der Mensch in die Licht-volle Dunkelheit des Glaubens, und kommt immer höher und tiefer in seinen Ursprung ein. Diese Weise des Aufsteigens bis zur dunklen Beschauung der allerheiligsten Dreyeinigkeit in Jesu Christo, wird desto voller, je mehr brennend die aufsteigende Begierdenkraft wird. Ja sie wird desto fruchtbarer, je näher und geheimer das Liebes-Sehnen in der Seelen sich erwecken läßt. Die geistliche Erfahrung wächst, je inniger, höher, die geistliche Vorwürfe sind. Höre derowegen nimmer auf, sey niemahlen ruhig, bis du der Kräften und Gaben künftiger Welt einen Geschmack als Hand-Geld kostest, und die Erstlingschaft der göttlichen Süßigkeiten erlangest. Lasse nicht nach in ihrem Geruch nachzueilen, bis du Gott aller Götter in Zion anschauest. Lasse nicht nach, sage ich, im geistlichen Fortgang, bis du in Vereinigung mit Gott vnd vestem Ankleben deinen Zweck völlig erlanget habest. Nimm ein Gleichniß an denen, die einen natürlichen Berg aufsteigen. Wann sich unser Geist in das Beschauen und Begehren der irdischen und vorbeygehenden Güter vertieft; so wird er ja so bald durch unendliche Verwirrungen weggerissen und zerstreuet, und gleichsam in so viele Theile ausgebreitet, wie viele die Sachen sind, die er durch die Verbildung und Begierde sich wünschet. Es ist also solche flüchtige Geistes-Bewegung ohne Eindringen und veste Stehen in dem wahren Guth. Es ist ein Lauf und Arbeit ohne Gelangen zum Ziel der Ruhe. Wann aber das Gemüth sich von denen unendlich vielen Zerrüttungen durch die Liebe zum Unvergänglichen abzeucht, und die Begierde in sich zu dem einigen, unveränderlichen Guth wendet, mit ganzem Herzen demselben anzukleben; so wird es in Wahrheit immer mehr mit demselben vereinet und gestärket, je mehr es durch Erkenntniß und Verlangen erhoben wird. Es wird also das Gemüth durch wachsenden Genuß dieses höchsten Guths immer mehr bequem gemacht, solches unveränderlich zu besitzen, und das Leben Gottes selbsten zu erlangen. So kann es also stets ohne Veränderung und ohne Unterschied der Zeiten in der innerlichen, ruhigen und geheimen Wohnung der Gottheit ruhen, als die völlig in Christo bey der Seelen verbleibt, als welcher Mittler zu diesem Zweck zu uns gekommen, um uns als der Weg, Wahrheit und Leben zu diesem verlohrnen Erbe wieder zu bringen.

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