Jellinghaus, Theodor - Kapitel VIII. Der völlige Erlöser, der Glaube, die Erfahrung.

Jellinghaus, Theodor - Kapitel VIII. Der völlige Erlöser, der Glaube, die Erfahrung.

Wie kommt nun ein nach stetigem Siege und sicherer Kraft in der Heiligung verlangendes Gotteskind, dass bisher bei bestem Willen immer wieder in alte Sündennaturen gefallen ist, zu dieser seligen Erfahrung in Christus, dass es rühmen kann: In Christus habe ich Gerechtigkeit und Stärke, Christi Macht macht mich zum Sieger, Christi Blut bewahrt mich rein von aller Sünde? Es kommt hier, wie schon bei der Lehre vom Glauben an die Versöhnung gezeigt ist, auf drei Dinge in der rechten Reihenfolge an.

  1. Christus ist der völlige Erlöser
  2. Der Glaube
  3. Die Erfahrung

Es muss erst der Seele die Tatsache feststehen, dass Christus für uns ein völliger Erlöser ist und dass, was zum Leben und göttlichem Wandel dient uns alles als eine gegenwärtige Gabe in Ihm, dem Auferstandenem geschenkt ist.

Die Überzeugung von der Wahrheit dieser Tatsache, dass Christus. als unser Haupt für uns gestorben und auferstanden ist, damit wir als seine Kinder, der Sünde abgestorben mit ihm wandeln können, muss die Seele persönlich durch den Heiligen Geist aus Gottes wahrhaftigem Worte erlangt haben. So lange eine Seele nicht durch ernstes, persönliches Forschen in der Schrift zu dieser Erkenntnis gekommen ist, hat sie keinen festen Grund unter den Füssen. Auf einer menschlichen Lehrers Rede oder Schrift und sei sie noch so geistvoll, kann man sich nicht verlassen. Das gibt keinen festen Grund gegen die Anfechtungen von Fleisch, Welt und Satan, die doch mit Wucht und mit Zähigkeit uns noch bestürmen und belagern werden. Da kommt uns sonst zuletzt der Gedanke: Ja, für ausserordentliche Leute mag das sein, die mögen das erfahren haben; aber für mich in meiner besonderen Lage und mit meinem so besonders zerstreuten und irrenden Gemüte ist das nichts.

Auf klarem Schriftwort (das der Heilige Geist im Herzen besiegelt) muss die Überzeugung gegründet sein, dass die Verheissung des stetigen Sieges für alle, also auch für mich, persönlich da ist. Es muss uns dies ebenso gewiss aus Gottes Wort feststehen, wie das in der Versöhnung, Vergebung und neues Leben für jeden Sünder erworben und vorhanden ist.

Gerade wie der Gnade suchende Sünder erst von der Tatsache seiner in Christus für ihn offen stehenden Begnadigung überzeugt sein muss, so muss der verlangende Christ erst von der Erlösungskraft Christi überzeugt sein und sich dann zum Mitgestorben und Mitauferstandensein im Glauben hingeben und dann erfahren.

Das Glauben und Vertrauen ohne vorangegangene und allmähliche Selbstheiligung erscheint nun vielen als eine Anmassung. Aber Christus nach Gottes wahrhaftigem Worte glauben und darauf als auf etwas Unsichtbares und doch Gewisses fest vertrauen, ist nie anmassend. Dagegen Christus und den Aussagen der Bibel über Christi Erlösungsmacht nicht vertrauen und folgen wollen, als bis man sie erfahren hat, das ist Unglaube, Sünde und Anmassung.

Ob unser Vertrauen auf Christus wirkliches Vertrauen ist, das zeigt sich darin, ob wir auf unser Gebet nun auch im Glauben von Christus Bewahrung vor Sünden und Sieg und reinen Wandel erwarten. Nur wenn ich wirklich auch das erwarte, was ich im Glauben bei Christus suche und von ihm erbitte, dann glaube und vertraue ich wirklich. Wie mancher aber bittet, indem er sich auf Jesu Verheissung beruft, um Bewahrung von den Sünden und vor dem bisherigen Straucheln und um ein reines Herz, aber er erwartet es nicht, dass es ihm widerfahren werde und betrübt und verwundert sich auch nicht darüber, dass es nicht geschieht.

Im Gegenteil, wenn ein anderer bekennt: Auf mein Glaubensgebet bewahrt mich der Herr den Tag über vor Sünde und erhält mich im Siege und in der Herzensreinigung, so kommt ihm das wie ein unglaubliches und gefährliches Zeugnis vor. Um eine Sache aber bitten, die man nicht erwartet, ist Unglaube und ein unwahrer Formalismus.

Welcher Vater, der seinem Kinde etwas verspricht, würde es gerne haben, wenn nun zur bestimmten Zeit das Kind zwar darum bittet, aber gar nicht erwartet, dass es auch das Versprochene erlangen werde?

Nur soviel unser Vertrauen mit Erwarten verbunden ist, erweist es sich als wirklicher Glaube. Einem Jeden geschieht nach seinem Glauben und seiner Glaubenserwartung. Wer nur teilweisen Sieg erwartet, wird auch nur teilweisen Sieg erlangen und wer gar nichts erwartet, der erhält gar nichts.

Die Seele muss erst auf Grund von Gottes Wort die Glaubenserwartung des Sieges in Christus haben; dann kann sie die Kraft Christi erfahren. Viele dagegen wollen zuerst erfahren und dann glauben und sagen: Ja, wenn ich auch solche Erfahrung machte, dann wollte ich auch glauben und mutig sein.

Aber das heisst ja klar: Man will im Unglauben Glaubenserfahrungen machen und das ist doch unmöglich und ein törichtes, widerspruchsvolles Begehren.

Erst die Überzeugung von der erlösenden Tatsache und von der uns in Christus angebotenen gegenwärtigen Hilfe, dann das hingebende Vertrauen darauf, dann auch die Erwartung; nie und nimmer geht es umgekehrt.

Darum darf die Seele nicht sagen: Ich will es nun versuchen zu glauben und wenn ich es dann erfahre, dann will ich es fest glauben. Wenn du Gott nicht eher fest vertrauen willst, als bis du es erfahren, so glaubst du eben nicht und bis misstrauisch gegen den wahrhaftigen Gott und kannst Christi Gnadenmacht und Heiligungskraft nicht erfahren.

Wer solange er nicht erfahren hat bloss versuchen will zu glauben, der glaubt und vertraut gar nicht und gibt sich nicht in die Treue an den grossen Erlöser hin. Christen sagen oft: Als mir von anderen Christen bezeugt wurde, dass sie durch den Glauben an die Reinigungskraft des Blutes Christi ein reines Herz und den Sieg über die Sünden erlangt und bisher trotz einzelner Fehltritte behalten hätten, da habe ich es auch ernst probiert so zu glauben; aber ich habe diese Erfahrung nicht gemacht, darum sei die Lehre irrig.

Aber solche Leute bekennen ja mit ihren eigenen Worten, dass sie nicht wirklich von der Erlösung Jesu überzeugt sind, sondern dass sie nur auf das Erfahrungszeugnis anderer einmal probiert haben zu glauben.

Die Erfahrungszeugnisse glaubwürdiger Christen sollen uns wohl zur Glaubensstärkung dienen, aber sie dürfen nicht der letzte Grund unseres Vertrauens sein, sind wird man bald erfahren, dass man nicht auf dem Felsen gegründet ist.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/j/jellinghaus/jellinghaus_-_heiligung_allein_durch_christum_-_kapitel_8.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain