Calvin, Jean - Die Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu nach harmonischer Zusammenstellung der Berichte des Matthäus, Markus und Lukas erklärt - Vorwort des Übersetzers.
Im Anschluss an die mannigfachen Bestrebungen in neuerer Zeit, die Schätze der Erkenntnis und Erbauung, die die Väter und Begründer unserer teuren reformirten Kirche in ihren Schriften niedergelegt haben, aus dem Staube der Vergessenheit hervorzuziehen und für die christliche Gemeinde nutzbar zu machen, gedenke ich, so Gott will, die bedeutendsten Partien der neutestamentlichen Kommentare Calvins in deutscher Übersetzung herauszugeben, und habe ich bereits mit der im Jahre 1863 bei Henri Saurage (Plahn'sche Buchhandlung) in Berlin erschienenen Bergpredigt, der dann meinem ursprünglichen Plane zufolge zunächst die Gleichnisreden des Herrn folgen sollten, den Anfang gemacht. Um jedoch mehrfachen Wünschen unter den Brüdern in Nord-Amerika nachzukommen, übergebe ich hiermit denselben inzwischen noch eine andere Abteilung, die ihrer Stellung nach zum Ganzen eigentlich die Reihe der zu publizierenden Partien hätte eröffnen müssen, und die ich die „Geburts- und Kindheitsgeschichte unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi“ betitelt habe. Möge die geringe Gabe Allen willkommen sein, denen es um Belehrung und Erbauung aus Gottes Wort zu tun ist! Wenn irgend eine Bibel-Exegese nach dieser doppelten Beziehung hin zu befriedigen in vorzüglichem Maße geeignet erscheint, so ist es die Calvins, die bei wissenschaftlicher Tiefe doch zugleich populär und allgemein fasslich, und weit entfernt, sich in der schwerfälligen, oft so ungenießbaren Form unserer heutigen Schriftkommentare zu bewegen, vielmehr eine fortlaufende Predigt an die Leser, eine Sprache des Herzens zum Herzen ist. Die Übersetzung wird freilich nur ein unvollkommenes Surrogat für den durch Originalität, durch Lebendigkeit und Frische sich so rühmlich auszeichnenden lateinischen Grundtext bieten können; ich bin demselben jedoch, soweit der Geist der deutschen Sprache es irgend zulässt, treu gefolgt und muss deshalb hinsichtlich etwaiger, dem christlichen Leser auffallender Unebenheiten in der Diktion1) um freundliche Nachsicht bitten. Die oft so charakteristische Färbung des Ausdrucks wird durch allzu freie Übertragung vielfach verwischt und abgeschwächt, und ich habe es daher hin und wieder vorgezogen, etwas undeutsch zu verfahren, als den Gedanken seines eigentümlichen, vom Verfasser ihm aufgedrückten Gepräges zu entkleiden. Der Herr unser Gott bekenne Sich zu dieser Arbeit, die ich im Interesse der Förderung Seines Reiches unternommen, und lasse dieselbe trotz ihrer Mängel an den Herzen der Leser im fernen Westen, denen ich hiermit meinen brüderlichen Gruß entbiete, nicht ohne Segen sich betätigen!
Am Reformationsfeste 1864.
Dr. E. Matthies.