Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken – September

Krummacher, Emil-Wilhelm - Tägliche Herzensweide aus Luther's Werken – September

Am 1. September.

Ich rufe an mit meiner Stimme den Herrn, so erhöret Er mich von seinem heiligen Berge. Als wollte er sagen: Ich, der ich nun erfahren habe, wie gut und süße der Herr ist, nämlich, daß Er nicht verlasse, auch nicht verschmähe die, so zu Ihm schreien, und wie treulich Er aufnimmt, beschützet und erhöhet Alle, die Ihn anrufen, so will ich mich hinfort ewiglich also zu Ihm halten, daß ich mit vollkommenem Vertrauen zu Ihm allein will Zuflucht haben, will mich nicht fürchten, auch vor viel hundert Tausenden, wie er hernach spricht: Ich bin bereit, auf Ihn zu hoffen, ob ich gleich auch etwas mehr und größeres leiden müßte. Ja, ob Er mich auch tobten wollte, wie Hiob (13, 15) sprach, will ich auf Ibn hoffen; das ist der rechte Gott, auf welchen alle Menschen billig vertrauen sollten, und sich auch getrost verlassen und trotzen, und an den Niemand verzweifeln soll. O wie unselig sind, die da viel und groß Unglück erlitten haben, und doch nicht verstehen, wie mächtig, wie wunderlich, wie herrlich dieser Gott errettet und hilft Allen, die zu Ihm schreien. Daß aber dieß die Meinung und seines Herzens Gedanken seien, zeigen die folgenden Verse an, da er spricht: Ich fürchte mich nicht vor viel hundert Tausenden, die sich umher wider mich legen. Und am Ende: Bei dem Herrn findet man Hülfe, und deinen Segen über dein Volk. Gleich auf diese Meinung und Sinn redet ein anderer Psalm (34, 2): Ich will den Herrn loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Als wollte er sagen: Ich bin ein Narr, der ich bisher den Herrn nur zu einer Zeit gelobet habe, nämlich, wenn es mir wohl ging und gute Ruhe hatte, und wußte nicht, wie mächtig Er ist auch zur bösen Zeit, zur Zeit der Anfechtung und Widerwärtigkeit, derohalben will ich Ihn hinfort, auch wenn es mir übel geht, loben. Denn es sind Etliche, die loben Gott, wenn gute Zeit ist und Alles wohl zugeht, auch zur bösen Zeit fallen sie so fern und so sehr ab, daß sie vielmehr zu allerlei ander Ding, denn zu Gott, Zuflucht haben, ja zuletzt können sie auch nicht zu Ihm schreien, geschweige denn, daß sie Ihn loben und preisen sollen.

Am 2. September.

Anno 1542 sagete Doctor Martinus Luther von dem Artikel unserer Rechtfertigung vor Gott, daß es damit zuginge, gleich als mit einem Sohne: der wird ein Erbe aller väterlichen Güter geboren, und wirds nicht aus Verdienst; er succedirt ohne einiges Werk oder Verdienst in seines Vaters Gütern. Indeß aber vermahnet ihn der Vater, daß er das oder jenes fleißig thue und ausrichte, verheißt ihm auch eine Gabe, oder Geschenk, auf daß er derhalben desto williger dazu sei, und desto lieber, leichter und lustiger es ausrichte. Als wenn er zum Sohn sagt: Wirst du fromm sein, mir folgen und gehorsam sein und fleißig studiren, so will ich dir einen schönen Rock kaufen. Item: Komm her zu mir, ich will dir einen schönen Apfel geben. Also lehret er den Sohn an den Banken gehen: da ihm doch das Erbe sonst und ohne das natürlich zustehet und gebühret; doch will der Vater durch die Verheißung das Kind lustig machen, auszurichten, was der Vater haben will. Das Kind soll in der Pädagogia erhalten werden. Also gehet Gott mit uns auch um, ist uns freundlich, mit lieblichen, süßen Worten, verheißt uns geistliche, ewige, leibliche und zeitliche Güter, da doch das ewige Leben denen, so an Christum glauben, aus lauter Gnade und Barmherzigkeit umsonst, ohn alle unser Verdienst, gute Werke und Würdigkeit geschenkt wird, als Kurkindern, oder Filius adoptionis, die durch das Wasser und heiligen Geist dazu kommen. Und also soll man auch in der Kirche und Gemeinde Gottes lehren, daß Gott es haben wolle rechtschaffene, gute Werke, nicht die wir selbst aus eigener Wahl und Andacht, oder guter Meinung, vornehmen und thun, wie die Mönche und Pfaffen im Papstthum gelehrt haben, denn dieselben gefallen Gott nicht, wie Christus spricht, Matthäi 5, V. 9: Vergebens dienen sie mir, weil sie Nichts lehren, denn Menschengebot. So soll man von guten Werken lehren, doch allewege, daß der Artikel von der Gerechtfertigung, nämlich, daß allein der Glaube an Christum, uns gerecht und selig mache, rein und unverfälscht bleibe, als der das Hauptstück. Ursache und Quelle ist aller andern Verheißungen, wo der rein bleibt und bestehet, so bleibt auch die Kirche rein. Denn Christus kann Niemand anders mehr neben sich leiden, Er will die Braut allein haben, nach dem Sprüchwort: Allein mein, oder laß gar ab sein. Er ist ein Eiferer. Solle man denn auch also lehren und sagen: Gläubest du, so wirst du selig; du thust, was du willst, so taugts gar Nichts. Denn der Glaube ist falsch und erdichtet und verlöscht er, wenn man wissentlich und muthwillig wider Gottes Gebot thut, und der heilige Geist, so den Gläubigen geschenkt wird, weichet durch böse Werke, wider das Gewissen gethan. Darum sollen wir wissen, daß solche Verheißungen und Belohnungen sind nur eine Pädagogia, oder Kinderzucht, damit uns Gott reizet und locket, lustig und willig macht, wie ein frommer, gütiger Vater, Gutes zu thun und dem Nächsten zu dienen, nicht damit das ewige Leben zu verdienen, denn dasselbige gibt und schenkt Er allein aus lauter Gnade.

Am 3. September.

Das hanget einem jeglichen Menschen natürlich an, daß, wenn es übel zugehet, er bald gedenkt: Ei Gott zürnet mit dir, nimmt sich deiner nicht an, da mußt du ohne Rath, Hülfe und Trost zu Grunde gehen. Wiederum, stehet es wohl um ihn, ist Alles vollauf da, und gehet ihm nach alle seinem Wunsch, so lasset er sich dünken, er sei mit Gott wohl dran, so würde Er sich nicht so gnädig gegen ihn halten; so doch solcher zeitlicher Segen ein sehr gering und schlecht Ding ist; derohalben es denn auch so auf Erden gehet, daß die Gottlosen mehr Vortheils mit haben, denn die Frommen. Aber es sei Geld und Gut da, so viel sein wolle, so hüte dich, daß du dich nicht für fromm achtest, sondern dein Vertrauen und Trost allein auf den stellest, da Moses und' die Propheten von predigen; sonst wird dirs gehen, wie diesem Reichen, der Mosen und die Propheten hörte, und dennoch des Herrn Christi sich nicht tröstete.

Am 4. September.

Auf daß ihr einmüthiglich mit einem Munde Gott lobet. (Röm. 15, 6.)

Das geschiehet, wenn wir Eines Sinnes sind und erkennen, daß wir Alle gleich sind und gleiche Güter empfangen in Christo, daß sich Keiner über den Andern erhebe, Keiner ein Besonderes aufwerfen kann. Fragest du, wie das zugehet? Es gehet also: Alles, was außer Christo ist, das ist verdammet, Einer wie der Andere; es bedarf Einer Christi eben sowohl, als der Andere. Wenn wir aber bekehret werden, empfangt ein Jeglicher dieselbe Taufe, dasselbige Sacrament, denselbigen Glauben, denselbigen Christum, denselbigen Geist, dasselbige Evangelium, kürzlich denselbigen Gott, denn der Andere, und wird hier das Himmelbrod gleich ausgetheilt in dieser Wüsten. Wie ist es denn möglich, daß es recht sei, so sich Einer geistlich vor dem Andern, ein Priester vor dem andern aufwirft? Was kann er Besseres, denn Christum haben? Nun hat doch denselbigen ein jeglicher Christ, und Christus nimmt sich auch eines Jeglichen an ganz und gar. Es mag wohl Einer Christum fester fassen, denn der Andere, als der Ihn mehr liebet und stärker glaubet; aber er hat darum Nichts mehr, denn der Andere. Christus ist Allen einerlei Christus, und gleich in denen Sachen, die zur Seligkeit gehören. Weil denn Christus ein gemein Gut ist, der Schwachen und Gesunden im Glauben, der Starken und Gebrechlichen im Wandel, soll Keiner den Andern geringer halten, denn sich, noch verachten; sondern einsinniglich aufnehmen, und Gottes Lob einmüthig vollbringen, daß es lautet, als ginge es aus ihrem Herzen und Munde. Sintemal ein Jeglicher davon Gott lobet und das im Herzen und Munde hat, das der Andere. Denn Alle erkennen und danken sie von Christo, und was sie aus Christo haben; wie zuvor verkündiget ist, Ps. 75, 15: Man wird immerdar vor Ihm beten, täglich wird man Ihn loben. Lobet aber Jemand Gott von seinen eigenen Gütern, der theilet Muth und Mund, und gehöret nicht in die Gemeinschaft der Heiligen; wie da thun die Papisten, Secten, da man immer kein Lob von Christo, sondern nur von ihren Werken höret.

Am 5. September.

Siehe deine Taufe an. Warum bist du getaufet? Warum lassen Andere sich taufen? Warum sollen wir gerne in aller Zucht und Ehrerbietung dabei sein, wenn man taufet? ist es auch ein Ding, dadurch man Geld, Güter, Gewalt, oder Anderes dergleichen bekommen soll? Nein. Der heilige Apostel Paulus spricht also, Röm. 6, V. 3: wisset ihr nicht, daß Alle, die in Christo Jesu getauft sind, die sind in seinen Tod getauft. Das ist: die Taufe dienet dazu, ob wir gleich eben so wohl müssen sterben, als die Unchristen, daß sie uns soll ein Pfand, ein Spiegel und Versicherung sein, daß Christus für uns gestorben, wir seines Todes genießen und mit Ihm in Ewigkeit leben sollen. Darum gedenkest du an deine Taufe, so gedenke auch an diese Hoffnung. Weißt du, daß dein guter Freund getaufet, sich seiner Taufe getröstet und derselben sich ungern wollte verziehen haben, so höre auf, Ihn zu beklagen und zu beweinen; denn durch sein Absterben ist es dazu kommen, daß er seiner Taufe genießen und des Todes Christi recht theilhaftig werde. Darum hast du keine Ursache, dich um seinetwillen sehr

Am 6. September.

- Darum wissen die Narren nicht, was sie sagen, die da sprechen: Ei, wie kann es der Glaube allein thun, glaubet doch Mancher, der doch kein gut Werk thut? Denn sie meinen, ihr eigener Traum sei der Glaube, und der Glaube könne auch wohl ohne gute Werke sein. Wir aber sagen also, wie Paulus saget, daß der Glaube eine Kraft Gottes ist. Eph. 1, 19: Wo Gott den Glauben wirket, da muß der Mensch anderweit geboren und eine neue Creatur werden; da müssen denn natürlich eitel gute Werke aus dem Glauben folgen. Darum nun darf man nicht zu einem Christen sagen, der da glaubet: Thue das, oder jenes Werk; denn er thut von ihm selbst und ungeheißen eitel gute Werke. Aber das muß man ihm sagen, daß er sich nicht betrüge mit dem falschen erdichteten Glauben. Darum laß die Lumpenwäscher fahren, die viel können davon reden, das doch Nichts ist, denn lauter Schaum und unnütze Geschwätze, von welchen auch Paulus saget, 1 Kor. 4, 19. 20: Ich will zu euch kommen und will nicht fragen nach den Worten der Aufgeblasenen, sondern nach der Kraft; denn das Reich Gottes stehet nicht in den Worten, sondern in der Kraft. Wo nun nicht diese Kraft Gottes ist, da ist auch kein rechtschaffener Glaube, noch gute Werke. Darum sind es eitel Lügner, die sich des christlichen Namens und Glaubens rühmen, und dennoch ein böses Leben führen. Denn, wenn es Gottes Kraft wäre, so würden sie wohl anders sein.

Am 7. September.

Der Christen Leben soll also beschlossen fein, daß sie sich in allem dem, was sie thun, reden und denken, also halten, als wenn sie am hellen Tage von Jedermann gesehen würden, wie sie denn wahrhaftig sind vor Gott, und am jüngsten Gericht sein werden. Also spricht Christus (Joh. 3, 20. 21): wer Arges thut, der hasset das Licht, und kommt nicht an das Licht, auf daß seine Werke nicht gestraft werden; wer aber die Wahrheit thut, der kommt an das Licht, daß seine Werke offenbar werden, denn sie sind in Gott gethan. Und Paulus (Eph. 5, 9): wandelt wie die Rinder des Lichts. Die Frucht des Geistes ist allerlei Gütigkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit. Wer nun also lebet, daß er nicht gerne siehet, daß sein Thun am hellen Tage gesehen werde, der lebet unehrlich, und nicht als am Tage, sondern in der Nacht, welche unverschämet und, wie man spricht: „Niemand's Freund“ ist, und bequem zu allen losen Handeln. Ein Solcher kann auch nicht gut Gewissen behalten, davon St. Paulus (2 Kor. 1,12) rühmet und spricht: Unser Ruhm ist dieser, nämlich das Zeugniß unsere Gewissens, daß wir in Einfältigkeit und göttlicher Lauterkeit; nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes auf der Welt gewandelt haben. Und Röm. 12, 17: Fleißiget euch der Ehrbarkeit gegen Jedermann.

Am 8. September.

Freuet euch in dem Herrn allewege. (Phil. 4, 4.)

Diese Freude ist eine Frucht und Folge des Glaubens, wie Paulus (Gal. 5, 22) saget: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit, Denn es ist nicht möglich, daß sich ein Herz sollte in Gott freuen, das nicht zuvor an Ihn glaubt. Wo nicht Glaube ist, da ist eitel Furcht, Flucht, Scheu und Traurigkeit, wenn nur Gottes gedacht und genennet wird; ja Haß und Feindschaft ist wider Gott in solchem Herzen. Das macht die Ursache: das Herz findet sich schuldig in seinem Gewissen, und hat nicht die Zuversicht, daß ihm Gott gnädig und günstig sei, dieweil es weiß, daß Gott der Sünde Feind .ist und sie graulich strafet. - Dieweil nun die 2 im Herzen sind, Gewissen der Sünde, und Erkenntniß Gottes Strafe, muß es immer betrübet, verzagt und erschrocken sein, hat alle Augenblicke Sorge, Gott stehe hinter ihm mit der Keule, wie Salomon sagt, Sprüchw. 28,1: Der Gottlose fleucht und Niemand jaget ihn.

Und 5. Buch Mose 28, 65: Gott wird dir ein verzagt Herz geben. Daß man diesen Herzen viel wollte sagen von Freuden in Gott, das ist eben, als wenn ich das Wasser bereden wollte, es sollte brennen; es gehet ihnen gar nicht ein, denn sie fühlen, wie sie die Hand Gottes drücket in ihrem Gewissen. Darum spricht auch der Prophet (Ps. 32, 11): Freuet euch in dem Herrn, ihr Gerechten, und rühmet Alle, ihr Frommen. Es müssen Gerechte und Richtige sein, die sich in dem Herrn freuen sollen. Darum ist dieses Wort nicht den Sündern geschrieben, sondern den Heiligen. Den Sündern muß man zuvor sagen, wie sie der Sünde los werden und einen gnädigen Gott überkommen, so folget die Freude von ihr selbst, wenn sie des bösen Gewissens los sind. Wie wird man aber des bösen Gewissens los und überkommt einen gnädigen Gott? Antwort: Wer ein gut Gewissen haben und einen gnädigen Gott finden will, der muß das nicht mit Werken anfahen, wie die Verführer thun, und martern die Herzen noch mehr, und machen den Haß Gottes noch größer; sondern er muß an sich verzagen in allen Werken, und Gott in Christo ergreifen, das Evangelium fassen und demselbigen glauben, was es zusaget.

Am 9. September.

Die Worte und Gedanken, die in uns Mißtrauen, Kleinmüthigkeit und Verzweiflung erregen, sind nicht von Gott, sondern- vom Teufel und Menschen; wie uns der Prophet, Ps. 42,10,11 lehret, da also stehet: Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast Du mein vergessen? warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? Es ist als ein Mord in meinen Beinen, daß mich meine Feindeschmähen, wenn sie täglich zu mir sagen: wo ist nun dein Gott? Also sehen wir, daß die heiligen Väter, so sehr geübet und erfahren gewesen sind im Glauben und Hoffnung, nicht gezweifelt haben, frei zu bekennen, daß wohl ihre Kleinmüthigkeit von Gott sei, aber doch durch den Teufel und Menschen, die da beide mit Wort und Gedanken solche Aengstigung in Herzen anrichten. Denn das Werk ist ganz fremde von Gott, der da wider sich selbst nicht wirken kann; darum wirkt Er dahin, daß man Ihn liebe, auf Ihn hoffe, an Ihn glaube und sich in Ihm freue, auf daß sein erstes Gebot erfüllt werde, das da spricht, 2. Mos. 20, 3; 5. Mos. 5, 7: Du sollst nicht fremde Götter haben neben mir. Mit solchen Worten muß man trösten und stärken diejenigen, die da Trübsal, Angst und Noth und den Tod leiden, auf daß sie nicht kleinmüthig werden. Denn solches Alles ist uns zur Lehre vorgeschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. Röm. 15, V. 4.

Am 10. September.

Man findet jetzt Viele, auch unter denen, die Christen sein wollen, so gar voll Ungeduld, daß sie schier nicht ein hartes Wort verhören können, wenn sie es schon wohl verdienet haben; und ehe sie ein wenig Schmach oder Nachtheile um des Evangelii willen von der Welt leiden, ehe ließen sie das Evangelium und Christum fahren. Wie werden sie aber an jenem Tage bestehen? Darum, lieben Freunde, lasset uns klug sein, weil wir noch Raum haben und das zeitliche Leiden nicht so groß achten, sondern uns geduldig darin ergeben, nach der Lehre St. Pauli, wie die Creatur thut. Die Erde denkt: Ich lasse mich pflügen und bauen, und sind doch das wenigste Theil Christen, denen es zu gut kommt, und das meiste Theil arge, böse Buben, die meiner genießen; was will ich aber daraus machen? Ich will es leiden und will mich lassen zerpflügen und umgraben, weil es mein Gott also will haben, und darneben hoffen, daß es einmal anders soll werden, daß ich nicht mehr der Eitelkeit unterworfen werde sein, und den Feinden Gottes dienen.

Am 11. September.

Ein jeglicher Christ kann sich nicht rühmen, daß er mit Werken dazu kommen sei, daß er ein Glied in Christo sei, mit den andern Christen im allgemeinen Glauben, und kann auch keine Werke thun, damit er ein Christ werde; sondern daher, daß er schon zuvor im Christ worden ist, durch die neue Geburt im Glauben, ohn allen Verdienst, daher thut er gute Werke. Also, daß es fest stehet, gute Werke machen nicht Christen, sondern Christen machen gute Werke, wie die Frucht nicht macht den Baum, sondern der Baum macht die Frucht, und das Gesicht machet nicht die Augen, sondern die Augen machen das Gesicht. Und endlich muß allenthalben das Wesen eher sein, denn das Wirken, also daß kein Werk das Wesen gebe, sondern das Wesen gebe das Werk. Machen nun die guten Werke nicht Christen, so erwerben sie auch nicht Gottes Gnade, vertilgen auch keine Sünden, verdienen auch den Himmel nicht; denn solches kann Niemand haben, denn ein Christ, und derselbe hat es durch keine Werke, sondern dadurch, daß er ein Glied Christi ist; das geschieht durch den Glauben an Gottes Wort.

Am 12. September.

Soll Etwas wachsen, so gehe hin und säe es auf den Acker, und scharre es in die Erde, so wirst du bald sehen, wie es wieder herauswachset, gar ein ander Wesen oder Körper, daß du nicht kannst sagen: Da stehet mein Korn, wie es im Sack steckte. Denn es ist da unter der Erden verfaulet und zu lauter Nichts worden; und dennoch in dem Faulen und Verwesen, wenn es Nichts mehr taugt, noch bleibt, kriegt es erstlich eine Wurzel unter sich und ein Stänglein oder Halm über sich, und eine schöne Aehre voll neuer Körner; da hat sich das vorige Hörnlein so gar verloren, daß man Nichts wieder davon finden kann; und ist dennoch neu Korn draus worden. Solches siehest du täglich vor Augen, und ist so gemein, daß wohl Schande ist, solch Gleichniß zu geben, und willst noch viel fragen und disputiren, wie es zugehen werde in der Auferstehung? Merkest du nicht, daß dir da ein Spiegel und Bild vor die Nasen gestellt ist, das du greifen kannst? Denn weil Er solches machet aus einem kleinen todten Korn, sollte Er nicht mit uns, denen Er Himmel und Erden erschaffen hat und gibt, viel ein ander, besser und herrlicher Wesen machen? Darum mußt du ja ein toller Narr sein, weil dir solches vor die Augen gemalet und in alle fünf Sinne dringet, wie ein jeglich Körnlein seine Gestalt und ganzen Leib verleurt, und doch nicht verleurt, sondern scheußt wieder viel schöner heraus mit Blattern und Stänglein, und kriegt einen schonen, neuen Leib, daß du müßtest dich zu Tode wundern, wenn du es zuvor nicht gesehen hättest; und willst nicht gläuben, daß Gott werde uns thun, wie Er verheißen hat, daß Er uns wolle auferwecken und verklaren viel heller und schöner, denn jetzt keine Creatur auf Erden ist. - Und siehe, wie St. Paulus hier (1 Kor. 15, 36 und 37) ein köstlicher Maler wird, malet und schnitzet die Auferstehung in Alles, was da wachst auf Erden, fasset Alles in das Wort: was du säest, nämlich, allerlei Korn und Gewächs, das nimmt er Alles zum Exempel oder Gemälde, darinnen er diesen Artikel will einbilden und allenthalben vor Augen stellen.

Am 13. September.

Ich will meine Ehre keinem Andern geben. (Jesaias 42, 8.)

Dieser Christus allein wird deine Gerechtigkeit sein. Die nun also nicht im Glauben an diesem Christo hangen, die sind ungerecht und werden verdammt werden, wenn sie sich auch gleich tödten lassen und dem Schein nach das heiligste Leben führen. Diesem einigen Christo gebe ich meine Ehre, daß Er die, so an Ihn glauben, gerecht mache. Derohalben wird keine andere Creatur weder im Himmel, noch auf Erden, noch kein anderes Werk Etwas zur Gerechtigkeit helfen. Hier siehest du, daß die Lehre, so die Gerechtigkeit der Werke lehret, gotteslästerlich sei. Und wenn man hoffet, durch die Werke gerecht zu werden, das sei nichts Anders, als Gott sein wollen und nach der Gottheit trachten. Auf diese Gotteslästerung folget der Fall des Lucifers; derowegen sollen sich fromme Seelen hier wohl vorsehen. Daß Er aber die Gerechtigkeit seine Ehre nennt, damit trifft Er das Herz der Werkheiligen so genau, als mit einer Nadel, weil sie durch alle ihre Werke und Thun Ehre suchen, gleichwie Paulus spricht: Sie wollen, daß ihr euch beschneiden lasset, auf daß sie sich von eurem Fleische rühmen mögen.

Am 14. September.

Wo bleiben denn nun die großen und hochmütigen, aufgeblasenen Berühmer des freien Willens? Wo ist die Lehre der sichtlichen Philosophen? Wo ist die Kraft und Macht beider Gesetze, geistlicher und weltlicher? Sind denn unsere Sünden so groß, daß sie nicht haben weggenommen mögen werden, man bezahle denn so ein großes Lösegeld darum, was wollen wir denn, daß wir uns vornehmen, durch den freien Willen, Gesetze und Menschenlehre gerecht zu werden? Was thun wir doch mit solchen Gaukelwerken, denn daß wir unsere Sünden decken mit einer erdichteten und erlogenen Gerechtigkeit und Gestalt eines sittlichen und frommen Lebens, und machen also aus uns selbst verdammte Heuchler und Gleisner, welchen nicht zu helfen ist? Was bringet doch vor Nutz die Tugend, so doch nichts destoweniger die Sünde immerzu bleibet? So ist nun zu verzweifeln an diesen allen, und, wo der Glaube an Christum nicht gelehret wird, ist alle Tugend nichts Anders zu achten und zu halten, denn wie ein Deckel und Vorhang aller Schalkheit und Unflaths, eben wie Christus, Matth. 23, 27, die Pharisäer beschreibet, da Er sie den schönen und übertünchten Gräbern vergleichet, die von außen schön und inwendig voller Unflaths und Greuel sein.

Am 15. September.

Wieder ists, daß die sicher und hoffährtig sind, da wir doch so viel unzählige Exempel und Argumente unter uns haben, die uns billig sollten vermahnen und treiben zur Furcht und Demuth. Denn erstlich haben wir keine gewisse Stunde des Tods, wissen nicht, wenn wir werden sterben. Zum andern, so stehet das Getreide und Wein, davon wir essen und uns nähren, nicht in unsrer Hand, zu dem weder Sonn, noch Luft, davon wir leben, weder Tag, noch Schlaf ist in unsrer Macht, noch Gewalt, sondern Alles in Gottes Hand. Ich will geschweigen geistlicher Dinge, als da sind eigene, sonderliche und öffentliche Sünden, damit wir gedrückt, angefochten und geplaget werden. Und gleichwohl haben wir Herzen, härter, denn kein Stahl, Stein und Adamant; die solches nicht achten, fragen Nichts darnach.

Am 16. September.

Ich kann das Argument selber nicht solviren, daß verzweifelte Schälke so gute Tage haben, lange Zeit nach ihres Herzens Wunsch im Sause leben, und Gott ihnen Ehre, Gut, Gewalt, Gesundheit des Leibes, schöne Kinder gibt; dagegen aber fromme, gottselige Leute, so hoch erleuchtet sind, in Trübsal, Gefahr, Angst und Noth, ihr Lebenlang lässet stecken, ja auch wohl eines Theils jämmerlich sterben, wie Johannem, den Taufer, so der größte Heilige auf Erden war, will unsers lieben Herrn Christi, des eingeborenen Sohns Gottes schweigen, der des schmählichsten Todes am Kreuze zwischen zween Männern starb. Aber Gott thut wie ein frommer Vater, der seinen Sohn zu Gottes Erkenntniß, Furcht, rechtem Glauben und aller Ehrbarkeit gern erziehen wollte, daß er Trost und Freude an ihm erleben möchte, und den Schatz, so er sammelt; sammt Allem, das er hat, auf ihn erbe, darum er ihn auch mehr und öfter züchtiget und stäupet, denn den Knecht. Daher auch das Sprüchwort kommet: Je lieber Kind, je schärfer Ruthe. Ja er lasset den ungehorsamen Knecht wohl eine Zeit lang ungestraft hingehen, seinen Muthwillen üben, und stellet sich, als merkte ers nicht, gedenkt aber indeß: Harre, du sollst nicht lange treiben! Wenns denn an seiner Zeit ist, flößet er ihn bloß und nacket zum Hause hinaus. Auf diese schlechte, einfältige Weise pflege ich dies Argument zu solviren, warum verhänge, sonderlich über die hohen Heiligen, als Propheten, Apostel rc., daß sie in der Welt Angst und Trübsal müssen leiden, die Gottlosen aber eine lange Zeit in guter Ruhe und Friede, ohn Mangel, Ungemach und Trübsal in allem Ueberfluß leben.

Am 17. September.

Ihr sehet, was der Unglaube für ein Kraut ist; wenn er gleich überwunden ist und so beschämet und zu Schanden gemachet, daß er stinken möchte, dennoch will er nicht weichen; je mehr er sich stößt, je bitterer er wird. Darum dürfet ihr nicht denken, daß ihr wollet Ungläubige bekehren, wenn ihr noch so klare Sprüche habt, daß sie auch selbst fühlen, daß es öffentliche Schrift ist, so daß sie es nicht verlegen können; sie bleiben in ihrem verstockten Herzen und wollen Recht haben, Gott gebe, es koste, was es wolle, ja, dürfen noch wohl sagen, daß sie der Schrift Meister sind, und sie alleine sind, die die Schrift wissen und sprechen: Ei, sollten so köstliche Leute, die die Schrift kennen und Tag und Nacht damit umgehen, sich darüber bekümmern und von dem Bettler da lernen? Ja, sie sprechen wohl dazu: Willst du uns lehren? Du solltest unser Schüler sein.

Aus mit dem Ketzer, immer weg, er ist ein Gotteslästerer, er redet wider Gott und die heilige christliche Kirche, die es so lange also gehalten hat; das steht uns nicht zu leiden, hinweg mit dem Buben; Feuer her und verbrannt, sonst wird nichts Gutes aus ihm. Da müssen denn die frommen Leute herhalten und gehet ihnen, wie es mit dem heiligen Stephano ist zugangen. Darum, wie gesaget, so unterstehe sich Keiner, einen Ketzer zu bekehren, oder so zu überwinden, daß ers zufrieden wäre; sondern man thue ihm, wie St. Paulus (Tit. 3, 10. 11.) saget: Einen abtrünnigen Menschen meide, wenn er einmal und abermal vermahnet ist, und wisse, daß ein Solcher verkehrt ist und sündiget, als der sich selbst verurtheilet hat.

Am 18. September.

Ein Mensch, der die Schrift studieret, lernet darinnen nichts Anders, denn Kreuz und Geduld, denn die ganze Schrift ist nichts Anders, denn ein Wort des Kreuzes, und eine Ermahnung, das Kreuz zu tragen, und diese Ermahnung hat der Mensch vonnöthen, auf daß seine Geduld nicht aufhöre, sondern gestärket werde durch Hoffnung der künftigen Erlösung. Darum ist beides vonnöthen, die Geduld und die Schrift. Denn Gottes Wort hebt nicht auf das Kreuz und Geduld, sondern legt das Kreuz auf, und lehret Geduld haben in Hoffnung. Was lehret die Schrift Anders, als das Sterben des alten Menschen und die Hoffnung der Auferweckung des neuen Menschen? Der Tod aber des alten Menschen fordert Geduld und die Auferweckung des neuen Menschen kann man nicht sehen, sondern man muß ihrer warten in der Hoffnung, durchs Wort und Ermahnung der Schrift. Nun ist das nicht das kleineste Theil des Kreuzes, daß du die Schwachen duldest und mit unfreundlichen Leuten umgehest; denn es ist dem alten Menschen sehr verdrießlich, der allezeit einen Gefallen an ihm selbst hat und ein Mißfallen an seinem Nächsten. Darum muß der alte Mensch in diesem Stück durch Geduld getödtet und durch die Schrift ermahnet werden, daß er auf Gott allein hoffe und nicht Gefallen an ihm selber habe.

Am 19. September.

Das ist wohl wahr und bestehet fest, daß Gott, der nicht fehlen oder lügen kann, allen Menschen, die wahrhaftig Buße thun, seine Gnade und Barmherzigkeit vorgehalten hat, und wo man von wegen der Sünde wahrhaftige Buße thut, findet solche Buße allezeit Statt bei Gott; darüber soll man fest halten und dasselbige vertheidigen; gleichwie Gott solches mit vielen Exempeln und in den Büchern der heiligen Schrift bezeuget hat. Es ist aber eine andere Buße, die nicht wahrhaftig, sondern falsch und erdichtet ist, welche die Deutschen eine Galgenreue heißen, nämlich, wenn ich also Buße thue, daß ich mich nicht schäme, daß ich Gott erzürnet habe, sondern daß ich mir selbst habe Schaden gethan. Solche Buße ist sehr gemein, und ich habe selbst auch oftmals also Buße gethan und habe mir es lassen leid sein, daß ich irgend Etwas närrisch, unweislich und mit Schaden ausgerichtet habe. Ich schämete mich der Thorheit und des Schadens mehr, als der Sünde, als der Schuld, und daß ich Gott erzürnt hatte. Wo man aber allein über den Schaden, so man gethan hat, Leide traget, das ist eine solche Buße, davon Gott nicht weiß, ja, unsere eigene Herzen wissen davon auch Nichts.

Am 20. September.

Meine Schaafe hören meine Stimme.

Ein Schaflein hat die Natur und Eigenschaft, daß kein Thier unter allen ist, das so ein gewiß und scharf Ohr hat, wie man siehet. Denn wenn 10,000 Mann bei einander waren, so fleucht es und scheuet sich, ohne vor seines Hirten Stimme scheuet es sich nicht, die kennet es und derselben laufet es nach. Also wenn 1000 Schaafe beisammen sind in einem Haufen, und die Mütter alle blöketen, so kennet doch ein jedes Lämmlein .seiner Mutter Stimme, und laufet ihr so lange nach, bis es sie findet; so eigentlich und gewiß kann es hören, welches ich selbst oft gemerket und mich darüber verwundert habe. Auf solche Art und Eigenschaft suchet Christus und spricht: Solche Thierlein habe ich auch, denn ich bin ein Hirte, und meine Schaflein haben auch die Art an sich, daß sie meine Stimme sehr gewiß und eigentlich kennen. Darum, wo meine Stimme nicht ist, da bringet sie Niemand hin. Will also uns lehren, wenn wir seine Schaafe wollen sein, so müssen wir also gewisse Ohren haben, die die Stimme Christi von allen andern Stimmen absondern, sie sei so helle, schön und freundlich sie wolle.

Die aber solche Lehre nicht hören, oder den Schäfer nicht vertragen wollen, die sind nicht Christi Schaafe, sind auch nicht rechte Hirten, sondern wo sie am besten sind, sind sie Miethlinge, oder gar reißende Wölfe. Die soll man nicht hören, sondern wie den Teufel selbst fliehen. Wollen wir nun rechte Christen sein, so müssen wir thun wie ein Schäflein, das seines Hirten Stimme kennet und allein höret; eines Fremden Stimme aber kennet es nicht. Denn also sagt Christus hier: Sie werden hören meine Stimme. Und kurz zuvor sagt Er: Einem Fremden folgen die Schaafe nicht nach, sondern fliehen vor ihm; denn sie kennen der Fremden Stimme nicht. Denn unmöglich ist es, daß ein Schäflein, so es einmal zu glauben angefangen und seines Hirten Stimme gehöret und gefasset hat, die Predigt höre, die der Stimme Christi entgegen ist. Kaiser und Könige Gebot, Fürsten Gebot, Stadtgebot höret es; darum weiß es wohl, daß sie nicht dienen zur Seligkeit. Denn darum kömmt man nicht in das ewige Leben, daß man solchen äußerlichen Geboten Gehorsam leistet. Wenn aber ein Prediger kömmt und spricht: Wenn du selig willst werden, so mußt du für deine Sünden genug thun, Messe halten, Almosen geben rc., da höret das Schaflein nicht, sondern spricht: Ich kenne deine Stimme nicht; es ist nicht des Hirten, sondern eines Wolfes Stimme.

Am 21. September.

Der Christ muß immerdar auf Gottes Wort sehen, und dasselbe üben und treiben, damit ihm nicht der Teufel ein ander Geplerr oder Irrthum vor die Augen mache und ihn berücke, ehe ers sich verstehet; wie er denn wohl kann und darnach trachtet durch allerlei Wege und Mittel, wo sich der Mensch nicht hütet und Gottes Wort zu Rath fraget; wie David (Ps. 119, 11. 24) durch sein Exempel uns lehret: Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, auf daß ich nicht wider dich sündige. Item: Ich habe Lust zu deinen Geboten, das sind meine Rathsleute rc.

Es mag gar leicht, wenn der Mensch (ob er gleich Gottes Wort gehöret und wohl weiß) entweder sicher dahin gehet und mit andern Sachen sich bekümmert, oder etwa angefochten ist, und Gottes Wort aus den Augen lasset, daß er durch heimliche Tücke und Griffe des Teufels verführet und berücket, oder in ihm selbst irre wird, daß er seine Weisheit darob verlieret und weiß ihm selbst weder zu rathen, noch zu helfen, auch Wohl in kleinen, geringen Anfechtungen. Denn beide, der Teufel und Vernunft, oder menschliche Weisheit, können hier aus dermaßen fein disputiren und syllogisiren, daß Einer wähnet, es sei die rechte Weisheit, und ist es doch nicht. Es hat ein weiser Mann bald genarret, ein Mensch bald geirret und gefehlet, auch ein Christe bald gestrauchelt, ja es kann auch ein feiner Lehrer und Prophet bald betrogen werden durch feine, kluge Gedanken der Vernunft. Darum muß hieran gelernet sein und Gottes Wort mit allem Fleiß getrieben und betrachtet werden.

Am 22. September.

Sei getrost, mein Sohn, dir sind deine Sünden vergeben.

Diese Worte Christi, die von unendlicher Süßigkeit sind, müssen weiter ausgeführet werden. Zuerst spricht Er: Mein Sohn. Ernennet ihn einen Sohn, da Er ihn doch als einen Sünder beschreibet, wenn Er spricht: Deine Sünden. Wie ist er sein Sohn, da er ein Sünder ist? Wer mag dieses zusammenreimen? Vielleicht wird es Einer, der mit dem Gesetze umgehet, ein Philosophus, ein Mönch, oder die Vernunft thun? Alle diese werden den Ausspruch thun: Das sind unmögliche Dinge, ein Sohn heißen, und zugleich und auf einmal ein Sünder sein. Aber der Glaube reimet es also zusammen, daß es zweierlei Sünder gibt: Ein geängsteter und zerschlagener Sünder, der der Sünde gerne los sein möchte, der ist ein Sohn. Ein sicherer Sünder aber, und der seine Sünde nicht erkennet, sondern sich gerecht zu sein dünket, ist ein Feind und ein Teufel. Jener wird aufgerichtet, dieser aber gestraft.

Zum andern heißt es: Sei getrost, habe einen Muth, sei stark. Er braucht nicht das Wort „glauben“, sondern ein weit nachdrücklichers und prächtigers: „Sei kühne, unverzagt, unerschrocken.“ Ob dich gleich die Sünden kleinmüthig machen und darniedergeschlagen, so weiche du doch nicht dem Uebel, sondern gehe demselben desto muthiger entgegen. Richte dich auf und sei kühne. Hier siehe den gelehrtesten Arzt, wie schön und gewiß Er die Krankheiten eines geängsteten Gewissens weiß. Er spricht: Ich sehe, daß du zitterst und erschrocken bist, und daß du nicht Muth genug hast, auf Hülfe zu hoffen, als welches deine Sünden machen. Und wenn sie dich auch kleinmüthig und verzweifelnd machen, so fasse doch was Anders ins Herz, als deine Sünden; höre mich. Zum dritten spricht Er: Deine Sünden sind dir vergeben. Ehe, denn Er die Krankheit der Gicht heilet, so macht Er es, wie ein vollkommener Arzt, und nimmt erstlich, wie man sagt, die Ursachen der Krankheit hinweg, nämlich die Sünde. Als wollte Er sagen: Es ist leichte, eine Krankheit des Lebens zu heilen, wenn die Krankheit der Seelen hinweggenommen wird, welche die Ursache von der leiblichen Krankheit ist. Derwegen heilet und richtet Er zuerst das Gemüth auf, und nachdem das Gemüth aufgerichtet ist, so ist der Leib mehr, als um die Hälfte aufgerichtet.

Es liegt aber ein Nachdruck im Worte: „sie sind vergeben“, nämlich, daß kein Mensch von Sünden könne befreit werden, ohne durch die Vergebung dererselben. Wo aber Vergebung ist, da ist keine Genugthuung oder Verdienst, sondern eine freiwillige Schenkung, und die umsonst geschiehet. Und das ist die Lehre des Evangelii, was der entgegenstehet,, das sind Lehren des Gesetzes.

Zum vierten muß man das Wort: „dir, deine“, einschärfen, als womit zweierlei geschiehet. Fürs erste wird bekräftiget, daß du ein Sünder seist, weil die Vergebung dir geschiehet und es eine Vergebung deiner Sunden ist. Zum andern, daß du wissest, daß sie nicht einem Andern, sondern dir geschenket werden, das ist, daß du nicht gedenkest an St. Petrum, oder Jesaiam, sondern an dich; dich, Sünder, sage ich, gehet diese evangelische Stimme an.

Am 23. September.

Es plagt mich die Anfechtung selbst auch zum öftermal, daß ich mich fast umsehe nach guten Werken, worauf ich mich verlassen möchte, nämlich daß ich viel gelehrt und gepredigt, vielen Leuten gedient und Gutes gethan, dazu viel Unrecht ohne meine Schuld gelitten habe. Aber wenn die rechten Züge und Kampfstücke daher gehen, so fühle ich wohl, daß dies Alles Nichts ist, und werde dahin getrieben, daß ich mit David auch sagen und bekennen muß: Herr, ich bin Nichts, denn nur allein ein armer Sünder; item, da er spricht: Ich sprach in meinem Herzen, alle Menschen sind Lügner, das ist so viel gesagt, alle Menschen sind eitel, die da trügen und betrogen werden; item: Gehe nicht in das Gericht mit deinem Knechte. Aber mit dieser Hoffnung richte ich mich allein auf, daß ich sehe, daß im Evangelio Trost verheißen ist denen, welche ihre Sünde drückt und ängstet, und Hoffnung dem armen, verzagten Gewissen, dazu, daß denen, so in die Hölle geführt sind, der Himmel verheißen ist.

Am 24. September.

Meine Kindlein, lasset uns nicht lieben mit Worten, noch mit der Zunge,
1 Joh. 3, 18.

Wir sollen lieben, und zwar nicht mit Worten, noch mit der Zunge; sondern der ganze Mensch soll lieben, wie wir die Erklärung Christi davon haben (Matth. 22, 37 ff.) Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüthe. Dies ist das fürnehmste und größte Gebot. Das andere ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. Es gibt Viele, die sich nur stellen, als haben sie Liebe. Die Liebe aber soll nicht falsch sein (Röm. 12, 9); sondern mit der That und mit der Wahrheit. Denn das Reich Gottes stehet nicht in Worten, sondern in Kraft. 1 Kor. 4, 20. Deswegen nennet er einen jedweden Christen einen Bruder, weil unter den Christen eine Brüderschaft ist. Brüder aber sollen an einerlei Erbe Theil haben. Im Uebrigen ist es was Schlechtes, wenn man nur einen solchen Bruder liebet, der wiederum gutthätig und freundlich ist. Also liebet auch die Welt nach dem Vers: Vulgus amicitias utilitate probat. Das ist, der gemeine Haufe halt nur mit denjenigen Leuten Freundschaft, von denen er Nutzen hat. Demnach spricht er nicht: Lasset uns die heiligen, angenehmen, reichen Leute lieben; sondern die Brüder; also, daß man dabei mit seiner Liebe auf Nichts sehe, als bloß auf die Brüderschaft; weil man einen Bruder nicht um Nutzens, nicht um Ehre willen, sondern aus Schuldigkeit liebet. Alle Gaben, die wir haben, sollen denenjenigen dienen, die sie nicht haben. Z. Ex.: Wer gelehrt ist, soll dem Ungelehrten, ein Reicher dem Armen, ein Kluger dem Albernen dienen. Das ist was Leichtes, wenn man Paulum und andere Apostel liebet, die dir auch nach ihrem Tode dienen. Aber die Schwachen, die Verdrießlichen, die Ungelehrten lieben, das ist alsdann wahrhaftig lieben. Sonst ist es keine Brüderschaft, sondern ein fleischlich Wesen. Mit wenigen: Der Christen ihre Schuldigkeit ist, nicht ihrem eigenen, sondern der Brüder ihrem Nutzen dienen.

Am 25. September.

Ich wollte, das Wörtlein „freier Wille“ wäre nie erfunden, es stehet auch nicht in der Schrift, und heiße billiger „eigen Wille,“ der kein nütze ist. Oder so man es ja behalten will, soll man es deuten auf den neu geschaffenen Menschen, daß dadurch werde verstanden der Mensch, der ohne Sünde ist. Derselbige ist gewißlich frei, wie Adam im Paradies war, von welcher auch die Schrift redet, wo sie unsere Freiheit rühmt. Die aber in Sünden liegen, sind unfrei und des Teufels Gefangene. Doch weil sie mögen noch frei werden durch die Gnade, magst du sie nennen Freiwillige; wie du einen reichen Mann nennest, der ein Bettler ist und doch reich werden kann. Aber es ist nicht recht, noch gut, also würfeln mit Worten, in solchen ernsten, großen Sachen; denn es ist ein Einfältiger leicht damit betrogen, und solche Lehrer heißen Sophisten.

Am 26. September.

Glaube und Verheißung sind von Natur bei einander, also, daß keins vom Andern mag geschieden werden. Denn, was ist es nütze, daß Einer viel verheißen wollte und Niemand wäre, der es glaubete? Und wozu dienet auch wiederum der Glaube, so keine Verheißung da ist? Darum gehören Verheißung und Glaube zusammen und erfordert das die natürliche Ordnung, daß, nachdem Moses die Verheißung beschrieben hat, er nun auch sage, daß Abraham geglaubet, das ist, diese Verheißung angenommen und sich daran gehalten habe. Der Teufel hat seine Verheißung auch und zwar sehr scheinbarllch; darum gehöret ein scharfer Verstand dazu, daß man unter Gottes und des Satans, das ist, unter den rechten und falschen Verheißungen, einen rechten Unterschied machen kann. Des Satans Verheißungen sind behaglich, gehen mit Lust ein, und werden angenommen, machen auch die Leute sicher und frech; also, daß sie beide, ihrer selbst und des göttlichen Gerichts nicht achten. Wie wir sehen, daß Juden, Türken, und bei uns die falschen Brüder, den allersichersten Muth haben und Nichts weniger thun, denn daß sie Gottes Zorn und Gerichte fürchten sollten. Wenn aber Gott Etwas verheißet, so muß allda der Glaube im langen und großen Kampf stehen; denn die Vernunft, oder Fleisch und Blut halt das schlecht dafür, daß Gottes Verheißungen unmöglich seien; darum kann es nicht fehlen, es muß der Glaube wider den Zweifel und wider die Vernunft streiten und fechten. Solches sehen und bedenken die Sophisten nicht, darum meinen sie, wir fechten um ein geringes Ding, wenn sie hören, daß wir vom Glauben lehren. Denn sie verstehen und wissen nicht, daß der Glaube eine Veränderung und Verneuerung ist der ganzen Natur; also, daß Augen, Ohren und Herz selbst ganz und gar anders hören, sehen und fühlen, denn andere Leute. Denn der Glaube ist ein lebendig und gewaltig Ding, er ist nicht ein schläfriger und fauler Gedanke, schwebet auch und schwimmt nicht oben auf dem Herzen, wie eine Gans auf dem Wasser, sondern ist wie Wasser, so durch Feuer erhitzet und erwärmet ist; dasselbe, ob es wohl Wasser bleibet, so ist es doch nicht mehr kalt, sondern warm, und ist also gar ein ander Wasser, also machet der Glaube, der des heiligen Geistes Werk ist, ein ander Herz, Gemüth und Sinn, und machet also gar einen neuen Menschen.

Am 27. September.

Die sichern Gottlosen richten auf anstatt der Gerechtigkeit Gottes ihre eigene Gerechtigkeit. Daher es denn kommt, daß sie weder fürchten, noch hoffen können. So gehen sie in Gottes Haus und kommen vor Gott in seinen Tempel auf die Größe und Menge ihrer Gerechtigkeit, die Gottes Barmherzigkeit und Güte nicht bedürfen. Ich aber, dieweil ich bei mir gewiß bin, daß ich vor Gott und seinem Gerichte nicht kann bestehen und bewahrt sein, so gehe ich also in sein Haus und schicke mich zu Ihm, auf daß ich seine Güte allein vor Augen habe, welche groß ist und unermessen. Die sehe ich allein an, die gibt mir auch einen Muth und macht mich kühn, daß ich nun sicher und wohl bewahrt bin. Denn wie Ps. 26, 3, sagt: Deine Güte ist vor meinen Augen und ich wandele in deiner Wahrheit. Mit solchem Vertrauen will ich kommen und Dich anbeten, aber doch in deiner Furcht; nicht so vermessen, daß ich Dir meinethalben und aus mir werde gefallen; ja, ich will mich fürchten, daß nicht mein Dienst und mein Anbeten eine Strafe verdiene. Durch welche Furcht ich will deine Ehre, deinen Ruhm und Preis erhalten und meine Demuth bewahren, indem daß ich mich nicht selbst vertheidige, sondern daß ich dein Gericht in Hoffnung deiner Güte und Barmherzigkeit, die da herzlich Sünde verzeiht, demüthiglich erwarte.

Am 28. September.

Wer von Herzen gewiß und fest glaubte, daß Christus sein Bruder wäre, der würde in eitel Sprüngen daher gehen und sagen: Wer bin ich, der ich zu solchen Ehren komme, und Gottes Sohns Bruder bin und heiße? Bin ich doch nicht werth, daß ein so großer König und Herr aller Creaturen mich seine Creatur heiße. (1 Mos. 18, 27.) Nun hat Er nicht daran Genüge, daß ich seine Creatur bin und heiße; sondern will auch, daß ich sein Bruder sei und heiße. Sollte ich nun nicht fröhlich sein, sintemal mich der Mann seinen Bruder heißet, der ein Herr ist über Himmel und Erden, über Sünde und Tod, über Teufel und Hölle und Alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. Aber unsere Herzen sind zu klein und enge, und der Trost ist viel zu groß und gar überschwänglich, daß wir ihn nicht fassen können, ob wir schon täglich davon hören und dran lernen. Wo aber solches in ein Herz fället und mit dem Glauben ergriffen wird, da muß folgen, daß solch Herz fröhlich werde, und gegen dieser Brüderschaft Alles, was in der Welt ist, verachte, als eitel Unflath und Stank. Wo aber ein Herz nicht lustig und fröhlich davon wird, so ists ein Zeichen, daß derselbe Mensch dieß Wort „Bruder“ noch nie gehöret, oder doch nie verstanden; oder, so ers gehöret und verstanden, doch nie angenommen und geglaubet hat. Die Folge aber, so das Wort „Bruder“ mit sich bringet, ist über alle Maaße wichtig und herrlich. Denn, bin ich Christi Bruder (wie denn Christus in diesen Worten uns gewiß zusagt), so folget daraus unwidersprechlich, daß ich mit Christo sitze in gesammten Lehen und gleicher Erbschaft, und alle Güter mit Ihm gemein habe, die Er hat. Also gibt mir das Wort „Bruder“ eine solche Krone auf mein Haupt, welche Niemand aussprechen, noch mit Gedanken ergründen oder begreifen kann (2 Tim. 4, 7. 8). St. Paulus hat verstanden; darum hat er auch so herrlich davon geredet und geschrieben. Unsere Schwärmer und Rottengeister führen dieß schöne, liebliche Wort „Bruder“ in solchem Mißbrauch, daß wirs nicht wohl mehr brauchen dürfen. Man darf schier Niemand mehr mit dem Namen „Bruder“ nennen, so gar haben sie dieß Wort, wie auch andere Worte mehr, mit ihrem schändlichen Wesen beschmeißet. Wenn aber dieß Wort „Bruder“ von mir recht gebraucht und von Herzen gehet, und fest geglaubet wird; so folget, daß ich gehöre in das Paradies und Himmelreich, darinnen Christus Herr ist; denn ich bin ein Miterbe mit Ihm. Er gibt uns ja diesen Namen darum, daß wir seine Miterben sein sollen, mit Ihm leben und regieren; ja. Er gibt uns nicht allein den schlechten, bloßen Namen, sondern gibt uns auch die Erbschaft dazu. So heißt nun ein jeglicher Christ und Gläubiger des Herrn Christi Bruder; darum, daß er ein Miterbe ist mit Christo aller himmlischer Güter. Davon saget auch Christus, Matth. 12, 50: Wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, derselbige ist mein Bruder, Schwester und Mutter.

Am 29. September.

Der Friede Gottes höher, denn alle Vernunft.

Weltlicher Friede stehet darinnen, daß da hinweggenommen werde das äußerliche Uebel, das da Unfriede machet; als wenn Feinde vor einer Stadt liegen, so ist Unfriede; wenn sie aber hinweg sind, so ist wieder Friede. Also Armuth und Krankheit, weil es dich drücket, bist du nicht zufrieden, wenn es aber hinwegkommt, du des Unglücks los wirst, so ist wieder Friede und Ruhe von außen; aber der solches leidet, wird nicht verwandelt, bleibet eben so verzagt, wenn es da, oder nicht da ist, ohne daß ers fühlet, und ihn ängstiget, wenn es gegenwärtig ist. Aber christlicher, oder geistlicher Friede wendet es eben um, also daß außen das Unglück bleibet, als Friede, Krankheit, Armuth, Sünde, Teufel und Tod, die sind da, lassen nicht ab, und liegen rings herum; dennoch ist inwendig Friede, Starke und Trost im Herzen, daß es nach keinem Unglück fraget, ja auch muthiger und freudiger wird, denn wenn es nicht da ist. Darum heißt es wohl solcher Friede, der höher ist, denn Vernunft und alle Sinne. Denn die Vernunft verstehet und suchet nicht mehr, denn solchen Frieden, so von außen kommt von den Gütern, so die Welt geben kann, weiß nichts davon, wie man das Herz zufrieden stellen und trösten soll in den Nöthen, da dieses Alles fehlet. Wenn aber Christus kommt, laßt Er äußerliche Widerwärtigkeit, stärket aber die Person und machet aus Blödigkeit ein unerschrocken Herz, aus dem Zappeln, keck, aus einem unruhigen, ein friedsam, still Gewissen, daß ein solcher Mensch in den Sachen getrost, muthig und freudig ist, in welchem sonst alle Welt erschrocken ist, das ist in Tod, Schrecken der Sünde und allen Nöthen, da die Welt mit ihrem Trost und Gut nicht mehr helfen kann. Das ist denn ein rechter, beständiger Friede, der da ewig bleibet und unüberwindlich ist, so lange das Herz an Christo hanget. Also ist dieser Friede nichts Anders, denn daß das Herz gewiß wird, daß es einen gnädigen Gott und Vergebung der Sünden hat; denn ohne das kann es doch in keiner Noth bestehen und mit keinem Gut auf Erden zufrieden gestellt werden. Solches geschieht aber alsdann und kommt auch daher, so Christus uns weiset seine Hände und Seite, das ist, so Er uns durchs Wort zeiget, wie Er für uns gekreuziget, sein Blut vergossen und gestorben, und damit für unsere Sünde bezahlet, Gottes Zorn versöhnet und abgewandt habe. Das ist das rechte Wahrzeichen, die erschrockenen Gewissen und Herzen zu trösten und zu versichern der göttlichen Gnade und Vergebung der Sünde.

Am 30. September.

Den letzten September sahe Doctor Martin seine Kindlein am Tisch sitzen und sprach: Christus sagt, Matth. 18, 3: wahrlich, ich sage euch, es sei denn, daß ihr euch umkehret und werdet wie die Rinder, so werdet ihr Nicht in das Himmelreich kommen; betheuret es mit einem Eide. Ei, lieber Gott, du machst es allzugrob, daß du es doch säuberlich machest, und die Kinder, solche Närrlein, nicht so hoch erhübest! Wo hast du das befohlen und gelehret, daß ein närrisch Kindlein soll einem Weisen vorgezogen werden? Wie kann unser Herr Gott mit seinem Urtheil und Gerechtigkeit bestehen, die Paulus so hoch rühmet, Gottes Gerechtigkeit. Ist das die Gerechtigkeit, damit du die Klugen verwirfest und die Narren annimmst? Es heißt hier: Glaube Gottes Wort und gib dich gefangen. Unser Herr Gott hat reinere Gedanken, denn wir Menschen. Er muß uns also entgröbern, Er muß gar grobe Aeste und Späne von uns weghauen, ehe Er solche Kinder und Närrlein aus uns macht. Sehet, wie feine, reine Gedanken haben die Kinderlein, wie sie den Himmel und den Tod ohne allen Zweifel ansehen! Sie sind gleichsam wie im Paradiese. Und in denen Kindern, da etwas Sonderliches aus werden will, sind allezeit wunderbarliche, sonderliche Geberden. Luk. 2. Doctor M. Luther sahe seine Kinder an, daß sie mancherlei Natur und Art waren, verwunderte sich über Gottes Werk und Geschöpf, und sprach: Gleichwie die Art mancherlei, ja einem Menschen gehts anders, denn dem Andern, Einer hat mehr Glücks oder Unglücks, denn der Andere. Darum soll man allein auf Gott, den Schöpfer und Stifter sehen, Ihm vertrauen und Ihn anrufen.

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