Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Brief an die Galater
Gal .1
Mich wundert, daß ihr euch so bald abwenden lasset, von Dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, auf ein anderes Evangelium.
Gal. 1,6.
Keine Verfolgung und keine Reizungen der Wollust wurden den Galatern gefährlich: hingegen brachte sie der unbedachtsame Leichtsinn, oder die Untreue gegen die erkannte Wahrheit des Evangelii beinahe um ihren Gnadenstand. Sie ließen sich von dem himmlischen Vater, der sie in die Gnade Christi berufen hatte, auf ein anderes Evangelium abwenden, und zwar bald oder schnell, daß sich Paulus darüber wunderte. Vorher waren sie durch den Dienst Pauli von Gott in die Gnade Christi berufen worden, und hatten auch diese Gnade, welche Gerechtigkeit, Licht, Leben, Freiheit, Segen und Geistesgaben in sich faßt, durch den Glauben erlangt. Das Evangelium, durch welches sie berufen worden waren, war das wahre Evangelium. So lange sie dabei blieben, waren sie selige Leute. Es kamen aber in der Abwesenheit Pauli Leute zu ihnen, welche sich einen Anhang machen wollten, und sie überredeten, das Ceremonialgesetz, welches Gott den Juden gegeben hatte, sei der Weg zum Leben, und zwar nicht insofern es Vorbilder auf Christum enthielt, sondern insofern es mühsame Werke gebot. Sie sagten, diese Werke müsse man thun, damit man durch dieses Thun die Seligkeit erlange. Wie nun Paulus diesen Irrthum widerlegt habe, kann man in seinem ganzen Brief an die Galater finden. Im Anfang desselben bezeugte er seine Verwunderung über die schnelle Abkehr der Galater zu dem falschen Evangelio, welches sie doch ihrer vorigen Geisteskraft und ihres Friedens beraubte, und sie gleichsam in eine dürre und finstere Sandwüste führete. Es ist freilich immer wunderlich und beinahe unerklärlich, wenn ein begnadigter Christ seinen Gnadenstand verläßt, und sich zu etwas wendet, das ihm die Welt anbietet. In dem ersten Augenblick seiner Abkehr sollte er den Schaden merken, den er an seiner Seele leidet: allein ein Mensch kann sehr unvernünftig handeln. Er kann wie ein unverständiges Kind sich kostbare Kleinodien abschwätzen, und schlechte Scherben dafür geben lasen. Das Neue, so schlecht es auch ist, macht immer eine gefährlich Reizung bei ihm. Er kann also unbesonnen handeln, und sich selbst schaden, wie Einer, der bezaubert ist.
Zu unserer Zeit ist ein großer Theil der Christenheit es alten Evangelii, das Christus und die Apostel gepredigt haben, müde werden, und wendet sich zu einem andern unechten Evangelio, welches gelehrte Verführer so ausdenken, daß sie zwar das jüdische Ceremonialgesetz Niemand aufdringen, aber doch nur eine trockene Sittenlehre predigen, und dabei die Gottheit und Genugthuung Christi und die Wirkungen des Heiligen Geistes verläugnen. Die Sittenlehre soll also der Weg zum ewigen Leben sein. Sie selbst aber halten dieselbe nicht, und von ihren Anhängern kann keiner sie halten, weil sie Christum und Seinen Geist verläugnen. Was wird endlich aus diesem Allem werden? Der Abfall, von dem Paulus 2 Thess. 2. geweissagt hat, hernach eine greuliche Verführung zu der antichristlichen Religion: am Ende aber wird der Fluch, den Paulus Gal. 1,8.9. ausgesprochen hat, die Verführer so treffen, daß sie ihn fühlen werden. Wer also die Wahrheit erkannt, und die Gnade Jesu Christi erlangt hat, halte, was er hat, daß ihm Niemand seine Krone nehme.(Magnus Friedrich Roos)
Gal. 2
Ich lebe im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebet hat, und Sich selbst für mich dargegeben hat.
Gal. 2,20.
Paulus sagte Gal. 2,19.: er lebe Gott, hernach aber V. 20,: er lebe im Glauben des Sohnes Gottes. Wer also Gott leben will, muß im Glauben des Sohnes Gottes leben, und wer in diesem Glauben lebet, der lebet Gott. Ein Sünder kann nicht anders zu Gott nahen, als durch den Glauben an Seinen Sohn. Es ist aber dieser Glaube zuerst schwach und schwankend, wiewohl er auch alsdann schon zur Gerechtigkeit gerechnet wird: allein das geistliche Leben ist alsdann auch noch schwach, und das ganze Christenthum deßwegen mühselig. In Paulus aber hatte der Glaube seine rechte Stärke bekommen. Er durchdrang und belebte seinen ganzen Wandel. Was er im Fleisch lebte, das lebte er im Glauben des Sohnes Gottes. Wie sah aber der glaubige Paulus den Sohn Gottes an? Er sah Ihn als denjenigen an, der ihn geliebt habe. Wie und wann hat aber der Sohn Gottes den Paulus geliebt? Vielleicht nur damals, da Er ihm vom Himmel rief, oder da Er ihm seine Sünden vergab, seine Augen öffnete, und Seinen Heiligen Geist schenkte? Freilich liebte Er damals den Paulus, und hernach an Einem fort, und Paulus liebte Ihn auch, nachdem er Gnade erlangt hatte. Allein der Sohn Gottes liebte auch den Paulus zu einer Zeit, da Paulus Ihn noch nicht kannte und nicht liebte. Er liebte ihn und uns Alle mit einer unermeßlichen Liebe, da Er sich selbst für ihn und uns alle dargab. Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde. Darum preiset Gott Seine Liebe gegen uns, daß Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. Dieses glaubte Paulus. Dieser Glaube durchdrang und erfüllte sein Herz, und so lebte er im Glauben des Sohnes Gottes.
Es gibt Leute, die das geistliche Leben ohne den Glauben erreichen, und die Inwohnung Christi in ihnen ohne den Glauben genießen wollen. Diese gerathen in eine mühsame Anstrengung ihrer Seelenkräfte hinein, und stellen zum Theil auch strenge leibliche Uebungen an, bis sie, nachdem sie lang mühselig in der Finsterniß gesteckt sind, aus dem Evangelium durch das Licht des Heiligen Geistes wahrnehmen, daß nur der Glaube Christum gewinne und Seiner Inwohnung und Seines Lebens theilhaftig werde, und daß man vor allen Dingen herzlich glauben müsse. Christus hat mich geliebet und Sich selbst für mich gegeben, ehe man von hohen und tiefen Erfahrungen im geheimen geistlichen Leben sagen könne. So lange man unter dem Gesetz steckt, und so lange das Herz durch die verdammende Kraft desselben in einer steten Unruhe oder in einem finstern Mißvergnügen und Gram erhalten wird, so lange kann Sich Christus der Seele nicht als ihr Leben offenbaren. Man lasse sich also durch den Heiligen Geist, der Christum verklärt, vor allen Dingen zum Glauben bringen, so wird man auch des Lebens Jesu innerlich theilhaftig werden.
Es gibt aber auch Leute, welche den Glauben ohne das Leben Jesu zu haben meinen und wünschen. Sie sagen, sie glauben, daß Jesus sie erlöst habe, und sie hoffen, durch Ihn selig zu werden, daneben aber sind sie ungebundene eigenwillige Leute. Sie denken, reden und thun, was sie wollen. Allenfalls hüten sie sich vor dem Ausbruch grober Laster, sonst aber leben sie sich selber, hassen die Zucht, und wollen keinen Tod über ihre Seelenkräfte gehen lassen. Solche Leute sollen wissen, daß ihr Glaube eine Einbildung, und ihre Hoffnung ein Selbstbetrug sei.(Magnus Friedrich Roos)
Ich bin mit Christo gekreuziget; ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir; denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebet, und Sich selbst für mich gegeben hat.
Gal. 2,20.
Paulus pflegte zu sagen, die Glaubigen seien mit Christo der Sünde und dem Gesetz gestorben, und weil damals die Täuflinge unter das Wasser getaucht wurden, so nahm er daher Anlaß zu schreiben, man werde durch die Taufe mit Christo begraben. Wenn er in der Anwendung auf die Glaubigen von der Kreuzigung redete, so sagte er: ihr alter Mensch sei mit Christo gekreuziget, sie haben ihr Fleisch sammt den Lüsten und Begierden gekreuziget, und von sich selbst: durch das Kreuz Christi ist mir die Welt gekreuziget, und ich der Welt, s. Röm. 6. und 7. Kol. 2. Gal. 2. und 6. Gal.2. erzählte er, was er mit Petro zu Antiochia geredet, und wie er sowohl die vermeinte Rechtfertigung aus des Gesetzes Werken widerlegt, als auch die Nothwendigkeit, gewissen angesehenen Juden auf eine heuchlerische Art nachzugeben und gefällig zu sein, bestritten habe. Was den ersten Punkt anbelangt, so sagte er: ich bin durch’s Gesetz oder die Regel des Glaubens dem Gesetz der Werke gestorben; ich darf mich also so wenig als ein Todter vom Gesetz treiben lassen, meine Rechtfertigung durch Gesetzeswerke zu suchen: was aber das Ansehen der Juden und überhaupt der ganzen Welt anbelangt, so bin ich mit Christo gekreuziget. Diese Kreuzigung schließt auch den Begriff des Todes ein, aber auch zugleich den Begriff der Schmach. Paulus gab also hier und Gal. 6,14. zu verstehen: er habe sich einmal darein ergeben, mit Christo und um Christi willen das Wohlwollen der Menschen zu verleugnen, keines menschlichen Beifalls sich zu rühmen, den Menschen nie mit Verleugnung der Wahrheit gefällig zu sein, und sogar von der Welt als ein Gekreuzigter verabscheuet zu werden, gleichwie er sie auch verabscheue. Vielleicht rechnete er diejenigen aus der Beschneidung, wegen welcher Petrus geheuchelt hatte, nicht zu der Welt, von welcher er Gal. 6,14. redet: insofern er sie aber als Menschen ansahe, ihr Anhangen an den schwachen dürftigen Satzungen für ein Ueberbleibsel des fleischlichen Sinnes hielt, und bei dem Gebrauch seiner christlichen Freiheit befürchten mußte, von ihnen gerichtet zu werden, so war er auch ihretwegen mit Christo gekreuziget. Uebrigens gab er zu verstehen, daß er nun nicht mehr selber lebe, folglich nicht nach eigener Wahl, auch nicht in der Rücksicht auf seine fleischlichen Vortheile rede und handle; denn Christus lebe in ihm, und habe sein Herz im Besitz, und lenke es, wohin Er wolle. seine Gesinnung aber sei diese, daß er, was er im Fleisch lebe, im Glauben des Sohnes Gottes lebe, folglich über die Wahl der Speisen und der Tage, und über das Lob und den Tadel der Menschen weg sehe. Auf Christum seien seine Glaubensblicke immer gerichtet, der ihn geliebet, und Sich selbst für ihn gegeben habe. Einen solchen lautern Sinn pflanze der Heilige Geist auch in uns.(Magnus Friedrich Roos)
Gal. 3
Jesus war euch vor die Augen gemalt, als bei euch gekreuziget.
Gal. 3,1.
Paulus sagt 1 Tim. 6,16. von Gott, daß Ihn kein Mensch (nach Seinem eigenen göttlichen Wesen) gesehen habe, noch sehen könne. Weil Gott aber doch von den Menschen erkannt sein wollte, so redete Er nicht nur theils unmittelbar, theils mittelbar mit ihnen, sondern ließ Sich auch von ihnen zuweilen in einer angenommenen Gestalt, die sehr lehrreich war, und einen tiefen Eindruck machen konnte, sehen. Niemals aber hat sich das göttliche Wesen zum Sehen so deutlich und völlig geoffenbart, als da das wesentliche Wort Fleisch geworden war, und unter den Menschen wohnte. Damals konnte man zu den Menschen sagen: siehe, da ist euer Gott; siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt. Man konnte Seine Herrlichkeit als die Herrlichkeit des eingebornen Sohnes Gottes sehen. Er war das sichtbare Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Man sah Gnade, welche sich der Sünder erbarmet, und Wahrheit, welche allen Mangel erstattet, aus Ihm herausleuchten, weil Er voller Gnade, das ist voll von Zuneigung zu den Menschen, und voll Wahrheit, das ist voll von der wahrhaftigen Gottheit, die allein gut ist, war. Deßwegen konnte Er zu seinen Jünger sagen: selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet, und weil Er sich auch durch Worte offenbarte: selig sind die Ohren, die da hören, was ihr höret.
Von dieser Zeit an konnten die Apostel den Leuten Jesum vor die Augen malen, und alle Prediger des Evangeliums sollen’s nach ihrem Vorgang zu allen Zeiten thun. Man soll Ihn vor die Augen malen in Seiner menschlichen Gestalt, in Seiner Knechtsgestalt, und in Seiner Leidensgestalt, wie dieselbe von den Evangelisten unter der Leitung des heiligen Geistes nach der Wahrheit beschrieben worden ist. Man soll Ihn als einen göttlichen Lehrer und Wunderthäter, als den höchsten und ewigen König, und als den Hohenpriester, der die Menschen durch Sein Opfer versöhnt hat, beschreiben. Wer nur von dem höchsten Wesen, oder von der unsichtbaren Gottheit predigt, wer nur die Sittenlehre vorträgt, oder wer auch mit einer scheinbaren Weisheit von himmlischen, irdischen, unterirdischen, und vorweltlichen Dingen redet, und das Bild Jesu, wie es vor die Augen gemalt werden kann, wegläßt, erreicht seinen Zweck nicht, und kann keine geistlichen Kinder zeugen. Paulus malte den Galatern, als Er bei ihnen war, Christum so vor, daß es so viel war, als ob Er bei ihnen gekreuzigt worden wäre, und sie ihn also am Kreuz hängen sähen, und sagte ihnen zugleich mit klaren und kräftigen Worten, was Jesus, und was die Ursache und die Absicht Seiner Kreuzigung sei. So soll es ein jeder Prediger des Evangeliums machen. Wenn aber dieses geschieht, so soll dadurch Jesus in uns eine Gestalt gewinnen, wie Paulus Gal. 4,19. sagt, das ist, Seine Gestalt soll uns so eingedrückt werden, daß wir im Geist des Glaubens mit ihm gekreuzigt, gestorben, begraben, und auferweckt seien, folglich auch gesinnt seien, wie Er war, in Sein Bild von einer Klarheit zu der andern verklärt werden, und wandeln, wie Er gewandelt hat. Es geschehe solches auch in mir und den Meinigen immer völliger, und der gekreuzigte Heiland sei uns, so lange wir leben, göttliche Kraft und göttliche Weisheit!(Magnus Friedrich Roos)
Der Gerechte wird seines Glaubens leben.
Gal. 3,11.
Diese Worte, welche Hab. 2,4. stehen, hat Paulus sowohl Röm. 1,17. als auch Gal. 3,11. angeführt und daraus bewiesen, daß die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, aus Glauben in Glauben komme, und daß hingegen Niemand durch das Gesetz gerecht werde. Habakuk redet von dem Glauben in der Beziehung auf eine Weissagung, die zur rechten Zeit werde erfüllt werden, und auf die man, wenn sie auch verziehe, harren müsse. Er versichert auch, daß sie gewiß kommen und nicht verziehen werde. Hierauf sagt er: siehe, wer halsstarrig ist, wird keine Ruhe in seinem Herzen haben; denn der Gerechte lebt seines Glaubens. Halsstarrig sein, oder sich selbst in einen finstern Unmuth gleichsam verschließen, oder, wie Paulus Hebr. 10,38. schreibt, weichen, und sich dem tröstenden Wort Gottes entziehen, ist mit einem Wort der Unglaube, dem in der heiligen Schrift die schädlichsten Wirkungen und Folgen zugeschrieben werden. Bei dem Unglauben ist das Herz nicht aufrichtig, daß Gott ein Wohlgefallen daran haben könnte, wie Paulus Hebr. 10,38. sagt. Hingegen lebt der Gerechte durch den Glauben der Weissagung, wie Habakuk schreibt, oder, wie man jetzt sagen muß, durch den Glauben des Evangelii, welches die erfüllte Weissagung ist. Das Leben, welches der Gerechte durch den Glauben findet, und im Glauben führt, ist ein Leben unter dem Wohlgefallen Gottes, folglich ein Leben, wobei man die Gerechtigkeit hat, die vor Gott gilt, und durch diese Gerechtigkeit Friede mit Gott, und den Anfang des ewigen Lebens. Weil auch die Weissagung, auf die sich der Glaube bezieht, kein Gesetz ist, wie denn überhaupt das Gesetz, wie Paulus Gal. 3,12. sagt, kein Gegenstand des Glaubens, sondern des Thuns ist, und der Mensch, welcher durch dasselbe ein Leben in der Gerechtigkeit erlangen sollte, es durch’s Thun erlangen müßte, so schließt Paulus mit Recht aus den Worten Habakuks, in welchen das Leben aus dem Glauben hergeleitet wird, daß durch das Gesetz Niemand vor Gott gerecht werde. Was ist es aber für eine Weissagung, von welcher Habakuk geredet hat? Welche Weissagung ist so kostbar, so edel, so wichtig, daß der Gerechte, der sie glaubt, leben kann? Der Prophet hatte vorher über den Einfall der Chaldäer in’s jüdische Land und den Untergang des jüdischen Reichs traurige Klagen geführt. Diesen Klagen aber ist diese Weissagung entgegen gesetzt. Konnte aber diese Weissagung nur schlechthin von dem Fall Babels und von der Wiederkehr aus der babylonischen Gefangenschaft handeln? Keineswegs. Die Weissagung von dem Messias war immer der eigentliche Gegenstand des Glaubens aller Gerechten, und wer diese glaubte, lebte unter dem Wohlgefallen Gottes. Warum mußte Babel fallen? Warum durfte Israel von den Chaldäern nicht verschlungen werden? Warum geschahe alles Uebrige zur Zeit des Alten Testaments? Um des Messias willen, der unter Israel und im jüdischen Land auftreten sollte. Nun ist Er erschienen und aufgetreten. Gott hat das Erlösungswerk in der Mitte der Weltjahre lebendig gemacht oder dargestellt, Hab. 3,2. Die Weissagung ist zu einem Evangelio worden. Wer nun an Jesum glaubt, ist ein Gerechter, und lebt durch diesen Glauben unter dem Wohlgefallen Gottes ewiglich. Hallelujah.(Magnus Friedrich Roos)
Christus hat uns erlöst vom Fluch des Gesetzes, da Er ward ein fluch für uns.
Gal. 3,13.
Röm. 5. und 1 Kor. 3,13. hat Paulus unsern Stammvater Adam und Christum mit einander verglichen und gezeigt, wie das Todesurtheil und der Tod selber, welcher durch die Sünde Adams in die Welt gekommen, und zu allen Menschen durchgedrungen ist, durch Christum, welcher den Menschen Gerechtigkeit und ewiges Leben erworben habe, aufgehoben werde. Weil er aber Röm. 5,20. gesagt hatte, daß zu dem Sündenfall Adams, welcher uns dem Tod unterwerfe, das Gesetz hinzugekommen sei, damit der Verfall der Menschen noch deutlicher erkannt werde, ja weil er Gal. 3,19. bezeugt hatte, das Gesetz sei zu den ältern Verheißungen hinzugethan worden, damit die Sünden als Uebertretungen desselben besser erkannt würden, so war nöthig, daß er auch lehrete, wie Sich Christus und Seine Erlösung gegen das Gesetz verhalten. Bei den Galatern war diese Lehre besonders nöthig, weil diese sich zu dem Gesetz wenden wollten, um durch dasselbe ihre Gerechtigkeit und ewiges Leben zu suchen. Paulus hielt sich hiebei genau an den Buchstaben der heiligen Schrift, und weil dem Adam gedroht worden war, er sollte des Tode sterben, so brauchte Paulus, wenn er Christum ihm entgegenstellte, immer das Wort Leben. Weil aber in dem Gesetz auch der drohende Ausspruch enthalten war: verflucht sei, wer nicht bleibet in Allem dem, das geschrieben stehet im Buch des Gesetzes, daß er darnach thue: so brauchte Paulus, wenn er von Christo im Gegensatz das Gesetz redete, das Wort Segen. Christus, sagte er, ward ein Fluch für uns, auf daß der Segen Abrahams, nämlich der Segen, von dem Gott mit Abraham geredet hatte, über die Heiden käme. Wenn ein Sünder ohne Gnade stirbt, so kann er für sich selbst wegen des Mangels der Gerechtigkeit nicht mehr zum Leben gelangen. Sein Leib und seine Seele bleiben einem Tod, welcher nicht in der Vernichtung, sondern in einem peinlichen Zustand besteht, unterworfen. Und wenn ein Sünder verflucht wird, so kann er keinen Segen mehr von sich selbst erlangen, weil es ihm an der Gerechtigkeit fehlt. Christus aber starb für uns, wegen Seiner Gerechtigkeit aber, die Er als Mittler hatte, wurde Er wieder lebendig, ja eine Lebensquelle für uns. Er wurde ein Fluch für uns; aber wegen Seiner Gerechtigkeit wurde Er nicht nur mit einer ewigen Herrlichkeit gesegnet, sondern auch eine Segensquelle für uns. Gleichwie Paulus Röm. 10,20. von dem Jesaias sagt, er habe kühn geredet, also darf man auch von ihm selbst sagen, er habe kühn geredet, da er gesagt: Christus ward ein Fluch für uns. Der ganze Fluch des Gesetzes wurde nämlich auf Ihn gelegt, weil Er Sich ergeben hatte, vor Gott unsere Stelle zu vertreten. Hiemit hat Er uns aber von dem Fluch des Gesetzes erlöset, daß derselbe uns, wenn wir durch den Glauben an Ihn gerecht worden sind, nicht treffe, sondern das Wort an uns erfüllt werde, das Gott zu Abraham gesagt hatte: durch deinen Samen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. Dieser Segen verhilft zur Gabe des Heiligen Geistes, folglich auch zur Kindschaft Gotte und zur Erbschaft des ewigen Lebens. Dank sei Dir, HErr Jesu, daß Du ein fluch für uns geworden bist: der Segen komme um Deinetwillen auf uns und unsere Kinder!
Gal. 4
Gott hat gesandt den Geist Seines Sohnes in eure Herzen.
Gal. 4,6.
Gott ist ein überall gegenwärtiger Geist, dessen Kraft alle Dinge erhält, durch alle Geschöpfe und in allen Geschöpfen wirkt, allen Menschen die Herzen lenkt, der den Geist, das ist den Muth, ganzer Völker und einzelner Menschen erweckt, 2 Chron. 21,16., und den Menschen Talente, das ist Gaben, gibt, und bis zum Tag des Gerichts überläßt, wenn sie auch untreu damit umgehen, Matth. 25,15.18. u.ff. In Ihm leben, weben und sind wir, Ap. Gesch. 17,28. Dieses Alles aber ist noch nicht dasjenige, was die heilige Schrift andeutet, wenn sie von dem Heiligen Geist, von dem Geist des Vaters und des Sohnes, der das Siegel der göttlichen Kindschaft und das Angeld des himmlischen ist, redet. Bei jenen allgemeinen Wirkungen Gottes kann man noch unwiedergeboren sein und verloren werden, ob man schon dabei gleichsam eine Axt ist, mit welcher der große Gott hauet, oder ein Mensch, das ist ein Werkzeug, der Hand Gottes heißen kann, Jes. 10,15. Ps. 17,14. Welche aber der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder und Erben, Röm. 8,14.17., und eben deßwegen, weil sie durch die Wiedergeburt und den Glauben an Christum Kinder Gottes worden sind, hat Gott den Geist Seines Sohnes in ihre Herzen gesandt, der da schreiet: Abba, lieber Vater, Gal. 4,6. Der Geist Gottes wird niemals der Geist des Menschen, wohl aber der Geist des Sohnes Gottes genannt, und eben dadurch wird angezeigt, daß der Sohn Gottes von allen Menschen unterschieden und wahrhaftiger Gott ist, denn wessen Geist der Geist Gottes ist, der ist selber Gott. Es wird aber dieser Geist in die Herzen der Glaubigen gesandt, Er wohnet in ihnen, und offenbart Sich durch verschiedene Wirkungen als der Geist der Weisheit, Erkenntniß, Kraft, Liebe, Zucht u.s.w. Die Glaubigen werden durch die Inwohnung dieses Geistes nicht nur Werkzeuge, sondern auch Tempel Gottes, und da die Weisen dieser Welt Gott nach Seiner allmächtigen Wirkung und herzlenkenden Kraft so dienen, daß sie Seine Absichten ohne, ja oft wider ihren Willen befördern, unter allen aber ihre eigene Ehre und ihren eigenen Nutzen zum Zweck haben, so macht hingegen der Geist des Sohnes Gottes diejenigen, in denen Er wohnet, tüchtig, nicht ihnen selbst, sondern Demjenigen zu leben, der für sie gestorben und wieder auferstanden ist. Ihre Werke sind wahrhaftig gute Werke und eine Frucht des Geistes, sie leiden auch dabei gern um Seines Namens willen, und begehren ihren Lohn nicht in dieser Welt zu empfangen. Wer nur die allgemeinen Wirkungen Gottes in seiner Seele erfährt, oder wer nur solche Gaben von Ihm empfangen hat, die Er in die ungeheiligte Natur eines Menschen legen kann, ist noch ein Knecht der Sünde, und läuft, wenn keine Sinnes-Aenderung und Wiedergeburt in ihm vorgeht, mit einem unruhigen Gewissen der Hölle zu: der Geist des Sohnes Gottes aber heiliget die Seele, wird durch eine jede Untreue betrübt, führt auf ebener Bahn, zeuget mit dem Geist des Menschen, daß er ein Kind Gottes sei, und richtet dadurch Frieden mit Gott in dem Herzen an. Der Uebergang von der allgemeinen Wirkung Gottes zu der Empfahung des Heiligen Geistes ist sehr wichtig und nöthig. Bei demselben wird dem Menschen offenbar, daß seine vorigen Werke (gesetzt, daß sie auch einigen Nutzen geschafft hätten) um seines Herzens willen unrein und verwerflich gewesen seien, daß er mit demselben unter dem Zorn Gottes gestanden sei, und daß er ganz untüchtig sei, etwas wahrhaft Gutes zu thun. Wenn ihm aber Gott Gnade und Seinen Geist schenkt, so wird er ein Gefäß der Barmherzigkeit, und zu allem guten Werk tüchtig. (Magnus Friedrich Roos)
Gal. 6
Ein Jeglicher prüfe sein selbst Werk, alsbald wird er an ihm selber Ruhm haben, und nicht an einem Andern.
Gal. 6,4.
Paulus hatte vorher von dem rechten Verhalten gegen einen Menschen geredet, der unartig handelt, oder von einem Fehler übereilt wird und gesagt, diejenigen, die geistlich seien, sollen ihm mit sanftmüthigem Geiste wieder zurecht helfen. Weil es aber in diesem Falle oft geschieht, daß derjenige, der des Andern Uebereilung weiß, sich etwas darauf einbildet, daß er sich nicht so übereilt habe, und seinen Ruhm in dem Vorzug sucht, den er vor dem Andern habe, so sagt Paulus: ein Jeglicher prüfe sein selbst Werk, oder sein eigenes Thun, alsdann wird er, wenn sein Thun rechtschaffen ist, an sich selbst, oder wegen seines eigenen Zustandes Ruhm haben, und nicht nöthig haben, seinen Ruhm auf die Vergleichung mit einem Andern zu bauen. Freilich ist nöthig, daß ein Jeglicher sein eigenes Thun untersuche; denn ein Jeglicher wird am Tage des Gerichts seine eigene Last tragen, V. 5., oder sein eigenes Thun verantworten müssen. Der Richter wird einem Jeglichen geben, wie sein Werk bei der Entdeckung desselben sein wird, Offenb. 22,12. Wie soll ich aber mein eigenes Thun prüfen? So daß ich es nicht mit der Sitte meines Vaterlandes, mit dem Thun Anderer, die vielleicht auch verwerflich sind, oder mit den menschlichen Schilderungen der christlichen Rechtschaffenheit, sondern mit dem Worte Gottes vergleiche, und darnach beurtheile. Will ich den Brief Pauli an die Galater dazu benutzen, so kann ich die Worte Paulus Gal. 5,19-23. als eine Prüfstein gebrauchen: offenbar sind die Werke des Fleisches, als da sind Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht, Rotten, Haß, Mord, Saufen, Fressen und dergleichen, von welchen ich euch habe zuvor gesagt, und sage euch noch zuvor, daß, die solches thun, werden das Reich Gottes nicht ererben. – Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit. Wider solche (Leute) ist das Gesetz nicht. Sie sind in Christo Jesu, und stehen in der Gnade. Ferner: wenn ich mit des Gesetzes Werken umgehe, und durch mein eigenes Thun mich dem großen Gott beliebt und des ewigen Lebens würdig machen will, so bin und bleibe ich unter dem Fluch, denn Paulus sagt Gal. 3,10.: die mit des Gesetzes Werken umgehen, sind unter dem Fluch; wenn ich aber durch den Glauben an Christum Gerechtigkeit, Geist, Leben, Segen und Freiheit erlangt habe, und als ein Solcher wandle, so bin ich ein Kind Gottes, stehe in der Gnade des Neuen Testaments, und habe das himmlische Erbe zu gewarten. Auf eben diese Weise kann mir das ganze Wort Gottes und das Vorbild Christi, wie auch das Beispiel Seiner echten Jünger ein Prüfstein sein: nur ist nöthig, daß bei dieser Prüfung Gott, der ein Licht ist, mich und einen Jeden erleuchte, damit wir uns selbst unparteiisch und nach der Wahrheit richten können, und entweder unsers Gnadenstandes immer mehr vergewissert, oder von unserer Heuchelei und Gottlosigkeit zu rechter Zeit, da noch zu helfen ist, überführt werden, aber auch im ersten Fall unsere Mängel in der Heiligung einsehen, und nach der Empfahung eines größern Maßes der Gnade begierig werden. (Magnus Friedrich Roos)
Lasset uns aber Gutes thun, und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören.
Gal. 6,9.
Paulus hatte in dem Brief an die Galater sehr ernstlich und ausführlich behauptet, daß der Sünder allein durch den Glauben die Gerechtigkeit, den Geist, das Leben, den Segen, und den freien Zustand der Kindschaft Gottes erlange. Viele Leute nun sind so gearbeitet, daß sie die Lehre vom Glauben nur obenhin hören, da sie ihnen dann leicht und seicht zu sein deucht. Wenn man aber nur dasjenige erwägt, was man nach dem Zeugniß Pauli durch den Glauben erlangt, so kann man alsbald erkennen, daß der Glaube etwas sehr Wichtiges und Edles, ja daß er nicht Jedermanns Ding sei. Ueberdieß war Paulus gewohnt, ohne sich zu widersprechen, wenn er vom Glauben gehandelt hatte, alsbald Ermahnungen zu einem heiligen Wandel hinzuzuthun, welche vergeblich gewesen wären, wenn er nicht gewußt hätte, daß der Sünder durch den Glauben verändert und tüchtig gemacht werde, diesen Ermahnungen zu folgen. Nach dieser Weise schrieb er an die Galater: lasset uns Gutes thun, und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören. Ein Glaubiger soll also durch die Geisteskraft, die er empfangen hat, Gutes thun, und wenn ihm sein Dienst lang zu währen scheint, und dem Guten, das er thun will, viele Hindernisse entgegen stehen, nicht müde oder verdrossen werden, und auch die Geisteskraft zum Gutesthun nicht verlieren. Das Aufschauen auf Jesum und die Hoffnung der ewigen Ernste gibt von Zeit zu Zeit neuen Muth, und die Geisteskraft, die er von dem HErrn empfängt, ist an sich selbst etwas Unvergängliches und derjenigen Abnahme der Kräfte, welche sonst das Alter mit sich bringt, nicht unterworfen. Man lasse also immer seine Lenden umgürtet und sein Licht brennend sein. Man sei fleißig im Dienst des HErrn, es sei nun, daß man in dieser Welt Ehre oder Schande, Vortheile oder Verlust davon habe. Dieses Alles ist gering, wandelbar und vergänglich: Eines aber ist gewiß, wichtig und ewig, nämlich dieses, daß derjenige, der hier bis an sein Ende Gutes gethan hat, ohne Aufhören ernten werde. Gutes thun ist die Saat: was ist aber die Ernte? Die Empfahung des ewigen Lebens nach seiner Vollkommenheit, V. 8. Ps. 126,5. wird angedeutet, daß ein Knecht Gottes nicht ohne Thränen säe, aber dagegen mit Freuden ernten werde. 2 Kor. 9,6. wird der Ernte so gedacht, daß sie den Gnadenlohn bedeutet, dessen Maß nach dem Maß des Guten, das man gethan hat, eingerichtet sein wird. Das Säen währt eine kurze Zeit: aber die Ernte hört nimmer auf. Ach wenn die öffentliche fröhliche Ernste am jüngsten Tag angehen wird, so wird Jedermann Gutes ernten wollen; aber Paulus ruft den sterblichen Menschen V. 7. zu: irret euch nicht, Gott lässet Seiner nicht spotten. Was der Mensch säet, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch säet, wer Alles nur zur Vergnügung seiner natürlichen Lüste thut, wird von dem Fleisch das Verderben ernten: wer aber auf den Geist säet, und seine geistlichen Kräfte durch Gutesthun anwendet, und vermehrt, wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Der HErr vergebe uns unser böses Thun, und mache uns tüchtig zu allem guten Werk, und schaffe in uns, was vor Ihm gefällig ist. (Magnus Friedrich Roos)
Als wir denn nun Zeit haben, so lasset uns Gutes thun.
Gal. 6,10.
Obgleich Paulus in dem Brief an die Galater und in allen seinen Predigten und Schriften deutlich und nachdrücklich gelehrt hat, daß der Sünder nicht anders, als durch den Glauben an Christum, Gnade bei Gott erlangen könne, so hat er doch mit einem nicht geringeren Ernst auch auf einen heiligen Wandel und auf das Gutesthun gedrungen. Er hat aber nicht so darauf gedrungen, daß es das Ansehen gehabt hätte, als ob er dadurch seine Lehre vom Glauben und von der Gnade umstoße, ja er hat dasjenige, was er vom Gutesthun lehrte, nicht einmal als eine von dem übrigen Evangelio abgesonderte Lehre vorgetragen, sondern er hat das Gutesthun aus dem Glauben und aus der Gnade hergeleitet, und deßwegen meistens am Ende seiner Briefe, worin er die Glaubenslehren vortrug, von jenem Thun gehandelt. Nach seiner Lehre empfängt nämlich ein Christ, dem seine Sündenschuld und tiefe Verderbniß aufgedeckt worden, durch den Glauben an Christum nicht nur die Vergebung seiner Sünden, sondern auch Licht, Leben, Segen, die Kindschaft Gottes und das Siegel derselben, den Heiligen Geist. Ein glaubiger Christ ist in Christo Jesu, und Christus Jesus wohnt und lebt in ihm: wie kann es also anders sein, als daß ein Glaubiger auch Seine Gebote halte und Gutes thue? Diejenigen, die ohne den Glauben an Jesum mit des Gesetzes Werken umgehen, folglich aus eigenen Kräften fromm sein wollen, beschreibt Paulus als zänkische und bissige Leute, Röm. 2,8. Gal. 5,15., als Leute, welche die Schmach Christi fliehen, und überhaupt fleischlich gesinnt seien: da er hingegen die Glaubigen immer als geistliche und geistlich gesinnte Leute, die sich im Gutesthun üben, schildert. Doch war auch Paulus nicht von denjenigen, welche sagen: bei dem Glauben an Christum Jesum gibt sich Alles selber; die Glaubigen bedürfen also keine Gebote, Warnungen und Ermahnungen. Er wußte wohl, daß auch in ihnen das Fleisch noch wider den Geist gelüste, und daß neben der Aufmunterung zum Glauben ihnen zuweilen ein Zuspruch, welcher die Form einer Ermahnung, eines Gebots oder einer Warnung und Drohung hat, nöthig und nützlich sei. Er schrieb deßwegen auch den Galatern, von denen er hoffen durfte, daß sie durch das erste Kapitel seines Briefs wieder auf den Glaubensweg zurückgeführt worden seien, scharfe Warnungen, die Gal. 5,20.21. und K. 6,7.8. stehen, und nach denselben die Ermahnung: als wir nun Zeit haben, so lasset uns Gutes thun. Man hat nicht immer Zeit dazu, darum soll man sie dazu anwenden, alldieweil sie da ist. Auch so lange die Zeit des irdischen Lebens währt, entwischt demjenigen, der sich lange besinnt und träg ist, zuweilen eine Zeit oder Gelegenheit, Jemand Gutes zu thun, und er fühlt hernach deßwegen eine scharfe Bestrafung in sich selber. Uebrigens geht die ganze Zeit, Gutes zu thun, und dadurch auf den Geist zu säen, mit dem Tod, der von keinem Lebendigen weit entfernt ist, zu Ende. Die kurze Lebenszeit, die man auf Erden zubringt, ist die Saatzeit: denn wenn die Seele von dem Leib weggenommen ist, so fängt bei ihr schon die Ernte an. (Magnus Friedrich Roos)