Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Zweite Erbauungsstunde.

Steinmetz, Johann Adam - Von der Versiegelung der Gläubigen mit dem heiligen Geist - Zweite Erbauungsstunde.

In der ersten Abhandlung von der wichtigen und geheimnißvollen Lehre von der Versiegelung mit dem heiligen Geiste haben wir die zwei Stücke nach der Schrift vorgetragen, nemlich:

  1. Was durch die Versiegelung mit dem heiligen Geist verstanden werde.
  2. Was von Seiten der Menschen erfordert werde, oder was der Mensch erst durch den heil. Geist bei sich müsse wirken lassen, wenn er dieser Versiegelung durch den heiligen Geist solle theilhaftig werden.

Nun erwägen wir auch: III. Wie und wo mit denn diese Versiegelung geschehe bei einer Seele.

Das setze ich voraus bei einer Seele, die bis zum siegenden Glauben gekommen ist, zu einem solchen Glauben, durch den sie alle Zweifel an die Gnade Jesu überwunden, und daß sie nicht mehr unter einer Welt- oder Creaturliebe, unter einer oder andern herrschenden Sünde liegt, sondern, daß sie von der Gewalt, Macht und Herrschaft der Welt- und Creaturenliebe, der Fleischeslüste durch den Glauben entbunden worden. Ich frage also:

Wie und womit wird nun eine solche Seele versiegelt, ganz gewiß versichert, wie mit einem aufgedrückten Siegel, daß sie Vergebung der Sünden habe, daß sie ein Kind Gottes sei, daß, wenn sie im Augenblick stürbe, sie uns fehlbar ein Miterbe oder Miterbin Jesu Christi würde. Das ist denn abermal eine überaus wichtige Sache, die zum Grunde liegen muß, wenn man einen andern Punkt, darauf ich antworten werde, recht verstehen und einsehen will. Wenn man nun fragt, wie und womit denn eine Seele, die bis zur Versiegelung gekommen, versichert werde der Kindschaft Gottes, des Gnadenstandes, des himmlischen Erbes, so muß man zur Antwort überhaupt darauf merken, daß diese Versiegelung und Versicherung zwar in der Hauptsache bei allen Seelen auf Eines hinauskommt und von einerlei Art und Beschaffenheit sei. Aber wie Gott seine Weisheit in manchen Stücken sehr mannigfaltig zu offenbaren weiß, so geschieht es auch besonders bei diesem Werke der Versiegelung, z. B. manche Seele, die Gott zum Glauben bringt, muß ziemlich lange warten, muß ein groß Maß Thränen vergießen, weil es Gott für gut gehalten, ehe sie das Siegel bekommt. Dieser Grund liegt in ihrer Wankelmüthigkeit und angewöhnten Untreue. Eine andere Seele kann es wohl in wenig Stunden und Tagen empfangen. Wir haben das Exempel an dem Kämmerer aus Mohrenland, im gleichen an Paulo, der nach dreien Tagen sein Siegel hatte, es mit großer Freudigkeit erkannte, und nachdem er solches hatte, auf der Reise von seinem Heiland mit großer Freude zeugen, und Leib und leben für ihn wagen konnte, in der Gewißheit, daß er nun in Jesu gefunden, was er gesucht, und daß er nun in Christo Vergebung seiner Sünden erlangt habe. Das ist nun aber freilich keine Sache, die man einem Jeglichen versprechen kann, sondern da handelt Gott, in Ansehung der Zeit, nach seiner weisen Liebe und großen Weisheit. Gott wollte den Menschen gern bald begnadigen mit dem Pfand der Versiegelung. Wenn nur die Seele sich recht dazu bequemen wollte, er will die Seele gerne versiegeln, so willig ist Jesus dazu. Ach, so gern wollte er lauter versiegelte Seelen haben, die ihm mit Freudigkeit und Gewißheit ihres Herzens dienen könnten; aber es richtet sich Gott darinnen nach seiner großen Weisheit, und beurtheilet nun, wann und wie die Sache der Seele am ersprießlichsten sei. Eben also findet sich auch darin ein Unterschied. Manche Seele kommt nach und nach zu einer solchen Gewißheit ihres Gnadenstandes, ihrer Seligkeit, nicht auf einmal. Es wird ihr das Siegel nach und nach auf ihr Herz gedrückt. Bei mancher geschieht die Sache mit einem lebhaften Eindrucke in einer Minute, in einer Viertelstunde, wie mir selbst solche Exempel vorgekommen. Das bleibet ihnen denn durch ihr ganzes Leben hindurch bis in die frohe Ewigkeit hinein, da läßt sich Gott abermal keine besondere Art vorschreiben, sondern da weiß nun Gott, was den Seelen am allernützlichsten und heilsamsten sei.

Drittens findet man noch einen Unterschied in Ansehung der Mittel, die Gott braucht, die Seelen zu versiegeln, Seelen gewiß zu machen von der Vergebung ihrer Sünden und Seligkeit. Bei mancher Seele braucht er einen Spruch aus der heiligen Schrift, bei andern braucht er eines seiner Sacramente, bei einem dritten braucht er starke und lebhafte Empfindungen in der Seele, davon manche in ihrem Leben noch nichts erfahren; abermal, wie es Gott siehet, daß es der Seele am besten ist, daß es nach ihren besondern Umständen am angemessensten ist. Ich kanns wohl mit großer Freudigkeit zum Preise Gottes sagen, da mich Gott ohn all mein Verdienst gewürdiget hat, mehrere Jahre her mit solchen Seelen umzugehen, ich dabei öfters mit großer Verwunderung meiner Seele nicht gewußt, was ich sagen und denken soll, wie Gott so pünktlich, so weislich, so sorgsam mit einer jeglichen Seele umgehe. Wenn man ihre Umstände recht erkennen lernt, so muß man erstaunen, wenn man sieht, wie Gott auch mit der Versiegelung umgeht, so als wenn er das Kind ganz allein in seinem Hause hätte, und das an jeder Seele, daß man darin gewiß die Ueberzeugung findet: das wären nicht so Phantasien, wie es so die klugen Weltmenschen nennen wollen, wenn man es so an hundert und aber hundert Personen hat wahrgenommen, wie pünktlich, wie genau, wie abgemessen nach allen Umständen sich Gott nach dem Zustande der Seelen richtet. O wahrlich, das bringt zur völligen Ueberzeugung, daß es Werke Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi seien. Da lernet man merken die besondere Vorsorge Gottes für die Seinen in allen dergleichen Stücken, wie dieser Punkt von der Versiegelung ist. Sehet, das muß man überhaupt merken, wenn man die Frage recht beantworten will, wie und womit doch die Seelen zu der großen Gnade der Versiegelung gelangen. Nachdem wir dies nun überhaupt gemerket haben, Geliebte, so wollen wir auch zur Beantwortung unserer Frage schreiten. Wenn man fragt, wie denn die Menschen zur Versiegelung der Vergebung, ihrer Sünden und ihres Gnadenstandes kommen, so muß man zuvörderst darauf antworten, das Hauptsiegel, wodurch die Seelen versichert werden, sei der heilige Geist selbst. Es ist aber nöthig, Geliebte, daß ich diese Antwort erkläre, nemlich wenn gesagt wird, der heil. Geist selbst sei das Hauptsiegel, dessen sich Gott bedient, die Seelen, die er nun zum Glauben gebracht, zu versichern von seiner Gnade, von seiner Kindschaft und Seligkeit, hat das gar nicht die Meinung, daß etwa so eine gute Wirkung, eine jede gute Erweckung und Bewegung, die der heilige Geist im Herzen schafft, schon ein Siegel sei, darauf man sich verlassen könne. Nein, denn damit würde dem widersprochen werden, was oben gesagt gleich anfangs in unserer Betrachtung; sondern, wenn gesagt wird, daß der heil. Geist selbst das Hauptsiegel sei, wodurch die Seelen von ihrem Gnadenstande, von ihrer Seligkeit gewiß werden, so ist das die Meinung: wenn es nun mit einer Seele dahin kommt, daß der heilige Geist wirklich in ihr wohnet, daß ihr Herz sein bleibender Tempel ist, daß sie sich nun seiner erfreuen können als ihres Trösters und Beistandes, als ihres Helfers, als ihres Lehrers, als ihres Führers, mit einem Wort, wenn die Seelen den heiligen Geist haben als ihr Eigenthum, daß sie denselben nach allen ihren Umständen gebrauchen. Er klopfet auch an bei den gottlosen Seelen, er klopfet auch an bei Seelen, die, wie ich zuvor gesagt habe, oft gerührt werden; aber wohnen in einem Menschen, in ihm seinen Tempel aufschlagen, das kann der heilige Geist bei keinem, als bei einem Bekehrten thun.

Dahin zielet das Wort Röm. 8: „Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder, in denen er seine Wirkung und Wohnung hat, darinnen er schalten und walten kann nach seinem Wohlgefallen, die haben an dem heiligen Geist und ihrem Gehorsam gegen seine Triebe selbst das Siegel, daß sie Vergebung der Sünden, Gnade und Seligkeit haben und in Ewigkeit behalten.

Hierauf zielet auch vornehmlich der Apostel Paulus in unserm Texte: Betrübet nicht den heiligen Geist, mit welchem Geist Gottes selbst ihr versiegelt seid. Da will der Apostel nicht so viel sagen: Ihr Epheser habt gute Bewegungen, ihr habet das Anklopfen des heiligen Geistes auch genossen, ach nein! sondern er sagt, ihr seid mit dem heiligen Geist versiegelt worden, er steht nicht nur an der Thür des Herzens, macht manche gute Bewegungen, klopfet dadurch an, nein, sondern ihr habt ihn auch wirklich empfangen; so wie man einem das Siegel aufdrückt, so ist der heilige Geist euch ins Herz gegeben worden, daß er darinnen wirke, regiere, schalte und walte, schaffe und thue, was vor Gottes Angesicht recht ist. Weil nun diese große Barmherzigkeit und Gnade euch zu Theil worden ist, nun so betrübet nicht den heiligen Geist, der in euch wohnet; gebt nun Achtung auf alle Bewegungen, die ihr im Herzen habt, Gott ist's, der alles aufs allergenaueste bemerket, was mit euch vorgehet. Darauf zielet auch wohl Paulus vor: nehmlich Ap. Gesch. 19. Da lesen wir unter andern im 1ten und 2ten Vers, daß Paulus auf seinen apostolischen Reisen unter andern auch nach Ephesus gekommen, und ihm einige Leute bekannt worden, die sich Jünger, das heißt Christen genannt. Sobald er nun dieser Leute ansichtig worden und Gelegenheit bekommen, mit ihnen zu reden, so sei das seine erste Frage gewesen, habt ihr auch den heiligen Geist empfangen: seid ihr nun recht versiegelt worden? Habt ihr den heiligen Geist? das ist, was das allgemeine und ordentliche anlanget, ist er euch dergestalt mitgetheilt worden, daß er in euch wohne, wirke und bleibe, daß er euch treibe und regiere nach seinem Herzen und Sinn? Da mußten sie sagen: Nein, davon wußten wir noch nichts. Ach so möchte es wohl den meisten unter uns noch gehen, so möchte es noch mit sehr vielen unter uns sein, daß sie von einem solchen Empfangen des heiligen Geistes, Kraft dessen er ihre Seele bewohnte und belebte, und darinnen als in seinem Tempel hausete, noch nichts wissen und erfahren haben.

Nachdem wir nun, Geliebteste, wissen, daß der heilige Geist selbst das Hauptsiegel sei, das den Seelen mitgetheilt wird, wie sie sollen versichert werden von alle dem, was ihnen zu ihrer Seligkeit nöthig ist; so geben wir im Namen Gottes weiter, und betrachten:

Zum andern, daß der heilige Geist, wenn er nun in die Seele kommen ist als das Hauptsiegel, auch hernach, so zu reden, manche Nebensiegel braucht, damit ja das Herz durch viele Siegel um so viel gewisser werden möge von allem demjenigen, was in Gottes Wort den Gläubigen verheißen worden. Ich will so viel sagen: der heilige Geist, ob es gleich schon genug, daß er im Herzen wohnet, dennoch, wenn er einmal darin seinen Tempel aufgeschlagen, so braucht er noch andere Mittel, dadurch das Herz um so viel mehr versichert werde, es sei wahrhaftig bei Gott in Gnaden. Das allererste Siegel, dessen der heilige Geist sich als des allerordentlichsten, ich mag aber auch sagen, besten Siegels bedienet, ist das theure Wort Gottes, dadurch er die Seelen, wenn sie zu ihm kommen sind, zur Versicherung von dem Gnadenstande und Vergebung der Sünden bringet; sonderlich ist es das Evangelium mit seinen Verheißungen, nebst den von unserm Heiland selbst eingesetzten Sacramenten.

Ich muß mich aber auch hier deutlich erklären, daß ich nun dabei zugleich zeigen könne, wie mit dem Siegel des Wortes, mit dem Siegel des Evangelii der heilige Geist die Seelen von ihrem Gnadenstand versichere. So merkt nur! Man findet in Gottes Wort eine große Menge der allervortrefflichsten Gnadenverheißungen, z. B. bald heißts: Es ist nichts verdammliches an denen, die in Christo Jesu sein. Bald heißt es: So wir unsere Sünden bekennen, so ist es treu und gerecht. Bald heißt es: Selig sind, die da geistlich arm sind. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Nebst diesen theuren Verheißungen finden wir auch in Gottes Wort die deutlichsten Kennzeichen und Beschreibungen, wie es mit Kindern Gottes aussiehet, aus welchen man ersehen, erkennen und beurtheilen kann, ob man Gnade, Vergebung der Sünden und Seligkeit habe. Das thut Gott aus herzlicher und inniger Erbarmung. Nebst dem göttlichen Wort hat uns nun Gott auch die heiligen Sacramente gegeben, sonderlich aber erwachsenen Menschen sein heiliges Abendmahl, darin den Gläubigen das Siegel dargeboten wird von der Gnade Gottes und von der Vergebung ihrer Sünden. Allein wie gehts denn, ihr lieben? Viele tausend Menschen lesen Gottes Wort, lesen die vortrefflichsten Verheißungen. Viele tausend Menschen brauchen die heiligen Sacramente, und haben nicht das geringste Gefühl davon, und das widerfährt nicht nur Gottlosen, sondern auch Seelen, die schon in Bußfertigfeit zu den Füßen des Herrn Jesu liegen. Ists nicht so? Manche Seele lieget vor Gott, lieset und höret die schönsten Verheißungen, und es hat keinen Eindruck in ihrer Seele; sie geht zum heiligen Abendmahl, unter herzlichem Vorsatz, auch wohl unter Gebet, Thränen und Flehen, daß ihr doch Gott das heil. Abendmahl wolle einmal lassen zum Siegel werden, zur Versicherung, daß sie Gnade habe; dennoch geht sie, als wenn sie todt wäre, ohne Empfindung davon. Das lehret die Erfahrung aller armen Sünder. Hingegen oftmals, ehe es sich eine solche arme Seele versiehet, kommt die Stunde, daß ihr eine Verheißung so kräftig wird, ihr eine solche Versicherung in ihr Inwendiges hineingibt, daß sie vor Freude nicht weiß, wo sie sich hinwenden soll. So gehts auch mit manchen Kennzeichen der Kindschaft Gottes, man hats hundertmal gehört und hat einem seinen Eindruck gegeben. Es kommt aber die Stunde, da sieht man so sonnenklar, so helle; daß wirklich das so bei einem sei, wie es in der heiligen Schrift stehet, man wird durch ein solches Kennzeichen aus dem Worte Gottes recht versichert, daß man nun auch dessen gewürdiget sei, was Gott in seinem Worte darbietet, man wird gewürdiget der Gnade, der Kindschaft und der ewigen Seligkeit. Eben so findet sichs auch bei dem heiligen Sacramente. Da ist manche Seele oft hingegangen, hat aber nichts empfunden; kommt aber auf einmal zu einer Zeit zu einer Empfindung, wenn sie sich bei dem Tische des Herrn einfindet.

Nun, Geliebte, da versiegelt also der heil. Geist, da gebraucht er die Sacramente und das Wort Gottes als Siegel, und drückt sie, so zu sagen, selbst aufs Herz. Ach, das ist kein Menschenwerk. Es hat wohl mancher in die Bibel hineingeschrieben, wie vielmal er sie durchgelesen, und hat vielleicht bei allem Durchlesen feine Kraft empfunden. Darum weil ers auf sein Lesen hat lassen ankommen, und hat dem heiligen Geist nicht Raum gelassen, daß er sein Siegel hat können auf sein Herz drücken. Eben daher geschieht es nicht nur bei Gottlosen, sondern auch bei redlichen Seelen, daß sie Gottes Wort lesen, daß sie die schönsten Verheißungen lesen und doch nichts empfinden; die Sacramente gebrauchen und nichts empfinden. Warum denn? Ei da sollens die armen Seelen erkennen lernen, das alles sei kein Menschenwerk, daß man sich selbst so etwas zueignen könne, die Kraft, die darinnen lieget, könne man sich selbst nicht zu Nutzen machen, sondern der heilige Geist müsse das Siegel drauf drücken. Wenn der es einem so recht zueignet, da wirds einem denn hernach zum Segen und zur Seligkeit. Es möchte auch wohl jetzt mancher da sein, der sich bisher herzlich betrübet hat, daß er so keine Empfindung hat haben können bei dem schönsten Vortrag des göttlichen Wortes, Lesung der Bibel und heiligen Abendmahl. Da denkt denn wohl manches arme Herz: ach, Gott hat mich wohl verstoßen! Meine Seele hungert wohl darnach, dennoch empfinde ich nichts davon. Ach nein, o Seele, denke nicht, daß du von Gott verlassen seist, und daß nur ein solcher Gott im Schoße sitze, der sich schon so mit dem schönsten Siegel empfindlich speisen und vergnügen kann. O nein! Halte nur an! wird dich dein Gott nur treu erfinden, und merkt er keine Heuchelei, so wird er kommen, ehe du es dich versiehest, zu einer Stunde, wenn du Gottes Wort wirst hören, lesen und betrachten, da du es am wenigsten denkst; bei einem Vortrag, bei dem Gebrauch des heiligen Abendmahls, da wird dein Jesus kommen, und wird auch dieses zum Siegel deiner Seele gebrauchen, zum seligen Mittel, damit deinem armen Herzen in Zeit und Ewigkeit möge gerathen werden. Wirf dein Vertrauen nicht weg. Fahre du nur fort zu weinen und zu beten zu deinem Gott und zu deinem Heilande; fahre du nur fort, die Mittel fein einfältig zu gebrauchen; es wird die Zeit schon ersehen, wenn es dir am allerseligsten sein wird, daß sein Siegel auf dein Herz könne gedrückt werden.

Das ist es, was ich von dem ersten Siegel habe anzeigen wollen, von den Sacramenten, deren sich der heilige Geist bedienet, den Seelen zu ihrer Versicherung zu helfen. Nebst diesem Siegel, dem Wort und Sacramenten, ist noch ein anderes vortreffliches Mittel und Nebensiegel, dessen sich der heilige Geist auch bedienet, die Seelen dahin zu bringen, daß sie gewiß versichert werden ihrer Sache, ihres Gnadenstandes, ihrer gewissen Seligkeit. Das sind nun seine kräftigen und mächtigen Wirkungen in der Seele. Ich sage mit gutem Bedacht, es wären die kräftigen Wirkungen des heiligen Geistes in der Seele des Menschen, damit ich zu erkennen gebe, daß ich nicht alle gute Bewegungen darunter meine. Nein, sondern die recht kräftigen Wirkungen des heiligen Geistes in der Seele, z. B. eine solche Veränderung, durch welche des Menschen ganzes Herz verändert wird. Ein Mensch hat vorher gestecket in der Liebe des Irdischen; das ist seine Vergnügung gewesen, wenn er nur fein vieles hat können haben, von Zeit zu Zeit sein Gut zu vermehren. Wenn er nun dem heiligen Geist Raum läßt zur wahren Bekehrung, so dringt der heilige Geist ein, daß er dieses, was ihm vorher so lieb gewesen, als todt ansiehet, an dem er nicht die geringste Freude und Vergnügen hat, ja daß ers nur ansiehet als eine Sache, die seiner Seele möchte verderblich sein, und weil sein Herz so lange daran gehangen hat, ist es ihm zur großen Last. Und so geht es in allen Dingen. Wenn der Mensch dem heiligen Geist recht Raum läßt in seiner Seele, ändert er ihm seinen ganzen Sinn. Deine allerliebste Lust muß in den Tod. Es wird mit einem ganz anders, wie dorten David sagt: es ist mit mir ganz anders, wie vorhin. Wenn es von Seelen so heißt, wie 2. Cor. 6,9: Als die unbekannten und doch bekannt, als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht ertödtet.

Das ist eine schöne Wirkung. Von solchen Wirkungen rede ich hier; diese Art von Wirkungen braucht hernach der Geist Gottes bei den Menschen zum Siegel, um sie zu versichern, daß sie nun wahrhaftig Kinder Gottes seien, weil eine so große Aenderung bei ihnen vorgegangen ist, die ja nicht von der Natur, nicht vom Teufel herkommt, sondern die nothwendig von dem heiligen Geist herkommen muß. Eine solche Aenderung zeiget sich bald. Ein Mensch, so lange er in seinem natürlichen Zustande stehet, hat keine rechte herzliche Liebe zu Gott und zu Kindern Gottes, er hat tausendmal lieber zu thun mit sichtbaren Dingen, als mit Gott und Gottes Wort. Wann aber der Mensch wahrhaftig bekehrt wird, und eine Veränderung vorgegangen ist; so lieb einem sonst die zeitlichen Dinge der fleischlichen Menschen gewesen, mit welchen man umgegangen, so ein großer Abscheu und Verdruß werden sie einem; so wenig man vorher Vergnügung gefunden hat an Gott, an dem Umgange mit den Kindern Gottes, an herzlichen Erbauungen, so eine herzliche Lust, Freude und Vergnügen geht da hernach in der Seele auf, mit Gott und mit den Seinen umzugehen, sich mit dem Worte Gottes zu unterhalten, sich mit den Kindern Gottes zu stärken und zu erbauen. Das ist eine solche selige Zeit, wie wir das so finden 1. Joh. 3,14., da es heißt: Wir wissen, daß wir aus dem Tode ins Leben kommen sind. Woher denn? Woher hast du denn dein Siegel? Wir lieben die Brüder. Nun sind uns Kinder Gottes herzlich lieb und haben gerne etwas mit ihnen zu thun. Das ist ein Zeichen, daß der heilige Geist in dem Herzen sei, und eine Aenderung gemacht; und dergleichen Wirkungen ist eine große Anzahl. Ich habe aber dabei noch was zu bemerken, damit uns die Sache deutlich werde. Nemlich, es kann ein Christ aus diesen kräftigen Wirkungen des heiligen Geistes sich selbst kein Siegel machen, wenn er sie gleich wahrnimmt. Andere Seelen entdecken es ihm auch wohl, da er in Angst, Zweifel und Furcht steht, und sagen: siehe, die und die Veränderung ist ja bei dir vorgegangen, bemerkest du es nicht in deiner Seele? Da hast du ja ein deutlich Zeichen, daß du ein Kind Gottes bist. Ja man kann das wohl denken, aber wenn der heilige Geist seine Zeit ersieht, wenn Gott sieht, daß es der Seele gut ist, versiegelt zu werden, da wird ihm ein jeder Umstand, eine jede Bewegung, die er fühlt, eine jede solche Wirkung, die er in sich wahrnimmt, zu lauter Siegel. Da erschallet es im Herzen: Wie wäre es möglich, daß ich noch unter der Gewalt des Teufels läge, ich fühle es ja wahrhaftig in meinem Herzen, ich merke es ja, ich kann es ja nicht läugnen, der Geist Gottes ist da, wirket, schaffet und arbeitet in meiner Seele, er bezeugt sich kräftig darinnen. Aber das bekommst du auch aus Gnaden, man kann es sich selbst nicht machen. Ich will damit soviel sagen: auch die Ueberzeugung, daß diese Wirkung ein rechtes Siegel sei, kommt von Gott. Er gibt unserm Geiste das Zeugniß, daß wir Gottes Kinder sind. Daher mußt du dir es von Christo Jesu erbitten.

Nun, ich sollte noch mehrere solche Siegel und Kennzeichen des Gnadenstandes hinzufügen, allein die Kürze der Zeit wills nicht erlauben, daher ich sie bis zur künftigen Stunde aufheben, und nur noch dieses hinzufügen und euch zeigen will, wie ihr nur das, was ich euch aus Gottes Wort vorgehalten habe, recht zum Nutzen eurer Seele möget anwenden. Wir haben zuerst gehört, daß Gott und der heilige Geist nicht auf einerlei Art verfahre und in der Seele handele bei der Versicherung oder Versiegelung ihres Gnadenstandes, daß er einen länger warten lasse, als den andern u. s. w. Was lernen wir daraus, ihr Lieben? dazu soll es uns dienen. Hier gilt keine eigene Wahl, wer Gott vorschreiben will, er soll es so machen mit seiner Seele, z. B. er solle ihm starke Empfindungen geben, und wenn er das nicht hat, so ist er mit dem allgemeinen Siegel nicht zufrieden, da hindert man Gott und sich selbst an der Gewißheit seiner Seligkeit. Wir wissen es nicht, was uns gut ist, wir kennen uns so nicht, wie uns Jesus kennt, haben uns auch nicht so lieb, wie uns Gott und unser Herr Jesus liebet. Darum, o Seele, willst du fein bald zum Ziel kommen, gib dich einfältig deinem Herrn Jesu hin, gehe auch heute, wenn du dein Siegel noch nicht hast, zu ihm. Deine Seele hungert wohl darnach, daß du es gern haben möchtest, gehe heute nach Hause, lege dich vor deinem Heiland nieder und sage: lieber Heiland, da lieg ich armer Wurm, das weiß ich wohl, daß ich nicht verdient habe, versichert zu werden von der Vergebung der Sünden, sondern werth bin, im Zorn vor deinem Angesicht verstoßen zu werden; aber, mein Jesu, du hast mich doch aufgerufen, du hast es mir sagen lassen, dem allergreulichsten Menschen ist die Gnade erworben. Auf dies Wort komme ich, mein Herr Jesu, und bezeuge dir vor deinem Angesicht, ich lasse dich nicht, bis ich weiß, an wen ich glaube, bis ich weiß, daß ich selig werde, bis ich weiß, daß ich in deinem Blute Vergebung der Sünden habe. Aber mein Herr Jesu, mache es mit mir, wie es dir wohlgefällt, laß mich warten, oder schenke mirs bald, schenke mirs durchs Wort oder durch Empfindungen, da bin ich, Herr Jesu, dein Wille geschehe mit mir, nur meine Bitte werde erhöret, daß ich meiner Seligkeit gewiß werde. Thue nach deinem Wohlgefallen. So, o Seele, gib dich hin, laß deinen Heiland mit dir schalten und walten, bete dich hinein in Jesu Herz, harre und warte, halte an mit Seufzen, und was er thut, das laß dir gefallen. Ob er dich hart oder liebreich angreife, so sage zu allem: Herr Jesu, so ists recht, ich verstehe es nicht, du weißt es am besten zu machen, nur dein Wille und Wohlgefallen geschehe an mir. So wird deiner Seele geholfen sein.

Wir haben zum andern gehört, meine Geliebte, der heilige Geist sei das rechte Hauptsiegel, wenn es zu einer gewissen Versicherung gekommen ist; man müsse dazu gelangen, daß er wohne im Herzen, daß unser Herz sein Tempel und seine Wohnstätte sei, da er bleibe. Nun das gibt uns abermal vortreffliche Erinnerungen. Willst du nun also, o Seele, deines Gnadenstandes gewiß werden; willst du je eher je lieber versichert werden deiner Kindschaft und deiner Seligkeit, ach so sei nur darum bemüht, daß dein Herz ein Tempel des heiligen Geistes werde, darum bitte ihn doch nur, räume ihm doch alle Winkel deines Herzens ein, gehe einmal dein Herz durch, forsche darin, ob etwa da oder dort noch was liege, das dem heiligen Geist nicht Raum lasse. Ja, Liebe Seele, willst du versichert und versiegelt werden durch den heiligen Geist, so mußt du ihm dein Herz ganz geben und zur Wohnung einräumen. Darum frage ins künftige nicht mehr, wie oder womit werde ich versiegelt werden? Das laß aber deine Hauptsorge sein, daß dein Herz des heiligen Geistes Tempel werden möge. O wenns dazu kommt, so wird auch gewiß der heilige Geist dein Herz versiegeln. Sollte der heilige Geist, wenn er deiner Seelen Meister würde und wohnete nun in deinem Herzen, sollte er wohl dieses sein Wohnhaus ohne das göttliche Geschenk der Versiegelung lassen? Ach, das ist nicht möglich, da mag hernach der Tod und Teufel auf uns losstürmen, da mag Sünde und Welt hernach an uns Anspruch machen, so schallt uns immer das Wort ins Herz: wisset ihr denn nicht, Seelen, daß ihr Tempel des heiligen Geistes seid? Wisset ihrs nicht, ihr Seelen, daß der Geist Gottes in euch wohnet? Was hat der Teufel für Theil daran? Was hat die Welt für Recht an euch? Was denn die Sünde? Wie kann euch das Gesetz verdammen? Wißt ihrs nicht, daß ihr Tempel des heiligen Geistes seid? Kann denn ein Tempel des heiligen Geistes verloren gehen? Kann denn die Hölle und der Teufel hineinfallen? O mein Herr Jesu, gib mir und uns allen die Gnade dazu, wenns auch das liebste kosten sollte, auch die verborgenste Kammer des Herzens auszuräumen. Laßt uns mit Ernst vor Gott forschen und prüfen, wie es mit uns stehet.

Ich habe zum dritten gesagt, das ordentliche Siegel, welches der heilige Geist gebraucht, wenn er nun in unsere Herzen zu wohnen gekommen ist, sei das theure Wort Gottes, sonderlich das Evangelium nebst den von Jesu eingesetzten Sacramenten, deren brauche sich der heilige Geist ordentlicher Weise bei einer jeden Seele, sie zu versiegeln und ihres Gnadenstandes zu versichern. Davon finden wir auch in Gottes Wort die deutlichsten Kennzeichen.

Ihr Lieben, wenn wir das recht gefaßt, was würde uns das für eine große Hochachtung des göttlichen Wortes zu Wege bringen? Ach! wie gerne würden wir mit Gottes Wort umgehen! Wie theuer würden uns die Sakramente werden! Ach, darin versehen es wahrlich manche Seelen. Es gibt wohl Seelen, die es eben nicht so böse meinen, aber sie gehen nicht fleißig genug mit Gottes Wort und den Sakramenten um. Daher können sie nicht versiegelt werden. Besonders aber scheinet einem manchmal gewisse Gelegenheit geringe zu sein, wo Gottes Wort gepredigt wird, da man denkt, man sei schon lange darüber weg, daß man die Gnadenmittel nicht mehr braucht.

Ich habe auch noch gesagt, daß der heilige Geist nicht nur das Wort Gottes und die Sacramente als Siegel wolle gebrauchen, die Seelen zu versichern, sondern auch seine Gnadenwirkungen in den Herzen, nämlich die große Veränderung, da er nun Gott und seinen Nächsten herzlich liebt. Nun das kann und noch zum Beschluß eine kräftige Aufmunterung geben.

Lasset uns heute fein nachforschen: Haben wir nicht den heiligen Geist noch in mancher seiner Gnadenwirkung gehindert? ja man lässet ja wohl den heiligen Geist noch eines und das andere in der Seele wirken, hingegen in manchen Stücken will es einem nicht so recht angenehm sein. Da ist man nicht recht gehorsam der Wirkung des heiligen Geistes, und daher kommts, daß wir nicht versiegelt werden können. lasset uns vor Gott prüfen, ob wir noch durch etwas dem heiligen Geist widerstreben. Sollten wir auch nur noch eines finden, laßt uns dem Herrn Jesu unser Herz hingeben, wir wissen nicht, durch welche Gnadenwirkung er uns versichern will, das mit er in allen Stücken Raum und Platz habe, unsern Seelen beizukommen, bis er nun sein Werk in unsern Seelen wird vollbracht haben. Jesus helfe uns dazu durch den heiligen Geist. Wir wollen ihn darum herzlich anrufen. Amen.

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