Scriver, Christian - Gottholds zufällige Andachten. - 78. Der Brennspiegel.

Scriver, Christian - Gottholds zufällige Andachten. - 78. Der Brennspiegel.

Gotthold sah mit zu, als etliche gute Freunde in einem künstlich bereiteten Glas die Sonnenstrahlen auffingen und vermittelst derselben nicht allein das Büchsenpulver, Stroh und Papier, sondern auch Wollentuch und hartes Holz ansteckten und brennend machten. Nehmt hiebei, sagte er, wahr eine nützliche Erinnerung von der Gelegenheit zu sündigen, dadurch manches kalte Holz, ich will sagen, manches Herz entzündet, gereizt und verderbt wird. Und, daß ich näher hinzukomme, unsere Algen, die sich etlichermaßen mit diesem Glase vergleichen, sind oftmals mit gutem Fug die Brennspiegel des Herzens zu nennen, weil sie die Gelegenheit zur Sünde mehrentheils beobachten und dadurch das Herz anstecken und zur Vollziehung der bösen Lust Ursach geben. Das ist schon im Paradies geschehen, denn das Weib schaute an, daß von dem (verbotenen) Baum gut zu essen war und lieblich anzusehen, und nahm von der Frucht und aß. 1. Mos. 3, 6. So gings auch dem König David, als er mit lüsternen Augen vom Dach die Bathseba sich waschen sah, 2. Sam. 11, 2., und wenn Potiphars Weib diese Fenster verschlossen, so hätte die böse Brunst in ihrem Herzen nicht also überhand nehmen können. 1. Mos. 39, 7. Drum, wollt ihr die Sünde meiden, so meidet die Gelegenheit, und wie dieses Glas nicht entzünden kann, was nicht still ist, also, sobald ihr vermerkt, daß eure Augen der Veranlassung zur Sünde stillhalten, so denkt, daß euer Herz entzündet zu werden in großer Gefahr steht, und entzieht euch aufs schierste dem Verderben eurer Seele. Mein Gott! nimm mich in deine Hut und gieb, daß meine Augen nicht lüstern seien, damit nicht das Herz von ihnen verleitet und in sündlicher Lust entzündet werde!

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