Rieger, Carl Heinrich - Nahum - Das erste Kapitel
kündigt der Stadt Ninive ihr Strafgericht so an, dass eine majestätische Beschreibung von GOtt, dessen Eigenschaften und Regierung vorangeht, durch welche Vorstellung zugleich der Niniviten Sicherheit widerlegt, und alle Hoffnung zu abermaligem Aufschub der Strafe abgeschnitten wird.
I. Der Prophet fängt gleich nach der Aufschrift seiner Weissagung mit einer majestätischen Beschreibung GOttes an.
1. Dies ist die Last über Ninive, und das Buch der Weissagung Nahums von Elkos. 2. Der HErr ist ein eifriger GOtt und ein Rächer, ja ein Rächer ist der HErr und zornig; der HErr ist ein Rächer wider seine Widersacher, und der es seinen Feinden nicht vergessen wird. 3. Der HErr ist geduldig und von großer Kraft, vor welchem Niemand unschuldig ist: Er ist der HErr, des Wege im Wetter und Sturm sind, und unter Seinen Füßen dicker Staub; 4. Der das Meer schilt und trocken macht, und alle Wasser vertrocknet. Basan und Carmel verschmachten; und was auf dem Berge Libanon blüht, verschmachtet. 5. Die Berge zittern vor ihm, und die Hügel zergehen; das Erdreich bebet vor ihm, dazu der Weltkreis, und alle die darinnen wohnen. 6. Wer kann vor seinem Zorn stehen, und wer kann vor seinem Grimm bleiben? Sein Zorn brennet wie Feuer, und die Felsen zerspringen vor ihm. 7. Der HErr ist gütig und eine Feste zur Zeit der Not; und kennt die, so auf ihn trauen. 8. Wenn die Flut überläuft, so macht Er es mit derselbigen ein Ende; aber seine Feinde verfolgt Er mit Finsternis.
In dieser Beschreibung GOttes sieht der Prophet meist auf dessen ernstliches Verhalten gegen die Bösen; doch kommt gegen den Schluss noch ein lieblicher Strahl dazwischen hinein, von Seiner Freundlichkeit gegen die, so ihre Zuflucht zu Ihm nehmen. Alles in GOtt ist den Bösen schrecklich, Alles ist Denen, die Zuflucht zu Ihm nehmen, tröstlich. Der Eifer GOttes wird oft in der Schrift angezogen. Eifer hat eine verletzte Liebe zum Grund, und geht entweder über die, so man durch solchen Eifer wieder auf ihre Liebespflicht zurückführen will, oder wider die, die sich an dem Geliebten vergreifen, und durch deren Wegräumung man nun dem Geliebten Lust machen will. Die vormals bewiesene Geduld, und die Kraft, auch in die Länge über derselben zu halten, gibt, wenn endlich GOttes Zeit kommt heimzusuchen, Seinen Gerichten einen besonderen Stachel in der Menschen Gewissen, der aber bei einer endlichen Demütigung noch gar heilsam werden kann. Man kann nichts furchtbarer bestrafen, als was man vorher einige Zeit mit Geduld getragen hat. GOtt kann an einzelnen Menschen und an ganzen Völkern solche Langmut brauchen, die uns unbegreiflich ist, Er kann aber auch solche Gerichte ergehen lassen, deren Gerechtigkeit erst der Ausgang bei der Offenbarung Seiner Gerichte rechtfertigen kann.
II. Aus dieser majestätischen Beschreibung GOttes leitet nun der Prophet den Schluss über Ninive her, dass ihr Gericht wohl verdient, und daher auch unvermeidlich sei.
9. Was gedenkt ihr wider den HErrn? Er wird es doch ein Ende machen; es wird das Unglück nicht zweimal kommen. 10. Denn gleich, als wenn die Dornen, so noch in einander wachsen und im besten Saft sind, verbrannt werden, wie ganz dürres Stroh: 11. Also wird sein der Schalksrat, der von dir kommt, und Böses wider den HErrn gedenkt. 12. So spricht der HErr: Sie kommen so gerüstet und mächtig, als sie wollen, sollen sie doch umgehauen werden und dahin fahren. Ich habe dich gedemütigt: aber ich will dich nicht wiederum demütigen. 13. Alsdann will Ich sein Joch, das du trägst, zerbrechen, und deine Bande zerreißen. 14. Aber wider dich hat der HErr geboten, dass deines Namens Same keiner mehr soll bleiben. Vom Hause deines GOttes will ich dich ausrotten, die Götzen und Bilder will ich dir zum Grabe machen; denn du bist zunichte geworden.
Wenn man die lästerlichen Worte, die der Assyrische König Sanherib durch seine Diener wider den GOtt Israels hat ausstoßen lassen, mit diesem ihm und seinem Samen hiermit gesprochenen Endurteil vergleicht, so kann man sehen, wie unvermögend auch der mächtigste Mensch auf Erden gegen den HErrn vom Himmel ist, und wie ineinander gewachsene Dornen, wohl projektierte, aller Orten her unterbaute, durch Gemeinschaft der Bösen befestigte Absichten, im besten Saft, ehe sie gar reif werden, wenn das Menschenherz noch voll ist, Böses zu tun, von GOttes Zorn so plötzlich können dahingerissen werden. Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen GOttes und in Seine Rache zu fallen. Wohl Allen, die auf Ihn trauen!