Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 28. Andacht.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 28. Andacht.

Psalm 26.

„Herr, schaffe mir Recht; denn ich bin unschuldig. Ich hoffe auf den Herrn, darum werde ich nicht fallen.“ V. 1.

Der Psalmist befindet sich in großer Not; auch wir können in manche Not kommen, die wir nicht selbst verschuldet haben; aber es gibt auch deren viele, welche wir uns selbst zugezogen und deren Folgen wir dann auch tragen müssen. Es gibt Umstände, an denen man wirklich unschuldig sein kann, und wenn man da wie David auf den Herrn blickt und spricht: Schaffe Du mir Recht, ich lege Dir Alles zu Deinen Füßen, Du wirst Alles wohl machen; dann ist das Herz in richtiger Stellung zum Herrn, dann wird das Gemüt ruhig und der Mensch innerlich froh und getrost . So lange du dir selbst Recht schaffen willst, so lange tut der Herr nichts. Wenn Du aber dem Herrn kindlich vertraust und fest glaubst, dass Er dir Recht schaffen und Alles zum Besten lenken wird, dann tut Er's gewiss. „Wir wollen bitten um Stille, dann wird das Herz stark und gleichmütig bei allen Vorkommnissen, auch wenn uns Unrecht geschieht; denn der Apostel Paulus ermahnt Römer 12,19.: „Rächet euch selber nicht, meine Liebsten, sondern gebt Raum dem Zorn; denn es steht geschrieben: Die Rache ist Mein, ich will vergelten, spricht der Herr.“ Solche Erfahrungen kommen oft im Leben vor, und es ist deshalb sehr wichtig, dass wir unsere Herzen richtig stellen lassen und uns vor Allem der Stille befleißigen, damit der Herr für uns einstehen kann. „Ich hoffe auf den Herrn;“ das ist alsdann die Frucht dieser Stille und des unerschütterlichen Vertrauens.

Daraus entspringt noch das heiße Verlangen: „Prüfe mich, Herr, und versuche mich, läutere meine Nieren und mein Herz.“ V. 2. Es ist dies aber nicht in herausforderndem Ton gesprochen, sondern es ist das vollkommene Einverständnis mit dem Willen Gottes. „Prüfe mich, Herr, und versuche mich!“ Das sind sehr wichtige Worte; denn im Vaterunser bitten wir: „Führe uns nicht in Versuchung,“ David aber sagt hier: „versuche mich;“ das ist kein Widerspruch, sondern soll so viel sagen als: „Lass mich nicht laufen, läutere, prüfe mich, untersuche mich, wie ich es meine. Ich will Dir stille halten, tue mit mir, was Dir gefällt.“ Stehen wir auch so? Sind uns die Trübsale und Heimsuchungen wohl. gemeinte Läuterungen, unter die wir uns willig beugen, oder betrachten wir sie als Strafe und Plage? O der Herr will uns nicht plagen und immer auf uns hinein prügeln. Er hat ja stets Gedanken des Friedens und nicht des Leides über uns und will nur Seine Liebes- und Heilsabsichten an uns erreichen. Um dies zu verstehen, müssen wir aber in der Wahrheit wandeln, müssen in Allem mit dem Willen Gottes vollkommen übereinstimmen, Felsenfest glauben, dass Er nur unser Bestes, unsere Heiligung will; wenn es auch der Natur ganz entgegen geht, so geht's wie Gott es will, die Fleisch und Sinne pflegen, die kommen nicht zum Ziel; ja und wenn wir sogar das bitterste Unrecht leiden müssten.

„Wir sind und bleiben getrost; denn deine Güte ist vor meinen Augen,“ V. 3. sagt die Seele und sie darf alsdann den Frieden schmecken; einen Frieden wie Meereswogen. Wandeln wir nicht in der Wahrheit, dann kommt Unruhe und Unfriede ins Herz, und wir sehen alle Vorkommnisse des Lebens an, als ob Gott gegen uns wäre.

Wenn wir diesen Psalm recht betrachten und tief aufnehmen, so haben wir viel zu lernen. Wer nicht ein geistliches Verständnis hat, könnte meinen, der Psalmist rede in selbstgerechtem Ton; aber er spricht aus einem durchaus wahren und aufrichtigen Herzen. Es lag ihm Alles daran, der Herr soll ihn durch und durch läutern, dass nichts mehr da sei, was Ihm missfalle.

V. 4. „Ich hoffe auf den Herrn, darum werde ich nicht fallen.“ Wir wissen ja, dass wir in großer Gefahr sind zu fallen. Der Herr hat uns nicht umsonst die Wachsamkeit so sehr empfohlen; denn wir wissen aus eigener Erfahrung, dass, wenn wir nicht recht wachen und beten, sogleich Abweichungen vorkommen. Der Psalmist sagt: „Ich werde nicht fallen;“ das ist die echte Glaubenssprache, aber nicht weil ich so stark in mir bin, dass ich mich selbst bewahren könnte. Ich werde nicht fallen, denn ich hoffe auf den Herrn. Das war seine Stärke. Dies Bewusstsein gab ihm Mut und Freudigkeit. In dieser Glaubenszuversicht müssen wir uns täglich erneuern: Der Herr ist's, der mir beisteht, der mich nicht fallen lässt; ich aber weiß wohl, dass ich mir nicht über die Schwelle trauen darf. Obgleich David misstrauisch gegen sich selbst war, nach V. 2. bleibt er doch fest dabei: „Ich werde nicht fallen.“ Das müssen wir recht erkennen, der Herr bewahrt und schützt mich; ja wir müssen uns im Glauben über die Gefahren und Versuchungen stellen, dann werden wir, wenn auch Anfechtungen kommen, doch nicht fallen. Trauen wir uns aber selbst, dann fallen wir, ehe wir's uns versehen. „Ich sitze nicht bei den eitlen Leuten und habe nicht Gemeinschaft mit den Falschen.“ V. 4. Unter den eitlen Leuten versteht der Psalmist nicht sowohl die sogenannten schlechten Leute, sondern diejenigen, welche gemütlich zusammensitzen und über dies und das plaudern, d. h. von Eitlem reden. Die Hauptsache ist, dass unsere Grundrichtung auf das Ewige geht; unser Denken, Heden und Handeln muss darin seinen Mittelpunkt finden. Wir dürfen deshalb keine Zeit haben zu solch eitlem, unnützem Geschwätz; denn wenn man einmal den rechten Faden verloren hat, geht's rasch abwärts; man steht gleich wieder tief in der Welt und so lang uns das eitle Gerede nicht zur unerträglichsten Last wird, ist unsere Herzensstellung eben nicht richtig. Wie nötig ist's deshalb, den Herrn zu bitten, dass Er uns durch und durch läutere und prüfe, ob wir nicht auch noch Freude und Lust am Eitlen haben. Der Psalmist hat nach V. 5 die Gesellschaft der Boshaftigen gehasst; zwar muss man im Leben manchmal Verkehr mit ihnen haben; aber ihren Umgang aufsuchen, dürfen wir niemals; ja, wir müssen sie möglichst meiden. In dieser Gesellschaft lebt der alte Mensch auf und das geistliche Leben wird geschwächt. Der Psalmist rühmt vom 6. bis 8. V. etwas Anderes; er sagt: „Ich wasche meine Hände mit Unschuld und halte mich, Herr, zu Deinem Altar, da man hört die Stimme des Dankens und da man predigt alle Deine Wunder. Herr, ich habe lieb die Stätte Deines Hauses und den Ort, da Deine Ehre wohnt.“ Sobald wir unverwandt auf den Herrn blicken in jeder Lage des Lebens, weder zur Rechten noch zur Linken, so werden wir nie müde zu loben und zu danken und die Wunder des Herrn zu verkündigen und zu preisen. Wir halten uns, Herr, zu Deinem Altar und bekommen die Stätte Deines Hauses, wo Deine Ehre wohnt, immer lieber. So viel wir im geistlichen Leben stehen, so viel haben wir geistliches Bedürfnis. Wo wenig geistliches Leben ist, wird einem das Religiöse zum Egel und zur Last; dagegen aber, wenn unser inneres Sehnen und Verlangen so ist, dass es uns nur wohl ist, wenn vom Herrn und göttlichen Dingen geredet wird, dann, aber nur dann kann sich unser geistliches Leben recht entfalten und entwickeln. Im 8. Vers werden wir an des Heilands Ausspruch in Seinem 12. Jahr erinnert: „Sollte ich nicht sein in dem, das meines Vaters ist?“ Wir wollen doch den Herrn bitten, dass wir die Stätte Seines Hauses und Sein Wort so lieb gewinnen, dass wir danach hungern und dürsten und je mehr wir in dasselbe eingeführt werden, es desto lieber haben und höher achten. Es sind schon Leute hier gewesen, welchen es im Anfang eine unerträgliche Last war, so viel Wort Gottes und Gebet zu hören, denen es aber häufig schon nach 8 Tagen zur Lust und Freude ward, nachdem man recht viele Gnaden- und Segensgüter auf sie herabflehte. Wie würden wir mit solchen Gesinnungen und Widerwillen gegen das Gebet in die Seligkeit taugen, wo die Anbetung Gottes unsere liebste und einzige Beschäftigung und solche Luft und Freude ist, dass uns 1000 Jahre wie ein Tag dünken? Es muss das Wort Gottes und Gebet unser Element werden, dass wir ohne dasselbe nicht atmen und leben können, gleich wie der Fisch ohne Wasser. Sobald uns das Wort ein Bedürfnis und Seelenspeise ist, tut es Wunder nach Innen und Außen; denn es steht geschrieben Weish. 16,12: „Es heilte sie weder Kraut noch Pflaster, sondern dein Wort, welches alles heilt.“ Im 11. Vers ruft der Psalmist aus: „Ich aber wandle unschuldig; erlöse mich und sei mir gnädig.“ Da möchte Manches fragen: wie können wir denn unschuldig wandeln, da wir doch durch und durch unrein sind? Aber in des Herrn Unschuld können wir unschuldig sein. Wir wollen uns recht in ihn versenken und in Ihn einpfropfen lassen; dann können wir lauter gute Früchte bringen. Er in uns und wir mit und in Ihm, da tun wir keine Fehltritte.

„Suche Jesum und Sein Licht,
Alles And're hilft dir nicht.“

Der Herr möge uns immer mehr reinigen, heiligen und durchleuchten, dass wir in Allem mit dem Psalmisten einstimmen: „Ich will Dich loben, Herr, in den Versammlungen“ V. 12.; und ich kann euch auch sagen, dass es nichts Herrlicheres für mich gibt, als von dem Herrn und Seinen Gnadenwundern sprechen zu dürfen und den Namen Jesu in den Versammlungen zu bekennen.

„O selig, o selig, wer Jesum bekennt,
Und ihn seinen Heiland mit Herz und Mund nennt,
Der wird einst von Jesu als Erbe genannt,
Wenn Er die Ungläubigen zur Hölle verdammt.“

Amen.

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autoren/s/seckendorff/seckendorff-hausandachten/seckendorff_hausandachten_28_andacht.txt · Zuletzt geändert: von aj
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