Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 29. Und Er segnete ihn daselbst.

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 29. Und Er segnete ihn daselbst.

Das Ende jeden heiligen Kampfes ist Segen, Gottes Segen. Bereuest du dann die Thränen, die Arbeit, das Kreuz, die zeitliche Trübsal, die Hitze, die vergessen wird bei den lebendigen Wasserquellen?

Weißt du, was der Segen dieses Gottes ist? Junger Mann, oder alte Seele, weißt du, daß ohne diesen Segen Alles, und das Schönste, Köstlichste, Nichts ist, nichts, denn eine leere Täuschung, Wahn, Sand und Tand, und oft Verderben und Jammer der Seelen? Hast du je nach diesem Segen des Höchsten gefragt? Nur die Wenigsten fragen darnach; nur die Allerwenigsten wissen davon.

Es hat ein Weiser aus Jakob's späteren Nachkommen gesprochen: Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser, aber der Mutter Fluch reißet sie nieder. Sir. 3,11. Ich habe immer vor diesem Spruche zittern müssen, als vor einer Wahrheit, die sich vom Anfang der Welt her - bekannt und auch verborgen - mit einem schweren Ernste bewähret; als vor einer geheimen Macht, die, von Gottes wegen, über Vieles in der Welt verfüget, und ist größer denn die Menschen, denn die Eltern und die Kinder sind. Wer - und auch unter den vielen Kindern des Leichtsinns - wer hat nicht zu irgend einer Stunde, ein Mal oder mehr nach dem Segen eines guten, frommen Vaters begehret, und wen hat es nicht lange, oft bis ans Ende verfolgt, der darnach nicht begehret, oder der keinen empfangen, dazu noch der Mutter Fluch empfing, der Mutter, die uns unter ihrem Herzen getragen hat, und ihr Kind mit Schmerzen gebar? Hast du denn nur Einen Segen, mein Vater, rief der wilde Esau dem alten Isaak zu, als Jakob ihn um den Segen der Verheißung hinterlistet hatte. Segne mich auch, mein Vater; und er erhob seine Stimme, und weinete. 1. Mos. 27,38.

Und sind's doch nur arme, sterbliche Menschen, deren letzte Worte auf ihrem Sterbebette ausgesprochen, Segen oder Fluch, Gutes oder Schreckliches, in sich tragen, was weit über ihren Tod und ihr Grab hinaus sich über ihre Kinder und Kindeskinder erstrecket, und ihre Herzen schrecket, oder sie fröhlich macht. Aber es ist der Heilige, der das Gebot: Ehre Vater und Mutter, gegeben, - es ist der Herr über Tod und Leben, der lebendige Gott, der auf solche Weise die Eltern zu seinen Stellvertretern einsetzte auf Erden, und ihrem Segen oder Fluch eine solche Bedeutung und höhere Macht verliehen, Etwas von seiner eigenen göttlichen Majestät, davor sie selber staunen und beben mußten, denn es ging eine Kraft von ihnen aus, und sie war nicht von ihnen (Luk. 8,46.). Als ihre Stunde kommen war, that der Herr den Erzvätern die Augen auf, daß sie in das Leben ihrer Kinder weit hinaus schauen sollten, und ihnen verkündigen ihre näheren und ferneren Schicksale, Gutes oder Böses, - und auch die Schicksale anderer Geschlechter und Völker der Erden. - Mein Freund, was wird dann erst der Segen dieses lebendigen Gottes selber sein?

Wohin, wohin mit unserm armen Leben, und wäre es noch so stolz, so glänzend und blühend, - wohin, wenn ich den Segen dieses großen Gottes nicht habe? Wohin mit all meiner Gewandtheit und Kraft, mit meinen schönsten Hoffnungen, meinem tiefsten Verlangen, ja, mit meinen schönesten und reichsten Freuden, wenn dieser höchste Segen nicht Alles krönet? Wohin mit all meinem Suchen und Versuchen, mit aller Arbeit, aller Mühe, allem Schweiß, mit aller Anstrengung, mit meinen besten Gedanken, Vorsätzen und Werken, wenn mich dieser große Gott mit seinem Segen nicht begleitet? Wohin mit diesem Hause, das ich gebaut, mit diesem Glücke, das ich erjaget, mit diesen Aeckern, die ich besäet, diesen Schiffen, die ich zur glücklichen Fahrt gerüstet, wenn der Segen des Herrn sich von mir zurückziehet? Wohin mit diesem Amte, das ich mit Ehren bekleide, mit diesem Namen, der ein guter heißt in der Welt, - wohin mit dem Weibe meiner Jugend, mit dieser theuern Kinderschaar, die mich so fröhlich umgibt, wenn der Segen des Höchsten nicht ihre und meine Krone sein wird? Wohin mit meinem ganzen Leben, es sei mit Glück gekrönet oder mit Unglück und Jammer getrautet worden, wenn es zum Grabe sich neiget, und kein Segen des Allmächtigen meine letzten Tage, meine letzten Stunden, mit dem Frieden, dem Trost der Ewigkeiten umfängt, und seiner hellen, trauten Strahlen keiner mein kaltes Grab umleuchtet?

Bei Ihm allein ist Macht und Kraft, und Weisheit und Stärke, und Wahrheit und Treue, und Freundlichkeit und Güte, und Friede und Freude, und Leben, das wahrhaftige Leben. - Was wird mein Schirm sein in Stürmen, meine Kraft in der Krankheit, mein Rath, wo mir kein Mensch rathen kann, mein Freund, wo mir kein Freund beistehet, meine Zuversicht, wenn Alles wanket und Alles einstürzet, Alles erblaßt um mich her? Wohin eilen, wenn mich, statt Segen, Unsegen vom Allmächtigen überall verfolget? wenn Er weder seiner Sonne Schein, noch seinen milden Regen meinem Leben gewähret? wenn nirgends mich seine Güte vor der Gefahr warnen mag, nirgends mich seine Rechte vor der Grube bewahren? wenn Er überall, auch in der Nacht, sein Angesicht vor mir verbirgt, und in der Wüste seinen Odem von mir nimmt? Wohin fliehen, wenn mich überall seine Pfeile ereilen, überall mir seine Wolken den Himmel meines Lebens umdunkeln, überall mir seine Ruthe meine Wege verkümmert, und den Schwarm der Sorgen und Unfälle, der Klagen und Schmerzen, losbrechen läßt und wüthen ohne Rast und Ruh um mein Haus, um mein Lager, um mein armes, verlassenes Herz?

O mein Herr und mein Gott, wie der Abendregen am heißen Sandtage, wie die Thränen der Liebe über meine Schmerzen vergossen, wie die Hand, die den Balsam über meine Wunden ausgießt; wie die Zuflucht vor dem Winde, und ein Schirm vor dem Platzregen; wie die Wasserbäche am dürren Ort, wie der Schatten eines großen Felsen im trockenen Lande (Jes. 32,2.), so ist dein Segen mir Armen; - wie die Lilien auf dem Felde, frisch und rein in der schönen Farben Glut, wenn Alles dahinwelkt; wie ein Friedensgesang, wenn die Welt woget und tobet; wie die Engel meines Gottes und ihre Schaaren mit den Palmen, den Freuden, den Siegen der Ewigkeiten, wenn der letzte Feind, der Tod, seine Beute rauben will. - Segen meines Gottes, der Unglaube achtet dein nicht; der Leichtsinn begehret auch nicht dein; Fleisch und Blut haben dich bald verscherzet; Liebe und Lust dich bald aus den Augen verloren. Und ist doch mir diese Eine Wahl am Eingang in dieses irdische Leben, und am Eingang in Gottes Ewigkeiten: Siehe, Ich lege euch heute vor Leben oder Tod, Segen oder Fluch. 5. Mos. 11,26. 30,15.19.

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