Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der ernsten Vorbereitung vor dem Genuss des heiligen Mahles.

Gerhard, Johann - Heilige Betrachtungen - Von der ernsten Vorbereitung vor dem Genuss des heiligen Mahles.

Sei ein vorsichtiger Gast Christi.

Nicht eine gewöhnliche Speise, auch nicht eines Königs Mahl, sondern das heiligste Geheimnis des Leibes und Blutes Christi wird uns zum Genuss vorgelegt. Daher wird durchaus eine würdige Vorbereitung erfordert, dass wir nicht statt des Lebens den Tod finden, statt der Gnade das Gericht empfangen.

Wie ängstlich, wie besorgt ist jener heiligste, durch die Stärke seines Glaubens ausgezeichnete Patriarch 1 Mos. 18,2.3, da der Sohn Gottes in Gestalt des Menschen ihm einst erschien und zuvor verkündigte, dass er Sodom zerstören wolle. Hier wird das Lamm Gottes vorgestellt, nicht zum Ansehen, sondern zum schmecken und essen. Da Usta ohne Bedacht zur Lade des Bundes trat, ward er vom Herrn plötzlich mit Aussatz geschlagen 2 Chr. 26,16.19: was Wunder, wenn der, welcher unwürdig von diesem Brot isst, und von diesem Wein trinkt, sich das Gericht isst und trinkt? 1 Kor. 11,29. Denn hier ist die wahre Lade des neuen Bundes, die durch jene alte vorgebildet wurde. Die wahre Vorbereitung aber lehrt der Apostel mit diesem einzigen Worte: Der Mensch, spricht er, prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brot 1 Kor. 11,28. Wie aber alle göttliche Prüfung nach der Vorschrift der Heiligen Schrift zu vollziehen ist, auf gleiche Weise verhält es sich auch mit der, welche Paulus fordert. Betrachten wir also zuerst unsere Schwachheit.

Was ist der Mensch? Staub und Asche: aus der Erde entstehen wir, von der Erde leben wir, in die Erde kehren wir zurück. Was ist der Mensch? Ein stinkender Same, ein Sack des Schmutzes und eine Speise der Würmer. Der Mensch ist geschaffen zur Arbeit, nicht zur Ehre, der Mensch, vom Weib und darum mit Schuld geboren, lebt kurze Zeit Hiob 14,1, und ist darum voll Unruhe, beladen mit vielem Elend, und darum voll Seufzens, und also in Wahrheit mit vielem Elend beschwert, weil mit Elend des Leibes und der Seele zugleich. Der Mensch weiß nicht seinen Aufgang, weiß nicht seinen Niedergang; wie ein Kraut, das am Tag der Sonnenwende wächst und vergeht, so dauern wir eine kleine Weile, und dieses kurze Leben hat keineswegs geringe Schmerzen und Mühen.

Betrachten wir zweitens unsere Unwürdigkeit. Jedes Geschöpf ist im Verhältnis zum Schöpfer ein Schatten, ein Traum, Nichts Ps. 39,7; unbestreitbar auch der Mensch. Aber in mehrfacher und schwerer Weise ist der Mensch unwürdig: denn er beleidigt seinen Schöpfer durch Sünden. Gott ist an sich und seinem Wesen nach gerecht; an sich und seinem Wesen nach zürnt er also den Sünden. Was sind wir Stoppeln vor jenem verzehrenden Feuer 5 Mos. 4,24. Wie werden unsere im höchsten Grad fleckenvollen Taten Bestand haben? Wie unsere Missetaten, die du vor dich stellst, und unsere unerkannten Sünden, die du in's Licht stellst vor deinem Angesicht? Ps. 90,9. Unendlich ist Gott und sich immer gleich, von unendlicher Gerechtigkeit und von unendlichem Zorn: wenn in allem seinen Tun, so ist Gott unbestreitbar auch im Zorn, in der Gerechtigkeit und Rache groß und durchaus staunenswürdig. Der seines Sohnes nicht verschont hat, wird er des Gebildes seiner Hand verschonen? Der des Heiligsten nicht verschont hat, wird er des unnützen Knechtes verschonen? So sehr hasst Gott die Sünde, dass er sie an den Geliebtesten straft, wie offenbar ist an Luzifer, den ersten der Engel.

Die Prüfung aber richte sich nicht bloß auf uns, sondern auch auf dieses gesegnete Brot, welches die Gemeinschaft des Leibes Christi ist, dann wird der wahre Quell der Gnade, und der unerschöpfliche Brunn der Barmherzigkeit offenbar werden; der Herr wird uns nicht völlig verachten können, die er seines Fleisches teilhaftig macht: denn wer hat je sein eigen Fleisch gehasst? Eph. 5,29. Dieses heilige Mahl wird daher unsere Seelen umgestalten; dieses göttliche Mahl wird uns zu göttlichen Menschen machen, bis wir endlich als Genossen der zukünftigen Seligkeit den ganzen und einigen Gott in uns fassen und Gott ganz ähnlich werden, was wir hier im Glauben und Geheimnis sind, und dort in der Wirklichkeit und ganz offenbar sein werden Kol. 3,3.4. 1 Joh. 3,2, 1 Petr. 1,5. Auch selbst unsere Leiber werden diese Würde erlangen, damit wir in ihnen Gott von Angesicht zu Angesicht schauen können 1 Kor. 13,12, welche jetzt Tempel des Heiligen Geistes sind und durch den Leib und das Blut Christi, der in ihnen wohnt, geheiligt und lebendig gemacht werden. Diese heiligste Arznei heilt alle Schäden der Sünden. Dieses lebendig machende Fleisch überwindet jede Sünde, die den Tod gebiert. Dies ist das heiligste Siegel der göttlichen Verheißungen, welches wir bei dem göttlichen Gericht vorzeigen können. Nachdem dies Pfand uns gegeben ist, können wir uns mit aller Zuversicht des ewigen Lebens rühmen; wenn Christi Leib und Blut uns gespendet werden, so sind uns auch unbestreitbar durch jenen heiligsten Leib und jenes gesegnete Blut alle Wohltaten erworben: wie wird, wer das Geringere gegeben hat, das Größere versagen? Der seinen Sohn uns gegeben hat, wie wird der mit ihm uns nicht alles schenken? Röm. 8, 32.

Darum freue sich die Braut, denn die Zeit ist nahe, da sie zur Hochzeit des Lammes gerufen werden wird Off. Joh. 19,7; sie lege Schmuck an, nehme ein hochzeitlich Kleid Matth. 22,12, dass sie nicht bloß erfunden werde. Jenes Kleid ist die Gerechtigkeit des Bräutigams, welche wir in der Taufe anziehen: unsere Gerechtigkeit ist weit entfernt, ein hochzeitlich Kleid zu sein, dass es vielmehr ist wie das Kleid eines unreinen Weibes Jes. 64,6. Hüten wir uns also zu jener hochzeitlichen Feier jene abscheulichsten und schmutzigsten Kleider unserer Werke mitzubringen; der Herr gebe uns ein Kleid, dass wir nicht bloß erfunden werden 2 Kor. 5,3.

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