Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Februar
1. Februar. Morgen-Andacht.
Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab, auf daß Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 3,16.
Die Welt ist die ganze, unzählbare Menge der Menschen auf unserm Erdboden, die wegen der Erbsünde und der wirklichen Sünden unter dem Urtheil des Todes und der Verdammniß liegen. Röm. 5. Ein namhafter Theil des geschriebenen Wortes Gottes beschäftigt sich damit, uns zu überzeugen, daß alle Menschen ohne Unterschied und Ausnahme ein verdorbenes, verwerfliches, und der Gnade und Gemeinschaft ihres Gottes unwürdiges Geschlecht miteinander ausmachen, das von Rechtswegen nichts als Zorn und Strafe verdient hat, und sich gar nicht darüber zu beschweren hätte, wenn es die traurigsten Folgen seines Abfalls in Ewigkeit empfinden müßte. Paulus sagt daher Röm. 3,19., es sei mit der Offenbarung des Gesetzes darauf angesehen, daß aller Mund verstopfet werde, und alle Welt Gott schuldig sei. Wer demnach vor dem Ausspruch Gottes: verflucht sei Jedermann, der nicht bleibet in alle dem, was geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, daß er’s thue, Respekt hat, und dem Zeugniß Gottes, des höchsten Gesetzgebers und Richters, mehr glaubet, als den falschen und leichtsinnigen Vorspiegelungen seines eigenliebigen Herzens und seiner Mitschuldigen, denen keine Verletzung des Gehorsams gegen der unendlichen Majestät von Bedeutung zu sein scheint; der, und kein Anderer, - ja, nur der kann es für etwas Sonderbares, für etwas Unerwartetes, für etwas Verwunderungs- und Anbetungswürdiges halten, daß Gott, der Heilige und Gerechte, die von Ihm abgefallene und in Feindschaft gegen Ihn versunkene Sünderwelt, die ganze Menge abtrünniger Kinder und Unterthanen, geliebet, und zwar also geliebet hat, daß Er nach dem unergründlichen Wohlgefallen Seines Willens Seinen eingebornen Sohn, den Abglanz Seiner Herrlichkeit und das Ebenbild Seines Wesens, ihnen zu gut in der Gestalt des sündlichen Fleisches (wiewohl ohne Sünde) als ein Menschenkind geboren werden, ja, nach einer mühseligen Pilgrimschaft, unter den empfindlichsten Schmerzen an Leib und Seele des schmählichsten Kreuzestodes sterben lassen, damit Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Ist nun dem also, daß Gott, bloß in der liebevollen Absicht, ohne Abbruch Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit uns Abtrünnige und Ungehorsame begnadigen zu können, Seinen eigenen, eingebornen Sohn ohne Verschonen (wie Paulus Röm. 8,32. redet), in den Tod gegeben hat, so ist es ein wahrer Unsinn, wenn Menschen trotz aller göttlichen Protestationen sich erfrechen, mit Vorbeigehung und Geringschätzung des einigen Mittlers, den Er ihnen angewiesen hat, Ihm, dessen durchdringendes Auge unzählige Mängel und Unvollkommenheiten an unsern besten Gedanken und Werken entdeckt, ihre armseligen Tugenden, oder vielmehr ihre mit äußerlichem Tugendschein übertünchten Schalkheiten als einen Grund aufzudringen, warum Er es nicht so genau mit ihnen nehmen, sondern ihnen unzählbare wissentliche und unwissentliche Uebertretungen Seines heiligen Willens schenken, und alle Strafen derselben aufheben und zernichten, ja sogar eine unaufhörliche Reihe ununterbrochener Freuden und Seligkeiten in jener Welt für sie bereit halten solle.
Mel.: Wer nur den lieben Gott läßt etc.
1.
Dir dank‘ ich, Gott, für Deine Liebe,
Womit Du alle Welt geliebt.
Wenn Eins nur ungeliebet bliebe,
So würde mir das Herz betrübt;
Ich dächte in der Seelenpein:
Ich, ich kann dieß Gehaßte sein.
2.
Gott Lob! ich bin auch unter Allen,
Die Er im Sohn geliebet hat,
Der starb nach Gottes Wohlgefallen
An Aller und an meiner Statt,
Daß ewig lebe, wer da glaubt,
Und mir ist Glauben auch erlaubt.
3.
O Liebe! Dir sei Lob gesungen.
Ach, glaubten alle Menschen Dich!
Ein Herz, von Deinem Feu’r durchdrungen,
Dankt, rühmt, und lobt nicht nur für sich,
Indem es Gott die Ehre gibt,
Daß Er die ganze Welt geliebt.
1. Februar. Abend-Andacht.
Ihr wisset, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem HErrn. 1 Kor. 15,58.
Ein Arbeiter ist seines Lohnes werth. Dieses sagte Christus Luk. 10,7. und der Heilige Geist durch Paulus 1 tim. 5,18. Der Lohn eines Ackermanns ist die Ernte, der Lohn eines Taglöhners die Speise und das Geld, so er bekommt, u.s.w. Und so wird Vieles in der Welt freiwillig oder vermöge eines Vertrags belohnt. Allein ein Christ thut Vieles, wofür er von Menschen keinen Lohn verlangt und erwartet. Er schaffet für sich selbst mit Furcht und Zittern, daß er selig werde. Er sucht Andere mit Worten und Werken zur Buße und zum Glauben zu reizen. Er übet Barmherzigkeit und Geduld, und theilt den Armen von seinem Vermögen mit. Er enthält sich aller Dinge, die seiner Seele schädlich, und seinem Christenlauf hinderlich sind, obschon viele derselben ihm nach den bürgerlichen Rechten und Gebräuchen erlaubt wären. Und so übernimmt er in seinem Hausstand, in seiner Kinderzucht, in seinem Amt und in seinem Umgang mit dem Nächsten immer mehr Arbeit, als ihm von Menschen befohlen ist, und auf Erden belohnt wird. Ja, er thut auch dasjenige, wofür er einen irdischen Lohn empfängt, in der Lauterkeit und Einfältigkeit seines Herzens um des HErrn willen, und siehet dasjenige, was er auf Erden dafür empfängt, nicht für seinen völligen Lohn an.
Ist aber nicht ein Arbeiter seines Lohnes auch bei Gott werth? Ja, aber nicht so, daß ihm Gott etwas schuldig wäre: denn weil Alles Sein ist, was unter allen Himmel ist, weil das Wesen des Arbeiters und seine Kraft, womit er arbeitet, von Ihm ist, weil Alles nur durch Ihn gelingt, und zu Seiner Ehre Alles geschehen soll, so kann er sagen: wer hat Mir etwas zuvorgegeben, daß Ich’s ihm vergelte? Hiob 41,2. Röm. 11,35.36. Und weil alles Gute, das von Gott auf die Menschen fließt, aus Gnaden kommt, so ist’s nicht aus Verdienst der Werke: sonst würde Gnade nicht Gnade sein. Wäre es aber aus Verdienst der Werke, so wäre die Gnade nichts: sonst wäre Verdienst nicht Verdienst. Röm. 11,6. Aus Gnaden also hält der gütige und reiche Gott den Arbeiter seines Lohnes werth, und gibt ihm diesen Lohn zur rechten Zeit. Wann ist aber diese Zeit? Sie ist in gewissem Maße immerdar: denn zu allen Zeiten vergilt Gott die Arbeit, die man um Seines Namens willen übernimmt, mit Seinem Segen. Doch der Tag Jesu Christi ist die Zeit der völligen Vergeltung. An demselben wird Er kommen, und sein Lohn mit Ihm, zu geben einem Jeglichen, wie sein Werk bei der Entdeckung und Schätzung desselben sein wird. Offenb. Joh. 22,12. Wer dafür hält, daß er diesem HErrn diene, wird von Herzen thun, was er thut, und wird mehr thun, als ein Jeder, der nur als ein Menschenknecht handelt. Er wird aber auch von dem HErrn die Vergeltung des Erbes empfahen. Was ein Erbe heißt, folglich vermöge des Kindschaftsrechts umsonst gegeben wird, wird zugleich auch eine Vergeltung der Arbeit sein, die man im Dienst des HErrn, welcher zugleich Vater ist, übernommen hat. Man erwäge, was Paulus Kol. 3,22.23.24. zu den leibeigenen Knechten, die Christen waren, sagte, und mache daraus den Schluß, daß nur derjenige läßig und unmuthig in der Ausübung seiner Pflichten sei, und immer über den Undank der Menschen klage, der die Vergeltung des himmlischen Erbes oder den göttlichen Gnadenlohn nicht hoffet und als sein Ziel vor Augen hat.
Mel.: Sieh‘, hie bin ich etc.
1.
Welt, verlache
Uns’re Sache,
Daß sie nur vergeblich sei;
Unsern Seelen
Kann’s nicht fehlen;
Deiner Arbeit folgt die Reu.
Wir steh’n feste.
Das ist’s Beste:
Niemand ist umsonst getreu.
2.
Nach dem Worte
Durch die Pforte,
Die so eng ist, einzugeh’n,
Sich mit Thränen
Darnach sehnen,
Daß wir uns begnadigt seh’n,
Das macht feste.
Das ist’s Beste,
Daß wir nicht vergeblich fleh’n.
3.
Jesum kennen,
Jesum nennen
Unsern Mittler, Heil und Haupt;
Ihn zu fassen,
Ihn nicht lassen,
Wenn auch selbst die Hölle schnaubt,
Das heißt feste.
Das ist’s Beste,
Daß man nicht vergeblich glaubt.
4.
Sich im Lieben
Christi üben,
Daß man Ihm das Herz ergibt;
Mit Verlangen
An Ihm hangen,
Sonst um nichts, als Ihn, betrübt,
Das bleibt feste.
Das ist’s Beste,
Daß man nicht vergeblich liebt.
4.
Diesem König
Unterthänig
Auch bis zu dem Kreuze sein,
Ohn‘ Verschulden,
Schmach erdulden,
Diesem HErrn zur Ehr‘ allein,
Das ist feste.
Das ist’s Beste:
Jesus bringt es ewig ein.
2. Februar. Morgen-Andacht.
Dieweil wir denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: ich glaube, darum rede ich; so glauben wir auch, darum so reden wir auch. 2 Kor. 4,13.
Der Apostel Paulus führt diese Worte aus Ps. 116,10. als den Grund an, warum er und seine Mitarbeiter am Evangelio sich durch keine Gefahr und Noth abschrecken lassen, die lautere, seligmachende Wahrheit muthig zu bekennen.
Der Verfasser des angeführten Psalmen erzählt daselbst viele innerliche und äußerliche Anfechtung, die ihn von Zeit zu Zeit betroffen hätten. Er sagt z.B. V. 3.: Stricke des Todes hatten mich umfangen, und Angst der Höllen hatte mich getroffen: ich kam in Jammer und Noth. Im 8. Vers rühmt er seinem Gott nach: Du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, mein Auge von den Thränen, meinen Fuß vom Gleiten. Und V. 11. macht er eine innerliche Anfechtung namhaft, die ihm je und je in seinem Gemüth viel zu schaffen gemacht habe, da er sagt: ich sprach in meinem Zagen: Alle Menschen sind Lügner. Wie kam’s nun, daß der liebe Mann unter allen diesen Nöthen sich dennoch nicht mundtodt machen ließ; sondern gleichwohl eines theils zu Gott um Hülfe zu schreien (V.4.), andern Theils aber auch gegen den Menschen sein Vertrauen auf Gott zu bezeugen (V. 13. f.) nicht ablassen konnte? Daher kam’s, daß er den Geist des Glaubens hatte. Ich glaube, sagt er V. 10., darum rede ich.
Eben so war’s auch dem lieben Apostel Paulus und seinen gleichgesinnten Amts- und Glaubensbrüdern zu Muth. An innerlichen und äußerlichen Leiden fehlte es ihnen auch nicht, denn er sagte 2 Kor. 4,8. und ff.: wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht; wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um; und tragen um allezeit das Sterben des HErrn Jesu an unserm Leibe - - , (denn, setzt er vollends hinzu) wir, die wir leben, werden immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen etc. Nachdem nämlich Stephanus, Jakobus, und andere Zeugen Jesu bereits wegen des Bekenntnisses Christi den Märtyrertod erlitten hatten, so nahm es Paulus unter den damaligen Umständen für bekannt an, daß die feindselige Welt es ihm und seinen Amtsgehülfen nicht besser machen würde; und sahe also sich und seines Gleichen für nichts Anderes, als für Schlachtschafe an, wie er sich röm. 8,36. ausdrückt. Warum ließen sie sich denn nicht müde machen, das der Welt so verhaßte Evangelium zu predigen? War denn diese überschwengliche Kraft, dieser alles besiegende Muth von ihnen selbst? Waren sie eben von Natur so außerordentlich beherzte, standhafte Leute? Nein! sagt Paulus V. 7., die Kraft war von Gott; und das erklärt er sodann in unserm Spruch noch weiter, da er sagt: dieweil wir aber denselbigen Geist des Glaubens haben, den David hatte, (nachdem geschrieben steht: ich glaube, darum rede ich) so glauben wir auch: darum so reden wir auch.
O was ist’s für ein mächtiges Ding um den Geist des Glaubens! und wie sehr ist derselbe vom bloßen Willen, von einer todten buchstäblichen Erkenntniß der Wahrheit unterschieden! Wer glaubt, der redet. Am Reden ist mehr gelegen, als man insgemein bedenket: und wo es an dem Bekenntniß des Mundes gegen Gott und Menschen fehlet, da fehlt’s gewiß auch am Glauben des Herzens. So sei denn auch unser Entschluß dieser: wir glauben, darum reden wir auch.
Mel.: Ich singe Dir mit Herz und Mund.
1.
Du Geist des Glaubens, Deiner Kraft
Dankt man den Glauben nur;
Kein Mensch ist, der denselben schafft
Aus Kräften der Natur.
2.
Es ist nicht ein geträumter Wahn,
Aus eig’nem Sinn erdacht.
Man weiß es, daß es Gott gethan,
Wenn man vom Tod erwacht.
3.
Man fühlt wohl, daß man lebend sei,
Weil sich der Geist erhebt:
Dieß aber fühlt man auch dabei,
Daß man von sich nicht lebt.
4.
Dir, Geist des Vaters, dank‘ ich nun,
Der Du so mächtig rufst,
Daß Du, da ich’s nicht konnte thun,
Mich neu in Christo schufst!
5.
Ach wirke ferner mächtiglich,
So lang‘ ich leb‘, in mir;
So glaube und so rede ich,
Und lobe Dich dafür!
2. Februar. Abend-Andacht.
Moses hielt sich an Den, den er nicht sahe, als sähe er Ihn. Hebr. 11,27.
Die Prüfung, welcher die Menschen auf Erden unterworfen sind, besteht darin, daß die sichtbare Welt für sie Reizungen und Schrecknisse enthält, und sie sowohl jene als diese durch einen Glauben überwinden müssen, welcher eine gewisse Zuversicht ist dessen, das man hoffet, und eine Gewißheit von dem, das man nicht siehet. Wem dasjenige, was zukünftig und unsichtbar ist, keinen solchen Eindruck macht, welcher gegen die Reizungen und Schrecken, die von irdischen Dingen entstehen, das Uebergewicht sein kann, der ist ein unglaubiger Mensch wie Esau, welcher seine Erstgeburt deßwegen verachtet und um ein Linsengericht verkauft hat, weil die damit verbundenen Vortheile und Vorzüge zukünftig und meistens unsichtbar waren. Ein solcher Mensch fällt auf die sichtbare Welt mit seiner ganzen Lust hinein, schweift mit seinen Begierden entweder bei einem kleinen oder großen Umkreis darin herum, wird oft geschreckt, oft ergötzt, zuweilen niedergeschlagen, zuweilen aufgeblasen, bekümmert sich über Mangel und fehlgeschlagene Anschläge, und freuet sich, wenn es ihm gelungen ist. Am Ende aber findet er, daß er vergeblich gelaufen sei, und einem Irrwisch nachgejaget habe, den er bei dem Eintritt in die finstere und trostlose Ewigkeit plötzlich aus dem Gesicht verliert.
Wer hingegen glaubig ist, und zwar durch die Kraft und nach der Vorschrift des Wortes Gottes, der siehet das irdische Leben als einen Prüfungsstand und die sichtbare Welt als eine Schule an, worin man zu einem edleren Leben in einer unsichtbaren Welt zubereitet werden soll. Er siehet also nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare; da ohnehin was sichtbar ist, zeitlich, und was unsichtbar ist, ewig ist. Gott, welcher der Inbegriff alles Guten, ja allein gut ist, ist uns unsichtbar. Der HErr Jesus war zwar eine Zeit lang ein sichtbares Bild des unsichtbaren Gottes unter den Menschen, und damals konnte Er zu Seinen Jüngern sagen: selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet: allein Er hörte bald wieder auf, den sterblichen Menschen sichtbar zu sein, und von da an gilt Sein Wort im völligsten Verstand: selig sind, die nicht sehen und doch glauben. An diesem Glauben ist nun Alles gelegen. Mit demselben hält man sich an Den, den man nicht siehet, als sähe man Ihn; wie von Mose gesagt wird. Moses hat einen solchen Glauben erreicht und bewiesen, ob er schon die Gnadenmittel, welche dazu fördern können, bei weitem nicht so reichlich genoß, als wir sie genießen. Vierzig Jahre lebte er am egyptischen Hof und war mit gottlosen Menschen umgeben. Vierzig Jahre war er Schäfer, zog mit seiner Heerde einsam in der arabischen Wüste umher, und traf, wenn er nach Hause kam, bei seinem Schwäher Jethro kein großes Licht der Erkenntniß an. Allein er hielt eben dasjenige weislich zu Rath, was ihm in seiner Jugend von dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und von Seinen Werken und Verheißungen gesagt worden war, und wendete es zur Ausrichtung des Willens Gottes treulich an. Alsdann widerfuhr ihm, was Christus lange hernach sagte: wer da hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe, und der Schatz der Wahrheit wurde in seinem Herzen durch besondere Offenbarungen sehr vermehrt. Er konnte also seinen Gott mit einem ungemeinen Glauben in den schwersten Fällen preisen, und wurde dagegen von Gott zu einem besondern Beispiel Seiner Gnade und Barmherzigkeit gemacht.
Mel.: Wir singen Dir, Immanuel.
1.
Die Welt ist blind; der Glaube nicht;
Der hat nicht so ein kurz Gesicht,
Daß er nur das, was sichtbar, sieht,
Das aber wie ein Schatten flieht.
2.
Der Glaube siehet tief hinein,
Vom Wort hat er den hellen Schein;
Er siehet Gott und Seinen Sohn
Und Christi Krippe Kreuz und Thron.
3.
Er sieht den schmalen Weg vor sich;
Die Feinde, die ihm hinderlich;
Und über diese Welt hinaus
Die Ruhe in des Vaters Haus.
4.
Er siehet, was die Welt nicht merkt,
Die Gnade, die ihn zieht und stärkt,
Die Liebe, die ihm Jesus thut
Und ihn selbst reinigt durch Sein Blut.
5.
Er sieht sein Kleinod an dem Ziel
Und flieht der Welt ihr Kinderspiel.
Er sieht von ferne das Gericht,
Und weil er eilt, so trifft’s ihn nicht.
6.
So hält der Glaube sich an Den,
Den er nicht sieht und nicht kann seh’n.
Unsichtbarer, erhalte mich,
So glaub‘ ich auch, als säh‘ ich Dich!
7.
Thu mir nach meinem Glaubenslauf
Mein Aug‘ verklärt im Himmel auf,
So seh‘ ich Dich in vollem Licht
Von Angesicht zu Angesicht!
3. Februar. Morgen-Andacht.
Ich danke meinem Gott, so oft ich euer Gedenke, welches ich allezeit thue in alle meinem Gebet für euch Alle, und thue das Gebet mit Freuden, über eurer Gemeinschaft am Evangelio. Phil. 1,3.4.5.
Der Spruch, den wir dießmal vor uns haben, faßt eine Gratulation in sich, welche die Form einer Danksagung gegen Gott bekommen hat. Mit herzlichem Vergnügen und mit innigster Danksagung gegen Gott gratulirt also der Apostel Paulus seinen glaubigen Philippern über einer Sache, die von größter Wichtigkeit sein muß, wenn seine Worte und Ausdrücke mit gebührender Achtung angenommen werden. Und was war denn die Sache, wovon sein Herz und Mund und Feder so reichlich überfloß? - Ueber eurer Gemeinschaft am Evangelio, sagt er. Das Evangelium ist die erwünschte Nachricht, daß Gott nach dem Reichthum Seiner Barmherzigkeit uns armen verschuldeten und verlornen Sündern Seinen eingebornen Sohn zum Versühner und Erlöser geschenkt – und daß dieser eingeborne Sohn Gottes durch Sein Leiden, Tod und Auferstehung uns Gnade, Vergebung der Sünden, Friede mit Gott, Leben und Seligkeit erworben habe.
Wer nun dieses Evangelium nicht nur hört, lieset und betrachtet, und sich mit dem Munde dazu bekennet als zu einer von Gott geoffenbarten Wahrheit, sondern demselben auch mit Ueberzeugung beipflichtet, und die kraft desselben zur Beruhigung seines Gewissens vor Gott und zur Freude seines Herzens an der durch Christum erworbenen Gnade erfährt; wer in allem Ernst glauben und sich dafür halten kann, daß er Gott versühnt sei durch den Tod Seines Sohnes, und sich also vor keinem Urtheil der Verdammniß mehr zu fürchten, sondern lauter väterliche Huld und Liebe, Geduld und Nachsicht bei vorkommenden Mängeln und Gebrechen – aber auch täglichen Zufluß nöthiger Geisteskraft zu Ueberwindung der Sünde und zum Wandel im Licht zu gewarten habe; ja daß ihm, als einem in Christo zur Kindschaft Gottes aufgenommenen Menschen, in der zukünftigen Ewigkeit ein unvergängliches unbeflecktes und unverwelkliches Erbe himmlischer Güter und Ergötzlichkeiten gut stehe, gegen welchem aller irdische Reichthum, Pracht und Herrlichkeit nur für Schaum und Spreu zu rechnen sind: - wer das Alles von Herzen glauben, und sich dieser Vorzüge in demüthiger dankbarer Zuversicht anmaßen und getrösten kann, der hat eben damit Gemeinschaft am Evangelio. Zugleich aber findet er in den hohen Gütern, womit ihn Gott um Christi willen begnadiget hat, den kräftigsten Beweggrund, sich anderer Glaubigen, als seiner Mitgenossen an der Gnade des Lebens, unter allerlei Bedürfnissen liebreich anzunehmen, und beweist es in der That, daß der wahre Glaube durch die Liebe thätig ist, vergl. Phil. 4,10.15. f.
Welch‘ eine große Sache, welch‘ ein hohes Glück ist es demnach um die Gemeinschaft am Evangelio! Wer sie hat, danke Gott mit Freuden dafür. Wer sie aber auch bei Andern wahrnimmt, danke Gott ebenfalls mit Freuden dafür, und bitte Gott, daß Er solche Leute in dieser Gemeinschaft erhalte und befestige. Sie ist unendlich mehr werth als alle Gemeinschaft, welche die Menschen im Studiren, in der Handelschaft, in Ehrenämtern, und in eitlen Zusammenkünften und Ergötzlichkeiten mit einander haben. Diejenigen, die bis an ihr Ende eine Gemeinschaft am Evangelio mit einander haben, werden auch mit einander das Reich erben, welches der himmlische Vater den Auserwählten bereitet hat.
Mel.: O Jerusalem, du Schöne.
1.
Theure Botschaft von der Liebe,
Die in Christo Jesu ist!
Wenn man tausend Bücher schriebe,
Die der lüst’re Weltsinn liest,
Wären solche gegen dir
Nur ein feuerwerth‘s Papier.
2.
Menschenschriften sind vergebens,
Machen nicht im Sterben froh.
Aber Hoffnung jenes Lebens
Liegt im Evangelio.
Gottes Kraft zur Seligkeit
Liegt in diesem Wort bereit.
3.
Dieß kann man mit Freuden lesen,
Dieß hört man mit Glauben an;
Denn es sagt, wer wir gewesen,
Und was Gott an uns gethan,
Und das Herz nimmt seinen Theil
Aus der Predigt von dem Heil.
4.
Gott sei Ruhm von allen Zungen,
Auch von mir in meinem Theil.
Jesu, Dir sei Lob gesungen
Für Dein Wort von unserm Heil.
Geist der Gnaden, ewig fort
Sei Dir Dank für dieses Wort!
3. Februar. Abend-Andacht.
Kommet her zu Mir – so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Matth. 11,28.29.
Wenn ein Mensch vom Geist Gottes erweckt und angetrieben wird, für seine Seligkeit zu sorgen, so strengt er gemeiniglich aus Mangel des nöthigen Lichts zuerst die Kräfte seiner Natur an, um fromm zu werden, und dadurch Ruhe für seine Seele zu erlangen. Nun ist zwar solches nicht ohne allen Nutzen, und der Geist Gottes wirkt unter die menschlichen Bemühungen auch hinein: doch wird der Mensch nach und nach inne, daß es nicht an seinem Wollen oder Laufen liege, sondern an Gottes Erbarmen, daß Christus die Wahrheit gesagt habe, da Er gesprochen habe: ohne Mich könnet ihr nichts thun, und daß diejenige Arbeit in der Bekehrung, wobei man nicht zu Christo kommt und an Ihn glaubig wird, keine Ruhe gewähre, sondern nur ermüde. Neben dieser Arbeit gibt es auch Lasten gesetzlicher Lehren und Menschen-Gebote (Matth. 23,4.), und andere Plagen, auch fühlt der Mensch seine Sünde als eine schwere Last. Was ist nun solchen Mühseligen und Beladenen zu rathen? Sie sollen zu Christo kommen. Er ruft ihnen selber zu: kommet her zu Mir. Wie sollen sie aber zu Ihm kommen, da sie nichts vermögen? Sein Ruf gibt ihnen Kraft zum kommen, und ziehet sie zu Ihm. Wenn sie aber zu Ihm kommen, wie wird Er sich gegen ihnen erzeigen? So, wie Er Matth. 11,28. versprochen hat, da Er sagte: Ich will euch erquicken. Und fürwahr Er ist’s allein, der die müden Seelen erquicken kann, wenn er Sich mit Gnade zu ihnen wendet, sie der Vergebung ihrer Sünden vergewissert, sie freundlich anblickt, und Seine Liebe fühlen läßt. Sie sollen aber auch fromm und weise werden. Freilich: aber auch dafür will der freundliche und treue Heiland sorgen. Sie sollen’s durch Ihn werden; Er sagt deßwegen: nehmet auf Mein Joch, lasset mich euren HErrn sein, unterwerft euch williglich dem sanften Regiment, das Ich durch Meinen Geist in euch führen will, damit ihr einen wohlgeordneten und heiligen Wandel führen könnet, und lernet von Mir, damit ihr weise werdet; denn Ich will euch das Verständniß öffnen, daß ihr die Schrift in allen nöthigen Artikeln und bei allen vorkommenden Fällen verstehet. Allein solche Seelen sind blöde und schwach und sehr elend und verächtlich. Wohlan, der Heiland ist aber sanftmüthig, und weiß die Blöden zu trösten und der Schwachen zu warten. Er zerbricht kein zerstoßenes Rohr, und löscht kein glimmendes Docht aus, sondern bringt beide durch eine sanftmüthige Behandlung zurecht. Was entsteht endlich aus diesem Allem? dieses, daß die Kommenden Ruhe für ihre Seelen finden; diejenige Ruhe nämlich, welche ihnen ihre eigene Arbeit nicht verschaffen konnte, und woran sie die Lasten, die sie tragen müssen, gehindert hatten: das Joch oder Regiment Christi aber hindert sie nicht daran, denn es ist sanft, und Seine Last oder Seine Lehre stört sie ihnen nicht, denn sie ist leicht. Unter dem Joch Christi arbeiten sie auch, aber in der Ordnung und bei dem Genuß des Friedens Gottes, und Seine Last hält sie auch in den Schranken eines demüthigen Gehorsams, läßt sie aber dabei eine erquickliche Seelenruhe empfinden.
Mel.:Ach bleib mit Deiner Gnade.
1.
Mein Geist sehnt sich nach Ruhe,
Und findet keine hie;
Nun weiß ich, was ich thue:
Bei Jesu such‘ ich sie.
2.
Will mich mein Elend quälen,
So lauf‘ ich Diesem zu;
Er ruft und gibt den Seelen
An Seinem Joche Ruh‘.
3.
Macht mich mein großer Schade
Noch in dem Zutritt scheu,
So sagt Er mir von Gnade,
Daß die noch größer sei.
4.
Macht mir der Satan Schmerzen,
Der Feuerpfeile hat,
So sagt mein HErr dem Herzen:
Du hast an Gnade satt.
5.
Wenn mein Herz in dem Beten
Selbst seine Mängel schilt,
Beruhigt Sein Vertreten,
Das vor dem Vater gilt.
6.
Wenn ich von dem Gewimmel
Der Welt verspottet bin,
Sagt Er mir von dem Himmel
Und einem Lohn darin.
7.
Will mich das Kreuz ermüden,
Das Christi Jünger beugt,
So sagt Er mir vom Frieden,
Der Alles übersteigt.
8.
Und kommt es dann zum Sterben,
So spricht Sein Geist noch zu
Vom Leben, von dem Erben,
Von Freude, von der Ruh.
4. Februar. Morgen-Andacht.
Die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret werdet zur Seligkeit. 1 Petr. 1,5.
Die Wiedergeburt oder die Erweckung des geistlichen Lebens in der Seele hatte der Apostel V. 3. dieses Kapitels ausdrücklich als ein Werk der großen Barmherzigkeit Gottes und des Vaters unsers HErrn Jesu Christi angepriesen. Unzählig viele Stellen der heiligen Schrift belehren uns davon, daß die wahre Bekehrung schlechterdings nicht auf menschlichen Kräften beruhe, sondern ein Werk Gottes und Seines Sohnes sei. Und wer sich einbildet ein Christ zu sein, ohne daß er etwas von übernatürlichen Wirkungen der Gnade an seinem Herzen erfahren hätte und noch erführe, der betrügt sich selbst. Ohne Empfindung unsers geistlichen Elends und Verderbens, ohne Hunger und Durst nach Gnade und Vergebung der Sünden, ohne ernstliches Gebet um Licht und Kraft von oben an seiner eigenen Besserung arbeiten und sich der Tugend und Rechtschaffenheit befleißen, heißt anders nichts, als eigene Gerechtigkeit aufrichten wollen, und der Gerechtigkeit nicht unterthan sein, die vor Gott gilt; wie Paulus Röm. 10,3. über die Juden klagt. Wenn nun aber durch die Kraft des Wortes und Geistes Gottes die selige Veränderung, wodurch man aus einem natürlich gesinnten ein geistlich gesinnter Mensch wird, wirklich zu Stande gebracht ist, so darf man nicht denken, als ob man nun für sich selbst durchkommen könnte. Ach nein! Es gehört eine Gottesmacht dazu, wenn man im Glauben erhalten und durch den Glauben bewahrt werden soll zur Seligkeit. Wenn man bedenkt, wie geschäftig der Satan mit seinen finstern Kräften ist, die Glaubigen entweder in Leichtsinn und Vermessenheit, oder in Unmuth, Ungeduld und Verzagtheit zu stürzen; wenn man überlegt, wie stark, anhaltend und mannigfaltig ihnen die Welt zusetzt, um sie von ihrem ernstlichen Sinn ab- und auf ihre Seite zu bringen; wenn man erwägt, wie gewaltig und oft die im Fleisch noch liegende Sünde sich wider den Geist empört, und das vormalige Regiment wieder an sich zu reißen sucht: wie sollte man sich dann unterstehen, es mit diesen listigen und mächtigen Feinden auf sich zu nehmen, und ihnen selbst, in eigener Kraft, gewachsen zu sein?
Leute, die gar nicht aus Erfahrung wissen, was es um den Kampf zwischen Fleisch und Geist ist, und wie leicht man also im Fleisch vollenden kann, da man im Geist angefangen hatte, sind bald damit fertig, alle diejenigen für Heuchler zu erklären, die eine Zeit lang fein gelaufen waren, hernach aber, in Ermanglung nöthiger Wachsamkeit, entweder einen schweren Fall thun, oder nach und nach von ihrer vormaligen Kraft abkommen. Aber wer der Schrift glaubet, der kann in seinem Urtheil nicht so schnell zufahren. Und es ist auch Jedem für seine Person daran gelegen, daß er nicht in der Ueberzeugung von seiner Aufrichtigkeit vor Gott, deren er sich im Anfang seiner Bekehrung bewußt ist, einen falschen Trost suche, als ob es ihm, wenn er nach und nach von seinem Ernst nachläßt, dennoch nicht fehlen könnte. Ach freilich kann es fehlen!
Ach es ist unmöglich, daß man falle, nachdem man schon gestanden war, daß man Christum verleugne, nachdem man gute Bekenntnisse abgelegt hatte, daß man aufgehalten werde, nachdem man eine Zeit lang fein gelaufen war, daß man verdorre, nachdem man ein grüner Rebe an dem Weinstock Christi gewesen war, daß man in die Welt wieder eingeflochten und von ihr überwunden werde, nachdem man ihrem Unflath schon entflohen war. Es ist dieses alles möglich, weil es schon oft geschehen ist, und die Schrift es bezeugt. Wie nöthig ist’s also, daß ein begnadigter Christ aus Gottes Macht durch den Glauben zur Seligkeit bewahret werde!
Mel.:
1.
Bedenk‘ ich Satans Stricke,
Den Lauf der argen Welt,
Des Herzens viele Tücke,
Wodurch man schnelle fällt,
O so erstaunt mein Sinn;
Ich bin mir selbst ein Wunder,
Daß ich nicht längst hinunter
In’s Feu’r gefallen bin.
2.
Was hat mich doch verwahret?
Gott, das ist Deine Kraft,
Die keine Mittel sparet,
Bis sie uns Heil verschafft.
Den Glauben wirket sie;
Auch sie erhält den Glauben;
Sie läßt uns Ihm nicht rauben,
Und sie verläßt uns nie.
3.
Gelobt sei Dein Erbarmen,
Mein Gott, ich dank‘ es Dir!
Ach überlaß mich Armen
Doch fernerhin nicht mir!
Laß mich durch Deine Macht
Bewahrt sein bis zum Leben,
Ich will Dir Ehre geben,
Wenn Du mich heimgebracht.
4. Februar. Abend-Andacht.
Was ihr nicht gethan habt Einem unter diesen Geringsten, das habt ihr Mir auch nicht gethan. Matth. 25,45.
Man darf nicht meinen, daß dasjenige, was Christus Matth. 25,31-46. von dem jüngsten Gericht erzählt, eine vollständige Beschreibung desselben sei, als welche ohnehin keines sterblichen Menschen Verstand fassen könnte. Wir wissen, daß die heilige Schrift, welche die wahren Gerichte oder gerichtlichen Aussprüche Gottes enthält, auf den Unglauben und auf viele wirkliche Sünden, die 1 Kor. 6,9.10. Gal. 5,19.20.21. Off. Joh. 21,8. 22,15. und anderswo genannt sind, das Urtheil der Verdammniß lege, und daß nach dem Ausspruch derselben der Mangel der Wiedergeburt und der Heiligung vom Reich Gottes ausschließe. Dieses Alles wird nun auch im jüngsten Gericht gelten; wie denn zwar Himmel und Erde vergehen werden, die Worte Gottes aber nicht vergehen oder nie ungültig werden können. Es hat aber dem lieben Heiland gefallen, in der Rede vom jüngsten Gericht, die Er kurz vor Seinem Leiden hielt, da Er Sich selbst als arm und verfolgt ansahe, und arme und von der Welt gehaßte Jünger um Sich sahe, besonders zu melden, wie im jüngsten Gericht vorzüglich auch auf die Liebe, und bei den Gottlosen auf die Unterlassung der Liebeswerke werde gesehen werden. Er sagte also unter Anderem, der Richter (nämlich Er selbst) werde zu denen, die zur Linken stehen, sprechen. was ihr nicht gethan habt Einem unter diesen Geringsten, das habt ihr Mir auch nicht gethan, gleichwie Er zu denen, die zur Rechten stehen, sagen werde: was ihr gethan habt Einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr Mir gethan. Die Geringsten, auf welche der Richter weisen wird, sind diejenigen unter den Gerechten, welche auf Erden hungrig und durstig und fremd und nackend, oder schlecht bekleidet, und krank und gefangen, folglich bedürftig gewesen waren, daß man Werke der barmherzigen Liebe um Seines Namens willen an ihnen ausübe. Auch die Apostel darf man unter diese Geringsten rechnen.
Man muß aber die Rede des Richters nach dem Inhalt des ganzen Evangelii recht verstehen. indem Er die Liebeswerke preiset, die man an Seine geringsten Brüder verwendet, so nimmt Er Seine andere Rede nicht zurück, worin Er befohlen hatte, auch den Feinden wohl zu thun, Matth. 5,44., und leugnet nicht, daß die Wohlthaten, welche man nach dem Beispiel des himmlischen Vaters (V. 45.) bösen Menschen erzeiget, auch ihren Werth bei Gott haben. Weil aber Matth. 25. nach dem besondern Zweck Jesu nur von solchen Liebeswerken die Rede ist, welche man gegen Seine geringsten Brüder ausübet, so muß man nicht meinen, daß diejenigen Reichen der Rede Christi eine Genüge gethan haben, die unter dem Haufen anderer Armen ungefähr auch Fromme gespeiset, getränket oder bekleidet haben u.s.w., denn es kommt hiebei auf die Absicht an, als welche einem jeden Werk seinen Werth gibt. Wer aber Mittel und Gelegenheit hat, diese Werke zu thun, und sie doch niemals thut, zeiget damit an, daß er ein heimlicher Feind Jesu sei, und als ein solcher von Rechtswegen verdammt werde.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Seele, wenn der Welt ihr Wesen
Dir noch irgend nicht mißfällt,
Magst du die Beschreibung lesen,
Was davon der Richter hält.
Herrlich speist sie volle Bänke,
Nur der Christ kriegt kein Gericht;
Sie gibt köstliche Getränke,
Aber Christi Jüngern nicht.
2.
Sie beherbergt gern auch Gäste,
Nur der Christ darf nicht hinein;
Sie bekleidet auf das Beste,
Und der Christ mag nackend sein;
Sie macht höfliche Besuche,
Doch in Noth dem Christen nie.
Seele, hörst du von dem Fluche,
Denke, solcher trifft auch sie.
3.
Jesu, lehr mich Gutes üben,
Aber nicht nach Menschen-Wahn;
Lehre mich die Brüder lieben,
Denn das heiß‘st Du Dir gethan:
Daß die Welt mich nicht verführe,
Wo sie noch am Besten scheint;
Denn sie liebet nur das Ihre,
Und den Deinen ist sie feind.
4.
O mir ist daran gelegen
Auf denselben großen Tag,
Daß ich dort auch Deinen Segen
Sammt den Deinen hören mag;
Denn die Böcke wirst Du strafen.
HErr, bewahr mich vor der Pein;
Zähl mich hier zu Deinen Schafen;
Laß mich dort zum Erbtheil ein!
5. Februar. Morgen-Andacht.
Du verbirgest, die Dich fürchten, heimlich bei Dir vor Jedermanns Trotz. Ps. 31,21.
Als David von seinem Schwäher, dem König Saul, verfolgt wurde, so erfuhr er die Erfüllung dieser Worte reichlich, wie er denn auch Ps. 27,5. in der Anwendung auf sich selbst sagt: Er decket mich in Seiner Hütte zur bösen Zeit, Er verbirget mich heimlich in Seinem Gezelt. Gott gab ihm immer einen Zufluchtsort in einer Höhle oder in einer Wüste, oder in einer Burg oder Bergfestung, und verschaffte durch Seine Vorsehung, daß Saul oft lange nicht inne wurde, wo er sich aufhalte. Als auch die Siphiter zweimal dem Saul den Aufenthalt Davids anzeigten, so verbarg Gott diesen wiederum bald wieder vor dem Trotz Saul’s, und verschaffte, daß dieser ihn nicht finden, oder ihm wenigstens nicht schaden konnte. Weil aber David ganz besondere Schicksale erfuhr, und die Wenigsten von denen, die den HErrn fürchten, öffentlich, wie er, verfolgt werden, so ist es einer Ueberlegung werth, wie dasjenige, was David von dem gnädigen Verbergen geredet hat, auch an ihnen erfüllet werde. Gott verbirgt aber dieselben unter dem Schutz Seines Angesichts, oder gleichsam in Seiner Hütte und in Seinem Gezelt, a) wenn Er sie in der Niedrigkeit und gleichsam im Schatten oder Staub sitzen läßt, und vor hohen Ehrenstellen bewahrt, bei welchen sie den Trotz der Gottlosen und die böse Zeit empfindlicher erfahren müßten. Hiezu muß die Ungnade und Verachtung, welche man auf gottesfürchtige Leute wirft, selber behülflich sein. b) Er verbirgt sie auch, wenn Er durch Seine Vorsehung macht, daß die Gottlosen, wenn sie ihre Wuth auslassen wollen, nicht an sie gedenken, ihre Fehltritte nicht inne werden, oder wohl gar durch gute Zeugnisse geneigt werden, ihrer zu verschonen. c) Er verbirgt sie ferner, wenn Er ihnen in den größten Gefahren Raum verschafft, zu fliehen, oder wenn Er sie durch Seine Vorsehung in Oerter führt, welche von den Fluthen Seiner Strafgerichte, z.B. des Krieges, der Seuchen, der Hungersnoth, verschont bleiben. d) Er verbirgt sie ferner, wenn Er sie durch Seinen Geist so bildet und ausrüstet, daß ihr Leben mit Christo in Gott verborgen wird, daß sie am Zugang zu Ihm und an dem Umgang mit Ihm ihr Vergnügen finden, mehr mit Ihm als mit Menschen reden, die Versammlung der Boshaftigen aber hassen, sich hüten, zu wandeln im Rath der Gottlosen, zu treten auf den Weg der Sünder, und zu sitzen, da die Spötter sitzen, da sie dann in die Anschläge der Gottlosen nie eingeflochten, aber auch von ihnen weniger angetastet werden können. Sie sind in Ansehung derselben gern die Verborgenen des HErrn (Ps. 83,4.). e) Endlich verbirgt Er sie auf’s Beste, wenn Er sie zur rechten Stunde der Welt ganz entrückt, und in die selige Ewigkeit, in die ewigen Hütten, in die Häuser des Friedens, in die sicheren Wohnungen, die im Himmel sind, versetzt, wo kein Spötter sie sehen, kein Feind sie antasten, und kein Verfolger sie ängsten kann. Da bleiben sie verborgen bis an den Tag Jesu Christi. Wenn aber Christus ihr Leben wird offenbar werden, so werden sie auch mit Ihm offenbar werden in der Herrlichkeit. Es ist also gut, sich auf den HErrn verlassen, und sich nicht verlassen auf Menschen. Wohl dem, dessen Hülfe der Gott Jakobs ist, dessen Hoffnung auf dem HErrn seinem Gott steht, der den Himmel, die Erde, das Meer, und Alles, was darinnen ist, gemacht hat, der Glauben hält ewiglich!
Mel.: Gott will’s machen.
1.
Im Bewahren
Vor Gefahren
Zeigst Du, Gott, Dich wunderbar.
Das bestärket,
Wer es merket:
Die Erfahrung macht es wahr.
2.
Gott sieht ferne,
Wie so gerne
Unser Feind uns stürzen will.
Doch Sein Sorgen
Hilft verborgen,
Und macht Seine Kinder still.
3.
Wie viel Nöthen,
Die auch tödten,
Steh’n wir bloß:
Gott eilt herzu.
Du bist Retter,
Gott der Götter,
Wie mit Flügeln deckest Du.
4.
Du alleine
Schütz’st die Deine(n),
Wenn sie auch durch Wasser geh’n;
Du alleine
Schütz’st die Deine(n),
Wenn sie auch im Feuer steh’n.
5.
Danket Alle,
Jauchzt mit Schalle,
Ihr, die ihr erlöset seid.
Uns behüte
Seine Güte,
Denn sie währt in Ewigkeit.
5. Februar. Abend-Andacht.
Ich weiß, an Welchen ich glaube. 2 tim. 1,12.
Wenn man bedenkt, daß Paulus in seiner Jugend ein gelehrter und angesehener Pharisäer gewesen sei, daß er sich durch seinen Eifer wider Christen bei den jüdischen Vorstehern beliebt gemacht habe, und es vermuthlich nahe dabei gewesen, daß er ein Rabbi, ein Vorsteher einer jüdischen Schule oder gar ein Mitglied des hohen Raths zu Jerusalem worden wäre; daß er aber alle diese dem Fleisch angenehmen Aussichten durch seinen Uebergang zur christlichen Religion verloren habe, und nach derselben als ein armer und geplagter Apostel diese Länder durchreisen, viele Arbeiten verrichten, und alle die Leiden übernehmen müssen, welche er selbst 1 Kor. 4. und 2 Kor. 11. und 12. namhaft macht – wenn man dieses bedenkt, so kann man fragen: ob er sich seines Uebergangs zur christlichen Religion und seines langen Dienstes am Evangelio nicht zuletzt als einer Thorheit geschämt, und ob er nicht Andere gewarnt habe, es ihm nachzuthun, und in seine Laufbahn, in welcher man das Weltglück verscherze, einzutreten. Auf diese Frage gibt aber der zweite Brief an den Timotheus die zuverläßige Antwort; denn Paulus schrieb ihn kurz vor seinem Tode, wie aus Kap. 4,6.7. erhellet. Er ermahnt aber in diesem Brief Kap. 1,8. den Timotheus, den er lieb hatte: schäme dich nicht des Zeugnisses unsers HErrn, noch meiner, der ich Sein Gebundener bin, sondern leide dich mit dem Evangelio, wie ich, nach der Kraft Gottes. V. 11.12. aber sagt er: ich bin gesetzt ein Prediger und Apostel und Lehrer der Heiden; um welcher willen ich solches (die Bande und den Tod) leide: aber ich schäme mich’s nicht. Denn ich weiß an Welchen ich glaube, und bin gewiß, daß Er mir meine Beilage bewahren wird bis an jenen Tag. Paulus hatte dem HErrn Jesu geglaubt, der ihm einigemal erschienen war und mit ihm geredet hatte, und der ihn auch täglich durch Seinen Geist lehrte, was er thun und reden solle. Nun wußte er aber, daß dieser Jesus sei Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge (Offenb. Joh. 3,14.), dessen Worte nicht vergehen, obschon Himmel und Erde vergehen. Er wußte auch, daß Derselbe eine ewig geltende Erlösung vollbracht habe, und wegen derselben der Weg zum Vater sei, und immerdar selig machen könne, die durch Ihn zu Gott kommen, und immerdar lebe und für sie bitte (Hebr. 7,25.). Er wußte, daß dieser sein HErr ihm alle Schmach mit Ehre, alle Leiden mit Freude, alle Arbeiten mit Ruhe auf eine unvergleichliche und überschwengliche Art ersetzen könne und wolle, und er also in seinem Dienst keinen Verlust leide, sondern einen unaussprechlichen Gewinn erlange. Er wußte auch und war überzeugt, daß Derselbe ihm seine Beilage, das ist seine Ihm übergebene Seele, bis an den Tag Seiner herrlichen Offenbarung bewahren werde.
Wie steht es nun bei mir? Habe ich Jesu Christo geglaubt? Hat Er mich durch Sein Wort überredet, und habe ich mich von Ihm überreden lassen, Sein Jünger und Knecht zu werden? Bin ich’s noch, und zwar von Herzensgrund, ob ich schon dabei Vieles zu leiden bekomme, und in der Welt hintangesetzt werde, und manches scheinbare Weltglück, welches Andere erhaschen, vor meinen Augen muß verschwinden lassen? Macht mich die Erkenntniß Jesu Christi getrost? Macht sie mich auch bei der Annäherung des Todes getrost? Paulus glaubte, was er gelehrt und geschrieben hatte: glaube ich’s auch? Ist mein Glaube so groß als meine Wissenschaft? Ach HErr Jesu, gib mir den Geist des Glaubens reichlich! Hilf mir, daß ich den guten Kampf kämpfe, den Lauf vollende, und bis an mein Ende Glauben halte; damit ich mit Andern die Krone der Gerechtigkeit an Deinem Tag empfahe.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu Christ.
1.
Unselig, wer sich wiegen läßt
Von manchem Wind der Lehre!
Die Gnade macht ein Herz recht fest,
Dieß gibt dann Gott die Ehre,
Glaubt Seinem Wort, ist froh dabei,
Bekennt vor allen Menschen frei:
Ich weiß, an Wen ich glaube.
2.
Der Satan reizt den Leichtsinn an,
Den Glauben zu verlachen;
Vernunft will das zu einem Wahn,
Was sie nicht fasset, machen;
Die Sündenliebe stimmt mit ein.
Nur wer erleuchtet ist, sagt: nein,
Ich weiß, an Wen ich glaube.
3.
Bald scheint’s für Gottes Sohn zu bloß,
Im Zagen Blut zu schwitzen;
Bald für des Menschen Sohn zu groß,
Zur Rechten Gottes sitzen.
Dieß Alles irrt den Christen nicht,
Er kennt und ehrt den HErrn und spricht:
Ich weiß, an Wen ich glaube.
4.
HErr Jesu, mach‘ mein Herz gewiß,
Dich immer mehr zu kennen;
So wird mich nie kein Aergerniß
Von Deiner Wahrheit trennen;
So sterb‘ ich auch im Glauben hin,
Und wenn ich einst erwecket bin,
So weiß ich, Wen ich schaue!
6. Februar. Morgen-Andacht.
Ich danke Dir darüber, daß ich wunderbarlich gemacht bin. Wunderbarlich sind Deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl. Ps. 139,14.
Die Weisheit, Güte und Allmacht Gottes ist zwar an allen Werken der Schöpfung zu ersehen, wenn man sie mit einiger Aufmerksamkeit betrachtet. Das kleinste Würmlein ist eben sowohl ein Zeuge von den herrlichen Eigenschaften des Schöpfers aller Dinge, als der unermeßliche Raum des Himmels, woran die prächtige Sonne strahlet, die den ganzen Erdkreis erwärmt und erleuchtet. Wir werden daher in der heil. Schrift selbst je und je zur Bewunderung der Werke Gottes in der Natur aufgerufen, wie z.B. Ps. 104. ausführlich geschieht; und Röm. 1,20. wird es sogar den Heiden als eine strafbare Nachläßigkeit angerechnet, wenn sie nicht an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt, Gottes unsichtbares Wesen, das ist Seine ewige Kraft und Gottheit, erkennen und preisen lernen.
Das höchste und vornehmste Meisterstück des Schöpfers aber ist der Mensch selbst, insofern er aus einer vernünftigen Seele und aus einem künstlich gebauten Leib besteht. Wir mögen auf die Natur, Kräfte und Wirkungen unserer Seele, oder auf die Einrichtung unsers Körpers und seiner Theile sammt ihren Verrichtungen sehen, so sind wir uns selbst ein erstaunenswürdiges Räthsel.
Die scharfsinnigsten Naturforscher müssen bei den sorgfältigen Untersuchungen, die sie angestellt haben und noch anstellen, immerhin bekennen, daß die Zeugung und Empfängniß, die nach und nach fortschreitende Entwicklung und Bildung im Mutterleibe, die Nährung der Leibesfrucht, so lang sie noch im Verborgenen ist, und die darauf erfolgende Geburt, lauter unbegreifliche Wunder der göttlichen Weisheit und Allmacht sind. Man hat z.B. in Ansehung der Bildung bemerkt, daß in vierzehn Tagen nach der Empfängniß der Kopf schon unterschieden werden kann, die Nase die Gestalt von einem hohen Faden hat, die Augen zwei schwarze Flecklein, und die Ohren zwei kleine Löchlein vorstellen. Nach drei Wochen sieht man den Anfang zu den Schenkeln, Händen und Füßen, die Arme wachsen besser, und die Finger lösen sich eher von einander, als die Zehen; die Knochen sind wie ausgebreitete Fäden, die Rippen neigen sich gegen dem Rückgrate. Nach einem Monat sieht man den Riß des Körpers genau ausgemalt, die Hüfte und der Bauch sind erhoben, die Finger und Zehen getrennt, die Eingeweide ein kleiner Pack von durchschlungenen Fäserchen, die Haut ganz dünn, und die Knochen noch ein Gallert. Nach sechs Wochen zeigt sich schon die erste Bewegung des Herzens; und nach zwei Monaten erscheint der Anfang zu den Knochen an den Armen, Schenkeln und Füßen, und an der Spitze des untern Kiefers u.s.w. Ganz eigentlich drückt sich also David V. 15. des obigen Psalmen aus, da er (im Grundtext) sagt: Deine Augen sahen mich, da ich im tiefsten Ort, vergleichen die Abgründe der Erde sind, wie mit der Stricknadel gestalt worden bin. So wenig der Landmann, wenn er seinen Samen auf den Acker ausstreuet, zur Bildung der daraus hervorkeimenden Früchte durch eigene Kunst etwas beiträgt: so wenig hängt die bewundernswürdige Bildung eines menschlichen Körpers von der Kunst oder Willkür der Eltern ab. Sie ist ganz und gar ein Werk des Schöpfers, dem jeder mit dankbarer Ehrfurcht bekennen muß: Deine Hände haben mich bereitet. Ja möchten wir uns fleißig erinnern, daß nach der Absicht der kostbaren Erlösung, die durch Christum geschehen ist, unser Leib ein Tempel des Heiligen Geistes sein, - und, wenn er das ist und bleibt, einst in der Aehnlichkeit mit dem verklärten Leibe unsers Erlösers wieder hervortreten solle!
Mel.: Jesus meine Zuversicht.
1.
Auch für meines Leibes Bau
Will ich Gott ein Danklied bringen;
Sein Werk, das ich an mir schau‘,
Ist ja würdig zu besingen,
Hat’s die Sünde schon zerstört,
Und das Herrlichste verheert.
2.
Hat nicht jedes Glied allhie
Jetzt noch seinen Dienst und Kräfte?
Heiligt Gottes Geist nicht sie
Auch zum christlichen Geschäfte?
Jesus hat zur Herrlichkeit
Sie auf’s Neu‘ am Kreuz geweiht.
3.
Jesus nimmt ja selbst den Leib
Seiner Kirche zum Exempel.
Gib, HErr! daß mein Leib stets bleib‘
Deines Geistes reiner Tempel!
Muß er die Verwesung seh’n,
Heiß ihn herrlich aufersteh’n.
6. Februar. Abend-Andacht.
Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele. Matth. 16,26.
Als Christus Seinen Jüngern verkündiget hatte, daß Er bald werde leiden und getödtet werden, so nahm Ihn Petrus auf die Seite, fuhr Ihn sehr an, und sagte: HErr, schone Dein selbst, das widerfahre dir nur nicht! Diese unbescheidene und unverständige Rede, wegen welcher Petrus einen sehr scharfen Verweis bekam, gab Jesu den Anlaß, unter Anderem zu sagen: wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren: wer aber sein Leben verliert um Meinet willen, der wird’s finden. Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele u.s.w. Es ist Ein Wort, welches Leben und Seele in dieser Rede Christi bedeutet. man darf sein Leben verlieren, wenn es nur um Christi willen geschieht, und wenn man’s nur wieder findet, wie Er’s in der Auferstehung wieder gefunden hat. man kann’s aber auch erhalten wollen, und doch verlieren, und dieses heißt alsdann Schaden an seiner Seele nehmen, oder sein Leben auf eine unwiederbringliche Art einbüßen. Leben oder Seele ist dasjenige, was den sterblichen Leib bewegt, daß der Mensch durch denselben irdische Dinge empfinden, genießen und besitzen könne. Man muß seine Seele oder sein Leben verlieren um Christi willen, das ist, man muß sich selbst verleugnen, sein Kreuz auf sich nehmen, und Ihm nachfolgen, wie Er selber V. 24. gesagt hat. Man muß den Genuß und Besitz irdischer Dinge Seiner Liebe weit nachsetzen, man muß sich darin mäßigen, und endlich jenen Genuß und Besitz im Tod gern wirklich aufgeben: alsdann wird man seine Seele oder sein Leben finden, das ist, man wird ein Leben von einer höhern Art erlangen, da die Seele in einem verklärten Leib wohnen, und durch denselben himmlische Güter genießen wird. Wer aber sein Leben erhalten, oder den Genuß und Besitz irdischer Dinge auch wider die Ehre und den Willen des HErrn eine Zeit lang behaupten will, wird diesen Genuß und Besitz im Tode verlieren, und nichts dafür bekommen; es würde ihn auch nichts helfen, wenn er die ganze Welt gewonnen hätte, folglich für seine Seele oder sein irdisches Leben eine sehr reiche Weide bereitet hätte. Er würde doch sein Leben, wie er’s im irdischen Leib geführt hatte, folglich den Genuß der ganzen Welt auf einmal einbüßen. Seine Seele würde von ihm genommen, und wenn er alsdann unter die Todten gezählt ist, so kann man ihn fragen: weß ist’s nun, das du gewonnen und bereitet hast? Er kann auch, weil er nichts hat, nichts geben, womit er seine Seele oder sein Leben wieder löse; und wenn er auch die ganze Welt noch hätte, so würde sie doch kein gültiges Lösegeld für sein Leben oder seine Seele sein. Er wird todt sein, und auch bei der Auferstehung kein ewiges Leben bekommen, denn er wird nur zum Gericht auferstehen, um nach dem gefällten Urtheil den zweiten Tod leiden zu können. Denn es wird je geschehen, setzt Christus hinzu, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen heiligen Engeln: und alsdann wird Er einem Jeglichen vergelten nach seinen Werken. Er wird nämlich das Leben in einem verklärten Leib denjenigen geben, die ihr Leben im irdischen Leib um Seinetwillen gehaßt, verleugnet und verloren haben: über diejenigen aber wird ER das Todesurtheil fällen, die ihr Leben haben erhalten wollen.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Die ganze Welt gewinnen,
Scheint groß vor Menschensinnen,
Und Mancher hätte Lust;
Es wär‘ nicht so geringe,
Als dreißig Silberlinge,
Worüber Judas bersten mußt‘.
2.
Allein was könnt‘ es nützen,
Die ganze Welt besitzen
Auf eine kleine Zeit;
Wenn man bei allem deme
Hingegen Schaden nähme
An seiner Seelen Seligkeit?
3.
Was könnte er dagegen
Für seine Seel‘ erlegen
Zu einem Lösegeld?
Da würd‘ es ewig fehlen;
Zu Kaufung einer Seelen
Gehöret mehr als eine Welt.
4.
HErr, drück‘ mir diese Worte
In aller Zeit und Orte
Wie Spieß‘ und Nägel ein;
Daß ich, so lang ich lebe,
Mich sonst um nichts bestrebe,
Als daß ich möge selig sein.
5.
Du bist für mich gestorben,
Du hast die Welt erworben
Mit theurem Gottesblut;
Laß diesen Schatz mir werden;
Hab‘ ich sonst nichts auf Erden,
So hab‘ ich doch das größte Gut!
7. Februar. Morgen-Andacht.
Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat. Ps. 103,2.
Obschon ein Christ diejenigen Wohlthaten Gottes für die höchsten und wichtigsten erkennt, die den nächsten Bezug auf die Ewigkeit haben, und eben darum von irdischgesinnten Leuten am wenigsten geachtet werden: so schätzt er doch billig auch diejenigen Gutthaten nicht gering, die ihm der gütige Schöpfer zur Erhaltung seines Leibes und Lebens und zu seiner sinnlichen Erquickung zufließen läßt.
Daß mich Gott zu einem vernünftigen Menschen gemacht hat, der einer ewigen Glückseligkeit fähig ist; daß Er mir Seinen Sohn zum Versühner und Seligmacher bestimmt und geschenkt hat; daß Er mir auch den Geist Seines Sohnes entweder wirklich gegeben hat, oder doch geben will; daß Er mich Seine Gnadenmittel, nämlich Sein Wort und Seine Sakramente, genießen läßt, daß Er bereit ist, mich von aller Schuld und Strafe der Sünden frei zu sprechen, wenn ich mich in herzlicher Reue und demüthigem Vertrauen durch meinen Mittler zu Ihm wende; daß Er mir einen freien kindlichen Zutritt zu Seinem Vaterherzen gestattet, und mein Herz mit manchem seligen Genuß Seiner göttlichen Liebe tröstet, erquickt und erfreut; daß Er mir sogar manchen Vorschmack himmlischer Vergnügungen schon in diesem Leben vergönnt, und mir dereinst ein unvergängliches unbeflecktes und unverwelkliches Erbe zur Befriedigung aller meiner Begierden geben will: - das sind freilich die vornehmsten, die wichtigsten Wohlthaten, die mir angedeihen können.
Aber sollte ich meinem gütigen Schöpfer nicht auch dafür an diesem Morgen den demüthigsten Dank schuldig sein, daß Er mir einen gesunden Leib, wohlgeordnete Glieder und richtige Sinnen gegeben, und nicht nur zur höchsten Nothdurft, sondern auch in einigem Ueberfluß Nahrung und Kleider beschert hat, mich bei den Meinigen in Frieden wohnen, und in der sichtbaren Welt allerhand Annehmliches fühlen, sehen, hören, riechen und schmecken läßt? Sollte ich nicht meiner Seele selber zusprechen, lobe den HErrn, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat! Gemeiniglich vergessen die Menschen ihre Trübsale weniger als die Wohlthaten Gottes; wie es auch Salomo Pred. 11,8. bemerkt. Ein großer Theil ihrer Gespräche ist die Klage übe die böse Zeit. Was sie vor langer Zeit ausgestanden haben, können sich noch wehmüthig erzählen: die empfangenen Wohlthaten Gottes aber rühmen können sie nicht. Es soll aber nicht also sein. Man soll der Wohlthaten Gottes fleißig zur Stärkung seines Glaubens gedenken, und ihrer nicht vergessen. Man soll Gott wegen derselben loben, ja man soll Gott loben, weil Er ist, was Er ist, weil Er als der Heilige und Gerechte, als der allein Weise und Mächtige, als der Ewige und Lebendige, als der Wahrhaftige und Gütige des beständigen Lobs aller Geschöpfe würdig ist. Alles, was Odem hat, lobe den HErrn. Das Lob Gottes ist der schönste Gottesdienst. Es ist die Vorübung auf den Himmel. Der Heilige Geist muntert uns oft in Seinem Wort dazu auf. So lobe denn den HErrn, meine Seele, und was in mir ist, Seinen heiligen Namen. Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat. Hallelujah!
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir etc.
1.
Ich singe Dir für meine Sinne,
Mein Lebens-Gott, ein Danklied ab.
Da werde ich des Guten inne,
Das mir mein guter Schöpfer gab.
So fühle, rieche, schmeck‘ ich nun,
Wie wohl Gott kann den Menschen thun.
2.
Ich höre nicht nur die Gesänge,
Da Seinem Lob die Lust entspricht;
Ich sehe nicht nur das Gepränge
Von Seiner Sonne schönem Licht:
Es nimmt mein Ohr und Aug‘ auch Theil
An Seinem Wort von unserm Heil.
3.
Dem herzen wird das Wort vom Glauben
Durch die zween Wege eingedrückt.
Wie sind die Blinden und die Tauben
Zu Seinem Dienst so ungeschickt!
HErr, zeig‘ mir einst, was ewig währt,
Kein Aug‘ noch sieht, kein Ohr noch hört!
7. Februar. Abend-Andacht.
Die Zeit ist kurz. Das Wesen dieser Welt vergehet. 1 Kor. 7,29.31.
Paulus handelt in dem siebenten Kapitel des ersten Briefes an die Korinther von dem Ehestand und dem ledigen Stand. Er vergleicht beide Stände mit einander, und zeigt die Pflichten an, welche einem jeden derselben anhängig sind. Bei der Vergleichung sagt er, daß der ledige Stand sonderlich in trübseligen und gefährlichen Zeiten V. 26., seine vorzügliche Bequemlichkeit auch zum Wandel mit Gott habe V. 32.33.34.35., daß er aber doch Niemand nöthigen wolle, in diesem Stand zu bleiben V. 35., weil man ohne Sünde in den Ehestand treten könne V. 38., ja weil Umstände vorkommen, bei welchen es rathsam, ja nöthig sei, in den Ehestand zu treten v. 9.36. Zwischen dieses Alles hinein sagt Paulus: das sage ich aber, lieben Brüder, die Zeit ist kurz. Weiter ist das die Meinung: die da Weiber haben, daß sie seien, als hätten sei keine, und nicht ihren Weibern so anhangen, daß das anhangen an dem HErrn dadurch gehindert, und ihre Geisteskraft geschwächt werde; und die da weinen, wozu es an Ursachen im Ehestand nicht fehlt, sollen sein, als weineten sie nicht, und nichts von ihrem Glauben und Frieden Gottes dabei abgeben; und die sich freuen, sollen sein, als freueten sie sich nicht, und dabei nicht leichtsinnig und eitel werden; und die da kaufen sollen himmlisch gesinnt sein, als besäßen sie es nicht; und die dieser Welt brauchen, sollen sich hüten, daß sie derselben nicht mißbrauchen. Paulus setzt also den Christen, die im Ehestand leben, die rechten Schranken, welche zum Theil auch für die Ledigen taugen. Er will, daß sie züchtig gerecht und gottselig leben, und ihr Geist, ob sie schon auch mit irdischen Dingen umgehen müssen, dem HErrn unverrückt anhange, und durch Christum nach der Hoffnung in’s himmlische Wesen hinein versetzt bleibe, wie er Eph. 2,6. schreibt. Diese Ermahnung nun unterstützt er damit, daß er schreibt: die Zeit ist kurz, und: das Wesen dieser Welt vergehet. Die Zeit ist kurz, lasset uns also an Dingen, die wir bald verlassen müssen, nicht kleben. Lasset uns bei unsern Verbindungen oft an die nahe Trennung derselben denken, und in jenen so stehen, daß diese uns nicht schrecklich werde. Die zeit ist kurz, lasset uns also keine Zeit verschleudern: weil sie kaum lang genug ist, um zur seligen Ewigkeit reif zu werden. Lasset uns eilen, und allen Fleiß anwenden, nicht eben viel sinnliche Freuden zu genießen, oder viel zu kaufen und reich zu werden: - sondern in der Heiligung fortzufahren, dem Ziel der Vollendung näher zu kommen, und viel Gutes zu thun. Das Wesen dieser Welt vergehet, zu welchem auch der Ehestand, das Weinen, die Freude, und das Kaufen gehört: folglich sollen wir uns in dieses Alles nicht so hinein setzen, daß unsere Seele davon gefangen werde, darin Ruhe suche, und sich darin verzehre. Der neue Himmel und die neue Erde, worin Gerechtigkeit wohnen wird, und worauf wir warten, werden ganz andere Dinge enthalten, und die himmlischen Dinge, welche schon jetzt sind, haben eine ganz andere Beschaffenheit als die irdischen. Weil nun unser Heimwesen im Himmel ist, so müssen wir schon auf Erden nach der himmlischen Lebensart gebildet werden, das unbewegliche Reich Gottes haben, und das Leben und unvergängliche Wesen, welches Christus durch’s Evangelium an’s Licht gebracht hat, durch den Glauben ergreifen.
Mel.: Meine Kraft ist hin.
1.
Uns’re Zeit ist kurz,
Und die Welt am Sturz;
Alles geht dahin!
Mich soll in der Wüsten
Dahin nur gelüsten,
Wo ich ewig bin.
2.
Jetzo leb‘ ich so,
Trauernd oder froh,
Als wäre‘ ich es nicht;
Mein Herz ist im Leide
Und auch in der Freude
Ueber sich gericht’t.
3.
Hab‘ ich in der Welt
Güter oder Geld,
Soll es also sein,
Daß mich doch von deme
Nichts gefangen nehme;
Denn es ist nicht mein.
4.
Ob ich jetzo auch
Dieser Welt gebrauch‘,
Brauch‘ ich sie zur Noth,
Nicht dem Geist zu Schaden.
Außer Gottes Gnade
Bleibt mir nichts im Tod.
5.
Nur um dieß allein
Soll die Sorge sein,
Was mir nicht vergeht,
Was im Sturz der Erden
Erst gebaut soll werden,
Und dann ewig steht.
6.
Denn dort lebt man so,
Daß man ewig froh,
Ewig reich verbleibt;
Man besitzts in Stille;
Da ist alle Fülle,
Die kein Mensch beschreibt.
7.
Jesu, ziehe Du
Dir allein mich zu,
Von den Sorgen fern
Und mit Dir verbunden,
Und wenn’s überwunden,
Ewig bei dem HErrn!
8. Februar. Morgen-Andacht.
Leben und Wohlthat hast Du an mir gethan, und Dein Aufsehen bewahret meinen Odem. Hiob 10,12.
Nicht nur in guten Tagen, wenn wir gesund, frisch und munter sind, und uns keine innere Anfechtung und keine äußere Noth drückt, soll uns das Leben eine theure und schätzbare Gabe Gottes sein, sondern auch alsdann, wenn wir mit Krankheit, Schmerzen, Armuth, Verachtung und andern Beschwerden beladen sind, sollen wir jeden Tag, den der weise und allmächtige Erhalter aller Dinge unserer Vorbereitungszeit noch zulegt, für ein kostbares Gnadengeschenkt erkennen.
Schrecklich ist’s, wenn ein Mensch, der übrigens seiner Vernunft mächtig ist, sich vom Unmuth über diese und jene verdrießlichen Umstände so sehr überwältigen läßt, daß er des Lebens, das er doch sich selbst nicht geben konnte, sich selbst zu berauben trachtet. Und noch schrecklicher ist’s, wenn Andere, die sich und Andern bei dem Mangel der Hoffnung eines bessern Lebens lieber ein ewiges Bleiben auf Erden wünschen sollten, gleichwohl den Unsinn derjenigen, die aus Verdruß ihr Leben verkürzen, nicht nur entschuldigen, sondern wohl gar als etwas Edles und Großmüthiges vorstellen.
Und wenn man auch nicht so weit verfällt, daß man den Tod gewaltsamer Weise sucht, so hat schon das Verlangen nach dem Sterben insgemein eine sündliche Ungeduld zum Grunde. Wenn ein Mensch noch keine gegründete Versicherung hat, daß er im Stand der Gnade sei, und durch den Glauben an Jesum Vergebung der Sünden und Frieden mit Gott erlangt habe, so ist’s immer Thorheit und Unverstand, sich den Tod zu wünschen; er mag es in der Welt auch noch so übel haben. Denn da dem Menschen gesetzt ist, Einmal zu sterben, darnach aber das Gericht; und da nach den Zeugnissen der heiligen Schrift am jüngsten Tage dereinst einem Jeden vergolten werden wird, wie er gehandelt hat bei Leibesleben, so muß ja doch an der Herzensfassung, womit ich sterbe, unaussprechlich viel gelegen sein. Und dennoch gibt es so Viele, die ohne alle Prüfung ihres innern Zustandes nach dem Wort Gottes – ja, die bei der offenbarsten Roheit, Unbußfertigkeit, Unreinigkeit, Feindseligkeit und Verkehrtheit ihres Sinnes und Wandels dennoch zu sterben wünschen, und also des Lebens überdrüßig sind; nur damit sie ihrer Meinung nach dieser und jener Schmerzen, Sorgen, Unruhen und Verdrießlichkeiten los werden mögen. Viele, welche die Erbarmung Gottes mit den demüthigsten dringendsten Seufzern anflehen sollten, daß Er sie doch nicht in ihren Sünden wegraffen, sondern ihnen noch Raum zur Buße schenken und ihnen auch die Leiden, die Er ihnen auferlegt hat, dazu segnen wolle, möchten nur gern geschwind ihres gegenwärtigen Leidens los sein, es mag ihrer armen unsterblichen Seele darüber gehen, wie es will. Auch diejenigen, die schon in der Gnade stehen, sollen doch neben dem rechtmäßigen Verlangen nach ihrer Heimath zufrieden sein und Gott danken, wenn Er ihnen Zeit gibt, Gutes zu thun, auf den Geist zu säen, und in der Heiligung fortzufahren. Als Hiob zu Gott sagte: Leben und Wohlthat hast Du an mir gethan, und dein Aufsehen bewahret meinen Odem, so hielt er Ihm gleichsam vor, daß Er sein größter, ja einiger Wohlthäter sei, und er also billig erwarten könnte, von Ihm auch in seinem Leiden mit einer wohlthätigen Gelindigkeit behandelt zu werden. Es geschahe auch, obschon Hiob es nicht alsbald erkannte: der Ausgang aber hat es bewiesen.
Mel.: Ach, was sind wir ohne Jesu.
1.
Leben ist die erste Gnade,
Und die letzte, die man hat.
Allen andern Schatz und Habe
Gibt der Mensch an dessen Statt.
Im Gesundsein und Erkranken
Hab‘ ich dieses Gott zu danken.
2.
Wenn wir nahe Noth erblicken,
Oder leiden lange Pein;
Ja wenn gar die Sünden drücken,
Wünschen wir oft nicht zu sein.
Nein mein Herz, laß doch von beiden
Dir dein Leben nicht entleiden.
3.
Köstlich ist’s, Gott Ehre geben,
Und zumal in Seinem Sohn;
Dieß thun aber nur, die leben;
Höll‘ und Tod weiß nichts davon.
Edles Leben, so Gott schenket,
Daß man Seines Lob’s gedenket!
4.
Gott! Dich will ich herzlich loben,
Weil ich hier im Leben bin;
Denn Du krönst mit Gnaden-Proben
Mir mein Leben immerhin.
Bringe mich in jenes Leben,
Ewig Dir Dein Lob zu geben.
8. Februar. Abend-Andacht.
Selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet. Luk. 10,23.
Als der HErr Jesus auf Erden lebte, gab es Leute, welche sagten: wir sahen Ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte, hingegen sagte Er zu Seinen Jüngern: selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet. Was sahen sie aber? Ohne Zweifel war Er selbst derjenige, den ihre Augen so sahen, daß sie deßwegen selig gepriesen wurden. Es kommt also nicht nur auf dasjenige an, was man siehet, sondern auch auf die Augen, mit denen man siehet. Die Person Jesu konnte mißfallen und gefallen, je nachdem die Menschen geschaffen waren, die Ihn ansahen. Ohne Zweifel hat aus Seinem Angesicht das ganze Gesetz und das ganze Evangelium herausgeleuchtet. Alles was heilig, keusch, ernsthaft, freundlich, majestätisch, sanftmüthig, demüthig, aufrichtig heißen kann, war in Seiner Bildung wahrzunehmen. Er war das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes. Seine Geberden, Sein Gang, Seine Stimme, Seine Kleidung, Seine Weise zu essen, zu trinken, zu schlafen, war voll Wohlanständigkeit. Wer Ihn gesehen, und Sein Bild in seinem Gemüth bewahrt hat, hat die beste Auslegung der Sittenlehre und der Verheißungen gehabt. Für Weltmenschen aber, die wollüstige Augen, freche Geberden, flüchtige Bewegungen und einen hoffärtigen Putz gern sehen, ist Seine Gestalt zu fromm, zu ernsthaft, zu redlich, und Sein ganzer Aufzug zu schlecht gewesen. Sie sahen Ihn also: aber da war keine Gestalt, die ihnen gefallen hätte.
Griechen, die auf’s Fest nach Jerusalem gekommen waren, sagten einmal zu dem Apostel Philippus: wir möchten gern Jesum sehen. Joh. 12,21. Dieser Wunsch könnte noch jetzt in vielen Herzen entstehen, kann aber nach derjenigen Weise nimmer erfüllt werden, nach welcher er in den Tagen Seines Fleisches erfüllt worden ist. Viele Christen würden, wenn sie Jesum in Seiner Niedrigkeit sähen, sich an Ihm ärgern, Seiner spotten, oder wenigstens sagen: Seine Gestalt gefällt uns nicht. Derjenige muß erleuchtet sein, dem die göttliche Heiligkeit gefallen kann, wenn sie sich in einem Bild offenbaret. Uebrigens heißen uns die Apostel Jesum ansehen, auf Ihn aufschauen, Ihn erkennen, die Herrlichkeit Gottes in Seinem Angesicht erkennen, und verweisen uns hiemit auf das Wort, worin Er uns vor die Augen gemalt ist.
Es heißt aber die heilige Schrift alle Auserwählten auch hoffen, daß sie dereinst Jesum sehen werden, wie Er ist, 1 Joh. 3,2., daß sie Seine Herrlichkeit sehen werden, die freilich nicht außer Ihm, sondern in Ihm sein wird, Joh. 17,24., ja daß sie den dreieinigen Gott von Angesicht zu Angesicht sehen werden, 1 Kor. 13,12. Hiemit werden die Auserwählten auf die höchste Stufe der Seligkeit vertröstet; denn alles Gute ist so unermeßlich in Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo, daß das unmittelbare Sehen den Menschen auf’s Höchste erquicken und beseligen wird. Man wird durch dieses Sehen so verwandelt werden, daß man Ihm gleich sein wird, 1 Joh. 3,2. Man wird da sein, wo Er ist, man wird bei Ihm sein, indem man Seine Herrlichkeit sehen wird, Joh. 17,24. Wenn man Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen wird, so daß Er Sein aufgedecktes Angesicht gegen uns, und der Mensch sein Angesicht gegen Ihn richten wird, so wird solches etwas Vollkommenes im Gegensatz gegen das Stückwerk sein.
Mel.: Ruhet wohl, ihr Todtenbeine.
1.
O daß alle Welt es wüßte,
Aber sie ist allzu blind,
Daß nur die, HErr Jesu Christe,
Die dich sehen, selig sind:
O sie würde Alles lassen,
Dich recht in das Aug‘ zu fassen!
2.
Denn man sieht an Dir die Liebe,
Die der Vater zu uns hat,
Die den Sohn zum Sterben triebe;
Da sieht die das Aug‘ sich satt,
Weiß es schon der Geist zu schärfen,
Daß wir besser sehen dürfen.
3.
Doch man sieht in solcher Höhe
Die geheimsten Tiefen nicht;
Wenn ich in die Sonne sehe,
Seh‘ ich wohl ein großes Licht,
Denn man sieht in solchem Glanze
Feu’r und Strahl, doch nicht das Ganze.
4.
Ist es eines Menschen Wonne,
Wenn er je Verstand besitzt,
Daß ihm hier der Schein der Sonne
In die frohen Augen blitzt:
O wie hoch ist’s dann zu schätzen,
Sich am wahren Licht ergötzen!
5.
Jesu, mach‘ mein Aug‘ ganz lichte,
So verführt’s kein falscher Schein;
Ja, bereite mein Gesichte,
Daß es einst verklärt kann sein.
Selig sind auch dort die Augen,
Welche Dich zu sehen taugen!
9. Februar. Morgen-Andacht.
Gott! Du labest die Elenden mit Deinen Gütern. Ps. 68,11.
So groß und mannigfaltig das Elend der Menschen auf Erden immer sein mag, und so leichtsinnig diejenigen denken, die das irdische Leben, auch wo es am besten ist, für ein Wohlleben halten können: so ist’s doch auch nicht zu leugnen, sondern mit demüthigstem Dank zu erkennen, daß Gott um unsers Mittlers und Versühners willen den Fluch, womit Er die Erde wegen der Sünde belegt hat, auf unzählige Art und Weise mildert und erleichtert; ja, daß noch ungleich viel weniger Plagen in der Welt sein würden, wenn die Menschen nicht durch vorsätzliche Bosheit sich selbst und Andern das Leben sauer machten.
Selbst die Empfindung so mancherlei Elends, das von unserm sündhaften Zustand unzertrennlich ist, macht uns die Güte Gottes desto fühlbarer. Wie wohl thut es z.B. einem Hungrigen, wenn ihm ein Stück Brod, oder sonst eine seinem Bedürfniß angemessene Speise zu Theil wird! Wie innig erquickt es einen Durstigen, der entweder von der Sonnenhitze, oder von einer mühsamen Arbeit, oder von einem weiten und beschwerlichen Gang, oder von einem Krankheitszufall ausgedorrt ist, wenn er einen frischen Trunk erlangt! Wie erwünscht kommt einem von Aechzen und Seufzen umgetriebenen Patienten, der sich lange vergeblich nach Ruhe gesehnt hat, ein sanfter Schlaf! Wie angenehm ist die Linderung, die manchmal eine gute Arznei bei großer Entkräftung, oder ein kühlendes, reinigendes Pflaster u. dergl. in brennenden Schmerzen verschafft!
Noch mehr, als dieses Alles, labet das gütige Wort Gottes die Seele des Sünders, der im Gefühl seines geistlichen Elends nach der göttlichen Gnade schmachtet, und für sein verwundetes Gewissen bei seinem Versühner und Seligmacher Hülfe sucht. Rohe, freche, sichere, leichtsinnige, um ihr Heil unbekümmerte Gemüther können sich gar nicht vorstellen, was es um die Tröstungen des Wortes und Geistes Gottes für eine köstliche Sache ist. Aber wem der Greuel der Sünde aufgedeckt wird, wen das Gesetz seine verdammende Kraft empfinden läßt, wer es in gesunden oder kranken Tagen fühlt, was es heißt, durch unzählige Abweichungen von dem Willen des Allmächtigen sich einen Schatz des Zorns auf den Tag des Zorns und des gerechten Gerichts Gottes gesammelt haben: ach wie erquicklich muß es einem Solchen sein, wenn er’s hört, und wenn er’s unter demüthigem Gebet und Flehen glauben lernt, daß Jesus die Versühnung für der ganzen Welt Sünde sei, daß Er den Mühseligen und Beladenen Ruhe für ihre Seelen versprochen habe; ja, daß er, der gedemüthigte, sich selbst verurtheilende Sünder durch den einigen Mittler Gnade und Vergebung, Leben und Seligkeit erlangen könne, oder wirklich schon erlangt habe! Wohl denen, die aus eigener Erfahrung, besonders in diesem Sinn, sagen und rühmen können: Gott! Du labest die Elenden mit Deinen Gütern! Nur ein Elender ist einer Labung bedürftig und fähig. Was uns oft kleinmüthig machen will, flicht die heilige Schrift in die größten und allertheuersten Verheißungen ein, indem sie den Elenden, Traurigen, Verlassenen, Geschmäheten, Armen u. dergl. verspricht, daß Gott Seine Barmherzigkeit und Kraft an ihnen offenbaren und verherrlichen wolle.
Mel.: Jesu, der Du meine Seele.
1.
Großer Gott, wie schrecklich plaget
Unsern Leib der Sünden Pest,
Daß der Tod uns täglich naget,
Bis er uns den Würmern läßt.
Dennoch weichet Dein Erbarmen
Auch noch da nicht von uns Armen,
Daß Du Arzt und Mittel gibst,
Weil Du noch in Jesu liebst.
2.
Wenn uns Herz und Adern klopfen
Auf des Bettes Folterbank,
Legst Du oft in wenig Tropfen
Einen Segen Dir zum Dank.
Du läß’st Beter Hülfe merken,
Zeigest Mittel, die sie stärken;
Wie erquicken Schlaf und Ruh‘!
All‘ dieß Gute schaffest Du.
3.
Noch mehr schenkst Du Deinen Kindern;
Dein Wort tröstet, wenn sie krank.
Jesum gibst Du, der den Sündern
Zur Genesung Galle trank.
Sollten Dir denn nicht die Kranken
Auch auf ihren Lagern danken?
Kinder, seht zum Vater hin!
Labet Er, so lobet Ihn.
9. Februar. Abend-Andacht.
Du gerechter Gott prüfest Herzen und Nieren. Ps. 7,10.
David war von einem Jeminiten, das ist von einem Mann vom Geschlecht Jemini, den er wegen seiner Rohheit einen Mohren oder Cuschiten nennet (gleichwie man heut zu Tag einen solchen Menschen einen Türken oder Heiden zu nennen pflegt), gröblich geschmäht und beschuldigt worden, und dieses veranlaßte ihn unter der Eingebung des Heiligen Geistes, den siebenten Psalmen zu schreiben. Jener Mann war Simei, der Sohn Gera, vom Geschlecht des Hauses Sauls, folglich vom Geschlecht Jemini, von dem auch Saul abstammte, s. 1 Sam. 9,1.2. Seine mit Fluchen und Schelten ausgestoßene Beschuldigung bestand darin, daß David ein Bluthund und loser Mann sei, und daß er am Blut des Hauses Sauls schuldig sei, und von Gott deßwegen durch seinen Sohn Absalom gestraft werde; 2 Sam. 16,5-11. Dagegen konnte David mit einem guten Gewissen zu Gott sagen: HErr, mein Gott! habe ich solches gethan, und ist Unrecht in meinen Händen, habe ich Böses vergolten denen, so friedlich mit mir lebten, oder die, so mir ohne Ursache feind waren, beschädiget: so verfolge mein Feind meine Seele, und ergreife sie, und trete mein Leben zu Boden, und lege meine Seele in den Staub. Ps. 7,4.5.6. Und da Simei gesagt hatte: gleichwie David unrechtmäßiger Weise König worden sei, also habe nun der HErr in Seinem Zorn das Reich in die Hand seines Sohnes Absalom übergeben, und er stecke nun in seinem Unglück, so konnte er dagegen mit Zuversicht beten: stehe auf HErr, in Deinem Zorn, erhebe Dich über den Grimm meiner Feinde, und hilf mir wieder in das Amt, das Du mir befohlen hast; daß sich die Leute wieder zu Dir sammeln, und um derselben willen komme wieder empor. V. 7.8. Simei hatte ihn einen losen Mann genannt, er aber konnte beten: richte mich, HErr, nach meiner Gerechtigkeit und Frömmigkeit: laß der Gottlosen Bosheit ein Ende werden, und fördere die Gerechten; denn Du gerechter Gott, prüfest Herzen und Nieren u.s.w. V. 9.10.11.
O wie nöthig ist’s, daß man Lieben von reinem Herzen, von gutem Gewissen und von ungefärbtem Glauben bewahre, und sich vor Blutschulden, Unterdrückung anderer, Sammlung eines unrechten Guts und andern bösen Tücken hüte; denn es kommt eine Zeit, da man Vorwürfe bekommt, und sich auch gegen Gott auf seine Gerechtigkeit und Frömmigkeit soll berufen können. David wußte wohl, daß wenn Gott Sünden zurechnen wolle, kein Mensch vor Ihm bestehen könne, und daß kein Lebendiger vor Ihm gerecht sei: aber gegen die Beschuldigung des Simei konnte er sich auf seine Gerechtigkeit und Frömmigkeit berufen. Sein Gewissen gab ihm Zeugniß, daß er nicht wegen des Hauses Sauls, das er nie vorsätzlich beleidigt hatte, von Gott gestraft werde. Er stellte sich in seinem Geist vor Gott als seinen Richter hin, und dachte daran, daß Derselbe Herzen und Nieren prüfe. Das Herz ist die Quelle der Anschläge, die vernünftig ausgedacht werden: die Nieren deuten die Begierden und Affekten an, nach welchen man oft zufährt, ehe ein Anschlag künstlich ausgedacht ist. David hat dem Saul nie nach dem Leben getrachtet, und sein Reich nie hinterlistig an sich zu bringen gesucht, wie er beschuldigt wurde. Sein Herz ist mit solchen bösen Tücken nie umgegangen. Er hat aber auch den König Saul nie in einer schnellen Hitze getödtet, wie er zweimal wohl hätte thun können. Seine Nieren, das ist, seine schnellen Begierden haben ihn nicht dazu getrieben.
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Der HErr kennt Aller Herzen
Und was darinnen ist:
Im Glauben gilt kein Scherzen,
Nicht höflich sein, noch List;
Wenn man Ihn will betrügen,
Gelingt’s nicht vor Gericht;
Denn Er beschämt die Lügen,
Und straft sie in dem Licht.
2.
Ich bitte, HErr, dieß Eine:
Erforsch‘ und prüfe mich,
Erfahre, wie ich’s meine;
Du kennst mich mehr, als ich.
Daß Du das Herz ergründest,
Das muß ja Gnade sein;
Was du nicht lauter findest,
Das machst Du selber rein.
3.
Gib, daß die guten Triebe
Kein Schalksaug‘ mir verderbt,
Und wenn ich glaub‘ und liege,
So sei es ungefärbt;
Mein Beten und Geloben
Sei ohne Heuchelei,
Und setz’st Du mich auf Proben,
Mach‘ mich im Kreuz getreu.
4.
Will mich der Satan reitern,
So bitte Du für mich;
Denn Du hast mich zu läutern,
Mein Herz gehört für Dich.
Wenn auch mein Herz mit Schmerzen
Von sich verurtheilt ist,
So zeuge meinem Herzen,
Daß Du noch größer bist!
10 Februar. Morgen-Andacht.
Der Vater unsers HErrn Jesu Christi ist der rechte Vater über Alles, was Kinder heißt, im Himmel und auf Erden. Eph. 3,14.15.
Was könnte doch Größeres und Herrlicheres gedacht oder gewünscht werden, als eben das, was der erleuchtete Paulus hier bezeugt! Unser HErr, Jesus Christus, ist im höchsten Verstand der Sohn – der eigene und eingeborne Sohn des allmächtigen Gottes. Er ist’s aber so, daß Er alle Geschöpfe, die Ihn ehren, wie sie den Vater ehren, an derjenigen Liebe, womit Ihn der Vater von Ewigkeit her liebt, vergnüglichen Antheil nehmen läßt: daher machen alle Glaubigen im Himmel und auf Erden, auch sogar die Engel in gewissem Betracht mit eingeschlossen, eine Familie Gottes zusammen aus; wiewohl die Menschen, als Blutsverwandte des Sohnes Gottes, der ihre Natur an Sich genommen hat, noch ein näheres Recht an Gott als ihren Vater haben, als alle übrigen Kreaturen; sie seien so weise, heilig und vortrefflich, als sie immer wollen.
Ein Mensch, der die Versühnung, welche durch den Tod Jesu Christi geschehen ist, im Glauben ergriffen, und die Reinigung von seinen Sünden in Seinem Blut gefunden hat, ist eben darum nicht nur von aller Verdammniß von aller Schuld und Strafe, von allem Gericht, das den Sündern gedroht ist, frei gesprochen; er darf Gott nicht nur als einen besänftigten und ihm wohlgewogenen Regenten und Oberherrn ansehen: nein! er hat von nun an, da er Friede mit Gott erlangt, eben damit auch ein Kindesrecht, eine kindliche Ansprache an Ihn! Er darf Vater! sagen, mit eben derjenigen ehrerbietigen Zuversicht, ja mit noch herzlicherer Vertraulichkeit, als irgend ein leibliches Kind zu seinem sichtbaren Vater auf Erden es sagen darf. Der bloßen Vernunft, dem sich selbst überlassenen Menschenverstand, der die Eigenschaften des höchsten Wesens mit den Eigenschaften eines unvollkommenen (daß ich nicht sage, eines sündhaften) Geschöpfes vergleicht, muß nothwendig eine solche Ansprache an Gott ganz widersinnig vorkommen, und beinahe eine unverschämte Zudringlichkeit zu sein scheinen. Es hat daher auch an aufgeblasenen Weltweisen nicht gefehlt, die es als ungereimt ansehen, oder gar darüber gespottet, und für einen stolzen Wahnsinn gehalten haben, daß es Leute geben soll, die sich einbilden wollen, der Schöpfer der Welten wolle von ihnen kindlich geliebt sein. Aber das Evangelium beruft uns zur Kindschaft gegen Gott, und versichert uns, daß Christus, der eingeborne Sohn Gottes, denen, die an Ihn glauben, und Ihn im Glauben aufnehmen, die Macht gebe, Gottes Kinder zu werden. Dünkt uns diese Gnade zu groß zu sein, so sollen wir auf den eingebornen Sohn Gottes sehen, welcher würdig ist, daß durch Ihn Alle, die an Ihn glauben, die Kindschaft Gottes erlangen. Weil wir aber Denjenigen als unsern Vater anrufen, der ohne Ansehen der Person richtet, so sollen wir unsern Wandel, so lange wir hier wallen, mit Furcht führen, 1 Petr. 1,17., nämlich mit einer Furcht, welche uns abhalte, Ihn zu erzürnen, und Sein schweres Gericht uns zuzuziehen. Sind wir aber Kinder, und wandeln wir als Kinder vor dem himmlischen Vater, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, so wir anders mit leiden, auf daß wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden. Röm. 8,17.
Mel.: Schmücke dich etc.
1.
Gott! mein Herz erfreut sich kindlich,
Und die Zunge dankt Dir stündlich,
Daß ich Dich darf Vater nennen,
Und in Deinem Sohn Dich kennen;
Der mich mit Sich selbst vereinigt,
Mit dem Blut des Sohns mich reinigt,
Mit dem Geist der Kraft erfüllet,
Und den Zorn in Gnaden stillet.
2.
Als den Vater, der mich liebet;
Der mir Straf‘ und Schuld vergibet;
Der nach Seinem Wohlgefallen
Mich erhört auch in dem Lallen;
Der mich nur in Liebe schläget;
Der mich mit Verschonen träget;
Der mich reichlich speist und kleidet,
Und mit ernster Treue leitet;
3.
Der mich warnet vor dem Bösen;
Der mich mächtig wird erlösen;
Der mich endlich nach dem Sterben
Läßt mit Seinem Sohne erben.
Vater, ich bin zu geringe,
Dieß sind lauter große Dinge.
Aber weil Du Vater heißest,
Preis‘ ich, was Du mir erweisest.
10. Februar. Abend-Andacht.
So ihr nicht glaubet, daß Ich es sei, so werdet ihr sterben in euren Sünden. Joh. 8,24.
Als der HErr Jesus im Stand der Erniedrigung lebte, gab es viele Leute, die Ihn nicht sahen, und nichts von Ihm höreten: und noch jetzt gibt es entfernte Heiden, die gar nichts, oder nichts Rechtes von Ihm gehört haben. Wie nun Gott diese richten werden, wissen wir nicht. Wer aber Jesum in den Tagen Seines Fleisches sahe, oder wer damals und in den folgenden Zeiten das Evangelium von Ihm hörte, durfte in Ansehung Seiner bei Verlust der Seligkeit nicht unwissend und unglaubig bleiben. Zweifeln, ob Er der Messias, der Sohn Gottes und der wahrhaftige Gott sei, ist alsdann schon Sünde, zu geschweigen, wenn man gerade das Gegentheil behauptet; deßwegen sagte der Heiland zu den Juden, die Ihn und Seine Werke sahen, und Seine Worte höreten: so ihr nicht glaubet, daß Ich es sei (der ich bin), so werdet ihr sterben in euren Sünden. Es ist wunderbar, daß der Heiland hier nicht geradezu sagte, wer Er sei, und daß Er auch hernach, da Ihn die Juden fragten: wer bist Du denn? antwortete: erstlich, weil Ich zu euch eben rede, habe Ich Vieles von euch zu reden und zu richten: aber der Mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und Ich, was Ich von Ihm gehört habe, dieses sage Ich in die Welt hin. Wir lernen hieraus, daß die seligmachende Erkenntniß Jesu Christi nicht zu jeder Stunde durch Worte, die man den Menschen vorsagt, gepflanzt werden könne. Die Juden, welche vor Jesu standen, sollten Jesum bei Verlust ihrer Seligkeit für Denjenigen erkennen, der Er war. Sie fragten Ihn auch: wer bist Du? Diese Fragenden mögen aber wohl unter dem vermischten Haufen die ärgsten gewesen sein, die Er hernach Teufelskinder und Lügner nennet, und von denen Er sagt: ihr suchet Mich zu tödten. Bei diesen Leuten nun galt die Regel, die Matth. 7,6. steht, wie sie denn zuletzt, als sie Jesum durch ihr fortwährendes ungestümes Fragen nöthigten, ihnen V. 54. ff. deutlich genug zu sagen, daß Gott Sein Vater, und Er selbst der Sohn Gottes, und nach Seiner göttlichen Natur ehe denn Abraham gewesen sei, darüber ergrimmten und Ihn steinigen wollten. Er sagte also zu ihnen: ich habe Vieles von euch zu reden und zu richten. Das Erste, das Nöthigste, das Ich euch nach dem Willen Meines Vaters sagen sollte, ist dieses: wer ihr seid. Ehe ihr Mich erkennen könnet, müsset ihr euch selbst kennen lernen. Und dazu gab ihnen der HErr Jesus in Seiner Rede genug Anleitung, indem Er zu ihnen sagte: ihr seid von dieser Welt, ihr seid nicht Abrahams Kinder, Gott ist nicht euer Vater; ihr seid vom Vater dem Teufel, ihr kennet Gott nicht, ihr seid Lügner u.s.w. Uebrigens konnte Er bei jenen trotzigen und grimmigen Leuten damals nicht zuwege bringen, daß sie glaubig worden wären, sagte aber V. 28.: wenn ihr des Menschen Sohn (an’s Kreuz) erhöhen werdet, dann werdet ihr’s erkennen, daß Ich’s sei (der ich bin, nämlich der Sohn Gottes), es geschahe solches auch, wie die Geschichten der Apostel lehren, als in welchen erzählt wird, daß Leute glaubig worden seien, denen die Apostel vorhalten konnten, daß sie Jesum, den Fürsten des Lebens, gekreuziget und getödtet haben.
Zur wahren und lebendigen Erkenntniß Jesu Christi muß also ein Jeder gelangen, dem das Evangelium gepredigt wird, wenn er selig werden soll. Ein solcher Mensch muß glauben, daß Jesus sei, der Er ist: sonst stirbt er in seinen Sünden.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Wie nöthig ist der Glaube,
Weil ich im Leben bin;
Man reißt nicht so im Raube
Die Seligkeit dahin;
Noch eh‘ man sich’s verseh’n,
Kann man in Sünden sterben,
Man kann in sein Verderben
Im Rausch und Schlummer geh’n!
2.
Es gilt nicht, Sünde liegen,
Nicht, sicher bis zum Tod
Die Buße von sich schieben,
Nicht glauben erst zur Noth,
Nicht sein, wie Joab war:
Die Schulden lange häufen,
Und erst in Angst ergreifen
Die Hörner am Altar.
3.
Pflanz‘, Vater, durch den Glauben
Mich meinem Heiland ein;
Laß mich nicht wie die Tauben
Bei Seinem Worte sein;
Gib meinem Glauben Frucht
Wie festgewachs’nen Reben,
Und nimm mein ganzes Leben
In Deiner Gnade Zucht.
4.
Wie gut ist’s Jesum kennen,
In Seine Wunden sehn,
Von Ihm sich niemals trennen,
Mit Ihm zum Himmel gehen!
Trag‘ ich Dein Zeichen schon
Zuvor, gleich Deinen Schafen,
So kann ich auch entschlafen
Auf Dich, Du Gottes Sohn!
11. Februar. Morgen-Andacht.
Gelobet sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, der uns in demselben erwählet hat, ehe der Welt Grund gelegt war. Eph. 1,3.4.
Die Lehre von der ewigen Gnadenwahl kann mit der bloßen Vernunft, ohne Glauben, schlechterdings nicht gefaßt werden, wenn sie nicht entweder zum Leichtsinn oder zur Verzweiflung führen soll. So oft eine redliche Seele sich damit beängstigt, so ist ganz gewiß ein Mißverständniß dabei. Denn nach der Schrift ist sie den Glaubigen zum Trost, nicht aber zum Schrecken und zur Marter gegeben. Frage zuvor, lieber Leser! bin ich bekehrt oder nicht? bin ich glaubig oder nicht? stehe ich im Gehorsam des Evangelii oder nicht? Und wenn diese Fragen vergnüglich in’s Reine gebracht sind, alsdann erst, aber eher nicht, bist du im Stande, ohne Aergerniß und Verwirrung des Gewissens über deine Gnadenwahl zu denken. Mit gutem Bedacht hat Paulus unter der Leitung des Heiligen Geistes in dem Brief an die Römer erst K. 8. und 9. der Gnadenwahl gedacht, nachdem er zuvor die Lehre von der Sünde, von der Rechtfertigung und von der Heiligung ausführlich abgehandelt hatte. Diese Ordnung muß auch in der wirklichen Uebung des Christenthums beobachtet werden.
Gott ist es, der aus freiem, unaussprechlichem Liebeserbarmen alle die, welche das in Christo ihnen anzutragende Heil nicht verschmähen, sondern an sich kommen lasse würden, aus der Menge der übrigen Menschen heraus zu Seinem Eigenthum erwählet – und, ihnen zu gut, gleich bei der Grundlegung der Welt, Alles so ineinander gerichtet und zusammengeordnet hat, daß ihnen aller Vorschub geschehen möchte, den ihnen vorgesetzten seligen Zweck zu erreichen. Alle Mittel der Gnade, alle Anträge des Heils, alle Züge des Geistes an ihren Herzen und Gewissen, alle traurigen und fröhlichen Begebenheiten dieses Lebens, alle guten und bösen Tage in der Welt: - das Alles ist von Ihm dazu bestimmt, daß die hohe Würde der Kindschaft Gottes denen, die sie nicht selbst von sich stoßen, sein gewiß werden und unabänderlich bleiben soll. Wie ein kluger Baumeister, ehe der Grund eines Hauses gelegt wird, allemal zuvor in Betrachtung zieht, wozu das Haus gebraucht werden soll, und seinen Riß darnach einrichtet, so hat Gott, ehe der Welt Grund gelegt war, alle Zufälle, Veränderungen und Abwechslungen vom ersten Augenblick der Schöpfung an bis an’s Ende der Welt also zusammen geordnet, daß Ihm keiner von Seinen Auserwählten durchfallen, sondern alle die ihnen bestimmte Seligkeit und Herrlichkeit erreichen möchten. Darum sagt Jesus, aus Gelegenheit des Jammers, der bei der Zerstörung Jerusalems ausbrach: wo diese Tage nicht würden verkürzet, so würde kein Mensch selig: aber um der Auserwählten willen werden die Tage verkürzt. Matth. 24,22. So thut Gott Vieles in der Regierung der Welt um der Auserwählten willen, das Niemand merkt, und das auch ihnen selbst meistens in der Ewigkeit offenbar werden wird.
So wenig diejenigen, welche die Gnade Gottes muthwillig versäumen, sich damit entschuldigen können, sie seien eben nicht erwählt oder zur Kindschaft verordnet – denn sie wollen ja des Segens nicht, der ihnen angetragen wird -: so wenig haben andere, die der Seligkeit wirklich theilhaftig werden, es ihnen selbst zuzuschreiben. Doch steht 2 Petr. 1,3-11. deutlich geschrieben, wie man seinen Beruf und Erwählung, d.i. die frohe Gewißheit, daß man unter den Auserwählten sei, fest machen könne. In den Gefahren steht die vor Grundlegung der Welt gemachte Erwählung Gottes (der Niemand Unrecht thut, aber auch Niemand zwinget) vor den Riß, daß keiner von denen zu kurz kommt, denen es recht und ganz um die Sache zu thun ist. Hallelujah!
Mel.: Sollt ich meinem Gott nicht singen.
1.
Regt euch, alle meine Kräfte,
Stimmt zum Lobe Gottes ein!
Denn das köstlichste Geschäfte
Muß der Ruhm der Gnade sein.
Gott sei Lob, der mich erwählet,
Eh‘ die Welt gegründet war,
Und mich Seiner sel’gen Schaar
Aus Erbarmung zugezählet.
Was damals geschehen ist,
Das geschah‘ in Jesu Christ.
2.
Gar nichts war an mir zu finden,
Das erwählungswürdig schien;
Denn Gott sah mich in den Sünden,
Eh‘ ich drin geboren bin.
Aber in dem Sohn der Liebe
Machte Gott mich angenehm,
Und erwähle mich in Dem.
Wunderreiche Gnadentriebe!
Alles, was nun in mir ist,
Danke Gott in Jesu Christ.
11. Februar. Abend-Andacht.
Stellet euch nicht dieser Welt gleich. Röm. 12,2.
Eine schöne Erklärung dieses Spruchs sind die Worte des seligen Märtyrers Johannes Huß, die in des sel. Riegers alten und neuen böhmischen Brüdern, VII. Stück, § 187., S. 653. ff. angeführt sind. Huß schrieb nämlich in seinem Traktat von dem Greuel der fleischlichen Priester und Mönche, K. 78.: „Ich habe zu Gott, dem Vater unsers HErrn Jesu Christi, treulich gebetet, meine Bibel habe ich über mich in den Händen gegen Ihn aufgehoben, mit Mund und Herzen habe ich gerufen: o Gott, mein HErr und Meister meines Lebens, verlaß mich nicht! Uebergib mich nicht in den Sinn und Rath dieser (weltlich gesinnten) Leute; behüte mich, daß ich mich nicht selber klug dünke, noch diesen Leuten heuchle, und in schwere Sünden falle; denn ich sage es frei vor Gott und Seinem Gesalbten, - daß ich von meiner Kindheit an bis auf diesen Tag gleichsam zwischen Thür und Angel gestanden bin, und gezweifelt habe, was ich erwählen solle oder nicht, ob ich begierig und unbescheiden nach Ehren und Pfründen (großen Einkünften) streben solle -, oder ob ich vielmehr außer das Lager hinaus gehen, und die Armuth und Schmach Jesu Christi tragen solle? ob ich ein geruhiges und gemächliches Leben mit dem größten Haufen erwählen, oder der lautern und heiligen evangelischen Wahrheit anhangen solle? ob ich preisen solle, was Alle preisen? rathen, was Alle rathen? entschuldigen, was Alle entschuldigen? die Schrift glossiren, wie dermalen fast alle große, berühmte, gelehrte, und mit dem Schein der Heiligkeit und Weisheit angezogene Männer sie glossiren? oder ob ich vielmehr jene unfruchtbaren Werke der Finsterniß männlich anklagen, bestrafen, und mich einfältiglich an die lautere Wahrheit des göttlichen Wortes halten solle, welches öffentlich den Sitten jetziger Leute widerspricht, und daß sie falsche Christen und Brüder seien, beweiset? – ich bekenne noch einmal, daß ich bisher also auf beiden Seiten gehinkt habe, daß ich in einer Stunde, wenn ich die Artigkeit der Weltliebhaber gesehen, derselben Fleiß und Bemühung gelobt, und mich selber gestraft habe, daß ich ihnen noch nicht nachgefolget sei. – Es geschahe aber, daß ich in einer Stunde wieder verwirrt hinwegging, und bereuete, daß ich sie gelobet hätte, wenn ich nämlich sahe, wie sie ihre Eitelkeit fortsetzten, und der Tugend und Wahrheit Jesu Christi mit Werken widersprachen, die sie erst mit Worten gelobet hatten.“
In diesem Kampf stand der sel. Johannes Huß, und überwand darin durch die Kraft Jesu Christi unter großen Leiden: wer ist aber, der jetzt die Gleichförmigkeit mit der gegenwärtigen Welt so lauterlich verabscheue und so ernstlich fliehe? Welt ist nicht nur der grobe und ungeschliffene Haufe, welcher sich in schändlichen Lastern herum wälzt, sondern auch die ganze Menge derjenigen, welche gerecht sein wollen ohne Christum, und weise und tugendhaft ohne Seinen Geist, und nach der feinen Weise ihrer Zeit der Augenlust, Fleischeslust, und dem hoffärtigen Leben nachhängen. Kurz zu sagen, Welt sind alle diejenigen, die da halten über dem Nichtigen, und ihre Gnade, das ist die Gnade, welche sie bei Jesu Christo zum Seligwerden finden könnten, verlassen. Jon. 2,9. Dieser Welt soll ich mich nicht gleich stellen, sondern mich verändern und einen neuen der Welt entgegengesetzten Sinn zeigen und behaupten, so lieb mir das Wohlgefallen Gottes ist.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen etc.
1.
Seele, wach‘ in allen Fällen,
Dich der Welt nicht gleich zu stellen,
Habe du nur nichts mit ihr;
Ihre Artigkeitsgesetze
Sind für Christen lauter Netze,
Prüfe sie, so eckelt dir.
2.
Denken, Reden, Glauben, Lieben
Sollst du, wie ihr Fürst will, üben,
Oder sie verfolget dich.
Doch sie schmeichle oder wüthe,
Aend’re du nur dein Gemüthe;
Denn ein Christ erneuert sich.
3.
Was sie denket, zielt auf Lügen;
Was sie redet, ist Betrügen;
Was sie glaubet, ist nur Wahn;
Was sie liebet, das ist Sünde;
Sprich du: einem Gotteskinde
Stehet alles das nicht an.
4.
HErr, mein herz sei davon ferne;
Gib mir, daß ich prüfen lerne,
Was Dein guter Wille ist.
Ist mein Sinn nicht ihrem ähnlich,
Scheint mein Thun ihr ungewöhnlich:
Wenn nur Du zufrieden bist!
5.
Denn die Schminke ihrer Mode
Offenbaret sich im Tode,
Daß sie keine Farbe hält;
Die der Welt am besten taugen,
Gelten nichts in Gottes Augen,
Dem nur Christi Bild gefällt.
12. Februar. Morgen-Andacht.
Also ist’s vor eurem Vater im Himmel ni cht der Wille, daß Eines von diesen Kleinen verloren werde. Matth. 18,14.
Dieser Ausspruch des Sohnes Gottes, der das Herz Seines himmlischen Vaters am besten kennet, sollte allen Argwohn, als ob Gott einen verborgenen Willen hätte, nach welchem Er einigen Menschen die Seligkeit nicht zukommen lassen wollte, auf einmal und auf immerhin abschneiden. Schon durch Ezechiel, K. 18,23., hat Gott eben dieß bezeugen lassen, da es heißt: meinest du, daß Ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht der HErr HErr, und nicht vielmehr, daß er sich bekehre von seinem Wesen und lebe? Ja, K. 33,11. wird eben diese theure Wahrheit noch einmal wiederholt und mit einem hohen Eid bekräftigt.
Gott will also, ganz gewiß, - so gewiß, als Er Gott ist -, daß auch du, der du dieses liesest, selig werden sollest. Aber eben darum will Er auch, daß du dich, wenn’s noch nicht geschehen wäre, von Herzen bekehrest; oder, wofern es geschehen ist, im Stand der Bekehrung und der Gnade beharrest. Er will nicht, daß Eines von den Kleinen, das ist von den Kindern, verloren werde: Er will aber auch, daß diese Kinder sorgfältig auferzogen, und durch Worte und Exempel, durch Lindigkeit und heilsame Schärfe zur Erkenntniß und zum Dienst Gottes angehalten werden.
So wenig ein roher, stolzer, eigensinniger, heimtückischer Sünder, der Gottes Zeugniß und Ordnung verachtet, und nach eigenem Belieben einen Weg zum Himmel sucht, sich des Willens Gottes, alle Menschen selig zu machen, mit Grund getrösten kann: so zuverläßig darf man jeden bußfertigen und heilsbegierigen Sünder versichern, daß er keine vergebliche Arbeit vornehmen werde, wenn er mit aufrichtigem Herzen die durch Christum erworbene Gnade der Rechtfertigung, Bekehrung, Erneurung und Heiligung ernstlich suchen, und der heilsamen Zucht Seines Wortes und Geistes, die ihn vom Verderben zum Heil bringen kann, von Zeit zu Zeit Raum geben will: allein eben so zuverläßig kann man auch bekümmerte Eltern versichern, daß Gott ihre Kinder, ungeachtet der Sünde, die sich in ihnen reget, selig machen darf man jeden bußfertigen und heilsbegierigen Sünder versichern, daß er keine vergebliche Arbeit vornehmen werde, wenn er mit aufrichtigem Herzen die durch Christum erworbene Gnade der Rechtfertigung, Bekehrung, Erneurung und Heiligung ernstlich suchen, und der heilsamen Zucht Seines Wortes und Geistes, die ihn vom Verderben zum Heil bringen kann, von Zeit zu Zeit Raum geben will: allein eben so zuverläßig kann man auch bekümmerte Eltern versichern, daß Gott ihre Kinder, ungeachtet der Sünde, die sich in ihnen reget, selig machen wolle.
Ach, wie viel ist daran gelegen, zur Zeit der Anfechtung diese ernstliche – und mehr als Einmal mit einem Eid bekräftigte Willensmeinung Gottes fest zu halten, und sich auch durch das schmerzhafteste, niederschlagendste Gefühl seiner Sündhaftigkeit oder durch den Anblick der Unarten seiner Kinder nicht davon abtreiben zu lassen! Denn wer das Vertrauen aufgibt, daß Gott ihn und die Seinigen um Jesu Christi willen begnadigen könne und wolle, der gibt eben darum, zu seinem großen Schaden, auch das Beten um Gnade und Erbarmung auf, und entfernt sich von dem Arzt, der allein im Stande ist, ihm zu helfen, und ihn auch von der desperatesten Seelenkrankheit zu heilen.
O so laßt uns doch, auch bei der traurigsten Herzensfassung des Wortes Jesu nicht vergessen: bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgethan. Lasset uns den geoffenbarten Willen Gottes zum Grund unsers Vertrauens auch bei dem Beten machen, und uns durch ängstliche Vermuthungen und eigenmächtige Vernunftschlüsse nicht selber quälen!
Mel.: Eins ist Noth, ach HErr.
1.
Betet an, verlorne Sünder,
Gott will unser Sterben nicht.
Freut euch, ihr gefund’nen Kinder,
Gott ist’s, der vom Leben spricht.
Wir waren in eigenem Willen gestorben,
Wir blieben in eigenem Willen verdorben,
Wir wollte nicht leben;
Gott hat es gewollt.
O Liebe, wie bist Du den Sündern so hold!
2.
Wollte in der Hölle Einer
Je noch aus den Flammen flieh’n;
Ach, so könnte es doch Keiner,
Wenn ihn Gott nicht wollte zieh’n.
Gott will es, dazu ist der Heiland erschienen,
Vom Vater gesendet, die Welt zu versühnen,
Und Der hat den Willen des Vaters vollbracht.
O Liebe, so hast Du uns selig gemacht!
3.
Unbegreifliches Erbarmen!
Das die Einsicht übersteigt.
Wunderwille gegen Armen,
Der uns im Bewundern beugt!
So glauben wir Sünder dem gnädigen Willen,
Und danken, daß Jesus ihn wollen erfüllen,
Und beten im Himmel mit Freuden einst an:
O Liebe, was hast Du an Sündern gethan!
12. Februar. Abend-Andacht.
Und er entschlief. Ap. Gesch. 7,59.
So wird das Ende des ersten Märtyrers Stephanus von Lukas beschrieben. Er starb eines gewaltsamen Todes, denn er wurde gesteinigt, und doch wird sein Sterben ein Entschlafen genannt. Es wird dieser Ausdruck von Frommen und Gottlosen in der heiligen Schrift gebraucht, und bedeutet das Sterben, es mag selig oder unselig sein; bezieht sich aber auf den Leib, und nicht auf die Seele; denn ein todter Leib siehet, ehe er in Verwesung eingeht, wie der Leib eines Schlafenden aus; die Seele aber schläft nicht, wenn sie aus dem Leibe gegangen ist; denn wenn sie schliefe, könnte sie nicht getröstet werden, wie die Seele des Lazarus, und nicht gepeinigt werden, wie die Seele des reichen Mannes. Die Seelen der Märtyrer, die mit einer großen Stimme schrieen, und deren jegliche nebst der göttlichen Antwort ein weißes Kleid empfing, schliefen auch nicht, Off. Joh. 6,9.10.11. Auch schliefen die weißgekleideten Seelen nicht, die Johannes mit großer Stimme rufen hörte: Heil sei Dem, der auf dem Stuhl sitzt, und dem Lamme, Off. Joh. 7,10. Es werden auch alle Schaaren von Menschenseelen, die Johannes in der Offenbarung sahe und beschrieb, als wachende, thätige und vergnügte Schaaren vorgestellt. Zu dem bußfertigen Schächer sagte der HErr Jesus: wahrlich Ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein. Was hätte er aber für Trost von dem Sein mit Jesu und von dem Paradies gehabt, wenn seine Seele da geschlafen hätte? Es ist also gewiß, daß das Entschlafen sich auf den Leib beziehe. Sobald die Seele davon geschieden ist, liegt er auch nach der äußerlichen Gestalt da, wie der Leib eines Schlafenden und so lange er im Grabe liegt, schläft er, weil er sich nicht bewegt, nichts empfindet, und auf seine Auferweckung wartet. Stephanus entschlief, und wurde hernach von gottesfürchtigen Männern zur Erde bestattet. Ap. Gesch. 8,2. Sein Leib schlief hernach unter der Erde nahe bei Jerusalem, alldieweil diese Stadt belagert wurde, und empfand nichts von dem Ungemach dieser Belagerung und des ganzen Krieges, den die Römer mit den Juden führten. Er schlief unter der Erde, alldieweil auf der Erde viel unruhiges Geschäft, eitles Bemühen, und ermüdendes Getümmel war. Er schlief, und die Seele, die ihn eine Zeit lang bewohnt hatte, war in Gottes Hand und ruhete, und genoß himmlische Erquickungen. So geht es allen Gerechten. Sie verschlafen in den Gräbern viel Elend, das über der Erde ist. Sie haben keinen Antheil an den mühsamen Geschäften, die auf dem Schauplatz der Erde getrieben werden. Ihr Tagwerk ist vollendet; ihre Glieder haben ihren Dienst vollbracht: ihre Seelen aber werden von dem Lamm Gottes geweidet und zu den lebendigen Wasserbrunnen geleitet. Nach ihnen lebt ein anderes Geschlecht, das auch geschäftig ist, und auf der Erde allerhand Neues anrichtet, bis es sich auch schlafen legt, und die Fortsetzung der Geschäfte dem folgenden Geschlecht überläßt. So ist’s seit dem Sündenfall Adams gegangen, und so wird’s bis an’s Ende der Welt gehen. Diese Betrachtung überzeugt uns aber, wie klein ein jeder Mensch, wie kurz seine Thätigkeit, und wie sehr eingeschränkt seine Wirksamkeit sei.
Mel.: Nun laßt uns Gott dem Herren.
1.
Das Lamm am Kreuzesstammen
Starb, Sünde zu verdammen;
Nun heißt bei Seinen Schafen
Das Sterben ein Entschlafen.
2.
Sie geh’n nicht als Verbrecher
Zur Strafe vor den Rächer;
Sie geh’n nur hin und liegen,
Wie Streiter nach dem Kriegen.
3.
Ohn‘ Angst vor ew’gem Jammer
Geh’n sie in ihre Kammer,
Zur Ruh‘ sich zu begeben
Auf frohes Wiederleben.
4.
Sie legen ihre Glieder
In Ruhebettlein nieder,
Und fallen ohne Kummer,
Wie Kinder, in den Schlummer.
5.
Auf göttliches Erbarmen,
In des Erlösers Armen,
Versiegelt zu dem Erben
Läßt sich’s gar sanft hinsterben.
6.
O Jesu, Deine Gnade
Macht, daß kein Sterben schade;
Laß auf Dein Blutvergießen
Mich einst die Augen schließen!
7.
Laß mir auf Dein Versprechen
Mein Herz im glauben brechen;
Bewahre mein Gebeine,
Bis ich vor Dir erscheine.
8.
Dann laß mich froh erwachen,
Mach meinen Mund voll Lachen,
Und laß mein neu Kleid glänzen,
Wie Lilien in dem Lenzen!
13. Februar. Morgen-Andacht.
Christus hat getödtet die Feindschaft durch Sich selbst, und ist gekommen, hat verkündiget im Evangelio den Frieden.
Eph. 2,16.17.
Es ist ein theurer kostbarer Friede, der durch das Blut des Sohnes Gottes erkauft worden ist, aber auch ein wichtiger Friede, dessen selige und erfreuliche Folgen für Millionen von Menschen sich in unausdenkliche Ewigkeiten hinaus erstrecken! Das gerechte Mißfallen des heiligen Gottes an Seinen abtrünnigen Geschöpfen, und die bittere Feindschaft der sündhaften Menschen gegen ihren heiligen Schöpfer und HErrn, - beides hat der unvergleichliche Mittler durch Sein blutiges Versühnopfer am Kreuz getilgt, und eben damit nicht nur zwischen Juden und Heiden, sondern zwischen Gott und Menschen Frieden gemacht. Er hat aber auch selbst, in eigener höchster Person, diesen Frieden verkündigt oder feierlich publicirt, nachdem Er von den Todten auferstanden war, und sodann durch Seine Apostel, nach Seiner Himmelfahrt, noch weiter ausgebreitet. Denn das ist der eigentliche Inhalt des Evangelii, das Er aller Kreatur zu predigen befohlen hat, daß durch Seinen Namen Vergebung der Sünden empfangen sollten Alle, die an Ihn glauben.
Nicht im Gesetz, insofern es uns Pflichten vorschreibt, und bei Strafe des Todes und der Verdammniß von uns fordert, - sondern im Evangelio, das von der vollgültigen Versühnungskraft des Todes Jesu handelt, ist der Friede verkündigt, der das Herz des Sünders, der sein Elend fühlt, beruhigen kann. Wen also seine Sündenschulden kränken; wer sich darüber bekümmert, daß er dem Allmächtigen auf tausend Fragen, warum er dieß und jenes gethan oder unterlassen habe, nicht Eine ohne Beschämung und Erröthung beantworten könne; wer es der Stimme seines – durch das Gesetz aufgebrachten Gewissens zugesteht, daß er nicht Gnade und Wohlwollen Gottes, sondern Zorn und Strafe verdient habe; wer die stolze Einbildung, als könnte er durch eigene Tugendübungen die Anklagen, welche das Gesetz wider ihn aufzubringen weiß, ausgleichen, gutwillig fahren läßt, und seinen Mund, als ein überzeugter Uebelthäter, vor Gott in den Staub legt: - nun der soll wissen, daß ohne sein Zuthun alle seine Sündenschulden getilgt und abgethan sind, und daß er nicht erst durch sein Wohlverhalten, nicht durch seine Bekehrung und daraus erfolgende Besserung, nicht durch seinen Fleiß in der Gottseligkeit den Grund zu seine Begnadigung legen dürfe. Nein! er ist schon gelegt. Die durch meine Uebertretungen und Abweichungen geschmälerten Rechte der Gottheit dürfen nicht erst durch mich selbst und durch meine Wirksamkeit im Guten befriedigt werden: sie sind schon zum Voraus befriedigt, und es ist ihnen durch das blutige Opfer des Leibes Christi eine vollkommene Genüge geschehen. Nur soll ich das in Demuth erkennen und meinen unvergleichlichen Bürgen die Ehre lassen, die Ihm gebührt; mit beschämter Dankbarkeit soll ich die unverdiente Begnadigung suchen und annehmen, die mir durch Ihn so sauer erworben und erstritten worden ist. Wenn ich mich dazu bringen lasse, so wird auf der einen Seite Ruhe des Gewissens, und Friede mit Gott, das ist Versicherung Seiner Gnade, in meinem Herzen entstehen; auf der andern Seite aber wird sich, eben darum, weil ich die freie Erbarmung Gottes in Christo Jesu gegen mich zu schätzen weiß, ein ernsthafter Krieg und Streit gegen Alles, was meinem höchsten Wohlthäter zuwider ist, in mir erheben, der sich nicht eher endigen kann, als bis ich in der Siegeskraft meines Erlösers durch die stufenweise fortgehende Ertödtung des Fleisches, das sich dem Geist widersetzen wil, zur vollkommenen Freiheit werde durchgebrochen sein.
Mel.:Liebster Immanuel, Herzog etc.
1.
Singt mit den Engeln, ihr Menschen auf Erden, Jesus hat Frieden am Fluchholz gemacht;
Jesus kam, selber der Friede zu werden; Jesus hat selber die Botschaft gebracht.
Singet mit Freuden, Juden und Heiden, Friede ist’s, eh’ wir an Frieden gedacht.
2.
Bange Gewissen, ihr dürfet es glauben, Waret ihr Sünder. Gott schenket die Schuld.
Gott will den Zugang euch wieder erlauben, Fleht um Vergebung, so findet ihr Huld.
Fasset den Frieden, Der euch beschieden! Uns’re Errettung ist Gottes Geduld.
3.
Mächtiger Jesu, wie hast Du errungen, Bis die Ertödtung der Feindschaft gescheh’n.
Lob sei Dir Fürsten des Friedens gesungen, Daß Du uns würdigst im Frieden zu steh’n.
Stärk’ uns im Kriege, Gib uns stets Siege, Bis wir vom Kampfplatz zur Friedensstadt geh’n!
13. Februar. Abend-Andacht
Wir haben empfangen den Geist der Liebe.
2. Tim. 1,7.
Paulus setzt in dieser Stelle den Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht dem Geist der Furchtsamkeit entgegen; und fürwahr, die Furchtsamkeit machet die Seele schwach, und, wenn Pflichten da sind, die sie erfüllen sollte, bitter, und wenn noch schärfer auf sie gedrungen wird, so entstehen heftige Gemüthsbewegungen, sowohl wenn man wegen der Furchtsamkeit sich den Pflichten entziehen will, als auch wenn man sich bei derselben anstrengt, sie zu erfüllen. Paulus hatte den Timotheus erinnert, daß er die Gabe Gottes, die in ihm war, erwecken, das ist, durch die treue Anwendung derselben bei der Predigt des Evangelii sie in eine rechte Thätigkeit setzen sollte. Weil aber eine große äußerliche Gefahr dabei war, und man sich, wie er V. 8. sagt, mit dem Evangelio leiden mußte, so sagte er: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furchtsamkeit (daß wir uns vor dem Leiden fürchten müßten) sondern den Kraft und der Liebe und der Zucht, oder Mäßigung. Was nun den Geist der Liebe anbelangt, so macht derselbige willig, um des Geliebten willen zu thun, was zu thun ist, und zu leiden, was zu leiden ist; der Geliebte aber, von dem hier die Rede sein kann, ist Jesus Christus, den Paulus in allen seinen Briefen hoch preiset und den armen Sündern so vor die Augen malet, daß dadurch bei Allen, die Sein Wort annehmen und glauben, eine herzliche Liebe zu diesem ihrem Erlöser entstehen kann. Er hat uns zuerst geliebt: lasset uns Ihn hinwiederum lieben. Dieß ist aber die Liebe zu Ihm, daß wir Seine Gebote halten, und Seine Gebote sind bei der Liebe nicht schwer. Das Halten Seiner Gebote ist aber mit Leiden verbunden? Freilich; aber Ihn hat die Liebe willig gemacht, die größten Leiden für uns zu übernehmen: warum sollten wir also nicht in der Liebe willig sein, etwas Weniges um Seines Namens willen zu leiden? Ohne den Geist der Liebe ist der Dienst Gottes schwer, und das Leiden dabei unerträglich, der Geist der Liebe aber macht jenen angenehm, und dieses unerträglich. Ohne diesen Geist lassen alle guten Anläufe bald wieder nach, alle guten Vorsätze werden wieder zu nichte, aber dieser Geist läßt nicht ermüden, nicht zurückgehen, nicht überdrüssig werden. Der Geist der Liebe denkt: der Geliebte ist werth, daß man das Leben um Seinetwillen lasse: warum sollte man nicht gern etwas Geringeres um Seines Namens willen fahren lassen? Man hat es bei dem Dienst Gottes oft mit dem Nächsten zu thun, welcher sich durch seine Schwachheit oder Bosheit, durch seine Zudringlichkeit oder durch seinen Undank lästig macht: allein auch auf dieser Seite macht der Geist der Liebe willig, Gutes zu thun und nicht müde zu werden, s. 1 Kor. 13,4-8.
Wer sich also recht bekehren will, muß bis zum Geist der Liebe durchdringen, und derjenige soll für den Heiligsten unter allen Christen gehalten werden, der ihn in dem reichsten Maß hat. Die Weltkinder sind nach Matth. 7. stechenden Dornen und Disteln gleich, weil sie den Geist der Liebe nicht haben. Ihre Liebe ist wie das Geschrei, das man gegen den Winkel eines Thales so lange fortsetzt, als man sich an dem Wiederhall ergötzt.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ etc.
1.
Der Weltgeist ist doch Christo feind, Will er es gleich verhehlen;
Wenn auch sein Wort wie Honig scheint, Bleibt Galle in der Seelen.
Sonst Niemand, als nur Christi Geist, Den Er vom Vater uns verheißt,
Lehrt Ihn wahrhaftig lieben.
2.
Da liebt man nicht nur mit dem Mund; Denn bei den Heilsgenossen
Ist Gottes Liebe in dem Grund Der Herzen ausgegossen;
Man liebt, weil Er zuvor geliebt, Und ist um nichts als das betrübt,
Daß man zu wenig liebe.
3.
Man liebt Sein Wort und folgt Ihm nach, Man liebet auch die Seinen,
Man liebet sogar Seine Schmach, Man liebet Sein Erscheinen;
Nichts liebt man so, man liebt Ihn mehr, Man liebt sich selber nicht so sehr,
Noch auch sein eigen Leben.
4.
Dein Geist, HErr Jesu, lehre mich Auch Deiner Liebe Größe;
Erkenn’ ich die, so lieb’ ich Dich, Wenn mich die Welt verstöße;
Und wenn sie mich zu reizen sucht, Sprich mir in’s Herz, der ist verflucht,
Wer Dich, wer Dich nicht liebet!
14. Februar. Morgen-Andacht.
Ich bin der Lebendige, und Ich war todt, und siehe, Ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Offenb. Joh. 1,18.
Wenn Johannes in sich selbst gefragt hat, wer Derjenige sei, den er in einer sehr herrlichen Gestalt vor sich sahe, so ist ihm seine Frage durch das Wort Jesu: Ich war todt sehr deutlich beantwortet worden; denn kein Engel konnte dieses von sich selbst sagen: der HErr Jesus aber schämte sich nicht, dem Johannes hier zu sagen, daß Er derjenige sei, den er als einen Todten zwischen zwei Missethätern habe am Kreuz hangen sehen, da er zusahe, wie man Ihm die Seite mit einem Speer öffnete. Auch die vierundzwanzig Aeltesten, auch die Engel im Himmel dürfen dem HErrn Jesu zurufen: Du bist erwürget oder geschlachtet worden, und leiten daraus Sein unermeßliches Lob her, Offenb. Joh. 5,9.12. Als der HErr Jesus zu dem Johannes sagte: Ich war todt, mahnte ER ihn hiedurch an Seine Liebe, die Er durch keine größere Probe beweisen konnte, als durch diese, daß Er Sein Leben für Seine Freunde ließ. Johannes also, der bei dem Anblick der Herrlichkeit Jesu wie ein Todter zu Seinen Füßen niederfiel, wurde erquickt, da ihn Jesus an den Tod mahnte, den Er für den Johannes und alle Sünder gelitten habe. Daß Jesus gestorben sei, wußten Viele, die sonst unglaubig waren, und noch jetzt gestehen es alle Juden ein; daß Er der Lebendige sei, glauben sie nicht, und wer dieses nicht glaubt, dem nützt die Wissenschaft von dem Tod Jesu nichts. Es war auch dem HErrn Jesu daran gelegen, daß Er den Glauben des Johannes in der Absicht auf Sein Leben bestätigte, und deßwegen sagte Er: Ich bin der Lebendige, und wiederum: siehe! Ich bin lebendig (der Anblick zeigt es ja), und bleibe lebendig in die Ewigkeit der Ewigkeiten, folglich ohne Ende. Hiemit bestätigte Jesus dem Johannes die Wahrheit des ganzen Evangelii, stärkte zugleich seine Hoffnung des ewigen Lebens, das er durch den Glauben an Ihn erlangen sollte, und machte zugleich bei ihm eine Vorbereitung auf die folgenden Gesichte, in welchen er immer Jesum als einen lebendigen Herrscher, Sieger und Richter sehen sollte.
Auch uns sollen diese Worte Jesu sehr wichtig sein. Der HErr Jesus ist aus dem Land der Lebendigen weggerissen worden, da Er um die Missethat Seines Volkes geplagt ward; man siehet Ihn jetzt nicht mehr auf Erden: aber Er ist und lebet in der Herrlichkeit. Er herrschet als König auf dem höchsten Thron, und ist Priester auf eben diesem Thron, Zach. 6,13. Er kann immerdar selig machen, die durch Ihn zu Gott kommen, und lebet immerdar und bittet für sie, Hebr. 7,25. Weil Er in die ewigen Ewigkeiten lebet, so hat Er keinen Nachfolger in Seinem Königreich und Priesterthum, sondern Er selbst bleibet ewiglich Priester nach der Weise Melchisedek, der zugleich König, und der Einige von dieser vorbildlichen Art war. Hebr. 5,6. 7,3. Man kann auch Seine Lebenskraft empfinden und genießen, wenn man zu Ihm nahet, und Er zu den Menschen nahet, denn Er theilt sie gern mit, wie Er sie denn auch dem Johannes, welcher als ein Todter niedergefallen war, schnell mittheilte, daß er wieder aufstehen und schreiben konnte, was Jesus ihm vorsagte. Man empfindet auch, daß Jesus liebe, wenn man Seinen heiligen Leib und Sein heiliges Blut im heiligen Abendmahl geziemend empfängt, und dadurch eine Erfrischung und Stärkung des geistlichen Lebens bekommt. Endlich, weil Er lebt, so werden diejenigen, die an Ihn glauben, und durch Ihn gerecht werden, auch nach der Seele und dem Leib ewiglich leben, und als Lebendige bei Ihm, dem Lebendigen, ewiglich sein. Das Ziel des Christenthums ist Leben: Gott lasse mich dieses Ziel erreichen!
Mel.: Jesus, meine Zuversicht.
1.
Jesus lebt, das tröstet mich, Daß mein Herz in Wonne schwebet.
Auch ich lebe, doch nicht ich, Weil nun Christus in mir lebet.
Um dieß, daß ich lebend bin, Geb’ ich all’ mein Eig’nes hin.
2.
Gott der Vater gab dem Sohn, Leben in Sich selbst zu haben.
Der kam von des Vaters Thron, Starb im Fleisch, und ward begraben;
Lebte wieder, auch von Sich; Lebt und herrscht jetzt ewiglich.
3.
Den Gekrönten ruft man zu, Wenn man huldigt: dieser lebe!
Jesu keinen Wunsch brauchst Du, Daß Dir Gott erst Leben gebe;
Dein getreuer Unterthan Betet Dich, der lebet, an.
4.
Jesu, Du Lebendiger, Auch im Tode bist Du Retter.
Dir gebühret Ruhm und Ehr’, Betet Ihn an alle Götter.
Führ’ mich einst zum Leben ein, Ewig vor dem Thron zu sein.
14. Februar. Abend-Andacht.
Unser HErr Jesus Christus und Gott, unser Vater, hat uns geliebet, und gegeben einen ewigen Trost und eine gute Hoffnung durch Gnade.
2 Thess. 2,16.
Unglücklich ist derjenige, der sich zur Welt hält, die im Argen liegt, und von ihr deßwegen geliebt wird, weil er sie lieb hat: glückselig aber ist derjenige, der von dem HErrn Jesu Christo, und von dem Gott, der auch unser Vater ist, geliebet wird. Wehe demjenigen, der zu dem Goldklumpen sagt: mein Trost (Hiob 31,24.), und sich überhaupt des gegenwärtigen guten Lebens, welches doch kurz ist, tröstet! (Ps. 49,19.) Wohl aber demjenigen, dem Gott einen ewigen Trost gegeben hat, welchen auch der Tod und das Ende der Welt nicht zernichtet! Wehe dem, der keine Hoffnung hat (1 Thess. 4,13.), oder sich selbst eine Hoffnung macht, die zuletzt wie eine Spinnwebe, und verloren ist (Hiob 8,13.14.). Wohl aber demjenigen, dem Gott eine gute, gegründete und auf ewige Güter gerichtete Hoffnung durch die Gnade gegeben hat, oder der aus der Gnade, die ihm widerfahren ist, den wohlbefugten Schluß machen darf, daß er ein Erbe Gottes und Miterbe Christi sei, und bei dem HErrn ewiglich leben werde!
Unser HErr Jesus Christus und der Gott, der unser Vater ist, kann uns allein dieses Alles geben: Sein ist die Liebe, welche das Herz eines armen Sünders erquicken und sättigen kann. Er hat uns Sein Wort gegeben, welches, wenn man es glaubt, einen ewigen Trost und eine gute Hoffnung gewähren kann. Er ist’s aber auch, der durch Seinen Geist diesen Trost der Schrift uns in’s Herz geben, und diese Hoffnung in’s Herz pflanzen will. Er ist’s auch, der bußfertige Sünder, die sich durch’s Evangelium zum Glauben bringen lassen, begnadigt, und sie durch Seine Gnade des ewigen Trostes und der guten Hoffnung fähig macht. Trost hat der Mensch nöthig wegen vieler Trübsale, die auf ihm liegen, und seine Seele traurig machen. Ungeachtet aber sein Leben nur einer Hand breit ist, so hat er doch einen ewigen Trost nöthig, das ist einen Trost, der ewiglich in seiner Seele haftet, und von einer ewigen Seligkeit handelt. Ein wahrer Christ nimmt den Trost, womit ihn Gott in diesem Leben getröstet hat, in seinem Sterben mit, und wird, wie Lazarus, in der seligen Ewigkeit noch weiter getröstet: weil aber der Tröster ewig und Seine Liebe unveränderlich, und das Gute, welches Er dem Leidtragenden zum überschwenglichen Ersatz seines Verlustes und Leidens, folglich zu seinem Trost schenkt, unvergänglich ist: so ist auch der Trost ewig. Hoffnung hat ein Christ ebenfalls sehr nöthig, weil er sein Gutes nicht in diesem Leben, wie der reiche Mann, empfangen will und soll, und weil auch die Gabe des Geistes, die ihm hier durch den Glauben gegeben wird, sein Herz nicht ganz ausfüllt, sondern nur ein Erstling und Angeld ist, welches ihn auf eine künftige Vollkommenheit vertröstet. Er hofft also diese Vollkommenheit, oder die völlige Sättigung seines Hungers und Durstes, die Abwischung aller Thränen von seinen Augen, den Besitz eines unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbes, und daß endlich Gott, wie in Allen, also auch in ihm Alles sein werde. Diese Hoffnung ist eine gute Hoffnung, weil dasjenige, worauf sie gerichtet ist, im höchsten Verstand gut ist; und weil sie auch von Gott, der allein gut ist, durch Seinen guten Geist im Herzen gepflanzt, auf dem guten Weg des Glaubens und der Geduld geläutert und vermehrt wird, und das hebe Leben auf Erden als ein guter Zucker versüßet.
Mel.: Gott Lob, ein Schritt etc.
1.
Im Sterben ist kein Trost für mich, Der mir auf ewig dienet;
Nur Jesus ist’s, Den fasse ich, Der mich mit Blut versühnet.
Geh’, Weltsinn in dem letzten Hauch, Und schreie deinem Gott,
dem Bauch, Dein Baal wird dich nicht hören.
2.
Dich, Jesum, meines Herzens Theil, Dich soll mein Glaube fassen;
Bist Du im Leben schon das Heil, Wirst Du im Tod nicht lassen;
O nein, Dein Lös’geld ist zu theu’r, Und Deine Liebe wie ein Feu’r,
Und Deine Wahrheit ewig.
3.
Ich sterb’ auf Deine Gnade hin, In dieser will ich leben;
Ich weiß, daß ich ein Sünder bin, Mir aber ist vergeben;
Ich will und habe nichts aus mir, Ich kann und will allein aus Dir
Und Deiner Fülle nehmen.
4.
Gib mir nur stets Versicherung Von meinem Gnadenstande,
Dein Wort mir zur Beruhigung, Und Deinen Geist zum Pfande;
So ist in meinem letzten Zug Mir diese Hoffnung Trost’s genug:
Bei Jesu werd’ ich leben!
15. Februar. Morgen-Andacht.
Christus ist uns gemacht von Gott zur Weisheit.
1 Kor. 1,30.
Paulus schrieb 1 Kor. 1,27.: was thöricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß Er die Weisen zu Schanden mache, und dieser sein Ausspruch kommt mit der Rede Christi überein: Ich preise Dich Vater und HErr Himmels und der Erden, daß Du (das Evangelium) den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es den Unmündigen geoffenbart. Matth. 11,25. Es gibt also Weise unter den Menschen, welche Gott nicht erwählen, oder welchen Er Sein Evangelium nicht offenbaren kann, und man darf hiebei nicht nur an staatskluge oder hochgelehrte Leute gedenken, wiewohl auch solche von dieser Art sein können: denn es gibt unter dem geringen Volk viele, welche sich in falschen Vorstellungen und Meinungen oder auch in lügenhaften Ränken und Behelfen so fest setzen, daß das Evangelium, welches nichts als Wahrheit enthält, bei ihnen keinen Raum oder Kredit findet. Gottes Gedanken, die er im Evangelio geoffenbaret hat, sind nicht ihre Gedanken: weil sie nun in ihre eigenen Gedanken verliebt sind, und sie nicht aufopfern wollen, so sind sie zum Glauben untüchtig. Besser ist’s, thöricht vor der Welt zu heißen. Niemand schäme sich dieses Namens, da Paulus 1 Kor. 1. sogar von einer göttlichen Thorheit und von einer thörichten Predigt geredet hat, weil nämlich Gott selber und Sein Evangelium der Welt, die sich in ihrer Weisheit gefällt, thöricht zu sein scheint. Es ist also auch derjenige Mensch thöricht vor der Welt, der geradezu glaubt, was man ihm als Gottes Wort sagt, und sich nach dem Maß seiner Einsicht und Kraft im Thun und Reden darnach richtet. Einen solchen Menschen hält die Welt für einfältig: sie sagt von ihm, er sei zu ehrlich für den gegenwärtigen Zeitlauf; sie weissagt ihm, er werde sein Glück nicht machen; sie hält ihn für einen Thoren, dem es an der rechten Lebensart fehle, und der zu Welthändeln, die man ohne Lügen und Betrug nicht durchsetzen kann, nicht zu gebrauchen ist. Allein solche Leute sind es, die Gott erwählt, und denen Er das Evangelium von Seinem Sohn nach und nach offenbaret.
Christus Jesus ist nämlich den Menschen zur Weisheit gemacht. Wer weise sein will, muß Ihn erkennen, und diese Erkenntniß schafft der Geist der Wahrheit, welcher von Christo Jesu und um Seinetwillen zu den Menschen gesendet wird, um sie zu erleuchten, und Christum Jesum in ihnen zu verklären. Niemand denke, daß diese Erkenntniß Christi Jesu etwas Enges und Eingeschränktes sei, und daß die Menschen dadurch nur zur Andacht bei den Religionsübungen tüchtig gemacht werden, zu allen andern Dingen aber ungeschickt bleiben. Die Erkenntniß Jesu breitet ihr Licht auch auf den Weg aus, auf dem man in der Welt wandeln muß. Wer nämlich Jesum kennet, erkennt auch Seinen Sinn, und hat Sein Vorbild und Seine Fußstapfen vor Augen, wie sie nicht nur in Seiner historischen Lebensbeschreibung, sondern auch in Seinen Lehren und Geboten ausgedrückt sind; und dieses ist fürwahr die rechte Weisheit, wenn man gesinnt ist, wie Er war, wandelt, wie Er gewandelt hat, und Seinen Fußstapfen der Geduld, Demuth, Liebe, Sanftmuth, Keuschheit, Gerechtigkeit u.s.w. nachfolgt. Freilich haben die Menschen viele Wissenschaften und Künste erfunden, allein in diesen Wissenschaften und Künsten ist die Weisheit nicht selber enthalten, sondern sie dienen nur zur Anwendung der Weisheit auf die Bedürfnisse des menschlichen Lebens. Himmlischer Vater! mache uns weise durch die Erkenntniß Deines Sohnes Christi Jesu.
Mel.: Von Gott will ich etc.
1.
Habt Gunst und Ruhm auf Erden, Ihr Weisen, ohne Neid.
Ich will ein Weiser werden, Den nie sein Lernen reut.
Lern’ ich nur Jesum mir, So will ich nichts mehr fragen,
Und darf ohn’ Hochmuth sagen: Ich weiß noch mehr als ihr.
2.
Das ist der höchste Orden, Wer nach der Weisheit tracht’t,
Die Jesus uns ist worden, Vom Vater selbst gemacht.
Die lernt der Glaube nur, Und findet mit Vergnügen,
Was da für Schätze liegen, Auch über die Natur.
3.
Ja, Vater sei gepriesen, Der Jesum offenbart,
So haben wir durch Diesen Die Weisheit wahrer Art.
Das ist der beste Theil. Welt, halt’ uns nur für Thoren:
Wir geh’n doch nicht verloren, Gott zeigt uns doch Sein Heil!
15. Februar. Abend-Andacht.
Wir werden aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret zur Seligkeit.
1 Petr. 1,5.
Was Petrus in diesen Worten sagt, geht diejenigen an, die Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christ nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel. Wenn aber ein Wiedergeborner sagt: es wird meiner Seele lange, zu wohnen bei denen, die den Frieden hassen, oder: wie macht das Kreuz so lange Zeit! und wenn ihm überdieß die täglichen Gefahren, denen er nach Leib und Seele ausgesetzt ist, vor Augen schweben. so kann es ihn dünken, sein Ziel sei weit hinaus gesteckt, und der Weg dahin lang und gefährlich. Allein gleichwie das Erbe im Himmel behalten wird, daß es nicht verringert werden kann: also werden die Auserwählten aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt zur Seligkeit. Ihre Schwachheit muß also groß sein, und ihre Feinde müssen mächtig sein, daß der große Gott Seine Macht anwenden muß, sie zu bewahren. Er wendet sie aber auch an, wie Petrus hier sagt, und wie der HErr Christus selber uns vergewissert hat, da Er von Seinen Schafen Joh. 10, 28.29.30. sagte: Ich gebe ihnen ein ewiges Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und Niemand wird sie aus Meiner Hand reißen. Der Vater, der sie Mir gegeben hat, ist größer denn Alles, und Niemand kann sie aus Meines Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind eins (folglich bin Ich auch größer den Alles, und Meine Hand ist so stark als des Vaters Hand). Man bemerke hier, daß Christus zur Stärkung unsers Glaubens von dem Vater, der Seine Schafe Ihm gegeben hat, und in Seiner Hand hält, sagte, Er sei größer als Alles, und daß Er eben dieses auch auf Sich selbst deutete, indem Er bezeugte, Er und der Vater seien eins. Er sagte aber dieses deßwegen, weil die Dinge, welche die Wiedergebornen gefährden, auch groß zu sein scheinen. Paulus macht sie Röm. 8,35.38.39. namhaft, und nennt Trübsal, Angst, Verfolgung, Hunger, Blöße, Fährlichkeit, Schwert, Tod, Leben, böse Engel, Fürstenthümer, Machten, gegenwärtige und zukünftige, hohe und tiefe Dinge. Sollte man nicht erschrecken, wenn man dieses Register liest? Allein der Vater, der die Schafe Jesu in Seiner Hand hält, ist größer denn Alles. Der HErr Jesus ist über Alles erhöhet, und es ist Ihm Alles unter Seine Füße gethan, und der Heilige Geist ist mächtiger, als alle bösen Geister, und kann ihre List und Macht zu Schanden machen. Wer sollte also bei der Erkenntniß des großen Gottes und Seiner überschwenglichen Macht, mit welcher Er uns bewahren will, nicht getrost sein: wie es denn hiebei eine Pflicht ist, bis an’s Ende Glauben zu halten; denn die Auserwählten werden aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt zur Seligkeit. Seligkeit ist also das Ziel, wozu Gott den Wiedergebornen durch Seine Macht verhilft. Selig werden sie aber im höchsten Verstand sein, wenn sie das unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe, das im Himmel behalten wird, empfahen werden.
Mel.: HErr Jesu Christ mein’s Lebens etc.
1.
Im Glauben ist die Seligkeit, Durch Christum hat sie Gott bereit’t;
Doch was den Glauben in uns schafft Und uns bewahrt, ist Gottes Kraft.
2.
Der Satan tobt mit List und Mord; Die Welt verlacht das Glaubenswort;
Das Fleisch ist Fleisch und schlimmer Art! Wer hilft, wenn Gott uns nicht bewahrt?
3.
Du thust’s, o Gott; in Deiner Macht Ist unser Herz gar wohl bewacht,
Damit es sich an Jesum hält, Und nicht aus Deiner Gnade fällt.
4.
Es steht in Deiner Kraft allein, Aus Menschenkräften kann’s nicht sein,
Dein Arm führt aus Egypten aus, Dein Arm bringt Israel nach Haus.
5.
Dein Wort ist fest, wir fassen dieß, Was Du zusagst, hältst Du gewiß.
Ein Herz, dem vor sich selber graut, Wird ruhig, wenn es Dir vertraut.
6.
Ach, Vater Christi unsers HErrn, Halt’ Deine Hand von mir nicht fern;
Ich bin so schwach, als Kinder sind, Halt’ Du Dein Aug’ ob Deinem Kind.
7.
Stärk’ mich mit Deiner Macht und Huld; Fehl’ ich, so trag’ mich mit Geduld,
Auch in dem Straucheln greife Du Mit starker Hand als Vater zu.
8.
Du fingst den Glauben an in mir, Bewahr’ ihn nun, bis ich bei Dir,
Und führ’ mich nach der Wallfahrtszeit Durch Christum ein zur Seligkeit!
16. Februar. Morgen-Andacht.
Christus ist uns von Gott zur Gerechtigkeit gemacht.
1 Kor. 1,30.
Gleichwie sich die Weisheit und die Heiligung, zu welcher uns Christus von Gott gemacht ist, auf unsere Natur bezieht, in welcher eine große Veränderung vorgehen soll, nach welcher wir aus Thoren Weise, und aus unreinen Menschen reine und heilige werden sollen, und gleichwie sich die Erlösung, zu welcher uns Christus Jesus ebenfalls gemacht ist, auf unsere Feinde und auf alles Uebel, das uns drückt und plagt, bezieht: also hat die Gerechtigkeit ihren Bezug auf das Verhältniß, in welchem wir mit Gott als unserm Richter stehen. Als ein Richter kann Gott Sünde zurechnen oder nicht zurechnen; Er kann Gnade oder Zorn erzeigen; Er kann ein Urtheil zum Leben oder zum Tod sprechen; Er kann segnen oder verfluchen. Und welcher Mensch darf sich erkühnen zu sagen, daß Gott keine Sünden bei ihm finde, die Er ihm zurechnen, oder wegen welcher Er über ihn zürnen, ihn zum Tod verdammen und ihn verfluchen könnte? Es ist also etwas sehr Wichtiges um die Gerechtigkeit, mit welcher man in Gottes Gericht so bestehen kann, daß Gott keine Sünde zurechnet, Gnade erzeigt, über den Menschen den Ausspruch thut: du sollst leben, und ihn unter Seine Gesegneten rechnet. Diese Gerechtigkeit aber entsteht nicht aus den Werken des Menschen, wie die heilige Schrift an vielen Orten bezeugt, sondern aus dem Glauben an Christum Jesum, welcher uns von Gott zur Gerechtigkeit gemacht ist. Der himmlische Vater hat nämlich Seinen Sohn auch deßwegen in die Welt gesandt und in den Tod hingegeben, damit wir durch Ihn gerecht werden könnten. Zu diesem Ende wurden dem Sohn Gottes alle unsere Sünden zugerechnet, oder es wurden, wie Jesaias sagt, alle unsere Sünden auf Ihn geworfen; da Er aber alsdann dem Vater an unserer Statt und als unser Sachwalter den reinsten und tiefsten Gehorsam leistete, und überdieß um unserer Missethat willen verwundet, und um unserer Sünden willen zerschlagen, ja, wie Paulus sagt, ein Fluch für uns wurde: so werden uns Sein Gehorsam als für uns geleistet, und Sein Leben als für uns übernommen, zugerechnet, wenn wir an Ihn glauben, und dadurch werden unsere Sünden bedeckt, unsere Schulden für bezahlt geachtet, und das Wohlgefallen Gottes wird auf uns geleitet. Der HErr Jesus ist nicht nur für Seine Person, sondern auch als der Mittler zwischen Gott und den Menschen gerecht: diese Seine Gerechtigkeit aber wird unser durch den Glauben an Ihn. Es setzt aber dieser Glaube voraus, daß der Mensch seine ungeheure Sündenschuld erkenne und eingestehe, und sich nicht mehr einbilde, dieselbe mit eigenen Werken oder Leiden selber bezahlen zu können. Wenn aber der Mensch zu dieser Ueberzeugung in der Buße gekommen ist, so ergreift der Glaube Christum, beruft sich auf dessen Gerechtigkeit, und bittet um derselben willen um Gnade: ja er ergibt sich an den HErrn Jesum, um in Ihm zu sein, und in Gottes Gericht nur als ein Erlöster durch Christum, nur als ein Schuldner, für den Christus bezahlt hat, und nur als ein Glied und Rebe an Ihm angesehen zu werden. Auf diese Weise wird Christus des Menschen Gerechtigkeit, gleichwie Er ihm von Gott dazu gemacht ist; Gottes Rathschluß und des Menschen Glaube begegnen einander: wie sollte also der glaube können zu Schanden werden? So oft also eine eigenliebige Betrachtung eigener Tugenden und Werke in uns entsteht, so mache sie der Heilige Geist durch Seine scharfe Zucht zu nichte: damit Jesus in uns als unsere Gerechtigkeit recht verklärt werde, und der Ruhm Ihm allein bleibe.
Mel.: Jesu, der Du meine Seele.
1.
Feuereifer, Fluch und Rache Hat der Sünder nur verdient.
Doch dieß ist die Wundersache, Daß uns Gott mit Sich versühnt.
Die zum Tod verkauften Knechte Sind in Christo nun Gerechte;
Der Gerechte hat’s gethan, Der Gerechte machen kann.
2.
Vater von versühnten Kindern, Dir sei Dank und Lob gebracht,
Daß Du Christum uns, den Sündern, Zur Gerechtigkeit gemacht.
Außer Ihm muß Gott verdammen, Außer Ihm sind Schwefelflammen,
Eigene Gerechtigkeit ist vor Gott ein scheußlich Kleid.
3.
Singt, ihr Seelen, lobt die Gnade, Schmückt euch nur mit Christi Kleid.
Jesu, ja ich arme Made Nehm’ in Dir Gerechtigkeit:
Weckt mich Gott einst aus der Aschen, Will ich nur mit Blut gewaschen,
Und in Dir erfunden sein. Denn Dein Blut macht ewig rein.
16. Februar. Abend-Andacht.
Jesus hat uns von dem zukünftigen Zorn erlöset.
1 Thess. 1,10.
Es gibt also einen zukünftigen Zorn, und es ist eine große Gnade, von demselben erlöst zu sein. Auch der Täufer Johannes redete von diesem Zorn, da er zu den Pharisäern und Sadducäern, die zu seiner Taufe kamen, sagte: ihr Otterngezüchte, wer hat denn euch geweiset, daß ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Die heilige Schrift sagt zwar mehrmals, daß der Zorn Gottes über die muthwilligen Verächter der Gnade ausbreche, dieweil sie noch auf der Erde leben, wenn sie nämlich schwere Strafgerichte erfahren, s. Ps. 85,6. Jes. 9,12. Jes. 60,10. Luk. 21,23., aber doch ist nichts dem zukünftigen Zorn zu vergleichen. Dieser bricht aus, wenn die Langmuth Gottes aufhört, wenn kein Raum zur Buße mehr gegeben wird, wenn der Richter Alles an’s Licht bringt, und einem Jeglichen vergilt nach seinen Werken. Eine fürchterliche Beschreibung dieses zukünftigen Zorns steht 2 Thess. 1,8.9., wo gesagt wird: der HErr Jesus wird mit Feuerflammen Rache geben über die, so Gott nicht erkennen, und über die, so nicht gehorsam sind dem Evangelium unsers HErrn Jesu Christi, welche werden Pein leiden, das ewige Verderben von dem Angesicht des HErrn und von Seiner herrlichen Macht. Wie herzlich und demüthig haben wir also dem Sohn Gottes, Jesu Christo, zu danken, daß Er uns von dem zukünftigen Zorn erlöset hat, und wie sehnlich haben wir darnach zu streben, daß wir dieser Erlösung wirklich froh werden! Von den Plagen, welche Gott dem Adam und der Eva und allen ihren Nachkommen 1 Mos. 3. aufgelegt hat, hat uns Christus nicht erlöset, weil sie den Sündern nöthig und heilsam sind. Er hat überhaupt die zeitlichen Trübsale, welche von daher auf den Menschen liegen, nicht aufgehoben. Meint Jemand bei denselben einen Zorn Gottes wahrzunehmen, wie denn diese Vorstellung bei Trauernden, die ihre Sündenschuld erkennen, oft vorkommt, so darf man doch dabei sagen: ich will des HErrn Zorn tragen, denn ich habe wider Ihn gesündigt, bis Er meine Sache ausführe, und mir Recht schaffe; Er wird mich an’s Licht bringen, daß ich meine Lust an Seiner Gnade sehe. Mich. 7.9. Der Zorn des HErrn also, den bußfertige und zugleich durch äußere Leiden gedemüthigte Menschen tragen müssen, ist nicht derjenige Zorn, welchen die heilige Schrift den zukünftigen nennt. Es ist auch nicht der lautere Zorn (Off. Joh. 14,10.), sondern mit einer verschonenden Liebe gemildert. Man trägt ihn ohne Murren, weil man sich bewußt ist, daß man wider den HErrn gesündigt hat. Der HErr führt aber die Sache solcher gedemüthigten Sünder aus. Er schaffet ihnen Recht gegen ihre Feinde, aber auch vor Ihm selbst lässet Er ihnen das Recht der Erlösten und Glaubigen widerfahren, indem Er sie rechtfertigt. Er bringt sie an’s Licht, nachdem sie vorher im Finstern gesessen waren, V. 8., und läßt sie ihre Lust an Seiner rechtfertigenden Gnade sehen. Diesen Zorn haben alle Heiligen eine Zeit lang tragen müssen. Die Pfeile des Allmächtigen, die drückende Hand Gottes, die Wasserwogen und Wellen Gottes, die Grube, die Finsterniß, die Tiefe, der Grimm Gottes, die Verstoßung, der Tod, auf welchen eine Lebendigmachung folgt, die Hölle, aus welcher Gott wieder herausführt – dieses Alles, und was noch mehr von dieser Art genannt wird, darf ein Christ nicht scheuen, weil alle Heiligen es erfahren haben. Aber vor dem zukünftigen Zorn bewahre uns, lieber HErr Gott!
Mel.: Himmel, Erde, Luft und Meer.
1.
Endlich bricht ein Tag noch ein, Der ein Tag des Zorns wird sein.
Jetzt ist Gnade, dort nicht mehr; Denn der Zorn entbrennt zu sehr.
2.
Wem Gott hier noch Buße schenkt, Daß er nur daran gedenkt,
O wie zittert ihm davon Die getroff’ne Seele schon!
3.
Aber wie wird’s dort ergeh’n, Wo Gott nicht erlaubt zu fleh’n,
Und ganz unbarmherzig stürzt Den, der sich am Heil verkürzt;
4.
Wo der Zorn auf Zorn gehäuft, Nun den Bösen schnell ergreift,
Und von Gottes Richterstuhl Brennt bis in den Schwefelpfuhl
5.
O wie schrecklich fället der, Der Dir, Du Lebendiger,
In erzürnte Hände fällt, Und nun keine Gnad’ erhält!
7.
Gott der Gnaden, Dir sei Ruhm Hier und dort im Heiligthum,
Daß Du Jesum uns gesandt, Der den Zorn hat abgewandt!
7.
Nunmehr geh’n wir zu dem Sohn, Als zu unserm Gnadenthron,
Und der Glaube an Sein Blut Macht erschrocknen Herzen Muth.
8.
Jesu, Du bist’s, der mich tröst’t, Der mich selbst vom Zorn erlöst;
Läßt Sein Tag des Zorns sich seh’n, Laß mich noch in Gnaden steh’n!
17. Februar. Morgen-Andacht.
Die Ehe soll in Ehren gehalten werden bei Jedermann, und das Ehebett unbefleckt.
Hebr. 13,4.
Bei keiner Sache hat sich einerseits die falsche Weisheit, und anderseits die fleischliche Freiheit der Menschen deutlicher geoffenbart als bei dem Ehestand. Es hat zu allen Zeiten Leute gegeben, welche verboten haben, ehelich zu werden, freilich nicht Jedermann, weil sie wußten, daß in diesem Fall die Welt ausstürbe, sondern denen, welche nach einer christlichen Vollkommenheit streben, welche Verlobte Gottes sein wollen, welche das Predigtamt verwalten u.s.w. Die Juden dachten freilich nicht so: hingegen bestand ihre falsche Weisheit darin, daß Jeder durch einen Scheidebrief aus einer geringen Veranlassung sich von seinem Ehegatten schied, und dadurch der Unlust, welche sein damaliger Ehestand mit sich führte, ausweichen wollte. Der HErr Jesus eiferte sehr wider diese Scheidebriefe, welche Moses nur auf besondere Fälle um der Herzenshärtigkeit willen gestattet hatte, und verbot sie den Christen im Neuen Testament, bei denen keine Herzenshärtigkeit sein soll, gänzlich. Aber unter den Heiden war der Ehestand so zerrüttet, befleckt, und aus der Ordnung gekommen, daß es schwer war, denselben bei den ersten Christen recht einzurichten, daß Viele eine Scheu davor hatten, und daß deßwegen auch die Korinther dem Paulus die Frage vorlegten, ob es rathsam sei, ehelich zu werden? (1 Kor. 7.) Die Apostel, welche wohl verstanden, was zur christlichen Vollkommenheit dienlich sei, nöthigten zwar Niemand zum Ehestand, gestanden auch die vorzügliche Bequemlichkeit des ledigen Standes (wenn es sich nämlich wohl schicke, außer der Ehe zu leben, 1 Kor. 7,36.), redeten aber immer ehrerbietig von dem Ehestand, und schrieben den christlichen Eheleuten ihre Pflichten vor. Unter andern Zeugnissen von dieser Art ist auch dieses klar und wichtig: die Ehe soll in Ehren gehalten werden, und das Ehebett unbefleckt. Freilich soll die Ehe in Ehren gehalten werden, weil sie von Gott gestiftet und verordnet worden, und zwar vor dem Sündenfall, da die Menschen noch unschuldig und heilig waren. Bei dem Anbruch des Neuen Testaments that der HErr Jesus Sein erstes Wunder bei einer Hochzeit, welcher Er als ein Gast beiwohnte. Er ehrte hiedurch den Ehestand auf eine ausnehmende Weise, und gab zu verstehen, daß er sich auch zu der Verfassung seines neutestamentlichen Himmelreichs schicke. Petrus hatte eine Schwieger, folglich auch ein Weib, und da die Apostel, und unter denselben des HErrn Bruder und Kephas, ausgingen, das Evangelium zu predigen, so führten sie ihre Weiber, die glaubige Schwestern waren, umher, wie Paulus, der immer ledig blieb, doch aber behauptete, daß er’s auch so machen dürfte, 1 Kor. 9,5. geschrieben hat. Es werden auch im Neuen Testament den Eheleuten ihre Pflichten vorgeschrieben, und dadurch wird der Ehestand den Christen angepriesen. Es soll aber das Ehebett unbefleckt gehalten werden. Es wird durch den Ehebruch befleckt, und wer dieses thut, soll wissen, daß Gott Hurer und Ehebrecher richten werde. Wie wird Er sie aber richten? So, daß weder die Hurer noch die Ehebrecher das Reich Gottes ererben werden, 1 Kor. 6,9., und daß der Theil der Hurer, folglich auch der Ehebrecher wird in dem Pfuhl sein, der mit Feuer und Schwefel brennt. Off. Joh. 21,8. O unzüchtige Christenwelt, was wartet für ein Urtheil auf dich! Gott mache einen Jeden durch Seinen Geist tüchtig, den Ehestand heilig und nicht in der Lustseuche zu führen, und in demselben dem Evangelio würdig zu wandeln. Die Wege des HErrn (folglich auch der Weg des Ehestandes) sind richtig, und die Gerechten wandeln darin: aber die Uebertreter fallen darin, Hos. 14.10.
Mel.: O Durchbrecher etc.
1.
Weiser Gott, auch für die Ehe Danken Christen Paar und Paar,
O wie thut’s dem Bastard wehe, Daß die Mutter Hure war.
Aus der holden Ordnung sprießen Deiner Kirche Pflanzen auf,
Und Du läß’st sie gleich begießen, Mit dem Wasser in der Tauf’.
2.
Keine Stiftung gleichet dieser, Auch im Paradies war sie.
Da ist selbst die Liebe süßer; Denn die Treue wechselt nie.
Da ist selbst das Leid noch tröstlich; Denn Kein’s darf verlassen sein.
Da wird auch das Loben köstlich; Denn man lobt Gott nicht allein.
3.
Das ist Deine Schöpfersehre, Daß Dein Werk dich nicht gereut.
Dein Wort heißt des Teufels Lehre, Wer, was Du gebeutst, verbeut.
Liebe wolltest Du befehlen, Weil Du selber Liebe bist.
Darum loben Dich die Seelen, Denen Dein Wort heilig ist.
17. Februar. Abend-Andacht.
Gedenket an des Lots Weib.
Luk. 17,32.
Der HErr Jesus sagte diese Worte, als Er von dem jüdischen Krieg, worin Jerusalem zerstört wurde, geredet, und gesprochen hatte: an demselben Tage wer auf dem Dache ist, und sein Hausrath in dem Hause, der steige nicht hernieder, dasselbige zu holen; desselbigen gleichen wer auf dem Felde ist, der wende nicht um nach dem, was hinter ihm ist. Hierauf sagte ER: gedenket an des Lots Weib, und setzte hinzu: wer da suchet seine Seele zu erhalten, der wird sie verlieren, und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben verhelfen. Was nun des Lots Weib anbelangt, so gibt Moses, als er die Vertilgung Sodoms beschrieb, diese kurze Nachricht von ihr: sie sahe hinter sich, und ward zur Salzsäule 1 Mos. 19,26. Indem dieses Weib hinter sich sahe, sündigte sie wider das Wort des HErrn, das ihr und ihrem Mann durch den Engel gesagt ward, welcher sprach: errette deine Seele, und siehe nicht hinter dich, auch stehe nicht in dieser ganzen Gegend, V. 17. Man darf auch nicht meinen, sie habe nur deßwegen hinter sich gesehen, damit sie sehen möchte, wie es der Stadt Sodom gehe; denn Christus führt das Beispiel des Weibes an, um Seine Jünger zu warnen, daß sie zur Zeit, da sie eilend fliehen sollten, nicht noch etwas aus dem Hause holen, oder zu demjenigen, was hinter ihnen sei, sich umwenden sollen: da dann nicht Wißbegierde oder Fürwitz, sondern Habsucht und Anhänglichkeit des Herzens an zeitliche Güter der Grund gewesen wäre. Er sagt auch in der allgemeinen Nutzanwendung: wer seine Seele oder Person zu erhalten suche, werde sie verlieren, und setzt also voraus, daß es des Lots Weib, und so auch diejenigen, die zur Zeit des jüdischen Krieges bei dem Einbruch der Feinde sich zu ihrer Habe umwenden werden, um ihre Erhaltung oder Versorgung zu thun gewesen sei. Lots Weib hing mit ihrem Herzen an ihren Freunden und Gütern, die sie in Sodom zurückgelassen hatte. Da sie also aus dieser Stadt ausgegangen war, sahe sie mit einer Sehnsucht zurück. Sie stund zugleich still, sie verweilte sich, sie besann sich, ob sie dem Wort des Engels glauben, ob sie nicht zurückgehen, ob sie nicht von ihrem zurückgelassenen Gut noch etwas holen sollte. Die Vorstellung der Armuth, worin sie mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern hinfort leben müsse, machte sie, weil es ihr am Glauben mangelte, bestürzt. Ihr Gemüth schwebte also hin und her. Ihr Mann ermahnte sie ohne Zweifel fortzugehen: allein sie gehorchte ihm nicht. Plötzlich aber nahm der Feuer- und Schwefelregen seinen Anfang, und erstickte sie, und sie blieb mit einer salzigen Materie überzogen, steif und todt wie eine Säule, stehen. Auf diese Weise konnte auch ein Christ bei dem jüdischen Krieg umkommen, der sich aus Geiz mit Rettung seiner Habe verweilte. Doch reicht die Ermahnung Jesu noch weiter. Gott heißt mich von der Welt durch eine gründliche Bekehrung ausgehen. Wie aber? Wenn ich angefangen habe, dem himmlischen Beruf zu folgen, und die Sehnsucht nach der eitlen Lust der Welt wacht wieder in mir auf, und ich stehe still, zaudere, besinne mich, lasse mich’s reuen, daß ich von der Welt auszugehen angefangen habe? Was wird’s endlich werden? Ich werde endlich von dem Zorn Gottes ergriffen werden, und mit der Welt, die mir so lieb ist, zu Grunde gehen. Wer seine Hand an den Pflug legt, und siehet zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.
Mel.: Meine Armuth macht etc.
1.
Seele, du hast angefangen Zu verlangen, Dich aus der Gefahr zu zieh’n;
O so harre keine Weile, Eile, eile, Dem Verderben zu entflieh’n!
2.
Siehe mit verdroß’nem Blicke Nicht zurück, Was von Dir verlassen ist;
Lauf auf angewies’nem Pfade Nur gerade, Bis du ganz gerettet bist.
3.
Laß dich, was dahinten blieben, Nicht betrüben; Denn es wird dem Feu’r zu Theil;
Denke, wenn es dich gereute: Meine Beute Ist die Seele und ihr Heil.
4.
Treibe mich mit Deinen Worten Aller Orten, Jesu, recht zum Eilen an;
Laß mich nirgends stille stehen, Heiß’ mich gehen, Bis ich Ruhe finden kann.
5.
Hab’ ich in den ersten Stunden Gnade funden, Daß ich nun ergriffen bin:
Ach so sei von Grad zu Grade Deine Gnade Ferner meine Führerin.
6.
HErr, ich traue Deiner Treue Auf das Neue; Jesu, stärk’ mich, wenn ich matt;
Denn Du führest mich zum Leben; Du wirst’s geben, Der es mir verheißen hat.
18. Februar. Morgen-Andacht.
Gott thut Seine Hand auf, und erfüllet Alles, was lebet, mit Wohlgefallen.
Ps. 145,16.
Es ist nicht recht, wenn man bei der Empfahung und dem Genuß der leiblichen Nahrung nur auf die Erde und die menschliche Arbeit siehet, und des Schöpfers dabei vergißt. Freilich müssen die Pflanzen, welche uns und den Thieren zur Nahrung dienen, aus der Erde wachsen, und das Feld muß gebaut werden: wer hat aber die Kraft in die Erde gelegt, nach welcher sie nahrhafte Gewächse hervorbringen kann? Wer hat die Erdgewächse so gemacht, daß ein jegliches seinen Samen bei sich selber hat, um sich fortpflanzen zu können? Wer hat in die Natur der Thiere, deren Fleisch ein Theil unserer Nahrung ist, die Kraft gelegt, nach welcher sie Junge zeugen? Wer läßt den Regen und Thau auf die Erde fallen? Wer gibt Sonnenschein und Wärme? Wer tödtet durch die Kälte das Ungeziefer? Wer gibt Kräfte und Verstand zur Arbeit? Dieses Alles muß man dem gütigen Schöpfer zuschreiben, und deßwegen Alles als Seine Gabe mit Danksagung empfahen und genießen. Wollen die Menschen Seiner vergessen, und die Nahrung ihrem Fleiß zuschreiben, so mahnt Er sie plötzlich durch einen Mißwachs, den ihr Fleiß nicht zurücktreiben kann, oder durch eine Seuche, die Er unter sie oder das Vieh schickt, daran, daß an Seinem Segen Alles gelegen sei, und sie ihre Nahrung Ihm zu danken haben.
Gott thut als ein gütiger Geber in jeglichem Jahr Seine Hand auf, und wenn Er die Menschen nicht aus gerechten Ursachen mit einer Hungersnoth straft, so erfüllt Er gewöhnlicher Weise Alles, was lebet, mit Wohlgefallen. Er gibt also die Nahrung so reichlich, daß Alles, was lebet, erfüllt, das ist, gesättigt werden kann, wie auch die Armen unter den Menschen inne werden. Er gibt sie mit einer ausgebreiteten Güte Allem, was lebet. So gewiß es ist, daß Er nicht Alles, was lebet, in den Himmel aufnimmt: so gewiß erfüllet Er Alles, was lebet, mit der leiblichen Nahrung. Er gibt dem Vieh sein Futter, und Nahrung auch den undankbaren und boshaftigen Menschen: ja, es gibt Gottlose, denen Er Reichthum und Ehre gibt. Dazu soll man nicht scheel sehen, denn diese Abfertigung, welche den Gottlosen, die nichts Weiteres verlangen, widerfährt, macht sie nicht einmal auf der Erde ganz glücklich, zu geschweigen, daß sie mit dem ewigen, himmlischen Erbe in eine Vergleichung käme. Gott sättigt aber Alles, was lebet, mit Wohlgefallen, so daß Er gerne gibt, und mit Wohlgefallen zusieht, wenn wir Seine Gaben mäßig und mit einer heitern Seele genießen. Paulus sagt 2 Kor. 9,7.: einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Es ist aber Gott, der Licht und Liebe ist, das Urbild aller fröhlichen Geber. Er läßt Menschen und Vieh ihr Kreaturenrecht, dessen David Ps. 145,9. gedenkt, gern genießen. Lasset uns bei dem Fleiß, und der Klugheit und Treue, welche wir auf die zeitlichen Güter wenden müssen, Gott vertrauen. Lasset uns der Danksagung nicht vergessen, und bei dem Genuß des ewigen, himmlischen Tisches, dessen Tischgebet Meldung thut, eingedenk bleiben. Lasset uns auch als Gottes Nachfolger Andere gern sättigen, ja den HErrn Jesum selbst in Seinen geringsten Brüdern mit Seinen Gaben speisen und tränken.
Mel.: Meine Armuth macht mich schreien.
1.
Ich will Gottes Wohlthat preisen, Seine Speisen Brauch’ ich mit getrostem Muth.
Christus macht uns frei, wir dürfen Nichts verwerfen; Alle Kreatur ist gut.
2.
Gottes Wort kann alle Sachen Heilig machen. Hier gilt keines Menschen Schluß.
Voll von Dank zum Tische treten, Glaubig beten, Heiligt des Geschöpfs Genuß.
3.
Ein bestrickt Gewissen haben Bei den Gaben, Ist der Herzen Sklaverei.
Was mir Gott gibt, will ich nehmen, Ohne Grämen, Daß mein Essen Sünde sei.
4.
Gott läßt meinen Tisch mir decken, Und mich schmecken, Daß er Freundlichkeit beweist.
Ihm sei mit erfrischter Zungen Lob gesungen, Bis Er uns im Himmel speist.
18. Februar. Abend-Andacht.
Ich weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen muß.
2 Petr. 1,14.
Obschon die Schriften des Alten und Neuen Testaments auch von den Gerechten sagen, daß sie sterben und hernach todt seien, so brauchen sie doch auch öfters sanftere und lieblichere Ausdrücke, und man findet insonderheit, daß die heiligen Männer Gottes, wenn sie von ihrem eigenen Sterben reden, sich auf eine milde Art ausdrücken. David sagte 1 Kön. 2,2.: ich gehe dahin den Weg aller Welt; Simeon Luk. 2,29.: HErr, nun entlässest Du Deinen Diener in Frieden. Paulus Phil. 1,23.: ich habe Lust aufzubrechen, und bei Christo zu sein, und 2. Tim. 4,6.: ich werde jetzt geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist vorhanden; 2 Kor. 5,8. sagt er nicht: wir haben ein vorzügliches Belieben an dem Sterben, sondern: wir haben ein vorzügliches Belieben an dem Auswandern aus dem Leibe, und an dem Heimgehen zu dem HErrn. Eben so lieblich redete Petrus von seinem herannahenden Tod, da er schrieb: ich weiß, daß ich meine Hütte bald ablegen muß, und im folgenden Vers nannte er seinen Tod einen Ausgang (aus der sichtbaren Welt). Wenn man nun voraussetzt, daß diese heiligen Männer aufrichtig, und ihre Worte die eigentlichen Ausdrücke ihrer wahren Gesinnung gewesen seien, so darf man aus den angeführten Worten schließen, daß sie von der Furcht des Todes frei gewesen seien, und ihren Tod als eine vorteilhafte Veränderung, auf die ihnen nicht bang war, angesehen haben. Was nun insonderheit die angeführten Worte Petri anbelangt, so war die Hütte, von welcher er schrieb, daß er sie bald ablegen müsse, sein sterblicher Leib, wie er denn auch V. 13. sagte: er sei noch in dieser Hütte. Der Leib ist aber eine Hütte in Ansehung der Seele. Es ist aber diese der Seele so angemessen, wie ein Kleid, weßwegen er auch 2 Kor. 5,4. sowohl eine Hütte genannt wird, worin die Seele wohne, als auch ein Kleid, von welchem sie entkleidet werde. Gleichwie man ein Kleid ablegt (Ap. Gesch. 7,57.), also kann man auch die Leibeshütte, die einem Kleid ähnlich war, ablegen. Ist man aber ein Gerechter, so hat man alsbald hernach einen Bau von Gott erbauet, ein Haus nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel, und dieses Haus wird das Kleid der Seele sein, die durch das Ausziehen des sterblichen Leibes bloß geworden war. Die bloße Seele wird mit jener himmlischen Behausung bekleidet, der ganze Mensch aber, der sein eigenes Kleid, das ist seinen sterblichen Leib, noch hat, könnte damit überkleidet werden.
Es ist wunderbar, daß Petrus von seinem Tod so gelassen und mit einem so sanften Ausdruck hat schreiben können, da er doch aus der Anzeige Christi Joh. 21.18. wußte, daß er am Kreuz schmerzlich sterben werde. Wie nahe oder wie entfernt die Ablegung meiner Hütte nach menschlicher Rechnung sei, ist mir nicht geoffenbaret: doch darf ich sie mir als nahe vorstellen; denn die Zeit ist überhaupt kurz, und das Leben nur einer Hand breit. Wie aber? Kann ich ohne Angst und Grauen daran gedenken? Und soll mich nicht diese Vorstellung antreiben, zu wachen, zu beten, allen Fleiß im Dienst des HErrn anzuwenden, der Heiligung nicht nachzuschleichen, sondern nachzujagen, und aufzuräumen, wo etwas aufzuräumen ist.
Mel.: Ach bleib’ mit Deiner Gnade.
1.
HErr, meine Leibeshütte Sinkt nach und nach zu Grab;
Gewähre mir die bitte, Und brich sie stille ab.
2.
Gib mir ein ruhig Ende; Der Augen matten Schein
Und die gefalt’nen Hände Laß sanft entseelet sein.
3.
Laß meine letzten Züge Nicht zu gewaltsam gehen,
Und gib, daß ich so liebe Wie die Entschlafenen.
4.
Doch es gescheh’ Dein Wille, Ich scheide gleich dahin
Im Kämpfen oder stille, Wenn ich nur selig bin.
5.
Bleibst Du mir in dem Herzen, Dein Name in dem Mund,
So sind mir auch die Schmerzen Im Sterben noch gesund.
6.
Dein Blut hat mich gereinigt; Trennt Leib und Seele sich,
So werden sie vereinigt Zum Seligsein durch Dich.
7.
Nach Deiner Gnade Größe Nimm nur den Geist zur Hand,
Es reiße oder löse Der Tod des Leibes Band.
8.
Ich werde auferstehen; Da geht’s zum Himmel ein;
Ich werde Jesum sehen, und Er mir gnädig sein!
19. Februar. Morgen-Andacht.
Christus Jesus ist uns von Gott gemacht zur Heiligung.
1 Kor. 1,30.
Durch den Sündenfall Adams ist das ganze menschliche Geschlecht unrein und verwerflich worden, und wer alle Namen überdenkt, welche Gott in Seinem Wort den Sündern beilegt, da Er sie Uebertreter, Abtrünnige, Ungerechte, Thoren u.s.w. nennt, ja wer ihre Beschreibung betrachtet, die Röm. 3,10-18. enthalten ist, kann erkennen, daß Niemand Ursache habe, sich seines menschlichen Namens außer Christo Jesu zu rühmen und zu freuen. Wie werden aber die Menschen wieder ehrlich vor Gott? Wie bekommen sie wieder einen guten Namen? Wie werden sie tauglich, vor dem heiligen Gott zu stehen, und in Seinem Haus oder in Seiner Stadt zu wohnen? Dieses Alles können sie nur durch Christum Jesum erlangen, wenn sie durch Ihn Weisheit und Gerechtigkeit, aber auch die Heiligung erlangen. Ohne Heiligung wird Niemand den HErrn sehen. Der Name heilig gereicht dem Menschen zur höchsten Ehre; denn Gott selbst kann nicht höher gepriesen werden, als daß man sagt: Er ist heilig. Seine Engel heißen heilige Engel. Heiligkeit ist die Zierde Seines Hauses ewiglich. Wer sollte also nicht begierig sein, heilig zu werden? Paulus hatte 1 Kor. 1,28. gesagt: Gott habe aus dem menschlichen Geschlecht, das an sich selbst schon in der Schande der Unreinigkeit steckt, das Unedle vor der Welt und das Verachtete erwählet, und das da Nichts ist, auf daß Er zu Schanden mache, was Etwas ist. Nun kommt es freilich im Reich Gottes nicht auf das Urtheil der Welt an. Was vor der Welt unedel ist, ist’s nicht auch vor Gott, und was von der Welt verachtet wird, wird von Gott nicht auch verachtet: doch soll die Welt wissen, daß Gott durch Seine Erwählung das Unedle wirklich adle, und das Verachtete wirklich ehre, und dasjenige, was Nichts ist, und gleichsam weggeschätzt wird, zu Etwas, ja zu etwas Großem macht. Dieses geschieht aber durch die Heiligung. Wie erlangt man aber diese Heiligung? Paulus sagt, Gott habe Christum Jesum uns zur Heiligung gemacht. Wir werden nämlich, wenn wir uns zu Ihm bekehren, in die Gemeinschaft Seines Todes hineingezogen, wodurch wir der Sünde absterben, und in die Gemeinschaft Seiner Auferstehung, wodurch wir ein neues geistliches und ewiges Leben empfangen, wie Paulus Röm. 6. und Eph. 2. ausführlich lehrt, und dieses Alles geschieht durch den Heiligen Geist, den wir von Ihm und um Seinetwillen empfangen; denn wenn Er nicht zu dem Vater gegangen wäre, so käme dieser Tröster nicht zu uns: da Er aber hingegangen ist, so hat Er den Vater gebeten, daß Er Ihn zu uns sende, und Er sendet Ihn auch selbst zu uns. Joh. 14,16. 15,26. 16,7. Weil Er auch gebeten hat, daß diejenigen, die Ihm der Vater gegeben hat, dereinst bei Ihm sein, und Seine Herrlichkeit sehen möchten (Joh. 17,24.), ja weil die Auferstehung der Gerechten eine Folge und Frucht Seiner Auferstehung ist, so ist klar, daß wir auch die Vollendung der Heiligung dem HErrn Jesu zu danken haben.
Lasset uns den HErrn Jesum zu allem demjenigen annehmen, wozu Er uns von Gott dem Vater gemacht ist. Es gibt Leute, welche nur die Erlösung von allem Uebel von Ihm begehren. Der Rath Gottes, nach welchem Christus Jesus in die Welt gesandt worden ist, läßt sich aber nicht zerstückeln, und wer Christum Jesum gewinnen und Seiner froh werden will, muß Ihn ganz annehmen. Die Heiligung, wozu Er uns gemacht ist, ist vorzüglich der Prüfstein unserer Redlichkeit.
Mel.: O Jerusalem, du schöne.
1.
Außer Christo thut man Sünde; Christus ist zur Heiligung.
Wenn ich Mängel an mir finde, Dient’s mir doch zur Förderung;
Weil ich glaubig in Ihm bin, Bin ich heilig auch durch Ihn.
2.
Werke, die wie Wunder scheinen, Sind doch außer Ihm nicht groß;
Aber die veracht’tsten kleinen Haben doch in Ihm ein Loos.
Uns’re Mängel deckest Du, Jesu, mit der Liebe zu.
3.
Dieses ist mein Wunsch auf Erden: Laß mich nur in Dir allein,
Was ich thu’, erfunden werden, So wird Alles heilig sein.
Denn der Vater machte Dich Auch zur Heiligung für mich.
4.
Vater, Dir gebührt die Ehre; Jesu, Dir gebührt der Ruhm;
Was ich außer Christo wäre, Wär’ ich noch im Heidenthum.
Vater, stell’ im Himmel Dir Mich in Jesu heilig für!
19. Februar. Abend-Andacht.
Christus ist uns von Gott gemacht zur Heiligung.
1 Kor. 1,30.
Bei allen Religionen gibt es gewisse wahre oder falsche Heiligthümer, und es wird überall eine gewisse Heiligkeit erfordert, um der Gottheit, die man verehrt, zu gefallen. Die griechischen Heiden, unter welche die Korinther gerechnet wurden, hatten insonderheit eine feine Sittenlehre unter sich, welche hernach zu den Römern, und von diesen zu allen Völkern in Europa überging, und von diesen, seitdem sie etwas Besseres, nämlich das Evangelium von Christo haben, nur allzuhoch geschätzt wird. Paulus schrieb an die Korinther: Christus ist uns von Gott zur Heiligung gemacht. Es sei ferne von uns, diese Worte nur auf die Lehre Jesu zu deuten, welche freilich die wahre Heiligkeit beschreibt und gebietet: allein wer hat jemals von einem Sittenlehrer, dergleichen Salomo und alle Propheten und Apostel waren, gesagt, daß er seinen Schülern von Gott zur Heiligung gemacht sei. Jesus Christus muß auch in Ansehung der Heiligung mehr als nur ein Lehrer sein, weil diese ungemeine Rede nur von Ihm gebraucht wird. Paulus verbindet auch diese Rede mit dem Ausspruch: daß sich vor Gott kein Fleisch rühmen dürfe, und wer sich rühmen wolle, müsse sich des HErrn rühmen, V. 29.31. Wenn nun unsere Natur noch so gut beschaffen wäre, daß sie zur Heiligung nichts nöthig hätte als einen Lehrer, der ihr eine gute Sittenlehre predigte und gerechte Gebote vorlegte, aber auch selbst ihr Vorbild bei der Haltung derselben wäre, so hätte sie zwar bei ihrer Heiligung den Ruhm nicht allein, weil auch der Lehrer einen Theil desselben für sich bekäme; sie könnte sich aber doch auch rühmen, daß sie mit ihren eigenen Kräften seine Lehre und Gebote vernommen, gebilligt und nach seinem Vorbild befolgt habe: allein Paulus spricht dem Fleisch oder dem natürlichen Menschen allen Selbstruhm, und 1 Kor. 2,14. alle Fähigkeit ab, und will, daß man sich nur des HErrn rühmen solle, von dem alle Weisheit, alle Gerechtigkeit, alle Heiligung und alle Erlösung herkomme. Was nun insonderheit die Heiligung anbelangt, so besteht dieselbe in der Reinigung von Sünden, in der Ausziehung des alten Menschen, und in der Anziehung des neuen, in der Erneurung zum Bild Gottes, in der Verklärung in das Bild Jesu von einer Klarheit zu der andern u.s.w. Sie wird in der heiligen Schrift oft als ein Werk Gottes beschrieben, oft aber auch dem Menschen als eine Pflicht geboten. Die Worte mögen aber lauten, wie sie wollen, so ist gewiß, daß dieses immer zum Grund gelegt sei: Christus Jesus ist uns von Gott zur Heiligung gemacht. Es ist klar, daß Paulus hier auf das Mittleramt Christi Jesu weise, denn um desselben willen trägt Er die Namen: Christus Jesus, und nur in der Absicht auf dasselbe sagt die heilige Schrift von Ihm, daß Er vom Vater gesandt, gesalbt, gesetzt, versiegelt, gegeben und zu etwas gemacht worden sei. Von Ihm also, als dem Mittler zwischen Gott und Menschen, und um Seinetwillen empfangen wir den Heiligen Geist. Sein Blut macht uns rein von den Sünden, Seine Wunden heilen uns. Sein Tod tödtet die Sünde in uns, und Seine Auferstehung ist die Quelle eines heiligen Lebens. Sein heiliger Leib und Sein heiliges Blut befördern die Heiligung, wenn sie im heiligen Abendmahl genossen werden. Durch Ihn und um Seinetwillen wird endlich die Heiligung bei uns vollendet. Wer ist aber nun, der den HErrn Jesum Christum so ergreifen und genießen will, wie Er uns von Gott nicht nur zur Weisheit, und zur Gerechtigkeit, und zur Erlösung von allem Uebel, sondern auch zur Heiligung gemacht ist?
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Vernunft malt ihre Werke Mit allen Farben fein; Sie wirkt aus eig’ner Stärke, Der Glaube soll nicht sein;
Der Heuchler rühmt die Strenge; Der Weltwitz schatzt der Menge Nur das, was ehrbar, ein.
2.
Doch ist’s bei allem Scheine Ganz ohne Grund gedacht; Denn Christus ist alleine zur Heiligung gemacht.
Wie soll vor Gottes Augen Ein Thun des Menschen taugen, Der Seinen Sohn veracht’t?
3.
Des Glaubigen Geschäfte Ist, daß er Jesum liebt, Der Willen und auch Kräfte Zum Heiligleben gibt;
Von Seinem Geist gedrungen, Nicht vom Gesetz gezwungen, Wird Gutes ausgeübt.
4.
Gott, gib mir, Du kannst’s geben, Ein Herz, das nur bemüht, Daß es die Kraft zum Leben Allein aus Christo zieht!
Was nützt’s, wenn ich mich färbe, Und Gott nichts, wenn ich sterbe, An mir von Christo sieht!
20. Februar. Morgen-Andacht.
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, und Gott in ihm.
1 Joh. 4,16.
Gott ist Liebe, und: unser Gott ist ein verzehrend Feuer: Hebr. 12,29. Beides ist wahr, weil beides in der Bibel steht. Gott ist Liebe gegen alle Geschöpfe, welche entweder ohne Sünde sind, oder als Sünder durch Christum Seinen Sohn Ihm gehörig begegnen, sich von der Sünde reinigen lassen, und Seine Liebe annehmen und preisen. Er ist aber ein verzehrend Feuer gegen Alle, die Ihm widerstreben, die Sünde beibehalten wollen, und Seine Liebe verschmähen. Hohel. 8,6. wird von der Liebe gesagt, daß sie stark sei wie der Tod, und daß ihr Eifer fest sei wie die Hölle, ihre Gluth sei feurig, und eine Flamme des HErrn. Diese Stärke, dieser Eifer und diese Gluth ist für die Geliebten, die sich lieben lassen, erquicklich, für die widerstrebenden Hasser aber verzehrend. Johannes sagt: wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, welcher die Liebe ist, und Gott in ihm, und 1 Joh. 4,7.8.: ihr Lieben, laßt uns unter einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer lieb hat, der ist von Gott geboren, und kennet Gott, wer nicht lieb hat, der kennet Gott nicht, denn Gott ist Liebe. Es soll also nach der Lehre Johannis ein Jeder, der mit Gott vereinigt sein will, und aus Gott geboren sein, und Ihn kennen soll, in einer Aehnlichkeit mit Gott stehen; wie sich denn freilich nie zwei Dinge, die einander zuwider sind, mit einander vereinigen lassen, und ein jedes Kind mit seinem Vater eine Aehnlichkeit hat, und wer einen Andern kennen soll, etwas von demjenigen, das der Andere ist oder hat, in sich haben und in sich empfinden muß. Nun ist Gott Liebe. Darum sollen wir in der Liebe leben und bleiben, damit wir in Gott bleiben, und ER in uns. Sind wir aus Gott geboren, so hat Er uns gewißlich durch die Wiedergeburt die Liebe als Sein Bild eingeprägt, und wenn wir die Liebe, die von Gott ist, und 1 Kor. 13. nach ihren verschiedenen Erweisungen, ihrer ewigen Dauer und ihrem hohen Werth beschrieben wird, in uns empfinden, so kennen wir Gott, und wissen einigermaßen, was der Name Liebe bedeute, den Johannes Ihm beilegt. Wenn Paulus von der Rechtfertigung und Begnadigung des Sünders handelt, so weiset er uns auf nichts als den Glauben. Er lehrt aber auch, daß, wenn wir gerechtfertigt werden, die Liebe Gottes in unsern Herzen durch den uns gegebenen Heiligen Geist ausgegossen werde, Röm. 5,5. Nun kann es nicht anders sein, als daß diese ausgegossene Liebe Gottes eine Verwandlung in uns wirke, und eine Liebe, deren Ursprung Gott selber ist, in uns anrichte: da dann ein Jeder, so lange er in dieser Liebe bleibt, seinen Gnadenstand behält, und die Gemeinschaft mit Gott behauptet. Wenn Gott in uns ist, so ist die Liebe in uns: und wenn wir in Gott sind, so sind wir in der Liebe. Die Gemeinschaft mit Gott kann also ohne die Liebe nicht gedacht werden. Die erste Liebe verlassen, ist also eine gefährliche Sache, und ganz aus der Liebe verrückt werden, und in Grimm, Neid, Bitterkeit, falschen und tödtenden Eifer und Unbarmherzigkeit hinein gerathen, ist ein gewisses Zeichen, daß man vom Licht in die Finsterniß, vom Leben in den Tod zurückgefallen, und von der Gemeinschaft mit Gott ganz abgekommen sei. Lasset uns also in der Liebe bleiben, damit Gott in uns bleibe, und wir in Gott.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Singet Gott, denn Gott ist Liebe; Liebe, die da ewig währt.
Singt durch Seines Geistes Triebe, Wer es an sich selbst erfährt.
Wenn Gott läßt den Eifer brennen, Brennt er bis zur Hölle Grund;
Nun Er sich läßt Liebe nennen, Wird es allen Himmeln kund.
2.
Liebe, die Er im Erkenntniß Seines Sohnes uns bezeugt;
Liebe, welche das Verständniß Aller Menschen übersteigt.
Du bist breit: ob allen Kindern; Du währst lang: auf alle Zeit;
Du reichst tief: zu armen Sündern; Du führst hoch: zur Herrlichkeit.
3.
Liebe, die mein Herz darf glauben, Ob sie mein Verstand nicht faßt,
Laß den Feind mich Dir nicht rauben, Der uns als Geliebte haßt.
Liebe, laß es mir gelingen, Dich zu kennen, wie Du bist;
Liebe, lehr’ mich ewig singen, Daß Gott Lobes würdig ist!
20. Februar. Abend-Andacht.
So seid nun wacker allezeit und betet.
Luk. 21,36.
Wenn der HErr Jesus von einbrechenden Gerichten Gottes, und insonderheit vom jüngsten Gericht redete, so gebot Er das Wachen, und setzte zuweilen auch das Gebot zu beten hinzu. Luk. 21,36. sagte Er: so wachet nun und betet zu aller Zeit, auf daß ihr würdig werden möget zu entfliehen diesem Allem, das geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn. Christen sollen Schüler des HErrn Jesu sein; denn Er sagt: kommet her zu Mir – lernet von Mir, Matth. 11,28.29. Wer will aber schlafende Zuhörer etwas lehren? wer will ihnen etwas offenbaren? Christen sollen aus der Fülle Jesu Gnade um Gnade nehmen; es soll ihnen allerlei göttliche Kraft, was zum Leben und göttlichen Wandel dient, geschenkt werden. Wer aber schläft, das ist, sicher, sorglos, leichtsinnig ist, nimmt nichts aus der Fülle Jesu, ihm kann nichts von Gott geschenkt werden. Christen sollen mit Geduld laufen in dem Kampf, der ihnen verordnet ist, und Ueberwinder sein: ein Schlafender kann aber weder laufen, noch kämpfen, noch überwinden. Er bleibt liegen, wo er ist, und kommt nicht weiter, und wird überwunden, wenn ihn eine Versuchung überfällt. Christen sollen Knechte und Mägde Jesu Christi sein, Seinen Willen thun, und mit ihren Pfunden oder Gaben wuchern, und für ihren HErrn etwas gewinnen: dazu schickt sich aber das Schlafen nicht, wie man leicht erkennen kann. Christen sollen glauben, lieben, hoffen, beten, der Heiligung nachjagen, auf ihren HErrn warten u.s.w.: dazu ist aber eine rege Munterkeit, ein steter Fleiß, eine genaue Beobachtung und Prüfung dessen, was innerlich in ihnen vorgeht, und äußerlich ihnen begegnet, nöthig. Was man hat, muß man bewahren, damit man noch mehr bekomme; die empfangenen geistlichen Kräfte muß man brauchen und anwenden zum Dienst Gottes, weil sie dazu gegeben sind; und auf die Versuchungen, die mannigfaltig sind, täglich vorkommen, und nach dem Alter und nach andern Umständen sich verändern und neue Gestalten bekommen, muß man Achtung geben, damit man nicht von ihnen überwältigt werde, und an seiner Seele Schaden leide. Bei dem Wachen aber soll man zu jeder Zeit beten, und darin nicht laß werden. Luk. 18,1. Das Beten erhält den Christen in der Wachsamkeit, und die Wachsamkeit bewahrt die Kraft zum Beten. Beten sollen wir, obgleich Gott für Sich selbst weiß, was gut ist, und bereitwillig ist, alles Gute zu thun und zu geben: wir sollen Ihn aber mit Beten ehren, weil Er’s haben will, und Seinem gnädigen Willen mit unserm Bitten begegnen. Wir sollen beten, weil Vieles, das uns heilsam ist, nicht geschähe, und wir Vieles nicht empfingen, wenn wir nicht beteten.
Nicht nur die gegenwärtigen Versuchungen erfordern das Wachen und Beten, sondern auch die zukünftigen Begegnisse. Der HErr Jesus hatte Luk. 21. von der Zerstörung Jerusalems und von Seiner Zukunft zum jüngsten Gericht geredet, und wer jene erlebte, mußte bereitwillig sein, Hab und Gut zu verlieren, ein geliebtes Vaterland zu verlassen, und dem jämmerlichsten Untergang vieler Landsleute und Anverwandten zuzusehen. Wer nun vorher nicht gewacht und fleißig gebetet hatte, war nicht tüchtig, sich in dieses Alles zu schicken, gab den Verführern, die fälschlich von Glück und Sieg weissagten, Gehör, nahm an dem Aufruhr der Juden Antheil, und wurde dem Weib des Lot ähnlich, welche mit ihrem Herzen an ihren Gütern und Freuden hing, dem Teufel, der ihr das Wort Gottes vom Herzen wegnahm, Raum gab, still stand, und von der Strafe Sodoms ergriffen wurde.
Mel.: Werde munter, mein Gemüthe.
1.
Kinder Gottes, laßt uns beten, Denn der HErr befiehlt es uns,
Und Sein Geist will uns vertreten Bei der Schwachheit unsers Thuns.
Fleh’n nur zwei nach Seinem Sinn, Ist Er selbst doch mitten inn’,
Und es soll gewiß das Flehen Niemals unerhört geschehen.
2.
Jesu, stärke uns den Glauben; Vater, gib uns Christi Geist;
Laß uns nicht des Worts berauben, Das ein Wort des Lebens heißt;
In dem Kämpfen gib Geduld, In der Welt Haß Deine Huld,
In Versuchung Schild und Waffen, Und Erlösung in den Strafen.
3.
Wächst schon Noth und Drangsal täglich, Mach uns nur vom Argen frei,
Und die Hoffnung unbeweglich, Daß der Himmel unser sei;
Laß nur uns’re Kleider rein In dem Blut des Lammes sein;
Daß wir uns gewürdigt sehen, Vor des Menschen Sohn zu stehen.
21. Februar. Morgen-Andacht.
Christus ist uns von Gott gemacht zur Erlösung.
1 Kor. 1,30.
Adam und Eva wurden durch die Lüsternheit nach einer hohen Weisheit zum Essen von dem verbotenen Baum verleitet, und verfielen dadurch in die größte Thorheit. Sie verloren zugleich ihre Gerechtigkeit vor Gott, und ihre Unschuld und Heiligkeit, und zogen sich und ihren Nachkommen vieles Leiden, ja den Tod zu. Christus ist uns hingegen von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung gemacht, damit wir Alles durch Ihn überschwenglich bekommen möchten, was wir in Adam verloren haben. Was nun die Erlösung anbelangt, so hat sie ihren Bezug auf Feinde, die uns gefangen halten, und auf die Noth, die uns drückt und bevorsteht. Der Satan ist der gefährlichste, mächtigste und grimmigste Widersacher der Menschen. Er hält sie gefangen, so lang sie seinen Willen gern thun, und widersteht ihnen, wenn sie sich zu Jesu wenden, und Ihm dienen wollen. Es gibt Leute, denen er wider ihren Willen unzüchtige, zweifelhafte, ja gotteslästerliche Gedanken gibt. Gegen dieses Alles ist kein Hülfsmittel als dieses, daß ein Mensch den Gedanken fest fasse: Christus ist mir von Gott zur Erlösung gemacht, oder ich bin erlöst durch Christum, daß ich keiner fremden Gewalt mehr unterworfen sein, sondern Ihm leben, Ihm dienen, und ewiglich Sein eigen sein soll. Wer dieses glaubt, entrinnt dem Satan, und wird von seiner Obermacht befreit. Gesetzt, daß man auch bei diesem Glauben seine Anfälle noch eine Zeit lang leiden müßte, so könnte man doch dabei getrost und ruhig sein. Sie müssen dem Glaubenden zum Besten dienen, und der Teufel kann, ob er schon wie ein brüllender Löwe umhergeht, den, der da glaubt, niemals verschlingen. Hat ein Christ Feinde unter den Menschen, so glaube er: Christus ist mir von Gott zur Erlösung gemacht; Er wird mich also bewahren, daß ich nicht zu Schanden werde, und meine Feinde sich nicht über mich freuen können. Er wird nicht zugeben, daß Stolze über mich herrschen, und mich zur Theilnehmung an ihren Missethaten hinreißen. Er wird mich nicht in den Willen meiner Feinde hingeben, Seine Hand über mir halten, Seinen Liebesrath an mir erfüllen, und mir Alles zum Besten dienen lassen; denn ich bin erlöst, und wegen dieser Erlösung Sein Eigenthum. Ebenso stehe ein Christ im Glauben an die geschehene Erlösung fest gegen alle Noth, welche ängsten, drücken, quälen kann, gegen alle Schrecken, welche der Tod und die Hölle verursachen können. Er ist von Christo erlöst, darum soll er nicht unterdrückt und verschlungen werden. Er soll also nirgends verzagen, nichts Gegenwärtiges und Zukünftiges ängstlich fürchten. Er soll sich befleißigen, Paulo seinen triumphirenden Glaubensruhm nachzusprechen, der Röm. 8,31-39. steht; denn Paulus bauet diesen Ruhm nicht auf seine Apostolischen Vorrechte, sondern auf die Erlösung, die durch Christum geschehen ist, und alle Menschen angeht. Auch soll er am Ende seines Lebens mit Paulo sprechen lernen: der HErr wird mich erlösen von allem Uebel, und mir aushelfen zu Seinem himmlischen Reich. Ihm sei Ehre in Ewigkeit.
Lasset uns die Anfechtungen, welche zu unserer Bewährung über uns kommen, im Glauben dulden. Am Ende werden wir fröhlich sagen können: aus allen hat mich der HErr erlöset.
Mel.: Ach, was sind wir ohne Jesu.
1.
Christus ist uns zur Erlösung Von dem Vater selbst gemacht.
Das hat Adam in Entblößung Und die Schlange nicht gedacht.
Aber Christus hat durch Wunden Ewige Erlösung funden.
2.
Die wir aus den Ketten kommen, Sind nun wie die Träumende.
Wir, ein Raub dem Tod genommen? Wir, ein Brand vom Feuersee?
Daß es wahr, und wie’s geschehen, Kann man glauben, nicht verstehen.
3.
Freier Mund, du sollst voll Lachen, Zunge, du voll Rühmens sein.
Stimmt, das Rühmen groß zu machen, Mit dem Ruhm der Andern ein.
In dem Himmel wird er größer: Jesus Christus sei Erlöser.
21. Februar. Abend-Andacht.
Wir sollen lauter und unanstößig sein, bis auf den Tag Christi, erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum geschehen in uns zur Ehre und Lob Gottes.
Phil. 1,10.11.
Auf den Tag Christi kommt Alles an. Wer an demselben rechtschaffen erfunden wird, und ein gutes Urtheil bekommt, dessen Glück ist auf die unendliche Ewigkeit hinaus befestigt. Der Todestag entscheidet zwar auch schon Vieles: doch ist der Ausschlag, den es an demselben in Ansehung der Seligkeit und Verdammniß gibt, nicht so vollständig, als derjenige, den der jüngste Tag mit sich führen wird, weil an demselben der ganze Mensch sein ganzes Urtheil und Loos bekommen wird. Wir sollen aber bis auf den Tag Christi lauter sein in Ansehung unserer selber, und unanstößig in Ansehung anderer Personen und Sachen. Die Lauterkeit ist der Falschheit des Geistes (Ps. 32,2.), oder dem Rath des Herzens (1 Kor. 4,5.), nach welchem der Mensch sich selber lebt, und Alles um sein selbst, und nicht um Gottes willen thut, entgegengesetzt. Wer einen wahren Glauben und eine aufrichtige Liebe gegen Gott und den Nächsten hat, ist lauter. Dabei soll ein Christ unanstößig sein, daß er selber nicht anstoße, und aus seiner Schuld Andere nicht an ihm anstoßen. Wer selber nicht anstoßet, hat gegen Gott und Menschen ein unanstößiges Gewissen, Apost. Gesch. 24,16., weil er weder von den Werken Gottes noch von den Werken der Menschen Anlaß nimmt, aus Unzufriedenheit, Ungeduld, Haß, Neid, Zorn wider sein Gewissen zu sündigen. Dabei soll er auch, so viel an ihm ist, verhüten, daß Andere nicht an ihm zum Schaden ihrer Seele anstoßen oder sich ärgern, wie denn Paulus 1 Kor. 10,32. die Korinther ermahnt, sie sollen sich in Ansehung der Gastmahle und anderer Dinge so verhalten, daß sie weder den Juden, noch den Griechen, noch der Gemeinde Gottes anstößig seien, oder daß weder Juden, noch Heiden, noch Christen sich an ihnen ärgern müssen, oder durch sie zu sündlichen Urtheilen und Werken verleitet werden. Ein Christ soll aber auch mit der Gerechtigkeitsfrucht erfüllt sein durch Jesum Christ zur Ehre und Lob Gottes. Wer durch Jesum Christ ein Gerechter geworden ist, kann ein guter Baum genannt werden. Dieser gute Baum hat aber einen guten Saft, nämlich den Heiligen Geist, welcher ihm auch durch Jesum Christ, das ist um Seines Verdienstes und um Seiner Fürbitte willen, gegeben worden ist. Durch den Trieb dieses Heiligen Geistes kommt bei ihm eine Gerechtigkeitsfrucht hervor, welche Gal. 5,22. eine Frucht des Geistes genannt wird, weil ein jeder Gerechter auch ein geistlicher Mensch ist. Mit der Gerechtigkeitsfrucht soll er als ein guter Baum reichlich erfüllt sein. Es wird hiemit erstlich angezeigt, daß die Frucht des Geistes oder der Gerechtigkeit nach allen Gattungen derselben bei einem Christen vorhanden sein müsse: wie denn zwar an einem Christen eine oder die andere gute Eigenschaft vor andern völlig sein und in’s Gesicht fallen kann, doch aber auch alle anderen guten Eigenschaften ohne Ausnahme zugegen sein müssen, und z.B. Niemand ohne alle Liebe geduldig, und ohne alle Sanftmuth enthaltsam sein kann. Es soll aber auch eine jede Gattung dieser Frucht immer völliger werden, und gleichsam immer mehr erstarken. Der Glaube soll wachsen, die Liebe zunehmen, 2 Thess. 1,3., die Geduld groß werden, 2 Kor. 6,4. u.s.w.
Mel.: Mache dich, mein Geist etc.
1.
Pflanzen der Gerechtigkeit Müssen reichlich tragen;
Denn Gott wird zu seiner Zeit Nach den Früchten fragen;
Ist die Frucht, Die Er sucht, Nicht am Baum zu schauen,
Wird er abgehauen.
2.
Bloße Früchte der Natur Sind nur faule Früchten;
Denn ein böses Herz kann nur Böses thun und dichten;
In das Licht Taugt es nicht, Aber zum Verbrennen
Wird es Gott erkennen.
3.
Nur durch Jesum Christum soll Alles dieß geschehen,
Daß die guten Bäume voll Guter Früchte stehen.
Was durch Ihn Ich nicht bin, Das hält keine Probe,
Ist nicht Gott zum Lobe.
4.
Jesu, mache mich mit Dir Inniglich verbunden;
Denn da wird gewiß an mir Auch die Frucht gefunden;
Mach’ mich rein, Daß ich fein Viele Früchte trage
Bis zu Deinem Tage.
5.
Also wird Gott Preis und Ruhm Einst von Seinen Gaben
Auch an mir, dem Eigenthum Seines Sohnes, haben,
Wenn alsdann Ich auch kann In der neuen Erden
Eingesetzet werden.
22. Februar. Morgen-Andacht.
So uns unser Herz verdammt, so ist Gott größer als unser Herz, und erkennet alle Dinge.
1 Joh. 3,20.
Ein wiedergeborner Christ soll nicht sündigen, sondern wandeln, wie Jesus auf Erden gewandelt hat. Er soll sich bewahren, daß ihn der Arge nicht antaste, er soll im Licht, in der Liebe und in der Wahrheit wandeln, die Gebote Gottes halten, und thun, was vor Ihm gefällig ist: wie Johannes in seinem ersten Brief ausführlich und nachdrücklich lehrt. Und wenn er dieses thut, so verdammt ihn sein Herz nicht, und er hat eine Freudigkeit oder volle Zuversicht zu Gott, und was er mit dieser Zuversicht bittet, wird er von Ihm empfangen. 1 Joh. 3,21.22. Wie aber? Wenn er sündiget? Wenn er von einem Fehl übereilt wird? Was entsteht daraus? Sein Herz verdammt ihn alsdann, seine Zuversicht wird geschwächt, er kann nicht mehr so, wie vorher, beten. Soll er aber alsdann Alles aufgeben? Soll er sich für verloren achten? Oder wenigstens seine Bekehrung von vorne anfangen? Mit nichten. Johannes sagt 1 Joh. 2,1.2.: meine Kindlein, Solches schreibe ich euch, auf daß ihr nicht sündiget, und ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christ, der gerecht ist. Und derselbige ist die Versühnung für unsere Sünden, nicht allein für die unseren, sondern auch für der ganzen Welt Sünden. 1. Joh. 3,20. aber sagt er: so uns unser Herz verdammt, so ist Gott größer als unser Herz, und erkennet alle Dinge. Was für ein Trost in diesen Worten liege, hat ein sel. Lehrer, nämlich Philipp David Burk, in seinem Buch von der Rechtfertigung (1 Th. § 167., S. 192. 193.) deutlich und lebhaft angezeigt. „Du sprichst, schreibt er, ich zweifle nicht eben an Gott, und dem, was Er Seinerseits zu thun hat: aber mein eigen Herz verdammt mich. Antwort: Gott ist größer, beständiger, edelmüthiger, als dein kleinmüthiges, veränderliches, enges Herz. Dieses bleibt so an einem einigen Stück, wo du es verfehlt hast, behangen und schlägt sich damit ohne Unterlaß. Aber Gott erkennet alle Dinge, und weiß nicht nur, wie du etwa, dein Elend, sondern auch deine Sehnsucht nach Seiner Hülfe: nicht nur dein ehemaliges und noch tägliches Versehen, sondern auch die schon geleistete Versühnung für dieselbe deine Sünden: nicht nur deine Verirrung, sondern auch deine Umkehr: nicht nur deine, sondern auch Seine Gedanken: nicht nur das Vergangene und Gegenwärtige, sondern auch das Zukünftige: nicht nur deine Ungeschicklichkeit, sondern auch deiner Feinde Bosheit: nicht nur deine Armuth, sondern auch deinen Reichthum (Off. Joh. 2,9.): nicht nur deines Herzens besondere Unart, sondern auch der Zeiten, in welchen du lebest, allgemeine Verdorbenheit, und der Versuchungen, womit du umfangen bist, besondere Macht aus dem Reich der Finsterniß; kurz: nicht nur Eins und das Andere, sondern Alles: und dieß Alles nicht nur so obenhin, von der Seite her, die dir zur Beschuldigung werden mag, sondern gründlich, zumal von allen Seiten, und auf das Allergenaueste, und heute wie gestern und ehegestern, und morgen wie heute.! Diese Wahrheit soll dazu dienen, daß der Sünder, den sein Herz verdammt, sich nicht in einem unglaubigen Unmuth herumwälze, sondern eilend durch Christum zu dem großen Gott nahe, und bei Ihm so lange um Gnade bitte, bis eine neue Freimüthigkeit gegen Ihn und ein neuer Friede in dem Herzen entsteht, und er wieder im völligen Glauben und als los vom bösen Gewissen vor Gott wandeln und Ihn anrufen kann.
Mel.: Ach, was sind wir ohne Jesu.
1.
Gott, Du prüfest uns’re Herzen, Besser kennst Du uns, als wir.
Heuchler wollen mit Dir scherzen, Aber wie gelingt’s vor Dir?
Vor den Flammen Deiner Augen Kann nicht List noch Farbe taugen.
2.
Alles muß sich vor Dir schämen; Denn das Herz zeugt wider uns.
Dennoch darf ich mich nicht grämen Bei dem Anblick meines Thuns.
Denn Du, großer Gott, bist größer, Und vergibst uns im Erlöser.
3.
Deiner Gnade soll man danken, Daß Du unser Elend weiß’st,
Und erbarmest Dich der Kranken, Denen Du noch Trost verheiß’st,
Wenn Dein Aug’ das Fünklein findet, Das Dein Geist da angezündet.
4.
Du erkennest alle Dinge, Siehst auch meinem Herzen zu
Wie es Dir im Glauben singe; Denn was gut ist, schaffest Du.
Ist ein Fehl an meinen allen, Laß Dein Werk dir wohlgefallen.
22. Februar. Abend-Andacht.
Gott stäupet einen jeglichen Sohn, den Er aufnimmt.
Hebr. 12,6.
Der Apostel führt hier Worte des Königs Salomo an, welche Sprüchw. 3,11.12. stehen. Mein Kind, mein Sohn, sagt der Geist des Herrn durch Salomo und den Apostel zu einem Jeglichen unter ihnen. Dieses Kind oder dieser Sohn wird gewarnt, die Züchtigung des HErrn nicht zu verwerfen, oder gering zu achten, wie man etwas Ungereimtes oder Unbilliges verwirft oder gering achtet. Wenn nämlich die Menschen gehört haben, daß Gott Liebe sei, und Vater heiße, und Seine Güte ewig währe, und wenn sie überdieß von ihrer eigenen Frömmigkeit eine allzugute Meinung haben: so kann es gar leicht geschehen, daß sie die Züchtigung des HErrn, die ihnen widerfährt, als etwas, das mit der Liebe und Gerechtigkeit streite, verwerfen, oder daß sie dieselbe als etwas, das unnöthig oder unbillig sei, gering achten. Vor diesem Trotz, welcher die Ehre Gottes geradzu antastet, werden wir von Salomo und dem Apostel gewarnt. Sie versichern uns, daß der HErr denjenigen liebe, den Er züchtige, und denjenigen in Seine gnädige Vorsorge aufnehme, den Er stäupe. Sie lassen’s also so gar nicht gelten, daß die Züchtigung der Liebe entgegen stehe, daß sie dieselbe vielmehr als ein Zeichen der Liebe vorstellen. Wer dieses nicht glauben kann, halte eine Zeit lang mit seinen Gedanken und Reden inne, bis ihm das Licht besser aufgeht, und ihm insonderheit der Nutzen der Züchtigungen, worauf die heil. Schrift sehr oft weiset, vor’s Gesicht kommt.
Es gibt aber auch noch eine andere Unart des menschlichen Herzens, welche sich unter den Züchtigungen des HErrn offenbart. Wenn dem Menschen seine Sünden dabei aufgedeckt werden, und er sich vieler Vergehen schuldig achten muß, so siehet er die Züchtigungen nur nach dem Gesetz, und nicht auch nach dem Evangelium an. Er denkt: was mir widerfährt, habe ich mit meinen Sünden verdient; und denkt hierin recht. Der Unglaube aber gehet weiter, und sagt: nun bricht der Zorn Gottes über mich aus, nun wird mir’s auf’s Härteste gehen, nun wird Gott nicht nachlassen, bis Er mich ganz vertilgt und verderbt hat. Diesem Unglauben wollen Salomo und die Apostel steuern, indem sie zu dem gezüchtigten Menschen sagen: sei nicht ungeduldig, verzage nicht. sie versichern dabei, der Grund der Züchtigung sei kein verdammender Zorn, sondern Liebe, und es sei dabei nicht auf’s Vertilgen und Verderben, sondern auf die Aufnahme in das Leben, auf die Heiligung, und auf einen Nutzen, den man bei dem Genuß des Friedens Gottes spüren soll, angesehen, s. Hebr. 12,9.10.11. Ja sie bezeugen, das Verhältniß, das zwischen Gott und dem gezüchtigten Menschen ist, sei nicht dasjenige, das zwischen einem Richter und einem Uebelthäter, der verdammt und den Peinigern übergeben wird, sondern dasjenige, das zwischen einem Vater und seinem Sohn ist. folglich dürfe man zwar unter den Schmerzen, welche die Züchtigung verursacht, klagen, weinen, bitten: hingegen sei der Unglaube, welcher verzagen, fliehen, und das Aeußerste befürchten will, ganz unschicklich. Gott lehre uns durch Seinen Geist Seine Züchtigungen recht beurtheilen, und mit einem demüthigen Glauben annehmen, so wird die Frucht derselben bei uns herrlich sein.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu etc.
1.
Der Unchrist leidet, weil er muß, Der Christ nach Gottes Willen;
Wenn jener murret vor Verdruß, Weiß der sein Herz zu stillen;
Dort häuft man bei der Straf’ die Schuld; Hie weint man kindlich in Geduld,
Weil uns der Vater züchtigt.
2.
Ach Gott und Vater unsers HErrn, Soll ich zum Leiden gehen,
Gib, daß ich auch so beten lern: Dein Wille soll geschehen;
Er bat und nahm den Kelch doch an, Ward bis zum Tod Dir unterthan,
Ja bis zum Tod am Kreuze.
3.
Der Uebermuth bleibt hart und frei, Schlägst Du gleich bis zum Blute;
Der Unmuth wird verzagt und scheu Bei der empfund’nen Ruthe;
Ein willig Kind, wenn Du es stäupst, Denkt, daß Du Vater bist und bleibst,
Der uns zum Besten schläget.
4.
Den wilden Bastard stoßt man aus; Was kann man an ihm ziehen?
Der Erbe aber in dem Haus Darf nicht die Ruthe fliehen.
Ach, bilde mich nach Christi Sinn, Daß wenn ich gern gezüchtigt bin,
Ich auch mit Ihm darf erben!
23. Februar. Morgen-Andacht.
Ihn (Jesum, den Sohn Gottes) sollen alle Engel Gottes anbeten.
Hebr. 1,6.
Betet Ihn an alle Götter, sagte der Heilige Geist Ps. 97,7. von dem erstgebornen Sohn Gottes, und diese Worte werden Hebr. 1,6. so angeführt: es sollen Ihn alle Engel Gottes anbeten. Götter sind alle hohen und mächtigen Wesen; dergleichen aber sind auf Erden die Regenten, und im Himmel die Engel. Alle solche Götter sollen den Sohn Gottes anbeten, folglich auch die Engel. Der Sohn Gottes wird aber bei diesem göttlichen Befehl der Erstgeborne genannt, und hat diesen Namen deßwegen, weil Seine menschliche Natur das erste oder höchste unter allen erschaffenen Wesen ist. Das wesentliche Wort, welches Gott ist, wurde vom Anfang der Welt von den Engeln angebetet: hernach aber erging der Befehl Gottes an sie, daß sie auch Christum Jesum, den Erstgebornen unter Allem, was Gott erschaffen hat, der zugleich Gott über Alles gelobet in Ewigkeit ist, anbeten sollen. Sie thaten es auch ohne Zweifel bald nach Seiner Geburt von der Maria, und hernach immer, so lange Er in der Niedrigkeit lebte. Eine feierliche Anbetung, die dem erhöheten Jesu von den Engeln geleistet wurde, vernahm Johannes, da er auf der Insel Patmos im Geist war; denn er hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron Gottes, und um die Thiere und um die Aeltesten her, und ihre Zahl war viel tausendmal tausend, die sprachen mit großer Stimme: das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig zu nehmen Gewalt und Reichthum und Weisheit und Stärke, und Ehre und Herrlichkeit und Lob. Offenb. Joh. 5,11.12. Man vergleiche diesen Lobspruch mit demjenigen, den alle Engel Offenb. Joh. 7,11.12. ihrem Gott zurufen, so wird man wahrnehmen, daß sie auch das Lamm als ihren Gott und HErrn gepriesen haben, weil beiderseits fast einerlei Worte vorkommen.
Die Ursache, warum alle Engel Jesum als ihren HErrn anbeten, ist diese, daß derselben einen viel höhern Namen vor ihnen ererbet hat. Sie selber sind Geister und Feuerflammen. Bei ihrem geistigen und feurigen Wesen, welches sehr vortrefflich ist, bleiben sie immer Diener Gottes, und werden als solche von Ihm ausgesandt, um eine Bedienung auszurichten wegen derjenigen Menschen, welche die Seligkeit ererben sollen. Hebr. 1,7.14. Keiner von ihnen heißt der Sohn Gottes. Aber zu Jesu hat der Vater gesagt: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeuget. Wir arme und durch Jesu Blut erlöste und zu Seinem Eigenthum erkaufte Menschen sollen uns gern und täglich in der Anbetung Jesu mit den Engeln vereinigen. Es kann und soll aber in unsere Anbetung etwas einfließen, das bei den Engeln nicht stattfindet: wir können und sollen Ihm nämlich demüthig danken, daß Er uns erlöst und erkauft habe, und unser Fürsprecher bei dem Vater sei, und Sich nicht schäme, uns Seine Brüder zu heißen. Er ist das Haupt Seiner Kirche, die Sein Leib ist. In Ihm wohnet alle Fülle, das ist der ganze Reichthum und Ueberfluß göttlicher Kräfte, damit auch wir, die wir von Natur arm und leer sind, aus Ihm und durch Ihn mit aller Gottes-Fülle erfüllt werden können. Ihm sollen wir uns ganz aufopfern, Ihm leben und sterben. Ihn preise unser Herz und Mund, so lange wir wallen, und wenn wir bei Ihm daheim sein werden, so werden wir Ihn ohne Ende lieben, loben und anbeten.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
HErr Jesu, Du bist König, Dem Alles unterthänig, Den Alles ehren muß.
Du herrschest aller Enden, Hältst Schafe in den Händen, Und Böcke unter Deinem Fuß.
2.
Dir ist nichts gleich zu achten, Dich beten alle Machten, Im Himmel selber an.
Was wir Geschöpfe nennen, Muß Dich als HErrn erkennen, Dir hat’s der Vater unterthan.
3.
Knie’t vor Ihm, die ihr glaubet, Auch euch hat Gott erlaubet Ein Recht vor Seinem Thron.
Wir sind des Fluchs entladen, Kommt zu dem Thron der Gnaden, Und betet freudig an den Sohn.
4.
Hie lieg’ ich auch, ich Armer, Mein König, mein Erbarmer, Und bete an vor Dir.
Du kannst und willst mir geben; Ich bitte um mein Leben, Und um Dein Reich, so hilf Du mir!
23. Februar. Abend-Andacht.
Der in euch angefangen hat das gute Werk, Der wird es auch vollführen bis auf den Tag Jesu Christi.
Phil. 1,6.
Es gibt ein Werk Gottes, welches in dem Menschen, der erschaffen und erlöst ist, einmal seinen Anfang nimmt. Gott fängt nämlich in der Seele an zu wirken, und dringt mit Seiner Wirkung in die Tiefe derselben, welche Andern unergründlich ist, hinein: von da aus bricht sie auch auswärts hervor, und der ganze Mensch wird verändert. Gott fängt an zu wirken, ehe der Mensch Ihn sucht und bittet. Wenn aber Gott angefangen hat, so kann der Mensch Ihn auch bitten und suchen. Er kann im Wort Gottes mit einigem Licht forschen, er kann beten, enthaltsam sein und Gutes thun, und wenn er dieses treulich thut, so haben die Wirkungen Gottes ihren Fortgang, und der Mensch empfindet und empfängt täglich etwas neues, wobei er wieder eine neue Treue zu beweisen hat. Weil aber Gott zwar mit der überschwenglichen Größe Seiner Kraft wirket, dabei aber sachte verfährt, und den Bewegungen des menschlichen Willens Raum läßt, so kann der Mensch Ihm auch widerstreben, Ap. Gesch. 7,51. Gleichwie nämlich ein Mann, der ein Kind nicht schleppen, sondern führen will, geschehen läßt, daß das störrige Kind sich aus seiner starken Hand loswinde: also läßt Gott geschehen, daß der halsstarrige Mensch der überschwenglichen Größe Seiner Kraft widerstrebe, oder sich derselben entziehe, weil Er sie nicht auf eine gewaltsame Weise anwendet, sondern mit dem Menschen als einem vernünftigen und freiwilligen Geschöpf umgehen will. Wehe aber demjenigen, der sich Gottes Wirkung entziehet; denn S ein Werk ist ein gutes Werk.
Gott aber, der es anfängt, will es auch vollführen. Will Er’s aber vollführen, so will Er’s auch fortsetzen. Indem er’s aber fortsetzt, wirkt Er so mannigfaltig, so behend, so wunderbar, daß man’s nicht beschreiben kann. Ueberhaupt kann man sagen, daß Er tödte und lebendig mache, in die Hölle führe und wieder herausführe, daß Er betrübe und tröste, zerstöre und aufbaue, daß Er aus der Finsterniß das Licht mache, und Seine Kraft in der Schwachheit mächtig sei, daß Er den Menschen unterweise, zu Sich ziehe, und mit Sich vereinige, daß Er seine Seele immer völliger einnehme, mit Sich selber erfülle, und darin lebe, u.s.w. Wenn aber nun das Werk Gottes, welches unzählige Empfindungen und Erfahrungen in der Seele schafft, und sie auch zu unzähligen Proben der Anbetung und Treue sänftiglich antreibt, auf diese Weise seinen Fortgang hat, so wird es endlich auch vollführt oder vollendet bis auf den Tag Jesu Christi. Dieser Tag ist also der von Gott festgesetzte Termin dieser Vollendung. Vorher gibt es zwar Geister der vollendeten Gerechten: aber in Absicht auf den ganzen Menschen, wie auch auf den Gnadenlohn und das himmlische Erbe wird das Werk Gottes bis auf diesen Tag vollendet. Obschon die Seele eines Gerechten, wenn sie vom Leib geschieden ist, von der Sünde völlig frei sein kann, so wird doch der ganze Mensch nicht bälder als am Tag Jesu Christi der vollkommenen Herrlichkeit, die ihm Gott bereitet hat, theilhaftig werden.
Mel.: Zeuch ein zu Deinen Thoren.
1.
Du, Gott, hast’s angefangen, Das gute Werk in mir,
Mein erstes Heilsverlangen War, Vater, schon von Dir,
Das ganze Werk ist Dein, Du prüfest Herz und Nieren;
Du wirst es auch vollführen: Ich darf versichert sein.
2.
Du, HErr, hast’s angefangen, Du hast mich Gott versühnt,
Bist in den Tod gegangen, Hast mir im Blut gedient,
Dein Leben ist in mir; Du wirst es auch vollführen,
Du wirst mich nicht verlieren: Der Vater gab mich Dir.
3.
Du, Geist, hast’s angefangen, Den Glauben wirktest Du,
Ich kann an Jesu hangen, Du gibst mir Kraft dazu,
Das Abba lehrst Du mich, Du läß’st mich Freude spüren;
Du wirst es auch vollführen, Zum Pfande hab’ ich Dich.
4.
Hast Du es angefangen, Mein Gott, so führ’ es fort;
So bringt die List der Schlangen Mich nicht von Deinem Wort,
Worauf ich’s glaubig wag’. Ja, ja, Du wirst’s vollenden;
Ich bin in Deinen Händen Bis an den jüngsten Tag!
24. Februar. Morgen-Andacht.
Derselbige Geist wird Mich verklären.
Joh. 16,14.
Als es an dem war, daß der HErr Jesus die Welt verlassen und zum Vater gehen wollte, so bat Er Seinen Vater, Joh. 17,5.: verkläre Du Mich, Vater, bei Dir selbst, mit der Klarheit, die Ich bei Dir hatte, ehe die Welt war. Vorher aber weissagte Er von dem Geist der Wahrheit, daß Er kommen und Ihn verklären werde. Joh. 16,13.14. Jene Verklärung bei dem Vater hatte ihren Bezug allein auf Seine menschliche Natur, und war dem Stand Seiner Erniedrigung entgegengesetzt: diejenige Verklärung aber, von welcher Christus Joh. 16,14. geredet hat, und welche ein Werk des Heiligen Geistes ist, geschieht in den Herzen der Menschen, die der Heilige Geist erleuchtet und tüchtig macht, Jesum zu erkennen und anzubeten. Sie ist also der Unwissenheit und dem Unglauben der Menschen entgegengesetzt, und bezieht sich auf Christum, insofern Er Gott und Mensch ist. Er selbst sagte Joh. 17,4. zu Seinem Vater: Ich habe Dich verkläret auf Erden, und erläuterte diese Worte V. 6. so, daß Er sagte: Ich habe Deinen Namen offenbaret den Menschen, die Du Mir von der Welt gegeben hast. Auf eben diese Weise verkläret Ihn der Heilige Geist nach Seinem Hingang zum Vater. So lange Er auf Erden war, sagte Er nie geradezu: Ich bin Gott, weil ein solcher Ausspruch Seinem damaligen Stand nicht gemäß war: auch redete Er nur kurz, sparsam, und zuweilen mit verblümten Worten von dem Nutzen Seines Leidens und Todes. Doch handelte und redete Er als Gott. Er übte über die Geschöpfe die höchste Gewalt aus, Er versprach, was nur Gott versprechen kann, Er gebot, was nur Gott gebieten kann, Er redete von Sich als dem eingebornen Sohn Gottes, Er gab auch immer zu verstehen, daß man allein durch Ihn als den Mittler selig werden könne. Bei diesem Allem blieb noch viel Dunkelheit in den Herzen der Menschen übrig, wie man’s auch an den Apostel wahrnehmen kann, welche doch die verständigsten unter Seinen Zuhörern waren. Der HErr Jesus sagte auch selber Joh. 16,12. zu ihnen: Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnet’s jetzt nicht tragen, setzte aber hinzu: wenn aber Jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten – derselbige wird Mich verklären, das ist: derselbige wird euch die völlige Erkenntniß Meiner schenken, deren ein Mensch auf Erden fähig sein kann. Wir können auch wahrnehmen, daß diese Verheißung an den Aposteln erfüllt worden sei, und daß deßwegen in ihren Schriften von der Person und dem Mittleramt Jesu viel deutlicher geredet sei, als der HErr Jesus selbst wegen der Schwachheit seiner Zuhörer hat reden können.
Doch sollen wir nicht meinen, daß die Verklärung Jesu durch den Geist der Wahrheit nur den Aposteln verheißen worden sei. Bei ihrem Vorzug, den wir gern eingestehen, haben sie selber gezeugt, daß wer selig werden wolle, Jesum Christum erkennen und an Ihn glauben solle. Sie haben aber auch gelehrt, daß dieser Glaube nicht durch vernünftige Worte einer menschlichen Weisheit, sondern durch den Geist der Wahrheit vermittelst des Evangelii hervorgebracht werde. Wir wollen also den himmlischen Vater bitten, daß Er Seinen Sohn durch Seinen Geist noch mehr in uns offenbare und verkläre; wir wollen auch den Sohn Gottes, Jesum Christum, bitten, daß Er den Vater noch mehr in uns offenbare und verkläre, wozu Er Sich selbst Joh. 17,1. anheischig gemacht hat.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr.
1.
Du Geist des Vaters, der den Sohn In unserm Geist verkläret,
Am Kreuz als todt, und auf dem Thron, Wie Ihn der Himmel ehret:
Dir sei auf ewig Dank für dieß; Denn sonst tappt in der Finsterniß,
Wer dieses Licht nicht siehet.
2.
Wie wird uns da sein Wort so wahr, Worin das Heil zu finden!
Wie wird uns da Sein Blut so klar Zur Reinigung von Sünden!
Der ganze Jesus wird uns groß, Wie Er kam aus des Vaters Schooß,
Und nun zur Rechten sitzet.
3.
Vom Geist kommt die Erleuchtung her, Er schafft des Glaubens Auge,
Daß dieser Jesum mehr und mehr Recht groß zu preisen tauge.
Glaubt man Ihn groß im dunkeln Wort, Wie groß und herrlich wird man dort
Ihn in Person selbst schauen!
24. Februar. Abend-Andacht.
Wie ein Fallstrick wird der jüngste Tag kommen über Alle, die auf Erden wohnen.
Luk. 21,35.
Und wie ein Dieb in der Nacht wird des HErrn Tag kommen, 2 Petr. 3,10. Und gleichwie der Blitz ausgehet vom Aufgang, und scheinet bis zum Niedergang: also wird auch sein die Zukunft des Menschensohns, Matth. 24,27. Diese Aussprüche lehren uns, daß die Zukunft des HErrn schnell und unvermuthet geschehen werde: schnell, wie das Leuchten eines Blitzes, unvermuthet, weil Sein Tag wie ein Fallstrick und wie ein Dieb in der Nacht kommen wird. Man mag also den jüngsten Tag ausrechnen, wie man will, und es mögen auch vor demselben an der Sonne und dem Mond und den Sternen, und an den Menschen selbst und an dem Meer die deutlichsten Zeichen geschehen: so wird doch der HErr zu einer Stunde kommen, da nicht nur die bösen Knechte sich’s nicht versehen, sondern da auch Seine Jünger und Liebhaber es nicht meinen werden. Matth. 24,50.44. Denn es werden alsdann nicht nur Spötter aufgestanden sein, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln, und geradezu der Lehre von dem Ende der Welt widersprechen werden, 2 Petr. 3,3.4.; da es dann an Leuten, die ihnen Gehör geben, nicht fehlen wird: sondern es wird auch sonst eine leichtsinnige Sicherheit auf Erden überhand genommen haben, wie bei den Leuten vor der Sündfluth und bei den Einwohnern Sodoms, welche nichts achteten, oder nicht merkten, was ihnen bevorstand, sondern aßen und tranken, freieten und sich freien ließen, kauften und verkauften, pflanzten und baueten, bis an den Tag, da die Sündfluth oder das Feuer vom Himmel über sie kam, s. Luk. 17,26-30. Matth. 24,37.38.39. Es wird aber nicht nur bei den rohen Leuten so aussehen, sondern auch auf denen, welche ihre Bekehrung entweder nur obenhin angefangen, oder auch noch weiter fortgeführt haben, eine Schlafsucht liegen, wie das Gleichniß von den zehn Jungfrauen beweist. Bei diesem Zustand der Welt und der Kirche darf man sich nicht wundern, daß der HErr Jesus sagt, der Tag Seiner Zukunft werde wie ein Fallstrick über Alle, die auf Erden sind, kommen. Gleichwie nämlich ein Vogel unversehens, indem er hüpft oder frißt, durch einen Fallstrick gefangen wird: also wird auch das ganze menschliche Geschlecht, das auf dem Erdboden wohnet, unvermuthet von dem Tag des HErrn überfallen werden. Es wird auch bei den Gerechten nicht ohne einen Schrecken und durchdringenden Schmerzen abgehen; wie denn alsdann alle Geschlechter der Erde heulen oder wehklagen werden, Offenb. 1,7. Uebrigens werden alsdann alle Menschen wie in einem Fallstrick gefangen sein. Vorher fühlten sie nicht, wie sie Alle, auch nach ihrem natürlichen Zustand, in Gott leben, weben und seien, und wie sie überhaupt von Seiner Allmacht umschlossen seien; weil ihnen Gott Raum ließ zu thun, was sie wollten. Nun werden sie aber gefangen sein. Nun werden sie nicht mehr nach ihrer Willkür thun können, was sie wollen, und wohnen können, wo sie wollen, sondern sie werden sich müssen versammeln, in Haufen theilen, richten und hinweisen lassen, wohin der Richter will. Wohl demjenigen, der alsdann vor Ihm stehen kann!
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s etc.
1.
Der Tag bricht wie ein Fallstrick ein, O laßt uns ja nicht sicher sein!
Vergeblich heult, wer erst erschrickt, Indem man ihn zum Feu’r bestrickt.
2.
Gefährlich ist die Sicherheit; Gott ist ein Gott, der täglich dräut,
Und eh’ Ihm noch der Frevler glaubt, Fällt schon sein Frevel auf sein Haupt.
3.
Denk nicht: den Tag erleb’ ich nicht; Am Tag des Tod’s hängt dein Gericht,
Wirft der den Strick dir plötzlich an, Was hast du, das dich retten kann?
4.
Ach, treuer Heiland, binde mich Mit Liebesfeilen fest an Dich,
So schläfert mich mit ihrem Wein Die Welt nicht, noch die Hure ein.
5.
Weck’ Du mich stets, so mach’ ich fort; Mein Honig sei Dein süßes Wort,
Das Augen wacker machen kann; So sieg’ ich auch, wie Jonathan.
6.
Wie gut ist’s, wer mit Dir bekannt; Den reißt kein Strick Dir aus der Hand;
Den trennt auch nicht der schnellste Tod, Und kein Gericht und keine Noth.
7.
Hängt meine Seele stets an Dir, So ist Dein Wort mir gut dafür:
Dein Tag brech’ ein, so schnell er mag, Er wird mir zum Erlösungstag!
—
25. Februar. Morgen-Andacht.
Der Gott der Ehren donnert.
Ps. 29,3.
Es gibt Geschöpfe, aus welchen Seine wohlthuende Güte, andere, aus welchen Seine Weisheit und Ordnungsliebe, andere, aus welchen Seine erquickende Freundlichkeit, und wiederum andere, aus welchen Seine mit Ehrfurcht zu bewundernde Macht und Stärke vorzüglich hervorleuchtet. Von dieser Gattung sind insonderheit die großen Wasser, weßwegen Gott Ps. 29,3. der HErr auf großen Wassern genannt wird. Mit diesen großen Wassern stehen die Wolken in Verbindung, als welche großentheils aus den Dünsten entstehen, die aus großen Wassern in die Höhe steigen. Eben diese Wolken aber werden oft auch die Behälter, worin sich die Materie sammelt, aus welcher nach Seinem Befehl der Donner und Blitz entsteht. Wenn es also donnert, so soll man denken: der Gott der Herrlichkeit donnert. Elihu, der Freund Hiobs, redete fein davon, da er Hiob 37,2.3.4.5. sagte: Lieber! höret doch, wie Sein Donner zürnet, und was für Gespräch aus Seinem Munde ausgeht. Er siehet unter allen Himmeln, und Sein Blitz scheinet auf die Enden der Erde. Demnach brüllet der Donner, und Er donnert mit Seinem großen Schall, und wenn Sein Donner gehöret wird, so kann man’s nicht aufhalten. Gott donnert mit Seinem Donner greulich, und thut große Dinge, und wird doch nicht erkannt. Elihu nennt den Donner ein Gespräch, das aus Gottes Munde geht. Was spricht Er nun, wenn Er donnert? Er spricht zu den Menschen: Ich bin der HErr, der Allmächtige, euer Leben und eure Güter sind in Meiner Gewalt. Ich bin ein starker und eifriger Gott, ein HErr, der zu fürchten ist, Mich soll man anbeten, Mir soll man dienen. Was sind die Könige und alle Gewaltigen der Erde gegen Mich? Wenn Ich donnere, wer will’s hindern? Wenn Ich mit dem Strahl tödte, wer will’s abwenden? Ja, wer will vorher merken, wen dieser treffen werde? So erkennet also, daß Niemand Meinen unbegreiflichen Gerichten widerstehen, und Meiner Hand entrinnen könne. Und gleichwie Meine Blitze auf der Erde helle machen: also ist Alles bloß und entdeckt vor Meinen Augen u.s.w. Man bedenke auch, was Hiob 38,25.33.34.35. steht.
Diese Betrachtungen stehen einem Christen wohl an, wenn es donnert und blitzt, und es ist zu wünschen, daß sie einem Jeden einen tiefen Eindruck geben. Es gibt aber Leute, die bei den Donnerwettern in eine übertriebene Furcht, in ein angstvolles Entsetzen gerathen, und nicht wissen, wo sie sich verbergen sollen. Solche Leute sollten aber die Ursache dieser Furcht und Angst nicht in dem Rasseln des Donners, nicht in dem Glanz des Blitzes, nicht in der Leichtigkeit der Lust, nicht in ihrem Blut und in ihren Nerven allein suchen, sondern vornehmlich in ihrem Gewissen, welches ihnen heimlich sagt, daß sie vor dem heiligen Gott noch nicht bestehen können, und zu einem schnellen Tod noch nicht geschickt seien. Wo wollen sie denn am jüngsten Tag hinfliehen: wenn die Himmel mit großem Krachen vergehen, und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden? Wollen sie alsdann zu den Bergen und Felsen sagen: fallet auf uns, und verberget uns vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes? Lasset uns lieber in der Gnadenzeit Gnade bei dem Gnadenthron Christi suchen, und mit dem Gebet und der Betrachtung des Worts Gottes anhalten, bis anstatt der Furcht, die da Pein hat, der Friede Gottes und die völlige Liebe in unsern Herzen regieret. Glaubige und begnadigte Christen dürfen denken, der Gott welcher donnert, sei ihr Vater, und dieser Name kann die jagende Furcht vermindern, oder völlig wegnehmen.
Mel.: Ein Lämmlein geht und trägt etc.
1.
Gott, Du zeigst Deine Majestät Im Himmel allem Volke;
Dein ist die Stimme, die ergeht, Du donnerst in der Wolke;
Dein Blitz macht plötzlich Alles hell,
Die Welt erschrickt, Dein Strahl fährt schnell,
Man fürchtet das Zernichten, Wenn Feuer, Hagel, Schnee und Dampf,
Und vieler Winde Sturm und Kampf Dein mächtig Wort ausrichten.
2.
Wer Glauben hat, der bücket sich Vor Deinem Ehrenthrone.
Man betet an, man flehet Dich: HErr, hilf uns! ach verschone!
HErr, Dir gebührt die Ehre nur Von aller Deiner Kreatur, Du tröstet auch die Deinen:
So werde an dem End’ der Zeit Des Menschen Sohn in Herrlichkeit Zu ihrem Heil erscheinen.
25. Februar. Abend-Andacht.
Ich rathe dir, daß du weiße Kleider von Mir kaufest, daß du dich anthuest, und nicht offenbar werde die Schande deiner Blöße.
Off. Joh. 3,18.
Die Menschen prangen gern mit ihrer natürlichen Seelengestalt, insonderheit wenn sie dieselbe durch allerhand Wissenschaften und Uebungen meinen verschönert zu haben: wenn sie aber nichts Weiteres bekommen, so wandeln sie bloß, und man sieht ihre Schande (Offenb. 16,15.). Menschen sehen insgemein mit ihren blinden oder blöden Augen diese schändliche Blöße an sich und Andern gar nicht, oder nicht klar genug: aber vor Gott, auf den Alles ankommt, ist sie vollkommen offenbar, und Seine Engel sehen sie auch deutlich genug. Wessen bedarf also eine menschliche Seele? Sie bedarf eines Anzugs. Was ist aber dieser Anzug? Christus will es selber sein. Ziehet an den HErrn Jesum Christ, sagt Paulus Röm. 13,14. Christus wird erstlich dem Sünder ein Rock der Gerechtigkeit, indem Er ihm Seine guten Werke, Seine heiligen Leiden, folglich Seine ganze Mittlersgerechtigkeit schenkt, daß dadurch die Sünde bedeckt und alle Verdammung abgewendet werde. Man ziehet aber auch Christum an im Gegensatz gegen die schändlichen Sünden, dergleichen Fressen und Saufen, Buhlereien und Unzucht, Hader und Neid sind, Röm. 13,13. Indem man Christum anzieht, ziehet man herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth und Geduld an (Koloss. 3,12.), man ziehet den neuen Menschen (Eph. 4,24.), und den Harnisch Gottes an (Eph. 6,11.), und so wird die Seele bekleidet, und durch diese Kleidung erneuert, verwandelt und verherrlicht. Ohne Zweifel hat der HErr Jesus auf diese ganze Kleidung Sein Augenmerk gerichtet, da Er dem Bischof zu Laodicea schreiben ließ: Ich rathe dir, daß du weiße Kleider von Mir kaufest. Er nannte diese Kleider weiße Kleider, weil das reine Licht weiß ist (Matth. 17,2.), und die weiße Farbe, worin man die Flecken am deutlichsten sieht, ein Sinnbild der Reinigkeit ist. Man soll diese weißen Kleider von Jesu kaufen, freilich ohne Geld und umsonst, durch Bitten und Flehen: kann sich aber dieselben nicht selber erwerben und machen, und sie eben so wenig von andern Menschen empfahen, obschon diese sich insgemein unterfangen und bemühen, einander zu bilden. In der Absicht auf das gute Fortkommen in der politischen oder bürgerlichen Welt mögen sie es thun: aber in der Absicht auf das Reich Gottes kann kein Mensch den andern durch seine natürliche Kunst bilden oder kleiden. Wenn aber der HErr Jesus die weißen Kleider gibt, so thut sich der Mensch an, das ist, er nimmt begierig an, was ihm Jesus gibt: weil aber diese weißen Kleider auch die Seele nach dem Bild Gottes verwandeln, und die sündlichen Neigungen, die sich oft wieder regen, schwächen und austilgen sollen, so werden auch Glaubige ermahnt, den HErrn Jesum Christum (noch weiter), und den neuen Menschen, und den Harnisch Gottes und Alles, was dazu gehört, noch völliger anzuziehen, wie die oben angeführten Sprüche beweisen. Selig ist aber auch, der da wachet, und seine empfangenen Kleider behält, damit er nicht, wenn er sie wieder fahren ließe, wieder bloß wandle, und man auf’s Neue seine Schande sehe. Offenb. 16,15.
Mel.: O Jerusalem, du schöne.
1.
Bloß von Gott erfunden werden, Das heißt recht mit Schanden steh’n.
Selbst das erste Paar auf Erden Ließ sich nach dem Fall nicht seh’n,
Es verkroch sich vor dem Licht; Denn die Blätter deckten nicht.
2.
Sünder, das ist uns geschrieben, Wir sind bloß in Ewigkeit,
Wenn nicht uns, als Seine Lieben, Jesus weiß und ganz bekleid’t;
Darum hing Er als das Lamm Bloß und blutend an dem Stamm.
3.
Sonst nicht wird uns Gott gewogen, Uns’re Kleidung ist ein Wust;
Nur wer Jesum angezogen, Der ist Gottes Augenlust,
Nur in Christi Blut allein Wascht sich eine Seele rein.
4.
Reiner Gott, ich bin ein Sünder, Ziehe doch mir Jesum an,
Daß ich unter Deine Kinder Unbeschämet stehen kann;
Meine Schande decke Du Mit dem Blute Jesu zu.
5.
HErr, mein Glaube greift nach Ihme; Dieser Schmuck steht wohl an mir;
Nur von Ihm ist, was ich rühme, Nur in Ihm gefall’ ich Dir.
Stelle bald mich in dem Sohn Schön geziert vor Deinen Thron!
26. Februar. Morgen-Andacht.
Schmecket und sehet, wie freundlich der HErr ist.
Ps. 34,9.
Jehovah unser Gott ist nicht nur ein HErr, dem man dienen, nicht nur das höchste Wesen, das man anbeten soll, sondern Er ist auch ein Licht, das erleuchtet, ein Leben, das belebt, eine Liebe, die erquicket. Er ist allein gut, und weil Er gut ist, so will Er sich mittheilen, und zu genießen geben. Man kann Ihn fühlen und finden: man kann schmecken und sehen, wie freundlich Er ist. Man kann endlich, wie die Schrift sagt, in Seine Freude eingehen, und in Seine Ruhe hinein kommen. David war bei dem König Achis oder Abimelech zu Gath in einer großen Gefahr, da er auf der Flucht zu ihm gekommen war: weil sich die Philister erinnerten, daß er derjenige sei, der ihrem Volk vorher im Krieg großen Schaden gethan habe, und ihn deßwegen gefangen nehmen oder tödten wollten. Er selbst gerieth in eine große Furcht, und bekam einen gichtischen Anfall, wie ein Mensch, der die fallende Krankheit hat. Er rief aber auch als ein Elender zum HErrn, und der HErr erhörete ihn, und half ihm aus allen seinen Nöthen, wie 1 Sam. 21. ausführlich erzählt wird. Er bemerkte hiebei einen besondern Beistand von einem guten Engel, und sagte deßwegen Ps. 34,8.: der Engel des HErrn lagert sich um die her, so Ihn fürchten, und hilft ihnen aus. Es blieb aber dabei nicht, sondern er bekam auch in seiner Seele, die vorher mit einer großen Furcht erfüllt gewesen war, eine erquickliche Empfindung der Freundlichkeit Gottes, die er auch andern Menschen gönnte, und deßwegen V. 9. sagte: schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist, aber auch von nun an in seinen Psalmen mehrmals sagen konnte: danket dem HErrn, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währet ewiglich.
Davids Beispiel lehrt uns, daß eine Seele durch tiefe Zermalmungen tüchtig gemacht werde, die Freundlichkeit Gottes zu sehen und zu schmecken. Er war schon vorher ein Israelit ohne Falsch und ein redlicher Verehrer seines Gottes, aber auch ein munterer Hofmann und geschäftiger Kriegsheld gewesen: nun wurde er zu Gath geläutert, wie Jakob bei seinem nächtlichen Kampf mit dem Sohn Gottes, und bekam neue geistliche Empfindungen und Einsichten. Lasset uns also die Wege Gottes verstehen, und Seine Schmelztiegel nie ängstlich fürchten oder hassen.
Das Evangelium wird 1 Petr. 2,2. Milch genannt, weil es für den Geist lieblich und kräftig ist; eine vernünftige Milch, weil es eine Wahrheit enthält, welche die göttliche Weisheit herausgegeben hat, und die mit einer erleuchteten Vernunft gefaßt werden muß; eine lautere Milch, weil es nichts als Wahrheit enthält, und mit keinem Irrthum vermengt ist. Durch dieses Evangelium gibt sich die Freundlichkeit des HErrn Jesu zu schmecken, und wer dieselbe geschmeckt hat, ist nach demselben Evangelio noch weiter begierig, um die Freundlichkeit Jesu noch mehr zu schmecken. Schmecken, daß der HErr freundlich sei, ist das einige wahre Wohlleben auf Erden, die einige Erquickung für das Herz, die einige Arznei für den Kummer, das einige Labsal im Kampf, und der wahre Vorschmack des ewigen Lebens. Wer die Freundlichkeit des HErrn noch nie geschmeckt hat, hat noch keinen guten Tag in seinem Leben gehabt. Man schmeckt sie aber, wenn man den HErrn wie David anruft, oder, wie Petrus 1 Petr. 2,4. geschrieben hat, zu Ihm kommt, da man dann nach der vernünftigen lautern Milch, das ist nach dem wahren Evangelio, welches kräftig und lieblich ist, noch weiter begierig sein muß, daß man durch dieselbe zunehme. So sei denn dieses Anrufen und Kommen unsere tägliche und liebste Uebung.
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Tolle Menschen schämt doch euch! Seid nicht Roß und Mäulern gleich.
Sieh’, der du vernünftig bist, Wie der HErr so freundlich ist.
2.
Seiner Sonne holdes Licht Glänzt dir in das Angesicht;
Jede Blume lacht dich an, Die Gott prächtig angethan.
3.
Höre, was dir in der Luft Zu dem Lob des Schöpfers ruft;
Wie die Saite lieblich klingt; Wie die Kehle reizend singt.
4.
Fühlest du, was sanft und zart; Schmeckst du, was von süßer Art;
Riecht dir etwas angenehm: Lobe Gott ob allem dem.
5.
Doch Er will nicht Gott allein, Er will auch dein Vater sein;
Sei Sein Kind, und sei erfreut Ueber Seiner Freundlichkeit.
6.
Lobe Gott nicht nur als Knecht, Nur in Christo lobt man recht,
Und wer glaubt, sieht einst im Licht Gottes freundlich Angesicht.
26. Februar. Abend-Andacht.
Gelobet sei Gott und der Vater unser HErrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel.
1 Petr. 1,3.4.
Das Warten der Gerechten wird Freude werden, aber der Gottlosen Hoffnung wird verloren sein, Sprüchw. 10,28. Nur diejenigen, die der himmlische Vater wiedergeboren hat, haben durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten eine lebendige Hoffnung, das ist eine Hoffnung, welche in ihren Herzen wirksam ist, sie erquickt und zum Thun und Leiden stärkt: da hingegen die Hoffnung der Unwiedergebornen eine kalte, falsche und todte Einbildung ist. Man muß durch die Wiedergeburt ein Kind Gottes geworden sein, wenn man eine rechtmäßige Ansprache an das himmlische Erbe haben soll, denn nur diejenigen, die Kinder heißen, können Erben sein. Damit sich aber die lebendige Hoffnung der Wiedergebornen so weit erstrecken, und bis zu jenem himmlischen Erbe erheben könne, ist Jesus Christus von den Todten auferstanden, und hat als ein Lebendiger, und als der Erstgeborne unter vielen Brüdern von jenem Erbe Besitz genommen: so daß nun alle Kinder Gottes auch auferstehen und Seine Miterben sein können. Eine Auferstehung war freilich bei Christo nöthig, weil der Vater Ihn zum Erben über Alles gesetzt hat, Hebr. 1,2., und Er dieses Erbe nur als ein Lebendiger besitzen konnte: Seine Auferstehung ziehet aber die Auferstehung aller Wiedergebornen nach sich, und diese können auch nur als auferstandene und ganz verklärte Menschen dasjenige empfangen, was in der heiligen Schrift ein Erbe heißt. Es wird jetzt im Himmel aufbewahrt, und alsdann wirklich gegeben werden, wenn der HErr Jesus das Gericht halten und zu den Gerechten sagen wird: kommet her, ihr Gesegnete Meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Matth. 25,34. Es ist ein unvergängliches Erbe, weil es durch keine äußerliche Gewalt und durch keinen Gebrauch und Genuß verzehrt und aufgerieben wird. Es ist dem Dienst der Verzehrung nicht unterworfen, wie alle sichtbaren Dinge, die unter der Sonne sind, und die man deßwegen eitel heißt. Röm. 8,21. Pred. Sal. 1. Es ist auch ein unbeflecktes Erbe. Keine Ungerechtigkeit haftet daran, gleich wie sie auf Erden auf eine grobe oder subtile Art an demjenigen haftet, das man sammelt, und Andern als ein Erbe hinterläßt. Aber im neuen Himmel und auf der neuen Erde, wo dieses Erbe sein wird, wohnt Gerechtigkeit, 2 Petr. 3,13. Im neuen Jerusalem wird kein Bann mehr sein. Off. Joh. 22,3. Es ist auch ein unverwelkliches Erbe, weil es von innen heraus nicht vergeht, durch die lange Währung nicht kraftlos wird, und nichts von seiner Schönheit verliert. Ein solches Erbe ist den Wiedergebornen im Himmel auf den Tag Jesu Christi aufgehoben. Ist es also nicht Barmherzigkeit, und zwar große Barmherzigkeit, wenn Gott der Vater unsers HErrn Jesu Christi durch die Taufe, oder hernach aus Seinem lebendigen Wort (1 Petr. 1,23.) einen Menschen wiedergebiert? Wer sollte sich nicht gerne dazu hingeben? Wer sollte nicht allen Fleiß anwenden, den Stand eines Wiedergebornen zu erlangen, und bis an sein Ende zu bewahren?
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Was die Welt hofft, ist vergänglich, Und befleckt ist, was sie hat,
Das ist Christen nicht hinlänglich, Denn es macht den Geist nicht satt;
Jener Herrlichkeit muß welken, Sie verblühet zu geschwind,
Blühte sie gleich wie die Nelken, Die in Königsgärten sind.
2.
Jener Hoffnung fällt im Sterben, Uns’re geht im Tod erst an,
Weil wir erst die Güter erben, Die kein Tod zernichten kann.
Besser hier im Staube hoffen, Und hernach sich selig seh’n,
Als in eitler Lust ersoffen Mit der Welt zum Feuer geh’n.
3.
Unser Erbgut ist gegründet, Denn ein Tod hat’s festgemacht,
Dem kein gleicher sich nicht findet, Weil ihn Gott selbst theu’r geacht’t,
Und der von dem Tod erstanden, Der gebar uns neu dazu;
Da wird Hoffnung nicht zu Schanden; Großer Jesu, das machst Du!
4.
Heiland, der mir’s theu’r erworben, Gib mir, was ich nicht verlier’,
Mit Dir ist mir’s anerstorben, Und Du lebest auch nicht hier.
Mach’ mein Erb’ mir immer größer, Und desselben Hoffnung süß,
Bis ich, herrlicher Erlöser, Es im Himmel bald genieß’!
27. Februar. Morgen-Andacht.
Euch ist heute der Heiland geboren.
Luk. 2,11.
Wichtige und fröhliche Botschaft für diejenigen, die das Wort Heiland recht verstehen, und bei sich empfinden, daß sie einen Heiland nöthig haben! Euch ist der Heiland geboren, darf man zu allen Menschen sagen, sie seien, wer sie wollen, denn dieser Heiland hat sich für Alle zur Erlösung gegeben, und ist die Versühnung für der ganzen Welt Sünde. Das Evangelium verlangt nicht, daß der Sünder sich selber gefalle, gut von sich selber denke, sein Leben rühme, und die Menge und Größe seiner Sünden verleugne. Halte sich ein jeder Mensch für den größten Sünder; welches er deßwegen thun kann, weil dasjenige, was nahe ist, immer größer erscheint, als was in der Ferne ist. Auch darf ein Jeder dafür halten, er sei für sich selbst verloren und verdammt. Dieses Alles sagt die heilige Schrift auch, ja das Wort Heiland setzt voraus, daß die Menschen in einem tiefen Elend stecken, und sich selber nicht heilen können: nur sollen sie glauben, ja glauben sollen sie, daß ihnen ein Heiland geboren sei. Es ist dieses ein Wort für den Glauben, ja ein Wort, welches traurige und erschrockene Seelen fröhlich machen soll; weßwegen auch der Engel zu den Hirten auf dem Felde bei Bethlehem sagte: siehe! ich verkündige euch große Freude. Uns Menschen ist dieser Heiland geboren: nicht den guten Engeln, als welche keinen Heiland nöthig haben, aber auch nicht den bösen Engeln, als welche schon durch Ketten der Finsterniß gebunden, in einen höllischen Zustand verschlossen und übergeben sind, daß sie zum Gericht behalten werden. 2 Petr. 2,4. Ueber uns Menschen hatte Gott nach dem Sündenfall kein solches hartes Urtheil gefällt. Uns hat Er nicht mit Ketten der Finsterniß gebunden, ob wir schon in der Finsterniß und im Schatten des Todes sitzen: uns hat Er nicht übergeben, daß wir zum Gericht behalten werden, sondern Er hat uns einen Heiland geboren werden lassen. Ob schon dieser Heiland mit Gott ewig und vor aller Zeit ohne Anfang war, so konnte man doch die Zeit Seiner Geburt von einem Weibe angeben. Es war eine Nacht, und, wie man meint, die Nacht des fünf und zwanzigsten Tages des Christmonats, da Er in einem Stall zu Bethlehem von der Jungfrau Maria geboren wurde, nachdem die Empfängniß vorher ohne Zuthun eines Mannes, durch die unmittelbare Wirkung des Heiligen Geistes geschehen war. Im Mutterleibe litt Er schon die Schmach, daß Ihn zuerst der fromme Joseph für ein uneheliches Kind hielt, und deßwegen seine Braut, die Maria, heimlich verlassen wollte; wiewohl er bald durch einen Engel zurecht gewiesen wurde. Zur rechten Stunde nun wurde der Heiland der Menschen als ein Menschenkind geboren, und trat durch diese Seine Geburt in die Welt hinein, in welcher Er das große Werk der Erlösung ausführen sollte und wollte. Dank sei dem himmlischen Vater, daß Er uns Seinen eingebornen Sohn als einen Heiland hat geboren werden lassen. Dank sei dem Sohn Gottes, daß Er unser Blutsfreund und Erlöser hat werden wollen, und keine unvollständige, sondern eine vollkommene Erlösung ausgeführt hat. Dank sei dem Heiligen Geist, durch welchen uns dieses Heil verkündigt worden ist, und welcher uns tüchtig machen will, zu glauben an den Namen des Sohnes Gottes, und das ewige Leben durch diesen Glauben zu empfangen. Es sei denn dieses unser Ruhm und Trost im Leben und Sterben, daß uns ein Heiland geboren sei.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Sünder, kommt zu Christi Krippen, Seht, hier liegt der Menschensohn;
Von Ihm sang mit reinen Lippen Sein Prophet im Geiste schon,
Und der Engel frohe Schaaren Künden Sein Geburtsfest an.
Kommt, die wir verloren waren, Laßt uns seh’n, was Gott gethan.
2.
Gott sandt’ Seinen Sohn auf Erden, Der nahm Menschenfleisch an sich,
Daß wir Gottes Kinder werden. Froher Glaube, rühme dich!
Nunmehr gehen nicht verloren, Die in Christo Kinder sind.
Lieber wär’ ich nicht geboren, Als in Christo nicht ein Kind.
3.
Vater, der den Sohn gegeben, Dir sei Ehre für den Sohn.
Heiland, der uns kam zum Leben, Dir sei Dank auf Deinem Thron.
Führ’ des Vaters Wohlgefallen Bis zum Himmel an uns aus,
Da wir Kinder nicht nur lallen Von dem Lob in’s Vaters Haus.
27. Februar. Abend-Andacht.
Welchen ihr nicht gesehen, und doch lieb habt, und nun an Ihn glaubet.
1 Petr. 1,8.
Petrus hatte Jesum vor und nach Seiner Auferstehung lange und oft gesehen, als ihn aber derselbe zuletzt fragte: Simon Johanna, oder Jonas Sohn, hast Du Mich lieb? so konnte er mit einem aufrichtigen Herzen antworten: HErr, Du weiß alle Dinge, Du weißest, daß ich Dich lieb habe. Hernach wurden aber durch das Evangelium, das Petrus und die andern Apostel predigten, viele Leute bekehrt, die Jesum liebten, ob sie schon Ihn nie gesehen hatten. Wie kann ich aber Jemand lieb haben, den ich noch nie gesehen habe? Erstlich muß derselbe durch ein wahres und lauteres Wort mir vor die Augen gemalt werden. ich muß von seiner Vortrefflichkeit, von seiner Liebe gegen mich, und von den Erweisungen derselben eine gewisse Nachricht bekommen, und diese Nachricht glauben. Doch würde dieses Alles mein Herz noch kalt bleiben lassen, wenn nicht seine Liebe auch in meinem Herzen wie ein Balsam ausgegossen würde, oder wenn er mich dieselbe nicht auch empfinden ließe. Man sehe das Hohelied an, welches ein Lied von der Liebe ist. Es fängt mit dem Wunsch an: Er küsse mich mit dem Kuß Seines Mundes; denn Seine Liebe ist lieblicher denn Wein: und so geht es durch dieses ganze Lied durch fort, daß die Sulamith die Liebe des göttlichen Salomo zu empfinden verlangt und bekommt, und hernach brünstig ist, Ihn wiederum zu lieben. Ob ich also gleich die Gestalt Jesu nicht sehe, so kann ich doch mit Wonne empfinden, daß Er mir nahe sei, ich kann schmecken und sehen, wie freundlich Er sei. Mein Herz kann brennen, wenn Er durch’s Wort mir Seine Gegenwart zu fühlen gibt, wie die Herzen der zwei Jünger brannten, die nach Emmas gingen. So entsteht die Liebe gegen den nicht unbekannten, aber doch unsichtbaren Sohn Gottes.
Man wird Jesum freilich einmal sehen, man wird Seine Herrlichkeit sehen, die Ihm der Vater gegeben hat, und dadurch unaussprechlich erquickt werden. Johannes sahe Ihn, alldieweil er noch seinen sterblichen Leib anhatte, in verschiedenen Gestalten. Er sahe Ihn (Off. 1.) als den Hirten und Bischof der Schafe, wie Er unter allen Gemeinden wandelt, und Aufsicht darüber hat. Er sahe Ihn (Off. 5.) als ein Lamm auf dem höchsten Thron der Gottheit, das die Merkmale seiner Schlachtung an sich hatte, und ein Buch mit sieben Siegeln von dem Vater empfing: folglich wurde dem Johannes hier das Königreich und das Priesterthum Christi durch’s Schauen gezeigt. Er sah Ihn ferner (Off. 19.) als einen Helden, der viele Königsbinden auf dem Haupt hatte, daher kommen, um Seine Feinde zu vertilgen; folglich als einen siegenden König. Und endlich sahe er Ihn (Off. 20.) auf einem großen weißen Thron sitzen, als den Richter der Lebendigen und der Todten. Dieses sah Johannes, als er im Geist oder entzückt war: aber im Himmel wird man an Einem fort im Schauen wandeln, und die Herrlichkeit Jesu Christi in einem noch größern Glanz sehen, als Johannes sie in seinem sterblichen Zustand hat sehen können.
Nun ist aber noch nöthig, Jesum zu lieben, und an Ihn zu glauben, ob man Ihn schon nicht siehet: und diese Liebe und dieser glaube sind die Wurzeln der Geduld in dem Leiden und des ganzen heiligen Wandeln, den ein Christ führen soll.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir etc.
1.
Wir haben Jesum nicht gesehen, Und dennoch liebt Ihn unser Herz.
Kannst du, Vernunft, es nicht verstehen, Ist unser Glaube doch kein Scherz;
An Seinem Tag wird offenbar, Was unser Grund der Liebe war.
2.
Die Welt hat Ihn am Kreuz gesehen, Wo Ihm Sein Herz die Liebe brach;
Sein Volk sah Ihn gen Himmel gehen, Da zog Er auch ihr Herz Ihm nach;
Sein Wort zeigt, was Er ist und heißt, Sein Geist versiegelt’s uns’rem Geist.
3.
Wir glauben an Ihn ungesehen, Und lieben Ihn doch als bekannt;
Wir dürfen auf Erhörung flehen, Wir wissen, wie Er uns verwandt;
Wir kennen Seiner Liebe Kraft, Und fühlen, was Er in uns schafft.
4.
O daß sonst nichts in meinem Herzen, Als meines Heilands Liebe sei!
O daß mich sonst nichts möge schmerzen, Als daß ich nicht genug getreu!
O möcht’ ich ohne Furcht und Pein In Seiner Liebe völlig sein!
5.
Ist’s selig, lieben und nicht sehen, Wird hier das Herz so froh davon:
Was wird im Himmel erst geschehen, Wenn man verklärt ist vor dem Thron,
Und ewig sieht, was man nicht sah, Und ewig liebt! o wär’ ich da!
28. Februar. Morgen-Andacht.
In Christo seid ihr beschnitten mit der Beschneidung ohne Hände durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch, nämlich mit der Beschneidung Christi; in dem, daß ihr mit Ihm begraben seid durch die Taufe.
Kol. 2,11.12.
Die Juden prangten mit ihrer Beschneidung am Fleisch, und meinten, dadurch als das Volk Gottes vor allen Völkern ausgezeichnet zu sein. Sie mußte auch ehemals am Fleisch geschehen, und war ein Zeichen des Bundes, den Gott mit Abraham gemacht hatte. Es hat aber Paulus schon Röm. 2, 28.29. geschrieben: der ist nicht ein Jude, der auswendig ein Jude ist, auch ist das nicht eine Beschneidung, die auswendig im Fleisch geschieht, sondern das ist ein Jude, der inwendig verborgen ist, und die Beschneidung des Herzens ist eine Beschneidung, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht: welches Lob ist nicht aus Menschen, sondern aus Gott. Kol. 2,11.12. aber erklärt er diese Herzens-Beschneidung noch weiter, und sagt, sie geschehe ohne Hände, und bestehe in der Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch. Er nennt sie eine Beschneidung Christi, und sagt, sie sei bei den Kolossern schon damals geschehen, da sie mit Christo durch die Taufe begraben worden seien. Der sündliche Leib im Fleisch ist das System oder der Zusammenhang der herrschenden Sünden. Gleichwie an einem Leib, der etwas Einiges und Ganzes ist, alle Glieder aneinander hangen, also schließt die Verderbniß der Seele viele sündliche Neigungen in sich, die aneinander hangen, und mit einander gleichsam einen Leib ausmachen. Dieser Leib muß nun abgelegt werden; die Herrschaft der Sünde muß gebrochen werden; der Zusammenhang der bösen Lüste muß aufgelöst werden: und dieses ist die Herzens-Beschneidung, die im Geist geschieht. Wer dieselbe nicht erfahren hat, wird von Gott für unbeschnitten, das ist für einen unreinen Heiden gehalten, ob er schon am Fleisch beschnitten wäre, s. Ap. Gesch. 7,51. Röm. 2,25. Wenn nun ein Kind oder ein erwachsener Mensch getauft wird, und die Kraft der heiligen Taufe erfährt, so wird er dieser Herzens-Beschneidung theilhaftig, weil er durch die Taufe so gewiß mit Christo begraben wird, so gewiß er mit Wasser übergossen oder bedeckt wird. Er bekommt nämlich einen Antheil an dem Tod Jesu. Er stirbt mit Christo, dem Gesetz und der Sünde. Wie Christus als ein Todter im Grab lag: so wird der Täufling todt gegen die Sünde, und von derselben so geschieden, wie ein Todter von seinem vorigen Herrn geschieden ist. Paulus konnte die Kolosser mit dieser Herzens-Beschneidung, welche sie durch ihre Taufe empfangen hatten, trösten, weil sie dieselbe nachher nie wieder verloren hatten: jetzt muß man aber die allermeisten Christen an ihre Taufgnade als an ein verlornes Kleinod, das man aber durch die Bekehrung wieder suchen und finden soll, mahnen. So beschneide denn der HErr Jesus unsere und der Unserigen Herzen, und lasse uns die Kraft Seines Todes zur Ertödtung der Sünde immer völliger erfahren. Niemals müsse der Leib der Sünde im Fleisch, wenn er einmal seine tödtliche Wunde durch den Glauben an den gekreuzigten Jesum bekommen hat, wieder genesen und erstarken: niemals müsse er wieder angezogen werden, wenn er einmal abgelegt ist, und die sich immer noch regenden Glieder derselben müssen bei dem Wachsthum in der Heiligung immer mehr getödtet werden. Es geschehe also!
Mel.: Nun laßt uns Gott dem Herren.
1.
Mein Heiland ward beschnitten, Und hat schon früh gelitten;
Er trug in Gottes Bunde Schon Seine erste Wunde.
2.
Ich bin seit dieser Stunde Mit ihm in Gottes Bunde.
Mein Taufen hat’s beditten, Ich sei mit Ihm beschnitten.
3.
Daher ich gläubig rühme: Gott ist mein Gott in Ihme.
Der Bund steht ewig feste, Deß ich mich sterbend tröste.
4.
Dank sei Dir für Dein Leiden, Mein Jesu, im Beschneiden;
Dein Nam’ soll auf mich kommen, Den Du da angenommen.
5.
Den wollest Du zum Segen Auch auf mich Aermsten legen,
In welchem man auf Erden Nur kann gesegnet werden.
6.
Gott hat ihn Dir gegeben, Daß wir durch solchen leben.
Ach, mach’ mir diesen Namen Zum Heil, zum Trost, zum Amen!
28. Februar. Abend-Andacht.
Der Vater hat dem Sohn Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum, daß Er des Menschen Sohn ist.
Joh. 5,27.
Jesus hat sich oft einen Menschensohn genannt, weil Er Seine menschliche Natur nicht vom Himmel gebracht, sondern durch eine Geburt von einem Menschen, nämlich von der Maria, bekommen hat, und dadurch dem menschlichen Geschlecht einverleibt und ein Blutsverwandter aller Menschen worden ist. Der HErr Jesus redete Joh. 5,19-26. von Gott als Seinem Vater, und von Sich selbst als dem Sohn Gottes. Hernach redete Er auch von Sich selbst als einem Menschensohn V. 27-32., und bezeugte insonderheit V. 27., daß der Vater dem Sohn Macht gegeben habe, auch das Gericht zu halten, weil Er ein Menschensohn sei, und Er deßwegen als ein solcher alle Todten auferwecken werde. Als ein verklärter Menschensohn wird Er mit großer Kraft und Herrlichkeit kommen, und als sichtbar auf einem großen weißen Thron sitzen. Als ein solcher wird Er alle diejenigen, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören lassen, damit sie hervorgehen, und zwar diejenigen, die Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Uebels gethan haben, zur Auferstehung des Gerichts. Als ein Menschensohn wird Er am Tag des Gerichts von Menschen als Seinen Brüdern reden, und das Gute, das man ihnen gethan oder nicht gethan hat, so rühmen können, als ob’s Ihm widerfahren oder nicht widerfahren wäre. Als ein solcher ist Er der Erstgeborne unter vielen Brüdern, und wird diese zu Seinen Miterben machen, indem Er sagen wird: kommet her, ihr Gesegneten Meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Alle diese Verhältnisse und alle daraus fließenden Worte und Werke würden nicht sein, wenn der Sohn Gottes nicht auch ein Menschensohn wäre; und wer will alle Geziemlichkeit übersehen, welche dieser Name bei der Uebergabe und bei der wirklichen Haltung des Gerichts mit sich führt?
Der HErr Jesus hat Sich als Menschensohn nichts selber angemaßt, sondern der Vater hat Ihm Alles gegeben. Hinwiederum hat Ihm der Vater Alles gegeben, was Er hat begehren können, und die Macht, die Er von dem Vater empfangen hat, übt Er nicht anders als nach dem Willen Seines Vaters aus, mit dessen Willen Sein eigener Wille auf das Vollkommenste übereinkommt. Joh. 5,30. So liebt und ehrt der Vater den Sohn und der Sohn den Vater auf eine unermeßliche Weise, und in diese gegenseitige Ehre und Liebe ist unser Schicksal eingeschlossen.
Die Macht, das Gericht zu halten, ist freilich etwas unbegreiflich Großes und Hohes. Eine ausgebreitete Kenntniß aller Menschen, und eine Wissenschaft von Allem, was in der ganzen Weltwährung in allen Augenblicken geschehen ist, und eine Einsicht in den verborgenen Rath aller Herzen, und eine reine und unbewegliche Gerechtigkeit, und endlich das allerhöchste Recht, ein Urtheil zu sprechen, von dem man nicht weiter appelliren kann, wie auch die Kraft, dieses Urtheil alsbald zu vollziehen – dieses Alles ist zu Haltung des Gerichts nöthig, wozu der Vater dem Sohn die Macht gegeben hat.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Alle, die sich Menschen nennen, Lernet doch den Adel kennen, Den der Mensch von Jesu hat;
Jesus, als ein Kind geboren, Bracht’ uns wieder, was verloren, Ehre an der Schande Statt.
2.
Wie Er Menschheit angenommen, Wird Er zum Gericht auch kommen, Sichtbar als des Menschen Sohn;
Alles Auge wird Ihn sehen, Auch den Stich, am Kreuz geschehen, Herrlich auf des Vaters Thron.
3.
Lasset doch den Sohn uns küssen, Betet an zu Seinen Füßen, Dankt Ihm für den Ehrstand,
Glaubt Ihm, ehret Sein Befehlen, Liebt Ihn, laßt Ihm eure Seelen, Denn Sein Zorn ist bald entbrannt.
4.
Er macht los von Satans Ketten, Er kann von dem Tode retten, Er macht von der Sünde frei.
Haßt man Ihn, so ist kein Zweifel, Daß man noch ein Sklav’ vom Teufel, Noch ein Knecht der Sünde sei.
5.
Mach’ mein Herz zum Wappenschilde, Zier es, HErr, mit Deinem Bilde, Schreib’ ihm Deinen Namen ein;
Und zum Zeichen Deines Stammes Laß es roth im Blut des Lammes, Weiß in Deiner Unschuld sein.
6.
Lieber wär’ ich nie geboren, Als wenn ich als Mensch verloren Und ein Kind der Hölle bin!
Stell’ mich einst zu Deiner Rechten In der Zahl von Deinen Knechten, Ewig Dir zu dienen, hin!
29. Februar. Morgen-Andacht.
Wir sind Gott versöhnet durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren.
Röm. 5,10.
Aus diesen Worten Pauli erhellt deutlich, daß durch Christum eine Versöhnung der Welt mit Gott geschehen sei, welche von der Bekehrung der Sünder unterschieden ist, und diese als eine Frucht nach sich zieht. Sie geschah damals, da Christus den Tod am Kreuz litt, folglich Sein kostbares Leben, wie Jesaias Kap. 53,10. sagt, zum Schuldopfer hingab. Gott sah uns damals als Feinde an, und wir waren’s auch nach der Beschaffenheit unserer Natur, und sollten als Feinde von Gott verworfen und verdammt werden: die Frucht der Versöhnung aber, die durch den Tod des Sohnes Gottes ausgerichtet worden, ist diese, daß wir durch Sein Leben, folglich durch die Kraft, die von Ihm als einem Lebendigen zu unserer Bekehrung, Erleuchtung und Heiligung ausgeht, wirklich selig werden können, nachdem wir nun versöhnt sind. Gott hätte das Recht gehabt, allen Menschen ihre Feindschaft wider Ihn auf eine unwiderrufliche Weise zu ihrer ewigen Verdammniß zuzurechnen: weil aber Gott in Christo war, und die Welt mit Ihm selber versöhnte, so rechnete Er ihnen die Sünden nicht zu ihrer nothwendigen Verdammniß zu, sondern richtete unter ihnen das Evangelium oder das Wort der Versöhnung auf, und ließ ihnen sagen: seid doch versöhnt mit eurem Gott, glaubet, daß ihr durch den Tod Seines Sohnes versöhnt seid, und lasset euch von eurer Feindschaft wider Ihn frei machen. 2 Kor. 5,19.20. Durch Eines Gerechtigkeit ist die Rechtfertigung des Lebens über alle Menschen gekommen. Röm. 5,18. Es ist nämlich ein gnädiges Urtheil gefällt worden, daß alle Menschen das ewige Leben erlangen können und sollen, ob schon viele dasselbe um ihres hartnäckigen Unglaubens willen nicht wirklich erlangen. Kurz zu sagen, die allgemeine Huld Gottes, nach welcher Gott an dem Tod des Gottlosen keinen Gefallen hat, sondern an seiner Bekehrung und an seinem ewigen Leben, und nach welcher Gott will, daß allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntniß der Wahrheit kommen, und hingegen nicht will, daß Jemand verloren werde, sondern daß sich Jedermann zur Buße kehre und lebe – diese allgemeine Huld und Barmherzigkeit Gottes mit allen ihren kräftigen und heilsamen Folgen hat ihren Grund in der Versöhnung, die durch den Tod Christi geschehen ist. Ein jeder Sünder darf und soll also glauben: ich bin Gott durch den Tod Jesu versöhnt worden: und mit diesem Glauben, welcher voraussetzt, daß der Mensch sich selbst als einen Feind Gottes ansehe, zu Ihm nahen, Ihm Alles bekennen, und Ihn um Alles bitten, was zum Seligwerden nöthig ist. Bei diesem Zunahen wird die Feindschaft wider Gott in seinem Herzen getödtet, und die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist darin ausgegossen werden. Sind wir Gott versöhnt durch den Tod Seines Sohnes, vielmehr können wir selig werden durch Sein Leben, so wir nun versöhnt sind, denn das Seligmachen oder die Errettung aus den Trübsalen, von welchen Paulus V. 3. geredet hatte, kostet nun den HErrn Jesum keinen Tod mehr, und geschieht durch die Anwendung Seiner Lebenskraft. Sein Tod hat den Fluch weggenommen, daß nun die Erlösung aus allem Uebel ohne Anstand erfolgen muß. Ueber diejenigen kann nur der lebendige Heiland in Seinem Reich zu ihrem Heil ewiglich herrschen, die durch Seinen Tod versöhnt worden sind, und die Versöhnung durch den Glauben empfangen haben. Hat Er sich’s einen Tod kosten lassen, sie zu versöhnen: so wird Er vielmehr Seine Lebenskraft anwenden, sie selig zu machen.
Mel.: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr’.
1.
Dir, Jesu, bin ich, weil ich bin, Zum Eigenthum ergeben.
Du gingst für mich zum Tod dahin, Und gabst am Kreuz Dein Leben.
Das war ein Opfertod für mich; Denn ewig müßt’ ich ohne Dich
Als unversöhnet sterben.
2.
So ist kein Tod, wie dieser war, Sonst keiner konnt’ uns dienen.
Er nahm ein Fluchholz zum Altar, Uns Sünder zu versühnen;
Die Liebe zog zur Schlachtung hin; Der Eifer legte Feu’r an Ihn;
Wie süß roch dieses Opfer!
3.
Ich bin Dir bis in meinen Tod Für Deinen Tod verbunden.
Bin ich versöhnt, so hat’s nicht Noth In meinen Sterbensstunden;
Ich leg’ das Sterbliche nur ab, Weil ich lebend’ge Hoffnung hab’,
Dir ewiglich zu danken.
29. Februar. Abend-Andacht.
Fasset eure Seelen in Geduld.
Luk. 21,19.
Es ist ein gemeiner Irrthum, daß man in Ansehung der Geduld zwischen den Leiden, die unmittelbar von Gott kommen, und zwischen denjenigen, welche durch Menschen erregt werden, einen Unterschied macht, und bei jenen alle Geduld verspricht, bei diesen aber zur Ungeduld berechtigt zu sein meint. Allein eben dieses ist der Fall, wegen dessen Christus zu Seinen Jüngern gesagt hat: fasset eure Seelen in Geduld, oder ihr werdet eure Seelen bei der Geduld besitzen; denn vorher hatte Er V. 16.17. gesprochen: ihr werdet überantwortet werden von den Eltern, Brüdern, Gefreundten und (gewesenen) Freunden, und sie werden eurer etliche tödten, und ihr werdet gehasset sein von Jedermann um Meines Namens willen. Die christliche Geduld hat also auch bei solchen Leiden statt, welche von Menschen verursacht werden; wie denn auch Hiob, Moses und alle Heiligen bei dieser Gattung von Leiden große Geduld und Langmuth bewiesen haben. Und wann ist Christus wie ein stilles Lamm gewesen, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das vor seinem Scheerer verstummt, und seinen Mund nicht aufthut? War Er’s nicht damals, da Er von Menschen fälschlich angeklagt, verspottet, verurtheilt und gemartert wurde? Sprichst du: die Menschen thun mir unrecht, ich bin ihrenthalben unschuldig -: es sei also, aber den Jüngern Jesu geschah auch Unrecht, als sie von Anverwandten und ehemaligen Freunden der Gewalt tyrannischer Obrigkeiten überantwortet und von Jedermann gehaßt wurden, und doch hat ihnen ihr HErr die Geduld geboten. Wer hat aber mit einer so reinen Unschuld gelitten, wie Jesus, und wer ist in Seinem Leiden so still und sanftmüthig gewesen, als Er? Doch ist auch die Klage über Unrecht und der Vorwand wegen der Unschuld nicht immer gegründet. Viele werden von der Obrigkeit wegen ihrer Uebelthaten gestraft, aber Wenige sagen, wie der bußfertige Schächer: wir empfahen was unsere Thaten werth sind; die Meisten dünken sich unschuldig zu sein, oder doch die ganze Strafe nicht verdient zu haben. Auch wird im gesellschaftlichen Leben Mancher gescholten, weil er auch schilt, gehaßt, weil er auch haßt, hintangesetzt, weil es ihm an Treue, Demuth oder Geschicklichkeit fehlt, verachtet, weil er sich durch Worte und Werke verächtlich gemacht hat u.s.w., da dann, wenn man sich selbst mit erleuchteten Augen prüfet, der Ruhm von der Unschuld ganz verschwindet. Doch es sei also, daß man in Ansehung des Nächsten unschuldig leide; so besitze man seine Seele, das ist, man sei bei sich selber, man sei gefaßt und ruhig in seiner Geduld. Warum soll ich aber geduldig sein, da mein Nächster, der meines gleichen, oder geringer als ich, oder der wenigstens gottlos ist, das Recht nicht hat, diese Geduld von mir zu fordern? Wohlan, so hat doch Gott das Recht, sie zu fordern, und eben deßwegen nimmt die Ungeduld in solchen Fällen überhand, weil man nur auf die Menschen, und nicht auch auf Gott sieht, welcher unartige Menschen die Leute Seiner Hand heißt, folglich sie als Stecken oder Schwerter in die Hand nimmt, wenn Er uns scharf züchtigen will. Als Hiob von Gott geprüft werden sollte, so mußten böse Leute seine Heerden rauben, er aber sagte: der HErr hat’s gegeben, der HErr hat’s genommen: der Name des HErrn sei gelobt.
Mel.: Schwing dich auf zu deinem Gott.
1.
Faß die Seelen in Geduld, Fremdlinge der Erden,
Habt genug an Gottes Huld, Bald wird’s besser werden;
Der euch die Geduld befiehlt, Wird sie euch auch geben;
Und der Christen Leiden zielt Auf ein besser Leben.
2.
Wißt, der Teufel hasset euch, Weil ihr Christum liebet,
Und die Welt sucht, jenem gleich, Wie sie euch betrübet.
Seelen, haltet euch gefaßt, Droht man schon mit Morgen;
Euer HErr ward auch gehaßt, Und ist herrlich worden.
3.
Faßt euch, wenn euch Leid’s geschicht; Alles kann man rauben,
Aber euch die Gnade nicht, Euch nicht euren Glauben;
Euer Weg zum Vaterland Wird euch nicht verriegelt;
Ihr bleibt Jesu in der Hand Und vom Geist versiegelt.
4.
Jesu, fasse Du mich an, Halte meine Seele,
Daß sie muthig leiden kann, Daß die Welt sie quäle.
Dein Wort ist ein Trost für mich, Du sprichst nichts vergebens;
Auch im Tode faß’ ich Dich, Quelle meines Lebens!