Mörlin, Joachim - Predigt am ein und zwanzigsten Sonntag nach Trinitatis.

Mörlin, Joachim - Predigt am ein und zwanzigsten Sonntag nach Trinitatis.

Evang. Johan. 4 (V. 47-53).

Ist über die Maassen ein schönes, tröstliches Exempel, welcher Maassen Christus gar Keinen verweiset, sondern, wer seines Trostes und Hilfe bedarf, Den nimmt er ganz willig und von Herzen an, er sei hoch oder niedrigen Standes, ist ihnen alle Stunde bereit. Darum wir auch sonst bei Niemand Trost und Hilfe in einiger anliegender Noth suchen, noch fordern sollen, sondern bei diesem lieben Herrn allein; denn er allein helfen kann und helfen will, sonst Niemand. Wunderfein ist’s aber, dass nicht allein Johannes dermaassen uns Christum fürmalet, sondern so fleissig dabei anzeiget, wie dieser Königsche, so etwa am Hofe Herodis der fürnehmsten Räthe einer gewesen, an den Herrn kommen. Er hat, sagt Johannes, von seiner Reise gehört aus Judäa in Galiläam. Welche ist die? Die magst du zuvorher in diesem Capitel lesen, welcher Maassen Christus Jerusalem verlässt und zeugt auf Samariam, thut allda die allerschönste Predigt, darin er seine gnädige Hilfe und Trost aller Welt anbeut, saget dem armen Fräulein von einem köstlichen Aqua vitae, darin sie soll vor aller schweren Seuche und sonderlich vor dem ewigen Tode bewahret sein. Solche Predigt, sagt Johannes, ist auch in Galiläam erschollen und zuvorkommen, ehe denn Christus kommt. Die hat der Königsche auch gehört, und trifft eben recht, dass ihm die Noth damit zu Handen stösst, sein Söhnlein ihm krank wird. Darum vergisset er flugs aller Ärzte, zeucht flugs dem Flecken Cana zu, da der Herr war ankommen, bittet und begehret, er wolle kommen und seinem Sohne helfen, weiss aber nicht, welcher Gestalt, meinet, es müsse also zugehen, dass Christus zu ihm komme, wie man sonst pflegt einen Arzt über den Kranken zu bringen. Darum sagt er auch: Lieber Herr, komme, die Noth ist gross.

Aus diesem Stück sehen wir fein, wie die mündliche Predigt der einige Weg und Mittel ist, dadurch wir müssen an Christum gebracht werden, soll er uns Trost und Hilfe erzeigen. Diese Predigt gehet nicht leer aus, findet ja alle Zeit ihr Theil bei frommen Herzen, die Das fassen. Wer sind aber Die? Das siehst du fein, nämlich nicht die rohen, wilden Leute, die keines Todes, keiner Sünde nicht achten, sondern stehen in der Noth, fühlen, was Tod und Sünde ist. Dazu sie denn der liebe Gott auch mit seinem Kreuze fein bringen kann, wie er sagt Jesa. 28.: Wem soll er, der Herr, zu verstehen geben die Predigt? Antwortet der Prophet: Den Entwöhnten von der Milch, Denen, die von Brüsten abgesetzt sind. Sonst achten sie Gottes Wortes Nichts, wie du hie hörest. Es laufen nicht Viele dem Herrn zu; gebeut hin, gebeut her, gebeut hin, gebeut her (sagen sie sonst, spricht Jesa. Cap. 28.), harre hie, harre da, harre hie, harre da! Wohlan, sagt er, die Anfechtung lehret auf das Wort merken. Darum, wenn uns Gott neben dem Wort dermaassen das Kreuz schicket, so lerne es verstehen, wie er’s meint.

Das Andere muss aber dabei sein, dass wir auch dem Worte gläuben und festiglich zufallen, nämlich, nicht allein das Wort und die Predigt von Christo für wahr halten, Das kann und muss der Teufel auch thun, sondern, dass wir das Vertrauen dazu haben. Und da müssen wir festhalten, wenn es sich gleich ein wenig sauer anlässt, und Christus zu Zeiten ein wenig zuwider grimmet; wie er hie auch wider den guten Mann ein scharf Pälzchen oder zwei scheusst. Aber er hält fest, bleibet dabei, ihm müsse geholfen sein, disputiret nicht viel, sondern beruhet auf dem gefassten Vertrauen, wie auch das cananäische Weiblein, Matth. 15.

Zum Dritten gehört auch noch Eins dazu, nämlich das liebe Gebet, dass wir auch rufen, nicht ein Mal, zwei, drei, sondern wie Christus lehret Luc. 11. 18., Paulus Röm. 12., Ephes. 6., Col. 4., 1. Thessal. 5. und 1. Petri 4., dass wir anhalten, es verweile sich, wie lange es wolle. Wo die Drei zusammenkommen, Wort, Glaube, Gebet, da steht es recht, und dringet ein solcher Glaube durch, überwindet und sieget, Marc. 9.: Denn er gläubet dem Worte, wie hier der Königsche auch, unangesehen, wie gering und einfältig sich das Wort Christi: Gehe hin, dein Sohn lebet! lässt ansehen. Es sind gar geringe Worte anzusehen; aber in dieses Mannes Herz sind sie mehr denn alle Joachimsthaler und Schneeberger gewesen. Ja, es ist keine Sylbe gewesen, es ist ihm ein schöner, sonderlicher Schatz und Kaiserthum gewesen.

Und da folget das Vierte, dass nicht allein der Königsche gläubet, sondern ist ein fein Exempel allen Hausherren, wie sie auch sollen dahin gedenken, dass mit ihnen das ganze Hausgesinde sich christlich in Gottes Wort halte. Also ist diese Predigt ein Bild eines rechten und ganzen Christen. Er höret Gottes Wort, in aller Noth verlässt er sich auf Christum, suchet im Gebet Hilfe und Trost bei ihm allein, und endlich ist er Gubernator suae familiae, dass das ganze Hausgesinde gläube und nach Christi Befehl lebe.

Dies Evangelium ist freilich darum hieher geordnet, dass es Denjenigen, so wir vor acht Tagen gehört haben, helfen soll. Denn es ist dies ein schön Exempel, dass Gott weder die Armen, noch die Reichen verwirft; allzumal will er sie selig haben und annehmen, sie seien wess Standes oder Würden sie wollen. Denn dieser Königsche wird freilich der fürnehmsten Räthe einer gewesen sein am Hofe bei dem Herodes, dazu grossen Vermögens. Wie du siehest, er hat sein eigen Hofgesind, das auf ihn und die Seinen wartet, die kommen ihm entgegen, in Summa, er ist zum Wenigsten ein Grosser vom Adel, wie sie bei uns geachtet werden, noch nimmt ihn Christus gnädiglich auf. Darfst dich derhalben Das nicht lassen irren, du seist reich oder arm, grossen oder kleinen und geringen Standes; diese Ungleichheit gehöret in das zeitliche Leben, da soll es also sein; denn es sind Gottes Ordnungen und Geschäfte, darinnen er will seinen Willen haben. Aber in seinem Reich gilt Eins so Viel, als das Andere, das ist, gar Nichts. Das gilt allein, dass du dem Wort, so er dir lässt antragen, gehorsam seist, und nehmest es an, du seist auch, wer du wollest, Einer so wohl, als der Andere, lässest dir Geld und Gut nicht zu lieb sein, dass du dem lieben Gott wollest lassen seine freudenreiche Mahlzeit abdanken, wie Dir vor acht Tagen gethan. Ja, wo sind sie auf der Welt, die Das sollten in den Sinn nehmen? sprichst du. Antwort: Das ist wahr, Keiner hat’s jemals bekannt, dass er’s gethan, wird’s auch Keiner nimmermehr in Ewigkeit sein wollen. Und dennoch sind ihrer auf Erden, sagt Christus, der kann und muss nicht lügen. Wer Die sind, haben wir gehört.

Wie nun dieser Königsche auch das Wort von Christo hört, und durch das fröhliche Geschrei an ihn kommt, also muss der Reiche mit dem Armen das Wort annehmen, so sind sie Beide gleich selig; darf darum der Reiche sein Gut nicht wegwerfen, wie der Papst allhie genarret und den armen Gewissen nicht können helfen. Daher so viele Orden entstanden. Christus sagt gleichwohl Matth. 19.: Es ist schwer, dass der Reiche selig werde? Antwort: Das ist wahr und auch wohl vor aller Welt so unmöglich, als dass man ein Kameel durch ein Nadelöhr führe. Ich sage, vor der Welt. Aber bei Gott ist Beides möglich. Der bringt auch die Reichen dahin, dass sie seinem Worte gehorsamen und selig werden. Lieber, wie thut er ihm denn? Antwort: Das siehest du bei diesem Exempel des Königschen; Der wäre wohl sein Leben lang zu Christo nicht kommen, sondern sowohl, als viele andere Herren besessen; Gott gebe, was man von ihm gepredigt hätte, wenn ihn der liebe Gott nicht mit einem grausam grossen Staupbesen dazu genöthigt. Der ist der, er ist wohl reich; aber was ist’s, wenn ihm Gott den Sohn und Erben nimmt? Genes. 15. Darum, da er auf das Bette fällt, geht freilich und reitet, was zu Fuss und Ross kann ihm Hause aufkommen, damit man Ärzte haben möge, die da rathen. Wiewohl nun die Arzenei Gottes Segen, wie Sirach am 38. sagt: Die Arzenei kommt von dem Höchsten; der Herr lässt die Arzenei aus der Erde wachsen, so hat er doch den Zügel in der Hand behalten, es muss nicht alle Zeit gerathen, wie es hie auch gefehlet. Das macht’s aber, Gott weiss, wozu es gut ist, wie du hie siehest. Denn wäre geholfen durch Arzenei, ja, so wäre der Mann an Christum nicht kommen; dass damit die Ärzte auch entschuldiget, sie sind Gottes Fingerchen, damit er seinen Segen giebt, die soll man gebrauchen und nicht verachten. Dass es aber nicht alle Zeit hilft, ja Das ist deiner und meiner die Schuld, Gott kennet uns und hilft zu Zeiten durch das Mittel nicht, entzeucht der natürlichen Arzenei ihre Kraft ohne Schuld des Arztes. Darum denn, würde uns geholfen, so bleibe Das gehindert, das er bei uns will gefördert haben, als: Geduld im Kreuz, Übung des Glaubens etc. Zu Zeiten thut er’s darum, du hast oft viel Leute betrogen mit deiner Heuchelei, dass sie dich für einen Christen angesehen. Nun aber die Schwachheit durch natürliche Mittel und Arzenei nicht will aufhören, so gebrauchst du Zauberei und des Teufels Gespenst. Da bricht es heraus, dass du den Teufel für deinen Gott und Nothhelfer annehmest, wenn du nur möchtest gute, gesunde Tage haben. Dass also dadurch Gott uns probieren oder grossen Nutzen bei uns schaffen will, wenn er die Arzenei uns lässt versagen, wie er bei diesem Kinde gethan.

Nun rathe zu, wozu ist Kreuz gut? Ja noch mehr, wie kommt es, dass alle Zeit gross Kreuz folget, wo Gottes Wort rein und lauter gepredigt wird, wie nicht allein Christus zuvor anzeigt, Matth. 10. und 14., Joh. 16., Luc. 9. und 14., sondern die Welt selbst wohl greift? Besiehe Jeremiam Cap. 44. und höre, was unsere Papisten rufen: Lieber, was haben wir Gutes bei euerm Evangelio erlebt? Dazu dienet es Jesa. 25.: Die Anfechtung lehret auf das Wort merken. Darum auch der Prophet zuvor fraget: Lieber, wem soll er denn lehren das Erkenntniss? Wem soll er zu verstehen geben die Predigt? Den Entwöhnten von der Milch (antwortet er), Denen, die von Brüsten abgesetzt sind. Es will bei einander sein die Lehre und eine gute, scharfe Ruthe, Proverb. 3., Ebr. 12. Doch soll die nicht immer währen, Nahum Cap. 1., sondern er will es mildern, dass wir’s können zukommen und ertragen, 1. Cor. 10.

Wenn er nun das Kreuz einmal aufhebet oder mildert, wie sollen wir uns da halten? Das ist das andere Stück in diesem Evangelio, und saget Christus Joh. 5. zu dem Kranken: Siehe zu, du bist gesund worden, sündige fort nicht mehr, dass dir nicht etwas Ärgeres widerfahre. Also thut dieser Mann auch, der nimmt nun zu im Glauben, wird ein rechter, feiner Christ, ist aber damit nicht zufrieden, sondern sein Hausgesind muss auch daran und fromm sein. Das ist ein feiner Hausvater. Also sollen wir ihm auch thun, fromm sein und Andere in unserm Hause dazu anhalten. Es heisst Psalm 50.: Ich will dich erretten, so sollst du mich preisen.

Das ist das andere Zeichen, spricht Johannes, als zählete er die Wunderwerke Christi. Denn dazu ist es ihm zu thun, dass er daraus beweisen will, dass Christus nicht lauter Mensch sei, sondern der grosse Heiland der Welt, der Leben und Tod in seinen Händen hat. Der redet ja als natürlicher Mensch, und gleichwohl reichet sein Wort über etliche Meilen, da sie Leben geben und alle Seligkeit. Hier redet nicht die göttliche Natur absolute, und ist doch die Kraft nicht eines Menschen absolute. Wie wunderlich nun Das zugegangen, dass er dem guten Mann die Worte sagt, und in dem Augenblick springt das Kind aus dem Bette, Das ist zu gedenken. Wie sollen da Knechte und Gesinde das Maul haben aufgesperret. Das ist ein anderer Mann, denn ich und du! Contra Sacramentarios.

Zum Andern, wie halten wir uns gegen ihn? Antwort: Der Mensch gläubte dem Wort. O quanta levitas, si carnem consulas; non disputat, non quaerit.

Zum Dritten, er gläubet nicht allein. Hie siehest du, was ein rechter pater familias thun soll im weltlichen Regiment, als Ezechias im Hausregiment.

Wie dieser Königsche, also thut alle Welt, lebet dahin nach der Pauss, fraget nach Gott nicht viel, bis solange die Strafe dahergehet, dann kommt sie, Jes. 26. und 28. Also will uns denn der liebe Gott aufnehmen.

Zum Andern, Christus fähret ihn übel an; denn er siehet wohl, wo es fehlet. Der Königsche hat von dem Wunder Christi gehört in Cana, Joh. 2. Darauf kommt er und gedenkt: Wagen gewinnt, wagen verliert. Zudem will er Christo Ziel und Maass fürschreiben, er soll kommen in sein Haus, ehe denn das Kind stirbt. Denn wo er nicht gegenwärtig sollte sein, oder verziehen, lässt er sich bedünken, so wollte es nicht gut werden. Das taugt Alles Nichts. Darum stösst ihn Christus, lässt ihn aber nicht gar fallen, giebt das Wort und die Verheissung. Daraus wird nun ein lebendiger Glaube, der auf das Wort fusst und darauf sich verlässt. Ist ein lebendiges Bild eines ganzen christlichen Lebens, welches da anfähet. Ein Christ muss erstlich Gottes Wort berichtet werden. Damit er aber darauf merke, so giebt gemeiniglich Gott eine Nota dabei mit einem schweren Kreuz. Zum Andern das Wort malet Christum aus, wer er ist, wess wir uns zu ihm versehen. Er ist ja nicht ein schlecht Männchen, wie ihn die Sacramentirer figuriren, sondern redet und hält’s, denn er kann’s. Er stehet und redet mit dem Königschen, und sein Wort reicht über etliche Meilen, nimmt Seuche und Krankheit von dem Sohn und giebt eitel frisches Leben. Ein solcher Held ist er, und Der ist rex in hoc regno verbi. Zum Dritten gläubt ein Christ nicht allein dem Wort, disputiret nicht, sondern lebet also, damit er auch Andere an Christum bringe. In hoc curriculo volvitur et revolvitur Christianismus.

Johannes zählet die Wunderwerke Christi, sagt, dies sei das andere Zeichen, das Jesus gethan habe, als wollte er uns erinnern, wie viel er Wunderwerke schreibe von dem Herrn Christo und thut’s freilich nicht umsonst. Denn wie man von ihm in allen Historien der Kirchen bei den Vätern lieset, so hat er eben der Ursach anfangen, sein Evangelium zu schreiben, fürnehmlich, dass bereits zu seiner Zeit etliche Schwärmer und Rotten entstanden, welche die Person Christi jämmerlich verkleinerten (so gar ist’s nicht seltsam und was Neues, dass Schwärmer und Rotten sind) und fürgaben, er wäre eben ein natürlicher Mensch allein gewesen, wie ein anderer gemeiner Mensch, nicht wahrhaftig Gott von Ewigkeit, allein, dass er mit grossen Gaben höher gezieret, denn andere gemeine Leute. Darum, sagt man, habe Johannes sein ganzes Evangelium zu schreiben fürgenommen und sonderlich mit allerlei Zeugniss der Schrift (wie er davon sein Evangelium anfähet aus dem 1. Buche Mosis Cap. 1.) und Wunderzeichen wollen klar machen und beweisen, dass Christus nicht ein gemeiner, schlechter Mensch, sondern, ob er wohl ein recht natürlich Mensch mit Leib und Seele, aus reiner Art, ohne alle Sünde, des Wesens halben uns gleich, so sei er doch auch zugleich wahrer Gott von Ewigkeit her und also die Gottheit und Menschheit in einer unzertrennlichen Vereinigung, eine Person, Jesus Christus, unser Heiland.

Solches weiss Johannes, wozu es dienet und von Nöthen ist in unserm christlichen Glauben, dass, wo Christus allein Mensch gewesen wäre, wäre er wohl in seiner Unschuld des Todes für sich und alles Gotteszornes frei gewesen. Wenn er aber sich gleich willig ohne Noth in den Tod für alle Menschen hat geben wollen, würde er der Sünde aller Welt und dem Tode, so alle Welt frisst, viel und viel zu schwach gewesen sein, sintemal die ganze Welt stirbt und dennoch mit all ihrem Tode und Pein dem Tode nicht ein Härchen krümmet. Sollte er aber den Tod fressen, musste er stärker und mehr sein, denn alle Welt, und also Gott von Art. Weil aber auch Gott von Art unsterblich ist, hätte er nicht wahrhaftig leiden können und sich unserer annehmen, wo er allein Gott gewesen. Darum, auf dass er, (ich sage) Gott selbst, für uns leiden möchte, ist er auch ein recht natürlich Mensch worden, in einer Person, dass um der persönlichen Vereinigung willen beider Natur also Gott wahrhaftig stürbe im Fleisch, wie Petrus sagt 1. Cap. 4. und mit göttlicher Kraft den Tod erwürgte im Tode, Ebr. 2. In Summa, Christus, wo er allein Gott, so ist er uns zu hoch; wäre er allein Mensch, so wäre er zu schwach und gering. Da liegt der Glaube unserer Erlösung, Trost und Seligkeit über einem Haufen, ist mit Einem Alles verleugnet.

Das weiss der hämische, listige Teufel gar wohl. Darum eben dieser Ursach ist so viel Jammers von Anfang des neuen Testaments dabei gewesen, und sind immer vom Teufel erweckt, die den Artikel angefochten, wie auch zu unserer Zeit die Wiedertäufer zu Münster leugneten, Christus wäre nicht wahrhaftiger Mensch. So kommen jetzt unsere Sacramentsschwärmer, reden ja Solches nicht, wie die anderen Schwärmer, aber in der That gilt ihnen Christus nicht mehr, denn ein anderer gemeiner Mensch, der kann nicht zugleich hie und da sein, der kann nicht Anderen seinen Leib zu essen geben. Darum Christus auch nicht. Eben als wenn ich schlösse: Kein Mensch kann mit seinem Tode den Tod und Sünde aller Welt aufheben und hinnehmen; darum Christus auch nicht. Da, da will ohne Zweifel noch der Teufel hinaus, ob er’s wohl noch nicht saget. Aber die Consequenz die stehet fein und muss aus der Sacramentlästerer praemissis folgen. Wird sie auch wohl treiben, wenn er sie allein stärker und uns sicherer gemacht hat, wie fein mit der Zeit geschehen wird. Darum sagt Johannes allhie: Merke nur die Wunderzeichen. Lieber, wozu denn? Ich will dich damit lehren, wer der Mann ist, so Jesus Christus heisst, auf dass du ihn recht kennst wider den Teufel und Rotten, zu Trost deiner armen, betrübten Seele. Und habe mir nur fein allhie in diesem Wunderwerk Achtung auf ihn, so musst du nachmals den Menschen zur rechten Hand Gottes setzen, wie er auch sitzt, und ferner über alle Creatur erheben, denn Himmel und Erde von einander sind, in göttliche Allmächtigkeit, gleiche Gewalt und Herrlichkeit mit Gott. Er steht freilich einen guten Weg von dem Ort, da des königlichen Amtmanns Sohn krank liegt. Denn als derselbige freilich des andern Tages gegen Abend zu Hause nahet, kommen ihm seine Knechte entgegen, sagen, er soll fröhlich sein, der Sohn springe wie ein Hirschlein, sei frisch und gesund. Er fragt, wann es besser worden sei. Sie sagen: Gestern, um die siebente Stunde, das ist bei uns um ein Uhr nach Mittag. Eben um die Stunde ist’s, bekennet er, da Christus die Worte sagte: Dein Sohn lebt. Nun ist wohl zu erachten, da der Königsche die Worte und den Trost gehört, hat er nicht gesäumet, ohne Zweifel hat er auch ein gut Stück der Nacht daran gehängt, ist zu Hause geeilt, hat zum Wenigsten sechs oder sieben Meilen zu Hause gehabt. Wohlan, es sei, wie fern es wolle, den andern Tag kommt der Königsche zu Hause, Das fehlet nicht. Hie stehet nun Christus, redet mit seinem Munde diese Worte, wie ein recht natürlich Mensch, Das kannst du nicht leugnen, gehe hin, sei zufrieden, dein Sohn lebt, ist frisch und gesund. Flugs diesen Augenblick reichen die Worte so weit, als ein Mann in anderthalb Tagen reiten kann, zu dem Kranken auf das Bette, reissen Schwachheit und Krankheit von ihm, geben ihm einen gesunden Leib, dass freilich der Knabe sich von Stund an wohl gefühlet, hat seine Decken von sich geworfen, ist mit allen Freuden vom Bette gesprungen, wie man siehet, was Jugend thut, wenn sie sich wohl zu Passe fühlet, sonderlich, wo sie eine Zeit lang krank gelegen.

Lass es nun einen andern Menschen auch thun. Wo ist er, der es kann? Ja (sprichst du) er thut’s aus göttlicher Kraft, und ist er ein Mensch, wie ein anderer Mensch, so Viel das Wesen angehet, ist aber nicht allein ein Mensch, sondern Gott und Mensch in einer Person, in welcher keine Natur Etwas thut ohne die andere, sondern die Person thut Alles, leidet Alles, richtet Alles aus, und stirbt nicht die menschliche Natur ohne die göttliche; denn sie ist nicht ohne die göttliche Natur, sondern Christus stirbt im Fleisch. Weil nun das Fleisch und ganze menschliche Natur mit der göttlichen vereinigt ist, darum stirbt Gott, und reisst der Tod durch den Tod und alle Macht der Hölle, dass alle ihre Macht zu Trümmern geht. In Summa, nachdem die menschliche Natur mit dem göttlichen Wesen ist vereinigt, ist sie um der persönlichen Vereinigung willen auch in göttlicher Gestalt, Gewalt und Macht, wie Paulus sagt Phil. 2., bald von dem Augenblick, da sie im Mutterleibe empfangen ist; äussert sich aber oder gebraucht sich derselbigen nicht, nicht in der göttlichen Natur, denn darin bleibt Christus alle Zeit dem Vater gleich, wie er sagt Joh. 5.: Mein Vater wirkt bisher und ich wirke auch, sondern in der menschlichen Natur demüthigt er sich selbst um unsertwillen bis in den Tod des Kreuzes (requiescit igitur verbum, juxta Irenaeum, liber 3, cap. 21., non in natura, sed in persona), gebärdet wie ein anderer Mensch, ist müde, betrübt u.s.w., nicht idiomate naturae suae. Denn wie er ohne Sünde (Jesaia. 53. !. Petr. 2. 1. Joh. 3.), also ohne den Tod, sintemal der Tod allein der Sünden Sold, Röm. 6., nicht aus angeschaffener Art gefolget ist, sondern der Teufel hat ihn in die Welt geführet, Sap. 2. In Summa, sterben, dürsten, hungern, müde, bekümmert sein sind in Christo Alles der Knechtsgestalt, die Christus gutwillig an sich genommen; wie Paulus Das anzeiget an gemeldetem Orte, Phil. 2.

Und dennoch, da er gleich in Knechtsgestalt ist, gebraucht er sich zu Zeiten der göttlichen Gestalt, heilet mit einem Wort, wie hie, ja auch wohl mit dem Speichel, Joh. 9., Finger etc., bis er auf das Letzte kommt, dass er stirbt, da erwacht mitten in höchster Schwachheit seine göttliche Gestalt, reisst (wie gesagt) hindurch und erwürget den Tod im Tode, stehet wiederum auf und lebet in göttlicher Kraft, 2. Cor. 13., greift wiederum dazu, bekommt einen Namen über alle Namen, Phil. 2., und Gewalt über Alles im Himmel und auf Erden, Matth. 28., Ps. 8. In Summa, der Mensch allein und Keiner mehr, auch kein Engel sitzt zur Herrlichkeit der Rechten des Vaters, Ebr. 1., Ps. 110., Ephes. 1., und ist ihm unterthan alle Creatur, wie Paulus daselbst saget, nicht von der göttlichen Natur Christi (sag’ ich abermals), darinnen hat er Nichts empfangen, sondern mit dem Vater von Ewigkeit Alles gehabt und behalten, sondern er empfähet es auch (wie Lutherus seliger schreibet von den letzten Worten David’s) in seiner menschlichen Natur, dass der ganze Christus, Gott und Mensch, dem Vater in der Macht und Herrlichkeit gleich ist, ob er wohl des Wesens oder Natur halben in der Menschheit kleiner noch heut zu Tage, denn der Vater, welche menschliche Natur Nichts verändert ist (ich sage abermals, des Wesens halben), ist aber erhaben mit der Gottheit über alle Himmelshimmel, Eph. 4., Ebr. 7., in gleicher Macht, Ehre und Gewalt.

Das ist der rechte christliche Glaube, darinnen wir von den Naturen und Wesen unterschiedlich reden, sagen nicht, dass Eins in das Andere verwandelt; wiederum die Person vereinigen und beide Naturen in der unzertrennten Person setzen in allmächtige Gewalt, wie sie die Schrift darein setzt, achten nicht oder schätzen die aus gemeiner Art unserer Natur. Es hat viel eine andere Meinung, auch mit menschlichen idiomatibus in der Person Christi, denn mit uns. Der Mensch ist empfangen vom heiligen Geist, in reiner Unschuld, ohne alle Sünde. Da fehlt’s schon am Ersten. Weil nun da keine Sünde, so ist auch da kein Tod, Röm. 6. Das ist schon gefehlt an dem andern idiomate. Weil kein Tod, so muss auch kein Leid, keine Krankheit sein, will geschweigen der persönlichen Vereinigung mit göttlicher Natur. Was, meinest du, hat dieselbige der Menschheit Christi gegeben? Wir sehen, wie gar viele andere idiomata ein menschlicher Körper hat, wenn die Seele dazu kommt, denn, wenn sie davon ist. Essen, trinken, stehen, gehen sind ja idiomata des Körpers, ja, wenn die Seele dabei ist. Thu sie davon, lass sehen, was wird der Leib essen. In Summa abermals, Das lehret hie, sagt Johannes, Christus, Gott und Mensch ist ein Herr über alle Creatur, der kann, der vermag Alles, ist aller Dinge ein Herr, nicht allein in einer, sondern in beiden Naturen und ganzer Person. Darum höre auf zu narren. Ein Mensch kann Das nicht. Item, die Eigenschaft eines menschlichen Leibes ist Das nicht, er ist den legibus naturae nicht unterworfen, weder in der Menschwerdung, ganzem Leben, noch hernach, sondern ein Herr über alle Natur.

Thu du, wie dieser Königsche, der weiss noch so viel Schrift, noch Erfahrung aus Wunderzeichen nicht, als wir; denn dies allererst das andere Zeichen. Noch (sagt Johannes, uns die Ohren zu reiben), der Mensch (will nicht sagen der Mann oder Königsche) gläubte dem Wort, wie schimpflich es immer lautet, noch disputirt er nicht, denkt stracks, Das muss also sein, und findet’s auch, dass es flugs den Augenblick geschehen. Also thu du auch. Er hat gesagt Marc. 16.: Wer da gläubet und getauft wird, Der wird selig werden. Das gläube, frage nicht: Wie doch? Warum? Item Matth. 26.: Nehmet, esset, Das ist mein Leib; trinket, Das ist mein Blut. Aber es ist Wunder über Wunder so kindisch werden und so albern dahin gläuben, wie wir denn Kinder müssen werden, Matth. 18. So lass die Welt klug, spitzig und verständig genug sein, sie wird’s finden, 1. Cor. 1. Behalte du Das und da halt dich an. Wer ist Der, der Solches geredet hat? Antwort: Gott und Mensch über Alles.

Hie ist einmal die ganze christliche Lehre, die wir das ganze Jahr gehöret, in ein gar schönes, lebendig Bild gefasset, daraus ein Jeder lernen und sehen kann, wie es sich mit einem Christen schickt, von Anfang, Mittel und Ende.

Erstlich wirft dieser königische Rath und Amtmann seinen Stand nicht von sich; so heisst es ihn auch Christus nicht, unangesehen, dass er auch gar eines gottlosen Königs Rath und Diener ist, dennoch sagt Christus nicht: Thue dich vom Hofe. Das Alles gedenkt er mit keinem Wörtlein nicht, lässt ihn bleiben, der er ist seines Standes halben. Dass weder Wiedertäufer, noch Papisten christliche Prediger sind, die solche Stände verwerfen und sagen, man könne darin nicht selig werden. Also lässt Elisäus den Naeman bei seinem Könige in Syria Rath und Diener, auch reich und mächtig bleiben, dass er viel Geld, Knechte und Diener hat, 4. Kön. 5. Daniel sagt nicht zu seinem Kaiser: Lieber, lege die Krone ab, wirf sie in den Dreck etc. Suche Gottes Gnade und versühne dich mit den Armen, die du wider die Billigkeit verdrückt hast, Das thue, sagt er, Daniel 4. Summa, die Stände gehören nicht in unseres Herrn Gottes Reich zu jenem Leben, sondern zu diesem zeitlichen Leben, die hat Gott verordnet und will, sie sollen bleiben, allein, dass ein Jeder darinne thue und lebe nach Gottes Willen, wie er berufen, und können Christen und Unchristen darinnen sein, allein, dass Christen darinnen handeln mit Rath, That, Geld, Gut, Pracht und Macht, nach Gottes Wort, dadurch nun solcher Stand von Gott gesegnet ist.

Darinnen stehet aber das Reich Christi, dass wir Gottes Wort hören. Zum Andern lasset uns darinnen immer fein säuberlich führen aus einem schwachen Glauben zu einem stärkeren, Röm. 1., wie du hie an dem Königischen siehest. Der hat ohne Zweifel etwa zu Capernaum, da er Amtmann gewesen, und Christus oft und viel gepredigt, Luc. 4., dass sie auch darum wird seine Stadt genannt, eine Predigt oder zwo gehöret. So wird ihm auch das erste Mirakel Christi zu Cana, welches in diesem Amt gelegen, Joh. 2., bekannt sein gewesen. Aber da wird nicht Viel mehr aus. Dass er sich Christi für seine Person sollte hoch haben angenommen, Das thut er nicht, verachtet es aber gleichwohl nicht, viel weniger lästert er’s auch, sondern lässt es bleiben. Das ist nun zumal ein kleiner kalter Funken des Glaubens in dem Herzen. Höre aber, wie ihn unser Herr Gott erwecket und feurig macht. Sein Sohn wird krank am Fieber, das war in dem Lande, wie bei uns eine Pestilenz, wie es in allen mittägischen und orientalischen Ländern eine gar tödtliche Krankheit ist. Da, als die Peitsche hinter ihn kommt, wanne, wanne, wie that er reiten und nimmt sich nun des Herrn Christi auch an! Also muss ihm Gott neben dem Wort helfen, Jes. 28. und Hosea 6.: Wenn’s ihnen übel geht, so werden sie mich frühe suchen müssen und sagen: Kommt, wir wollen wieder zum Herrn. Denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen; er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden. Gleichwohl ist der Glaube sehr schwach. Das vernimmt man daraus, er dringt auf Christus, er soll kommen, ehe sein Sohn stirbt, gläubt, er könne und werde helfen, doch, wo er persönlich zu ihm kommt und ehe denn er stirbt. Sonst, wo die Sache sollte versäumet werden, dass Christus nicht persönlich da wäre, oder käme zu langsam, wenn schon Leib und Seele geschieden wären, da stutzt noch sein armes Herz und kann nicht vorüber. Dennoch verwirft ihn Christus nicht, giebt ihm wohl einen guten Filz, wie auch den Pharisäern, Matth. 12., aber hilft dem armen, schwachen Glauben noch besser fort, sagt ihm zu, sein Sohn habe keine Noth, sondern sei frisch und gesund. Als er die Verheissung hat von Christo, disputiret er gar Nichts, sondern gläubet den sogar einfältigen, simpeln Worten, wie Christus saget, zeucht dahin und findet es auch, wie Christus gesagt, da sonst ein kluger Schwärmer gestanden wäre und gedacht: Wie soll das Wort, so hie von einem so einfältigen Menschen geredet wird, und dorthin nicht kommt, meinem Sohn helfen? Wie ist’s möglich? Was ist Christus mehr, denn ein anderer Mensch? Was ist und klinget sein Wort anders, denn eines andern, gemeinen Menschen? Ein Chorschüler zu Halberstadt könnte vielleicht härter sprechen und wohl anders rufen, denn Christus, sollt’s aber wohl bleiben lassen, wenn er und alle Choresel schrieen, dass sie einen Kranken sollten gesund machen. Aber der Mensch gläubte dem Wort, sagt Johannes, und gehet dahin. Das ist auch ein Wunderwerk.

Zuletzt folget das Bekenntniss. Er hält Christum nicht heimlich, seinen Glauben auch nicht, sondern er berichtet Dess an sein Hausgesind, lehret Die, dass sie auch gläuben, obwohl Solches seinem Herrn, dem Könige Herodi, nicht wohlgefällt, da fraget er auch nicht nach.

Summa: Ein Jeder bleibe in seinem Stande, 1. Cor. 7. Wie hinwider die Mönche gelehret, besiehe Barfüsser Eulenspiegel. Carlomannus ist ein Mönch worden. 2. Höre Gottes Wort. 3. Wisse, Gott will den geringen Glauben nicht verwerfen. Röm. 4. Jes. 42. 4. Lerne, wie uns Gott bei dem Wort mit Kreuz zum Glauben dringet, dass wir ihn suchen. Ps. 119.: Ehe ich gedemüthigt ward, irrete ich; nun aber halte ich dein Wort. 5. Wodurch der Glaube sicher und stark werde, nämlich durch’s Wort und die Verheissung. 6. Wie der Glaube einfältig dem Worte anhange, nicht disputire. Röm. 4. 7. Confessio oris et operis. Er lehret, bekennt und setzt dran Leib und Gut. Ohne Zweifel, der säuft nun nicht, huret nicht.

Quaestio: Weil Krankheit uns widerfähret nach Gottes Willen, so wohl, als alles Kreuz: ob es denn nicht wider Gottes Willen, bitten, dass er uns davor bewahren oder davon erlösen wolle?

Nota. Unterschied unter Ungeduldigen, die wider Gottes Willen gesund werden, gebrauchen unordentlicher Mittel, fragen nicht danach, was Gott darinnen gefalle oder zuwider sei, und unter Denjenigen, die Gott bitten, er wolle das schwere Kreuz hinwegnehmen oder lindern, doch sofern es ihm wohlgefalle, wie der Aussätzige Matth. 8.: So du willt, kannst du mich wohl reinigen. Und David 2. Kön. 15.: Er mach’s mit mir, wie’s ihm wohlgefällt!


Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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