Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 140. Psalm.
1. Ein Psalm Davids, vorzusingen. 2. Errette mich, HErr, von den bösen Menschen; behüte mich vor den frevelhaften Leuten, 3. Die Böses gedenken in ihrem Herzen, und täglich Krieg erregen. 4. Sie schärfen ihre Zunge, wie eine Schlange; Otterngift ist unter ihren Lippen, Sela. 5. Bewahre mich, HErr, vor der Hand der Gottlosen; behüte mich vor den frevelhaften Leuten, die meinen Gang gedenken umzustoßen. 6. Die Hoffärtigen legen mir Stricke, und breiten mir Seile aus zum Net, und stellen mir Fallen an den Weg, Sela. 7. Ich aber sage zum HErrn: Du bist mein GOtt; HErr, vernimm die Stimme meines Flehens. 8. HErr HErr, meine starke Hilfe, du beschirmest mein Haupt zu der Zeit des Streits. 9. HErr, lass dem Gottlosen seine Begierde nicht; stärke seinen Mutwillen nicht, sie möchten sich‘s erheben, Sela. 10. Das Unglück, davon meine Feinde ratschlagen, müsse auf ihren Kopf fallen. 11. Er wird Strahlen über sie schütten, er wird sie mit Feuer tief in die Erde schlagen, dass sie nimmer nicht aufstehen. 12. Ein böses Maul wird kein Glück haben auf Erden, ein frevelhafter böser Mensch wird verjagt und gestürzt werden. 13. Denn ich weiß, dass der HErr wird des Elenden Sache und der Armen Recht ausführen. 14. Auch werden die Gerechten deinem Namen danken, und die Frommen werden vor deinem Angesicht bleiben.
Der 140. Psalm hat 1) die Überschrift: Ein Psalm Davids. Das dreimal wiederholte Wörtlein Sela und die darauf folgende Anrede: HErr: gibt zu erkennen, wie David einen dreimaligen Anlauf im Gebet nimmt, und mit immer steigenden Ernst anhält, dass ihn GOtt von seinen Feinden erretten wolle. Zuletzt aber zeigt er sich gestärkt durch Erhörung seines Gebets, und von dem Ende, das GOtt in der Sache machen werde, versichert, spricht er das Urteil über alle seine Verfolger, und tröstet zugleich die Gerechten. 2) Der erste Zugang zu GOtt mit demütiger Bitte um Errettung von den Feinden und dem bisher schon erlittenen Unrecht, V. 2-4. 3) Kommt vor ein aufs neue genommener Anlauf mit der Bitte, um Bewahrung vor seinen Feinden und der künftig bevorstehenden Gefahr, V. 5. 6. 4) Im dritten Anlauf betreibt er die gesamte Erhörung seines Gebets und lässt noch vor der Bitte ein Bekenntnis seines guten Vertrauens auf GOtt hergehen, V. 7-9. 5) Große Freudigkeit auf den Ausgang, den GOtt machen, und auf die Frucht, so es bei allen Gerechten schaffen werde, V. 10-14. Bewährter Vorteil!
Wenn mein Gemüt entbrennt,
So hab' ich mich gewöhnt,
Vor Deinen Thron zu treten,
Mit Herz und Zung zu beten:
HErr, zeige Deinem Knechte,
zu tun nach Deinem Rechte!
Da kommt mehr heraus, als wenn man sich ins Klagen gegen die Menschen ausschüttet. Aber mit dem köstlichen Sagen zum HErrn: Du bist mein GOtt, muss es freilich seine Richtigkeit haben, Dass der Glaube seine Zuversicht auf den allmächtigen GOtt setzt, die Hoffnung zu diesem Fels der Ewigkeit sich alles Guten beständig erfleht, und die Liebe sich unter Allem an der Leutseligkeit GOttes vergnügt, und sich Ihm ganz zu eigen hingibt; hinter einer solchen Übung lässt sich Manches auswarten. Der Gottlose ist wie ein Wetter, das vorübergeht; wenn er schon manche Spuren der Verwüstung hinter sich lässt, so ist das etwas Geringes gegen GOttes Güte, deren die Erde voll ist, und worüber die Gerechten immer fröhlich sein sollen.