Gerhard, Johann - Tägliche Uebung der Gottseligkeit – 2. Abteilung - Das fünfzehnte Capitel. Danksagung für die Verheißung des ewigen Heils.
Ich danke dir, mein himmlischer Vater, daß du mir nicht nur umsonst Vergebung der Sünden und die innerliche Erneuerung des Geistes gegeben hast, sondern auch die gewisse Verheißung des ewigen Heils. Wie groß ist diese deine Güte, daß du mir unwürdigen und sündhaften Menschen, der so oft deine Barmherzigkeit erfahren hat, auch noch verliehen hast, die himmlische Herrlichkeit in Hoffnung schon im Voraus hinzunehmen, und die keineswegs zweifelhafte Hoffnung zu fassen, daß ich die ewigen Wohnungen des himmlischen Hauses bewohnen werde! Die Güter jenes ewigen und wahren Lebens sind so groß, daß sie nicht gemessen werden können; so häufig, daß sie nicht gezählt werden können; so vielumfassend, daß sie nicht begrenzt werden können; so kostbar, daß sie nicht geschätzt werden können. Wie groß ist daher deine Güte und Freigebigkeit gegen mich, per ich solche gar nicht verdiene, daß du mich mit der gewissen Hoffnung dieser Güte in diesem Arbeitshause des Lebens beglückest! Der Apostel der Wahrheit bezeugt, daß ich schon da in Hoffnung selig sey. Daß die Hoffnung nicht zu Schanden werden läßt, wird durch das deutliche Zeugniß desselben Apostels bestätigt. Warum wird daher das Schifflein meines Herzens, in dem Christus durch den Glauben fährt, so oft mit Stürmen und Wogen der Zweifel geplagt? Du hast mir die Verheißung der Seligkeit gegeben, o Gott, der du der treue Gott bist; wie kann ich noch zweifeln, ob diese deine Verheißungen Worte von unbeweglicher und unveränderlicher Gewißheit sind?. Aus freier Gnade kommt jene Verheißung des Lebens; daher wird sie nicht vom Verdienst meiner Werke abhängen. Ueber deine Wohlthaten, die mir aus Gnaden verheißen sind, kann ich durch den Glauben so gewiß seyn, als ich über die mir bereits erwiesenen durch den Augenschein gewiß bin. Du speisest mich mit dem Leibe und Blute deines Sohnes, und versiegelst mich mit dem innern Zeugniß des heiligen Geistes; welches Zeugniß kann gewisser oder welches Pfand kostbarer seyn, womit du mir die Verheißung der Seligkeit gewiß machest? Thatsächlich mache ich die Erfahrung, daß du in der Noth des gegenwärtigen Lebens bei mir bist; wie werde ich nicht bei dir in der seligsten Tröstung des ewigen Lebens seyn? Wenn du mir so Großes in der Hütte dieser Welt erweisest: wie viel Größeres wirst du im Palast des himmlischen Paradieses erweisen! Was du verheißen hast, das ich zu hoffen habe, ist mir so gewiß, als alles das, was du in dieser Welt zum Gebrauche gegeben hast. Deine Barmherzigkeit und Wahrheit ist stark, und wird über mir stark seyn ewiglich. Deine Barmherzigkeit ist mir zuvorgekommen, dieselbe wird mir auch folgen. Sie ist mir zuvorgekommen in der Rechtfertigung, sie wird mir folgen in der Verklärung; sie ist mir zuvorgekommen, daß ich fromm leben sollte, sie wird mir folgen, daß ich immer bei dir leben könne. Ich will daher jene Barmherzigkeit und deine Treue ewiglich preisen! Amen.