Passavant, Theophil - Jakobs Kampf - 3. Sie wissen nicht, was sie thun.

Passavant, Theophil - Jakobs Kampf - 3. Sie wissen nicht, was sie thun.

Seit jenem traurigen Handel um das Linsengericht, hatten beide Brüder lange ohne Blut und Wunden in kaltem Frieden mit einander gelebt; es kam aber ein Tag, da der schwache Vater, alt geworden, seinen größeren Sohn zu sich rief; er wollte noch Wildpret von dessen Jagd und Hand vor seinem Tode genießen: Mache mir ein Feingericht, wie ich's gerne habe, und bringe mir's herein, daß ich esse, und dich meine Seele segne, ehe ich sterbe. 1. Mos. 27.

Da ward Rebecca bange; der Segen des Vaters und Gottes, der Segen Israel, des Volkes Gottes, Abraham's Segen, war dem Jüngeren verheißen worden (1. Mos. 25, 23.); die Mutter und der Sohn hatten für sich Gottes Wort und Treue; sie hatten billig diesem theuern werthen Worte trauen sollen, und stille bleiben; Gott ist ja nicht ein Mensch, daß Er lüge, noch ein Menschenkind, daß Ihn etwas gereue. Sollte Er Etwas sagen, und nicht thun? Sollte Er Etwas reden, und nicht halten (4. Mos. 23, 19.)? Aber was ist ungläubig, wie des Menschen Geist, und was ist unruhig, wie das Herz der Menschen? Rebecca hörete jene Worte, die Isaak zu seinem Sohne Esau sprach; es wird ihr bange, Jakob werde um seinen Segen kommen; sie rufet eilig ihren Geliebten her; sie stößt ihm ihre Angst und ihre Unruhe ein; sie beredet ihn, seinem Bruder zuvorzueilen, zu täuschen durch Esau's Kleider, durch rauhe Haare, durch das liebe Wildpret und Feingericht, den blinden Vater, und Jakob läßt sich überreden, und thut's. Also trat Jakob zu seinem Vater Isaak, und da ihn sein Vater begriffen hatte, sprach er: Die Stimme ist Jakob's Stimme, aber die Hände sind Esau's Hände. Und er kannte ihn nicht, denn seine Hände waren rauh, wie Esau's, seines Bruders, Hände, und er segnete ihn. Und er sprach zu ihm: Bist du mein Sohn Esau? Er antwortete: Ja, ich bin's. l. Mos. 27. So bekommt der schuldige Sohn jenen Segen, in welchem ihm die Größe seiner Nachkommen geweissagt, die Herrlichkeit seines Volkes Israel verheißen und gesichert wird; in ihm, aus ihm, das Erbe der Welt und das Heil der Völker. Der treue und allmächtige Gott bedurfte freilich nicht der Sünde der Mutter, des Sohnes, ihnen das Gottes Wort zu halten, das Er ihnen gegeben; Er ist groß, unser Gott; wir sind oft sehr klein. Im Stillesein und Hoffen würde eure Stärke sein; aber ihr wollt nicht. Jes. 30,15.

Von dieser Stunde an war keine Ruhe mehr in diesen Herzen, keine Freude, kein Friede, in Isaak's Familie. O Freund, ein Mensch, ein Bruder soll seinen Bruder nicht täuschen; Wahrheit, Wahrheit über Alles, Wahrheit in Allem, in großen Sachen, in kleinen Sachen, Wahrheit in den guten Tagen und den bösen Tagen; Wahrheit im Herzen, auf den Lippen, im Auge, - das ist göttlich Recht, göttliche Sitte, göttlicher Wille; sonst haben wir Gott nicht mit uns, Er ist nicht für uns; Liebe ist nicht in der Lüge, noch Glaube, noch Treue, noch Vertrauen; - Lüge bringt sonst keinen Segen, lügen keinen Frieden, und hätte es uns noch so viel Unangenehmes ersparet und so viel Köstliches verschafft, uns tausend Stücke Silber oder Gold eingebracht, - nicht Engel des Herrn, nein, Satan, der Lügner von Anfang, hat es uns in die Hand gedrückt; schauderst du nicht davor? Ja, Wahrheit ist vom Himmel, die Lüge aber, sie bringet allerlei finsteres, unruhiges, unseliges Wesen, das von der Hölle ist, in's Herz, in's Haus herein; sie streuet Disteln auf unsere Wege und scharfe Dornen auf unseren Gang; und wann's ausgewittert und aufgedeckt wird, da wachet der Hölle Brut auf, Mißtrauen, Zorn, Fluch, schwere Sünden, Jammer. Das weiß der Christ, und er vergißt jener Worte nicht: Darum leget die Lüge ab, und redet die Wahrheit, ein Jeglicher mit seinem Nächsten: sintemal wir unter einander Glieder sind. Eph. 4, 25. Und wieder: Ihr seid allzumal Kinder des Lichts, und Kinder des Tages; wir sind nicht von der Nacht, noch von der Finsterniß. 1. Thess. 5,5.

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